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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031128012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903112801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903112801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-28
- Monat1903-11
- Jahr1903
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Anzeigen.PreiS die ssgespaltme Petttzeüe L5 Reklamen unter dem Nedakttmttstrich (4 gespalten) 7L vor den Famlliennach- richten (8 gespalten) 80 Tabellarisch« »ad Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen nnd Offertananaahm« 26 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt^ »nr mit der Moraea-AuSgabe, ohne Postbesörderung ^6 60.—, mit Postbesördernug 70«—» Iianahmeschluß siir ^«zei-em Abod-An-gab«: vormittag« 1V Uhr. Murgan-AnSgabar Rachartttag« 4 Uhr. Anzetg« stad stet« an di« Erpebttio» »» richte». Di« Expedition ist wochentags «nnntrrbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck nnd «erlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 804. Tonnabend den 28. November 1903. 97. Jahrgang. Ver österreichisch-italienische AnivrrlitätL streit. X. Wien, 26. November. Xdaaao Xuetrln! Nieder mit Oesterreich! zetert's wieder einmal durch die studentisch« Äugend unseres italienischen DreibundSgenoffen. Man kennt da«: Wenn unseren tirolischen Jtalianifstmi.beim Griff nach deutschem vesitzstanbe irgendwo an der sübtiroler Sprachgrenze di« Finger eingeklemmt werden, augenblicklich geht ein Wut beben durch den ganzen italienischen VolkSkürper, bis hinunter in die apulischen Fußspitzen des apenninischcn Stiefel«. Da« liegt nun einmal im nationalen Tem- perament, und weil die Anfälle dieser rndbia erfahrungs- gemäß ebenso rasch verrauchen, kann Oesterreich dem Ver ebben der Entrtistungswogen, die fetzt über die Universi täten von Pavia, Turin, Bologna, Padua nach Süden dahinstürmen, an den Mauern von Palermos ruhig ent gegensehen. Unsere Negierung ist eben wieder einmal „energisch" gewesen. Es handelte sich ja nicht um die Rechte der deutschen Kvmmandosprache in Ungarn, auch nicht um die tschechischen UnioersitätSpläne in Mähren, sondern nur um die zwei Handvoll von Italienern Südtirols und des Küstenlandes. Sie verlangen seit Jahren die Errichtung einer staatlichen Universität in Triest, und weil dort bis auf weiteres die slawisch-klerikalen Widerstände unbesieg bar sind, wollen sie'S zunächst in der tirolischen Landes hauptstadt Innsbruck versuchen. Dort wohne« gutmütige Deutsche, und wenn diese — so rechneten die Italiener — sich von so minderwertigen Völkern wie Tschechen. Polen und Slowenen nationale Unterrichtsanstalten abtrotzen kaffen, können wir'S ja auch einmal versuchen. Nun wären die Angehörigen einer überdies verbündeten Kul- turnation gewiß die allerletzten gewesen, denen die Deut schen, käm'S auf sie allein an, eine, ihrem Kulturbedürf- niffe angemessene Hochschule verweigert hätten. Schon be- standen ja an der deutschen Universität Innsbruck italie- Nische Parallelkurse, die für die 70 bis 80 italienischen Studenten bisher ausgcreicht hatten. Man hätte diese zu einer kleinen Universität auSbauen und nach Trient ver- legen können, das ohnehin schon den geistigen Mittelpunkt beS Wälschtirolertums, freilich auch der Irredenta, bildet. Aber gerade diese Jrredenta, die signori vom „Alto Adige", von der „Liga nazionale" und vom Danteverein, steiften sich auf Innsbruck. Sie schwärmen zwar kür die Autonomie WälschtirvlS „bis zum Brenner", verschlingen mit begehrlichen Augen bereits Bozen, das Faffa- und das Fleimiertal, und wollen vom Innsbrucker Landtage, wo sie bis vor kurzem Abstinenz trieben, nichts wißen. Aber kür ihre Hochschule wäre ihnen der Innsbrucker Stadt- und Lanbessäckel gut genug gewesen. Einstweilen wollten sie das bekannte Bedürfnis konstruieren. Durch rege Agitation gelang cs, die Zahl der in der Innsbrucker Universität Inskribierten uns etwa zweihundert zu er- höhen; gleichzeitig sollte auS Privatmitteln eine „Freie italienische Universität" in der hübschen Innsbrucker Bor- stadt Willen entstehen, wo die altrömische Kolonie Beldi. den« wenigstens im Hotel „Veldibena" bet Asti und Ehianti eine feuchtfröhliche Rennaifsance feierte. Außer einigen tausend Lire hatte das Königreich Italien auch die Zierden seiner Universitäten zu liefern versprochen, und am verflossenen Montag sollte Professor Gubernatts auS Rom die neue „Universität" — eigentlich nur ein Bortragscyklus — mit einem Kolleg über Petrarca er- öffnen. Da kam aus Wien das Verbot „auS Gründen der öffentlichen Ruhe und Ordnung". Das ist der bekannte Kautschukparagraph, den die Regierung überall anwendet, wo sie die Bekanntgabe der wahren Gründe scheut. Poli zeiliche Bedenken lagen ja vor. Die deutschen Bürger und Studenten hatten das ewige „Evviva"schreien und Demonstrieren satt bekommen; Rektor Professor Demelius gab in seiner Antrittsrede am 15. ch. MtS. der Hoffnung Ausdruck, daß der deutsche Charakter der Universität ge- wahrt bleibe, und auch Her v. Koerber hatte bereit« ein- mal durch einen AuSfrager -e» Mailänder „Secolo" warnen lassen: die M-^ierung lasse sich nicht -rängen. Zwischen den früher tu bestem Einvernehmen gestandenen Studenten kam es zu Prügeleien, und al« Professor GubernatiS trotz de« ihm unterwegs bekannt gewordenen Verbotes dennoch in Innsbruck sich empfangen ließ, soll e« nacht« darauf außer Prügeln auch Messerstiche gesetzt haben. Soweit wäre nun die Sache in Ordnung. Der An schlag, die Innsbrucker Universität zu utraquifleren, ist abgewehrt. Freilich nur mit Regierung-Hülse. Und das bedeutet immer: Danaergeschenke. Wenn die jugend lichen Leidenschaften sich abgekühlt haben, wird man über -en beseitigten lokalen Standpunkt allgemeinere un nüchterne Gesichtspunkte zur Geltung kommen lassen müssen. Nicht -le Deutschen, sondern di« Regierung und -er Klerikali-mu« haben die geplanten Hochschulkurs« »er- hindert. Herr v. Koerber brauchte nach seinen ungarischen Niederlagen wieder eine „deutsche Lat", und vollends die Klerikalen, welche wieder auf die billigste Weise mit „deutscher" Gesinnung prunken, können nichts sehnlicher wünschen, als die Deutschen und die Italiener, diese natürlichen Bundesgenossen wider die slawisch-klerikale Uebermacht, dauernd zu verfeinden. Augenblicklich tobt die italienische Reichspresse nicht so sehr gegen die slawenfreundliche Negierung, als vielmehr gegen di« — „deutschen Barbaren". Michel al- Prügelknabe! Darum müssen die Deutschen Oesterreich- in der wälschen Uni- versitätSfrage zu einem billigen Frieden zu kommen suchen und der klerikalen Verhetzung fürderhin wider stehen. Selbst so österreichfeindliche Organe wie der Mai- länber „Secolo" und der „Capitan Fracassa" mahnen ihre Tiroler Konnationalen zur Vorsicht und Mäßigung. Sie sollen die Abrechnung mit Oesterreich denen über lassen, die daS Bündnis abgeschlossen haben. Das ist nicht mehr als vernünftig, und an politischer Klugheit sollten sich die Deutschen Oesterreichs von den italienischen Radikalen nicht beschämen lassen, soll nicht Nom der lachende Dritte sein. Deutsches Reich. * Leipzig, 27. November. Die Beseitigung der bei der Geschäftsgebarung der Leihhäuser ru Tage getretenen, lebhaft empfundenen Uebel stände streben nach einem Be richt der „Leipz. Uhrmacher-Leitung" die sämtlichen im Uhren-Groß- und -Detailhandel bestehenden Ver einigungen an. Sie haben an den Reichskanzler eine gemeinsame Eingabe gerichtet, in der sie unter entsprechender, ausführlicher Begründung folgende Forderungen ausstellen: 1) Aufhebung de« 8 SS Abs. 2 d-V LinführungSgesetze? -um Bürger lichen Gesetzbuche, der den öffentlichen Pfandleidanstalten den Vor zug vor den privaten rinräumt, gestohlene Gegenstände nur gegen Erstattung des gewährten Darlehens herausgeben zu brauchen. 2! Erlaß von Bestimmungen, die den Massenversatz eigens zum Zwecke der Verpfändung hcrgrsteller Waren unmöglich machen. Die Leihhäuser sollen neue Waren nur stückweise beleihen dürfen. S) Pfandscheine möchten fortan als das, was sie in Wirklichkeit feien, nämlich al» „Jnhaberpapirre" behandelt werden und der Handel darin gewissen, ähnlich den für letztere vor gesehenen, erschwerenden Bestimmungen unterworfen werden. 4) Er laß des Verbote» an die privaten Pfandlrihanstalten, in Verbindung mit dem Pfandgeschäfte rin VerkaufSgeschäft zu betreiben. >. Berlin, 27. November. (Der französische Chauvinismus und die deutsche Sozial, demvkratie.) Mit sichtlichem Unbehagen beschäftigt sich die sozialdemokratische Presse mit den Kund gebungen des Chauvinismus in Frankreich. Die„Sächs. Arbeiterzt g." stellt mißmutig fest, daß in der französischen Kammer der Minderheit, die Aller dings nur mit ziemlich allgemeinen Redensarten" Ab rüstung und Schiedsgerichte verlange, die chauvinistische Mehrheit gegenüberstehe, „die Wutanfälle insceniert, wenn von solchen Dingen die Rede ist". — In demselben Sinne äußert sich das sozialdemokratische Zentralorgan. Indessen geht der „ V o r w ä r ts " noch einen Schritt weiter; denn er weist nach, daß Herr Delcaflö eine tatsächlich falsche Be hauptung aufstellte, als er erzählte, Frankreich habe seit einigen Jahren das Budget für Heer und Marine herab- gesetzt. Demgegenüber schreibt der „Vorwärts": „Im Jahre 1897 betrugen die betreffenden Ausgaben 880 Mil lionen Francs, 1899 952 Millionen Francs, 1901 1020 Mil- lionen Francs. Auch die Ausgaben für die Kolonien stiegen von 83 auf 90 und 111 Millionen. Das ist eine Ausgabenerhöhung von 188 Millionen Franc-, wobei an- derweitige Ausgaben für den Militarismus, die Miltär» Pensionen, die Verzinsung der Kriegsschuld ufw. nicht mit. gerechnet sind." — Wenn der „Vorwärts" so die Verstär- kung der militärischen Rüstung Frankreichs nachweist, dürfte man erwarten, daß er — vielleicht mit einem Stoß- seufzer — daraus folgert, Deutschland könne seinerseits die Sorge für seine militärisch« Rüstung nicht verringern. Statt dessen aber schreibt das sozialdemokratische Zentral, organ: „Der Militarismus eines jeden Landes läßt sich nur bekämpfen durch strikte Befolgung der alten sozialisti schen Parole: Dem herrschenden kapitalistischen System keinen Mann und keinen Groschen." — Wo diese „alte sozialistische Parole" irgend einen Erfolg davon, getragen hat, verschweigt der .^vorwärts". Und daß ein Erfolg dieser Parole in Deutschland angesichts der chauvi nistischen Strömungen in Frankreich gleichbedeutend wäre mit einer schweren Erschütterung de- Frie. den- und mit einer großen Gefahr für da- Reich, kümmert da- sozialdemokratische Zentralorgan nicht. Die Parole de- „Borwärt-" wird von den sozialdemokratischen Abgeordneten demnächst im Reichstag« befolgt wer- den. Hoffentlich hält man den „Genossen" dann an der Hand de- „vorwärt-" die Zunahme -er militärischen Rüstungen Frankreichs vor Augen, und hoffentlich sagt man dann den „Genossen" deutlich, welche Gefahr sie mit ihrer Parole „keinen Mann uw- keinen Groschen" be- wußtermaßen heraufbeschmvren. G Perlt», 27. November. (Telegramm) Der Kaiser und die Kaiserin machten gestern einen Spaziergang in der Umgebung de« Neuen Palai« bei Pot-dam. T Perlt«, 27. November. (Telegramm.) Die „Nordd. Lllg. Ztg." fäbrt in der Veröffentlichung von Lu-rügen aus den »tat- fort: Der Etat für da» Au-wärtige Amt weist eine Einnahme auf von 1083 830 ", mehr gegen da- Vorjahr 48170 Di« fortdauernden Au-gaben betragen 155 522 207 -ck, mehr 734 458 .4. u. a. werden für da« An-wLrtia« Amt zwei neue ständige Hülf«- arbeit«? grfordert. In 8a Paz soll d«r Post«» «in«» Ministr,, rrsidentrn geschaffrn werd«». Neu« Konsulat« werden er richtet in den Bereinigten Staaten, in Atalanta, New Orleans, Seattle und St. Paul. Die einmaligen Aus gaben betragen 17 699 176 weniger 1 027 378 darunter 16 000 »ur Förderung der wissenschaft lichen, insbesondere mineralogischen Arbeiten in China. Der Etat de-ReichSamtS de-Innern wcist 8 899 889 « ordentliche Einnahmen auf, mehr 733 754 -ck, aus den außer ordentlichen Dcckung-mitteln wie im vorigen Jahre 70 000 Die fortdauernden Ausgaben betragen 68 995 157 ", mebr L 686 880 Der Iahre-beitrag für die Zentralstation für Erdbebenforschung in Straßburg wird auf 18000^ erhöbt. Die Belastung des Reich- au- den auf Grund de-Invalidrn- versicherungSgeseye- zahlbaren Renten ist auf 45 809 000 ", mehr 4 951 100 ", veranschlagt. Zur wissen- schaftlichen Bearbeitung und Veröffentlichung der Ergebnisse der Südpolarexpedition werden als erste Rate 75 000 " ver langt. Die einmaligen Ausgaben de« ordentlichen Etat- be tragen 9 466 000 weniger 1 655 880 darunter u. a. 5000 " als Zuschuß für den 1804 in Berlin abzuhaltenden Kongreß der internationalen Vereinigung für gewerblichen und Rechtsschutz, 2 000 000 als zweite Rate für die Be teiligung des Reiches an der Weltausstellung in Sant Louis, 50 000 als Beitrag zur Errichtung eine- Museum- von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München. Im außerordentlichen Etat werden 5 000 000 .ck, mehr 1000 000 ", für die Förderung deS Baue- von Arbeiter- und Beamtenwohnungen verlangt. Berlin, 27. November. (Telegramm.) Aus Rom, 27. November, wird gemeldet: Gestern abend wurde di« Leiche deS Bischofs v. Anzer ohne besondere Feierlichkeit von der Kirche Santa Maria dell' Anima nach der Kirche des deutschen Kirchhofes gebracht, wo heute vormittag eine Leichenfeier stattfand. Auf dem mit einem schwarzen Tuche bedeckten Sarge, der in der Mitte der Kirche aufgestellt war, lagen dir Mitra und die OrdenSauS- >eichnungen deS Verstör denen. Monsignore Dewaal hielt die Messe ab; die Gelange trüge» Schüler deS deutschen Kollegiums vor. Der Feier wohnten der preußische und der bayerische Gesandte und der österreichisch-ungarische Bot schafter beim päpstlichen Stuhle bei; ferner waren anwesend Vertreter des päpstlichen Hofstaate-, Abordnungen aller deutschen Institute, die chinesischen Schüler des Lollogiums Propaganda Üäsi und zahlreiche Mitglieder der deutsHen Kolonie. Die Leiche wird eiabalsamiert und die Präcordien werden nach Tsingtau gesandt. — Die „Deutsche TageSztg." glaubt, daß auch diesmal wieder daS Reich in den sauren Apfel einer Zuschuß- anleihe beißen müsse und spricht die Hoffnung aus, es möge das letzte Mal sein, daß man sich gezwungen sehe, auf dieses kleinere Uebel zurückzukommen. „Diese Hoffnung kann aber nur erfüllt werden, wenn man schon im nächsten Jahr daran geht, eine klein« Reichs- finanzreform durchzuführen. Wir betonen ausdrücklich: eint „kleine"; denn eine große allgemeine Fiuauzrrform wird sich unseres Erachtens erst nach Erledigung der Handelsverträge angreifen und durchführen lassen. Für eine Finanzreform aber, die nur die schlimmsten Auswüchse des jetzigen Zustande- beseitigt und wenigsten» einige Klarheit in den verzwickten Finauzverhältnissen de» Reiche» schafft, ist unseres Erachten» der jetzige Zeitpunkt, der die Notwendigkeit eine» solchen Vorgehen» so lebendig vor die Augen führt, besonder- geeignet. Ob eine derartige Finanzreform geplant und vorbereitet sei, ist uns unbekannt. Jedenfalls würden wir dringend wünschen, Laß e» möglich wäre, sie gleichzeitig mit dem Etat dem Reichstag vorzulrgen, weil dadnrch ohne Frage die Finanzierung des nächsten Etat- wesentlich erleichtert würde." — vr. Oertel hat mit Herrn v. Zedlitz eine komische Unterhaltung angefangen, ob bei etwaigen Verständigungs- Verhandlungen zwischen der Rechten und der Regierung über die Kanalvorlage die widerspenstigen National liberalen zugezogen werden sollen oder nicht. Herr v. Zedlitz will bekanntlich den Kanal ganz allein bewilligen, Or. Oertel dagegen ist etwa» gnädiger; er schreibt: Daß es auf die Stellung und daS schließliche Votum der Nationalliberalen nicht ankommt, ist richtig, und daß eine Verständigung auf Grund der nationaliiberalen Wünsche nicht erzielt werden kann, ist ebenso richtig. Aber wir würden e» trotzdem für kein Unglück halten, wenn man die national liberalen Herren zu etwaigen Verhandlungen heranzöge, well ihre Teilnahme, wie die Dinge liegen, nicht schaden kann. DaS Wichtigste und allein Wesentliche ist, daß die Hochwasser- Vorlage ohne jede Verquickung mit der Kanalfrage vor der g«planlcn Berstundigung endgültig erledigt ist. Wartet mau damit, bi« die Verständigung erzielt ist, dann bedeutet da« nicht« andere», al« die Hinausschiebung einer Maßregel, deren schreiende Not wendigkeit allgemein zugestanden ist, auf unbestimmt« Zett, ja vielleicht auf den St. Nimmerleinstag. . —Die„Nat.-ZtA."schreibt:Die preußischenNatioual- UHe raten „versteifen" sich keine«weg« auf die Einführung de« Reichstagswahlrecht« für die preußischen Land- tag-wablen. Sie verteidigen diese- Recht da, wo e« einmal gewährt ist, aber sie fordern e« nicht, wo da« Ver langen nach einer so weitgehenden Reform nur att Hemmung jeder Reform wirten würde. — Wie e« heißt, wird in naher Zett «in srhr verdienter Beamter de» Reichsschatzamte», Geheimrat v. Henle, wegen Kränklichkeit an» dem Rcichsdieoste au-jchetden. v. Henle hat sich namentlich bet der Entscheidung von Zoluarisfragrn betätigt. So war er auch einer derjenigen Beamten, die an der Ausarbeitung d«S neuen Zoll- tarif» in erster Linie mit betriltat waren. Für die Beratung de» Tarif» im Bundesräte wurd« «r ja d«nn auch zum stellvertretenden BundeSratSbevollmächtigteu ernannt. Er hat zuletzt an dem Zn- standekommen de« Entwurf« zum Amtlichen Warenverzeichnis de» Zolltarif» mitgewirtt. Sobald diese» Verzeichnis fertig sei» wird, dürfte er seinen «-schied nehmen. * Pofe», 26. November. Di« am 4. November gegründete Königliche Akademie in Posen zählt berrü» 1025 ein geschrieben» Hörer. * KSln, 27. November. Der Vorstand de- rheinischen Hauptvereins de» Evangelischen Bunde- trat gestern hier zusammen, um zu dem Fall Heckenroth Stellung zu nehmen. Der Vorstand beschloß die Veröffentlichung folgender Erklärung: Der unterzeichnete Borstand spricht in seiner heutigen Sitzung ein- stimmig seine schmerzliche Entrüstung darüber au-, daß beider letzten Landtagswahl in dem heißumstritteneu Wahlkreis Altenkirchen- Neuwied der evangelische Pfarrer Herr Heckenroth in Altenkirchen durch eine Gesolgschast von nur 87 evangelischen Wahlmännern gegen 861 ntchtultramontan«, fast durchweg evangelische Wahl männer ein Wahlbündnis mit den Ultramontane« geschlossen hat, durch den er sich selbst ein Mandat gesichert und ein zweite» Mandat dem Zentrum au»geliefert hat. Wir müssen diesen bisher im Rheinland unerhörten Vorgang um so entschie dener verurteilen, weil wir nach sorgfältiger eingehender Prüfung der Verhältnisse keinen haltbare» Grund irgend welch« Art entdecken können, der einen protestantischen Pfarrer und ein Bundesmttglied bestimmen dürste, in solch beklagenswerter Weise die deutsch-protcstentischen Interessen zu schädigen. Wir stellen darum mit Genugtuung öffentlich fest, daß Herr Heckenroth nn» unter dem 2l. November seinen Austritt ans dem Bunde angezeigt hat, wodurch wir der Notwendigkeit seiner Ausschließung überhaben sind. Sodann erklären wir, um den bewährten evangelischen Pfarrstand Rheinland» vor Verkennung zu schützen, daß nach unserer Kenntnis unter de» rheinischen protestantischen Pfarrern ein Manu, der sich zn eine« derarttgenWahlhandel entschließt, eine durchaus vereinzelte Er scheinung ist. Darum können und werden unsere evangelische» GlaubenSgeuossen mit un» vertrauensvoll davon überzeugt sei», daß trotz dieser bedauerlichen Wahlirruug überall am Rhein die evangelischen Pfarrer in ernster Abwehr de» ultramontanen An sturm- zur Wahrung deutsch-protestantischer Interessen charakterfest auf der Wacht stehen. Unser» Zweigvereineu und angeschloffene» Vereinen, sowie sämtlichen rheinischen Pfarrern wird eine eingehend« Begründung dieser öffentlichen Stellungnahme, zu der wir un schweren Herzens entschließen mußten, in nächster Zeit zngebeu. -e- Altenburg, 27. November. Durch den Tod dt» Kom merzienrats Kämpfe in Eisenberg macht sich im 7. Landtags wahlkreise, der die Städte de« Westkreise» umfaßt, eine Nach wahl unter den Höchstbesleuerten nötig. Als Wahltag ist nunmehr der 3. Dezember festgesetzt worden, jodaß der neue Abgeordnete noch an den gegenwärtigen Landtagsverhandlungen tellnehme» können wird. O München, 27. November. (Telegramm.) Die Kammer -er Abgeordneten genehmigte ohne Debatte die Anträge des Ausschusses über die Aenderung der Geschäftsordnung un- beriet dann die Petition des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Vvlkach Uber die Lage der Winzer. Der Ausschuß beantragt die Uebergabe zur Kenntnisnahme mit dem Ersuchen, eine Weinkontrolle durchzuführen und auf eine reichsgeietzlich« Regelung der Nahrungsmittel- und der Kellerkontrolle hinzmvirken. Exter, Diehl, Schmitt- Haßfurt und Gerberbe fürworten strenge Maßnahmen gegen die Weinpanfcheret und eine sorgsame Kellerkontrolle, namentlich bet der» Weinhändlcrn, und endlich gleichmäßige Kontrollvor schriften für da- ganze Reich; denn was nütze unsere« Weinbauern die ganze Kontrolle, wenn die Weinpanscher aus dem Norden des Reiches ihnen die größte Konkurrenz machten? Mehling hebt di« Not wendigkeit hervor, für die Kellerkontrolle eigene Sachverständige anzustellen. Hammerschmidt be tont, alle Maßnahmen, die den reellen Wein handel und den ehrlichen Winzerstand schützte», seien für die Pfälzerwetne besonders nützlich, da diese in Norddentschland noch zu wenig bekannt seien, und hauptsächlich unter der Konkurrenz der geschmierten Weine litten. Reeb tritt für strenge Kontrolle ein, während Shrhart meint, daß auf dem jetzigen Wege mit den geringfügigen Mitteln nicht viel erreicht werd«. Beckh spricht sich im Sinne der Susschußanträge auS. Minister Freiherr v. Feilitzsch betont, Bayern tue zum Boll- zug« des WeingefetzeS, was nötig sei. Das jetzige System der Kontrolle wirke schon ersprießlich. Der einheitlich« Vollzug des Weingesetzes sei im Reichsgesetze bereits in Aussicht genommen, aber die Bayern müßten die Kontrolle doch durch bayerische Beamte vollziehen lassen. Man müsse nötigenfalls die Beamten dazu vermehren. Nach einer weiteren Debatte wurden die AuMchußanträge ange nommen. Die nächste Sitzung ist am Mittwoch. Oesterreich -Ungar«. Die Parlament-Mischen sä Ile; vubget. " Wien, 27. November. «Telegramm.) Abgeordnetenhaus. Der Präsident spricht »ntrr Hinwett auf die gestrigen Tätlich keiten in der Parlament-Halle sein tiefste» Bedauern darüber an«, daß drei tschechisch-radikale Abgeordnete sich za einer un- qualifizierbaren Handling htnreiße« ließe«. < Stürmische Protest- rufe der Tschechisch-Radikalen). KlofacS verlangt die Einsetzung de- MihbilligunaSanSschusses über dt« Erklärung de» Präsidenten und betont, daß er nur Zeuge der gestrigen Scene« war. Der Präsident lehnt da» Verlangen KlofacS ab, da er nnr in Ausübung seiner Disziplinargewalt gesprochen habe. Hierauf beantragt Plo, namen« d«S MißbilligungSauSschusses, dem Abg. Stein wegen de» den Abg. FrrSl beleidigenden Zurnf, die Mißbilligung anSzusprechen. Nach länger« Debatte, in der Stein »«gibt, mit der Cheuakteristernng der Handlung FreSl» al« Uhrrndiebstahl zu wett «gangen zu sein und von der Mitnahme eine» Andenken» an» dem Konak spricht, während FreSl ans da« bestimmtest« «klärt, daß « del seinem Besuche im Konak überhaupt nicht irgend welche« werb volleren Gegenstand habe mitnrhmen könne», beschließt da» Hau«, die Mißbilligung auSzusprrchen. Sodann wird di« Debatte üb« die Erklärung de« Ministerpräsidenten v. Körb« fortgesetzt. * Pest, 87. November. (Telegramm.) (Abgeordnetenhaus.) In d« heutigen Sitzung legte Finonzminist« v. Lukac« den reettfizirrten Voranschlag de« Vtaat-hanShalt- für 1908 vor, nachdem der im Oktober 1908 sorge legte Anschlag wegen der Obstruktion im Plenum nicht hatte verhandelt werden können. Der neu« Voranschlag beziffert die zu erwartenden Ausgaben auf l084 Millionen Kronen, um 6 Millionen Kronen niedrig« al» der erst« Voranschlag, da «in« Reih« von Ausgabe* weil bi« Bewillig»»-
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