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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-07-20
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010720012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901072001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901072001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-07
- Tag1901-07-20
- Monat1901-07
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Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclame» »ater dem Rrdacrtou-striq l« gespalten) 75 Lp vor de» Familieouach- richten (Ü gespalten) 50 Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühre» für Nachweisungen and Offerteuannahme 25 H (excl Porto). <?rtra-Beilagen (gefalzt), aur mit der Morgen-Ausgab«, ohne Postbeförderung SO.—, mit Postbesörderuag ^ll 7V.—. Äuoahmeschluß für Äryeigeu: Lbesd-Au-gab«: Bormittags tv Uhr. Morgen-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Bet deu FUtaleu uud Annahmestelle» f« «ine halbe Stunde früher. Anzeigen Pud stet« a» di« Expedition -u richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh S bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag vou E. Polz t» LeiqtA. M Sonnabend den 20. Juli 1901. 95. Jahrgang. Vie 700-Iahrfeier -er Stadt Riga. V. 8. Die Ostseeprovinzen Rußlands haben in diesem Sommer ein bedeutsames Fest gefeiert. 700 Jahre sind ver flossen, seit der Bremer Domherr Albert als Bischof von Livland den Grundstein Rigas gelegt hat. ES war natürlich, daß dieser Gedenktag in den deutschen Kreisen Livlands, Estlands und Kur lands lebhafte und herzliche Theilnahme fand, und daß man in Riga eine würdige Feier veranstaltete. Die besonderen Ver hältnisse, unter denen die Bewohner der baltischen Lande leben, brachten es allerdings mit sich, daß die Feier sich in gewissen Grenzen halten mußte, aber immerhin ist genug geschehen, um den berechtigten Stolz der Bevölkerung der Stadt auf ihre ruhm reiche Vergangenheit und ihre wirthschaftlich glänzende Gegen wart zu offenbaren. Es waren vornehmlich die Deutschen in Riga, die das Fest begingen, und mit Recht. Denn deutsch ist die Vergangenheit der Stadt gewesen und deutsch ist auch ihre Gegenwart, obwohl man in Petersburg alles Erdenkliche gethan hat, um das Russenthum an die Stelle des Deutschthums zu setzen. Deshalb durfte das seltene Jubelfest auch in den natio nalen Kreisen des deutschen Reiches berechtigter Sympathie be gegnet sein. Riga hat schon früh als Handelsstadt Bedeutung gewonnen. Wir sehen es im Jahre 1282, also 81 Jahre nach seiner Gründung, als Mitglied des mächtigen Hansabundes, Handels beziehungen nach verschiedenen Seiten unterhalten. Im Laufe der Jahre wuchs der Verkehr, und so kam eS, daß die Schiffe der livländischen Hansastadt nach England, Frankreich, Flandern, Schweden, ja, selbst nach Portugal segelten. Da Riga eine Tochterstadt Lübecks war und zahlreiche Mitglieder norddeutscher Patriziergeschlechter sich in seinen Mauern niedergelassen hatten, so war es selbstverständlich, daß die Verbindung mit den See häfen des deutschen Reiches besonders gepflegt wurde. Den günstigsten Markt aber fanden die mittelalterlichen Kaufherren Livlands in Rußland, dessen mittlerer Theil von Riga über Nowgorod mit westeuropäischen Maaren versorgt wurde, wäh rend russische Rohproducte auf dem gleichen Wege nach West europa gelangten. Trotz zahlreicher Kämpfe mit dem deutschen Orden wurde die Stadt immer reicher und mächtiger, und nahmen ihr Handel und ihre Industrie einen Aufschwung, um die sie manches Gemeinwesen im Mutterlande beneiden konnte. Rigas Hauptverdienst um die Festigung des Deutschthums im fernen Livland liegt aber weniger in der kommerziellen Thätigkeit als in seinem rückhaltlosen Anschlüsse an die Re formation. Riga war die erste Stadt, der erste Ort in der Ordenscolonie, wo Luther's Lehre Wurzel faßte. Schon 1522 sagten sich Rath und Bürgerschaft von der katholischen Kirche lot und brachen für immer die Herrschaft der Priester. Aus Riga verbreitete sich das Evangelium in die kleineren Städte und über das flache Land, drang auf die Höfe der eingeborenen Bauern und in die Burgen der Ritter, und hatte bald die Bevölkerung derart für sich eingenommen, daß die Obrigkeit im Lande plötz lich mit neuen Factoren rechnen mußte. Der deutsche Orden er kannte rasch die Bedeutung der Reformation und schloß sich ihr ohne sonderliche innere Kämpfe an. Der Nutzen, welchen Riga durch sein energisches Vorgehen für die Sache der Reformation geschaffen, ist auch von Luther durch mehrere Schreiben an erkannt worden, die er an seine Anhänger an der Düna richtete. Diese Verdienste Rigas werden dadurch nur wenig geschmälert, daß seine Rathsherren später unter polnischer Herrschaft au« Rücksicht auf den Handel den gegenreformatorischen Bestrebungen Stephan Bathory's und der Jesuiten ein übermäßiges Ent gegenkommen zeigten. Die polnischen Könige, auch Stephan Bathorn, der Feind des Deutschthums und des Protestantismus, begünstigten entschieden den Handel RigaS; die Kaufherren glaubten deshalb den politischen und kirchlichen Wünschen des Herrschers keinen, oder nur geringen Widerstand entgegensetzen zu dürfen. Sie ließen daher die Jesuiten in der Stadt schalten, gestatteten verschiedenen Mönchsorden den Zutritt und lieferten selbst verschiedene lutherische Kirchen den Papisten aus. Die Bürgerschaft allerdings mißbilligte entschieden diese schwächliche Haltung, und die Erbitterung in der Stadt nahm schließlich einen solchen Umfang an, daß eS zu Straßenkämpfen kam, die beiden Parteien Opfer kosteten, aber doch mit dem — wenigstens formellen — Siege der Katholischen endeten. Riga ist gleichwohl niemals wieder katholisch geworden. Alle Bemühungen der Jesuiten, die Bevölkerung zum Abfall vom Lutherthume zu bewegen, scheiterten kläglich und beschämt mußten sie das Zugeständnis machen, die von der „lutherischen Pest" inficirte Stadt sei ein „dürrer Acker". Das Handelsinteresse ließ die Vertretung der Stadt Riga spater unter Karl XI. von Schweden, den brutalen Zerstörer des livländischen Landesstaate-, der durch seine Güterreduction Livland an den Rand deS Verderbens brachte, wieder einmal in Allgemeinheit vergessen. Während Alles im Lande nach Er lösung schmachtete und Schritte über Schritte unternommen wurden, um die schwedischen Machthaber umzustimmen, blieb Riga völlig theilnahmlos und billigte Alle-, was in Stockholm angeordnet wurde. Karl XI., der sich Ludwig XIV. zum Vor bild genommen hatte, aber in der Kühnheit und Verwegenheit diesem Meister des Absolutismus weit nachstand, war klug genug, die Gunst des Rathes und der großen Kaufherren der ersten Stadt Livlands sich durch wichtig« Handelszugeständnisse zu erkaufen; so geschah es wirklich, daß der Widerspruch gegen seine Räuberpolitik bei einem Theile der Bevölkerung nicht die Verurtheilung, die sie verdiente, gefunden hat. Als Livland und Riga dem russischen Reiche einverleibt waren, da hat derDruck, der vonPetersburg aus auf daSDeutsch- thum in den Ostseeprovinzen ausgeübt wurde, läuternd und ver edelnd auf die patriotische Gesinnung des Rigaschen Rathes ein- ßewirkt. Die Nachkommen der Patrizier, welche im Mittelalter manchen harten Strauß mit den Rittern ausgefochten, standen Schulter an Schulter mit den livländischen Edelleuten, als e» aalt, die Angriffe auf die Autonomie des Landes, auf die deutsche Sprache, deutsches Recht und den lutherischen Glauben ab« »uwehren. Um die Mitte des eben abgelaufenen Jahrhunderts nnd allerdings auf geistigem Gebiete, aw nothwendiae Reformen m Anregung gebracht waren, lebhafte und erbettelte Aus einandersetzungen zwischen der Ritterschaft und der Stadt Riga doraekommen, aber sie trugen doch einen anderen Charakter als im Mittelalter, und sie wurden durch die Hetze der MoSkowiter- thumS rasch genug ausgeglichen. Während der Regierung Alexander*- III. war Riga mehr und mehr der politische Mittel punkt der Ostseeprovinzen geworden, von wo die Ritterschaft Mld der Rath den Widerstand organisirtrn und die Hoffnungen der Patrioten immer wieder neu belebten. Auch auf Estland und Kurland hat der kampfesfreudige, zuversichtliche Geist, der von Riga ausging, einen günstigen, erfrischenden Eindruck ge macht. Die Russificirungsära hat Riga nicht gebrochen. DaS Deutsch- thum ist dort nicht untergcgangen. Es hat vielmehr einen neuen bemerlenswerthen wirthschaftlichen Aufschwung genommen. Rigas Industrie erlebt heute eine Blüthe, wie nie zuvor; die Stadt ist ferner an Umfang und Reichthum beträchtlich ge wachsen und gegenwärtig einer der ersten Handelsplätze an der ganzen ausgedehnten Ostseekllste. Das hat Riga allein und aus schließlich durch das baltische Deutschthum und zahlreiche Zu zügler aus dem deutschen Reiche erreicht. So sind dke Aussichten des Deutschthums in den Ostseeprovinzen nach 700 Jahren nicht so ungünstig, wie Viele annehmen. Daß eS so bleiben möge, ist gewiß der beste Wunsch, den man der ehrwürdigen Jubilarin auf ihren weiteren Lebensweg mitgeben kann. Der Lrieg in Südafrika. Kitchener« neuer Feldzug-plan. Von einem „alten preußischen Officier" wird der „Frkf. Ztg." geschrieben: Es ist zu Ende mit der Hoffnung auf baldiges Aufhören des Krieges in Südafrika, und dieselben Blätter, die noch vor wenigen Wochen dieses Aufhören der Feindseligkeiten mit Be stimmtheit erwarteten, berichten heute, das Kitchener einen neuen Feldzugsplan entworfen habe, dessen Billigung von London aus erfolgt sei. (Mittlerweile hat der Kriegsminister Brodrick im Unterhause erklärt, daß die daraufbezüglichen Mittheilungen der Blätter „gänzlich unautorisirt und ungenau" seien, allein die englische Presse nimmt trotzdem allgemein an, daß der Plan, 70 000 Mann Infanterie aus Südafrika zurückzuziehen und durch 50 000 Mann Berittene zu ersetzen, rhatsächlich besteht. D. Red.) Diese 50 000 Mann berittener Truppen — ich nenne sie absichtlich nicht Cavalleristen, da man hauptsächlich auf die Einstellung von Aeomanry-Mannschaften und Leuten aus den Colonien, d. h. auf irreguläre Cavallerie, hofft — beabsichtigt Kitchener durch ein ausgedehntes Transportwesen von der Bahn linie vollständig unabhängig zu machen, damit sie auch in solchen Gegenden, die von Lebensmitteln entblößt sind, thätig sein und dem Feind überallhin folgen und ihn auf diese Weise niederhetzen können. Aus diesem Theile des Planes erkennt man deutlich, woran es lag, daß die englischen Truppen bisher nicht den so sehnlich erwünschten Erfolg hatten. Sie waren zu schwerfällig, um dem berittenen Gegner zu folgen, und dte Lebensmittelnoth im Lande verbot eine Bewegung ohne Proviantcolonnen. Durch die Beseitigung der Jnfanterietruppen würde nun allerdings die Beweglichkeit der englischen Streifcolonnen ganz entschieden eine freiere werden, aber der Umstand, daß auch dann für Pferde und Mannschaften die nöthigen Lebensmittel mitgeführt werden müssen, macht cs höchst unwahrscheinlich, daß die Cavallerie, welche man bilden will, den früheren Colonnen an Beweglichkeit weit überlegen sein wird. Auf die Proviant colonnen kann man aber selbstverständlich nicht verzichten. Wenn auch die kleinen Boerenhaufen Lebensmittel in genügender Menge finden, so ist dies für Cavalleriedivisionen, besonders in einem Lande, das man aufs Gründlichste verwüstet hat, absolut nicht zu erwarten. Wir haben hier daS merkwürdige, aber höchst lehrreiche Bei spiel, daß ein Plan dem Plänemacher selbst verderblich wurde. Kitchener glaubte mit Farmenverbrennen und Lebensmittelvernichtung denBoeren die Krieg führung unmöglich machen zu können, und erreichte nichts weiter, als daß die Bewegungsfähibkeit seiner eigenen Cavallerie divisionen behindert wird, weil da- Land ausgesogen ist. Ist nun schon das Mitführen großer Trains eine Sache, die den Werth der Cavalleriedivisionen als solcher unbedingt stark be einträchtigen muß, so wird der Werth dieser Divisionen meine- Erachtens noch weiterhin dadurch vermindert, daß man beab sichtigt, ihnen auf den Hauptstraßen Infanterie-Regimenter als eine Art „Arriöregarde" folgen zu lassen, durch die die strategisch wichtigen Punkte besetzt werden sollen und deren Aufgabe eS ferner sein soll, für den Pferdeersatz der Cavalleriedivisionen Sorge zu tragen. DaS heißt, die Divisionen werden mit diesen Regimentern in ständiger Verbindung bleiben müssen und dadurch hören sie eben auf, Cavalleriedivisionen zu sein, und werden zur unselbstständigen DivisionScavallerie. Es ist in der That nicht einzusehen, auf welche Weise Kitchener mit derartig in ihrer Be wegungsfähigkeit beeinträchtigten Truppen bessere Resultate zu erzielen erwartet, als bisher. Unter diesen Umständen wird es wohl noch lange Zeit dauern, bis das letzte Boerencommando „niedergehetzt" ist, wir die englische Presse sich mit Vorliebe aus drückt. WaS nun die Recrutirung für die ins Feld zu stellen den Cavalleriedivisionen anbelangt, so beabsichtigt man, vor allen Dingen die Mannschaften der Ueomanry, die im ersten Theile deS Krieges in Afrika selbst eine Art von KriegS- schulung erhielten, ohne coloniale Reiter zu gewinnen. Don der Aufstellung ungeschulter Neomanry-Abtheilungen, wie sie augen blicklich in Südafrika vorhanden sind, will man Abstand nehmen, denn auS den über die Leistungen dieser Leute eingegangenen Be richten ist herauSzulesen, daß die jungen Krieger vielleicht guten Wellen, aber nicht die geringsten militärischen Anlagen und Kenntnisse besitzen. „Sie schießen wie Cavalleristen und reiten wie Infanteristen", klagt ein Officier, und ein anderer Officier bezeichnete sie als „Lieferanten für dieBoeren", weil sie sich immer wieder fangen ließen, und den Boeren auf diese Weise zu Pferden, Munition und Waffen verhülfen. Ob ober die alten Aeomanrymannschaften Lust haben werden, noch einmal nach Südafrika zu gehen, daS erscheint mir denn doch mehr al- zweifelhaft. Lord Kitchener ist als sehr gestrenger, ja rücksichtsloser Borgesetzter bekannt, der seine Leute bis aufs Aeußerste anstrengt und in dessen Wörterbuch das Wort Schonuna nicht steht. Die Leute aber, die zur Peomanry gehen, legen auf anständige Behandlung und Schonung einen gewissen Werth, ja, sie beanspruchen ganz entschieden besser behandelt zu werden, al- die regulären Soldaten, und zu einem derartigen Unterschiede in der Behandlung ist Kitchener, wie man weiß, nicht zu haben. ES kommt aber noch mehr dazu, was die Wahr scheinlichkeit eine- ZudrangeS zu den Cavalleriedivisionen höchst unwahrscheinlich macht. Als die ersten schweren Niederlagen England in Aufruhr gebracht hatten, da griffen die Söhne deS Lande- au- Patrioti-mu- zu den Waffen, weil eS so au-sah, al- sei das Vaterland wirklich bedroht. Eine solche Bedrohung liegt nicht mehr vor, und in dem Kleinkriege, der verheerend bald hier bald dort in ganz Südafrika wieder auflodert, ist nicht viel Ehre zu holen. Einen zwanzigfach schwächeren Feind zu Hetzen und Farmen zu verbrennen, das ist schließlich keine Arbeit für Leute, die einen ehrlichen Kampf mit einem ebenbürtigen Gegner ganz gern mitmachen wollen, besonders mit der Aussicht, sich irgendwie eine Auszeichnung zu erwerben. Der Guerillakrieg bietet derartige Gelegenheiten selten, dafür aber verstecktere Ge fahren und größere Anstrengungen. Gerade das sind aber Dinge, auf die der freiwillige Reiter gern verzichtet. So wird es sehr fraglich sein, ob es den Engländern gelingen wird, die gewünschte Truppe zusammenzubringen. Aber selbst wenn diese gelingen sollte, wird die englische Langsamkeit und Unbeholfenheit, die ein Wciterflackern des Guerillakrieges bisher ermöglichte, die Fort dauer des Krieges auch noch für eine gute Weile gewährleisten. — Daß aber Kitchener genöthtgt war, einen neuen militärischen Plan zur Beendigung deS Feldzuges zu entwerfen, das beweist deutlich, daß der bisherige Plan mißglückt ist und daß die eng lische Armee seit langer Zeit keine Fortschritte in der endgiltigen Niederwerfung der Boeren gemacht hat. Der gewandteste Censor kann diesen Inhalt, den der neue Plan in sich trägt, nicht weg- censiren, und die Boeren werden nicht verfehlen, aus dieser öffent lichen Anerkennung ihrer erfolgreichen Gegenwehr neuen Muth zu schöpfen. — Jedenfalls verspricht dieser Kampf, der durch Cavalleriedivisionen mit gewaltigen Trains und Jnfanterie- arriöregarde geführt werden soll, militärisch höchst interessant zu werden. * Kapstadt, 19. Juli. (Reuter'S Bureau.) Es verlautet, alle auS der Capcolonie stammenden Truppen sollen in daS Gebiet der Colonie zurückkehren und, ausschließlich unter Führern aus dem Colonialgebiete stehend, die eingedrungenen Boeren vertreiben und die Rebellen niederschlagen. Sie würden natürlich im Einklänge mit den Reichstruppen oprrircn, die außer halb der Grenzen der Colonie ständen. * London, 19. Juli. (Tel d. „Boss. Ztg.") Eine Brüsseler Depesche der „Morn. Post" besagt, auS Südafrika werde gemeldet, daß Schalk Burger ein Decret erlassen habe, da« die Heran- ziehung aller 14jährigen Boerenjünglinge zum Kampf verfüge. Acrmuthlich sind auch jetzt schon die I4jährigen Knaben überwiegend unter Len Waffen gewesen. Vie Wirren in China. EntschädigungSfrage. AuS Washington, 19. Juli, berichtet „Reuter'S Bureau": In einer halbamtlichen Auslassung über die Angelegenheiten in China heißt es: Als einige in Peking vertretene Nationen fanden, daß ihr Änkheil an der Entschädigung, wie sie ursprünglich fcstgestellt worden ist, in Gefabr gerathe, durch die Forderung Japans, seinen Antheil zu erhöben, geschädigt zu werden, reichten sie Forderungen auf Erhöhung ihrer Antheile ein. Japan sah nun ein, daß, wenn es auf seiner Forderung bestünde, dies die Verhandlungen vollständig lahm legen würde; es hat daher seine Forderung für den Augenblick zurückgezogen. Es heißt, die Regierung der Vereinigten Staaten thue, WaS sie nur könne, um Japan auf irgend eine andere Weise für die Zukunft eine Entschävigung zu erwirken. Der amerikanische Vertreter Rockbill bat die Anweisung erhalten, der Besprechung eine« Vor- fchlagrs zuzustimmen, der eine Erhöhung ver chine sischen Zollabgaben fordert, um weitere Mittel für die Zahlung der Entschädigungssumme zu beschaffen. Die amerikanische Regierung sei noch gegen diesen Plan, sie habe Nockbill dte Anweisung auch nur ertheilt, um sich dem allgemeinen Wunsche nach einer beschleunigten Herbeiführung de« Schlusses der Verhandlungen willfährig zu zeigen. Deutsches Reich- Berlin, 19. Juli. (WürttembergischeDemo- kratieund Schutzzoll.) Eine sehr bemerkenSwerthe Aus lassung hat der Stuttgarter „ Beobachter " im Verlaufe eines Streites mit der „Freisinnigen Ztg." an leitender Stelle ver öffentlicht. Bekanntlich ist die süddeutsche Demokratie sehr er bittert darüber, daß die Freisinnigen in Karlsruhe ein Landtagswahlbündniß mit den Nationalliberalen abgeschlossen haben. Besonders scharf verurtheilte der Stuttgarter „Beob achter" diese angebliche Versündigung am Liberalismus, worauf die „Freis. Ztg." unter dem Hinweise auf die Schuhzöllner unter den demokratischen Mitgliedern der württembergischen Kammer dem „Beobachter" rieth, vor der eigenen Thür zu kehren. Gegen über dem Standpunkt der „Freis. Ztg.", Schutzzoll und Libera lismus als unvereinbar zu bezeichnen, erklärte das Organ der württembergischen Demokratie, es könne sich nicht die Meinung aneignen, daß das Maß eines gemäßigten Schutzzolles das Kri terium des demokratischen Glaubensbekenntnisses sei. — Und der „Beobachter" fuhr wörtlich fort: „Wir können uns eine freihändlerische und schutzzöllnerische Demo kratie denken, wenn diese letztere dem Zoll nicht als einer dauernden, sondern als einer vorübergehenden Maßregel unter Umständen zustimmt. Aber jedenfalls ist die Frage von 3 oder 4 nicht so absolut prineijrieller Natur, daß man nach ihr allein den politischen Freiheits sinn aichen könnte." — Die „Freis. Ztg." und die frei sinnige Presse überhaupt ist über diese Anschauung des „Beob achters" mit Stillschweigen hinweggegangen. Es verlohnt sich aber doch wohl, auf sie aufmerksam zu machen. Denn aus dem volksparteilichen Lager kann man nur zu häufig Auffassungen vernehmen, die dem Standpunkte, welchen das süddeutsche demo kratische Blatt in der gedachten Frage einnimmt, diametral widersprechen. Berlin, 19. Juli. (Dom neuro Zolltarif.) In der „Köln. VolkSztz." ist zu lesen: „Die von zuverlässiger Seite verlautet, soll in den neuen Zoll- tarif ein« Bestimmung ausgenommen werden, welche den Bunde-- rath ermächtigt, für im Tarif nicht genannte und nicht ohne Weiteres unlerzubringende Maaren die Lartfposition zu bestimme», nach welcher sie zur Verzollung zu bringen sind. Jedermann wird allerdings einleuchten, daß es ganz unmöglich ist, einen so lücken losen Zolltarif auszustellrn, daß die Abfertigungsbeamten für jeden beliebigen Waarenartikel die zutreffende Tarifposition finden könne», und daß nicht die nämliche Maare bei dem einen Zollamt so, bei dem anderen anders behandelt wird. Immer werden gewisse Artikel übrig bleiben und neue Artikel entstehen, über deren Unterbringung im Zolltarif dann eine höhere Behörde die Entscheidung zu treffen hat. Die Frage ist aber, ob gerade der Bundesrath dir richtige Stell» ist, der man eine solche Entscheidung übertragen soll. Handelt eS sich doch dabei nicht bloS um Entscheidungen, welche, wie bisher, durch die alljährlichen Ergänzungeu des amtlichen WaarenverzeichnisseS zum Zolltarif ge troffen werden können, sondern auch sehr oft um Fälle, welche sofort entschieden werden müssen. Ob für Fälle der letzteren Art der Bundesrath geeignet erscheint, dürfte doch zweifelhaft sein, da diese Körperschaft bei ihrer Zusammensetzung eben nicht schnelle Ent scheidungen treffen kann. UeberdieS scheint sie ja schon jetzt mit Zoll angelegenheiten überlastet zu sein. Wenigstens ließ unlängst eine ossiciöse Preßstimme durchblicken, unter den dem Bundesrath zugehenden Eingaben mehrten sich in bedenklicher Weise diejenigen welche aus Zollangelegrnheiten sich beziehen. Sei dein aber auch wie immer, so muß Loch als sicher angenommen werden, daß nach dem Inkrafttreten eines neuen, in der Praxis noch nicht erprobten Zolltarifs, der noch dazu jedenfalls viel mehr in- Einzelne eingehen wird, als der jetzige, die Zahl solcher Eingaben, Beschwerden, Be richte rc. noch bedeutend wachsen wird. Und all diese Arbeit soll dem Bnndesrath übertragen werden? Wie und in welcher Zeit soll er Liese denn bewältigen, zumal da er dock auch noch etwas anderes zu thun hat? Wäre es da nicht viel besser, bei Gelegen- heit der jetzigen Neugestaltung Les Zolltariswesens dem wiederholt schon im Reichstag eingebrachten Antrag auf Errichtung einer Neichs-Lentralstelle für Zolltartsrntscheidungen näher- zutreten? Damit würde man einem vom Handels- und Gewerbe- stände seit Jahren gehegten Wunsche nachkommen; der Augenblick dazu ist günstig, weil die bevorstehenden Aenderungen des Zolltarifs uud des Zolltarifgksetzrs ohnehin verschiedene Aenderungen auf dem Gebiete der übrigen Zollgesetzgebung mit sich bringen werden." Die „Nationalliberale Correspondenz" bemerkt dazu, man könne eS nur lebhaft begrüßen, wenn jetzt auch von Seiten eines so einflußreichen Cenlrumsorganes, wie die „Kölnische Volkszeitung" ist, geholfen werde, eine alte Forderung eine« der Senioren der nanonalliberalen Partei, Les früheren Ab geordneten vr. Hammacher, endlich ihrer Erfüllung näher zu bringen. tt Berlin, 19. Juli. (Die zweite Abtheilung im Reichsamt desJnnern.) Der zum Director im Reichs amt des Innern ernannte Geh. Reg.-Rath Caspar übernimmt an Stelle v. Woedtke'sdiezweiteAbthcilung.die sich mit den Arbeiterversicherungs- und Arbeiterschutzangelegen heiten, mit den Wohlfahrtseinrichtungen, den Verhältnissen des Arbeitsmarktes und sonstigen Fragen der Socialpolitit befaßt und außerdem die gewerblichen Angelegenheiten, das Genossen schafts-, Aktien- und Hypothekenbankwesen, die Prüfung der Handfeuerwaffen, die Freizügigkeitssachen und das Armen wesen bearbeitet. Vor v. Voedtke leitete diese Abtheilung der Unterstaatssekretär vr. v. Rottenburg, der im Jahre 1896 aus dem Reichsamte des Innern ausschied. Die Abtheilung wurde in den heutigen Grundlagen erst im Jahre 1891 eingerichtet, wäh rend früher im Reichsamt des Innern außer den wirthschaftlichen Angelegenheiten alle Arbeiten in der Centralabtheilung erledigt wurden. lAs im Jahre 1891 die zweite Abtheilung so eingerichtet wurde, daß ihr das gesammte Arbeiterversicherungs- und Ar beiterschutzwesen übertragen war, wurde ihre Leitung dem da maligen Unterstaatssekretär Bosse übertragen, neben welchem der jetzige Staatssekretär Nieberding als Direktor der ersten Ab theilung Vorstand. Der Unterstaatssekretär Bosse schied aus der Leitung der zweiten Abtheilung schon bald nach der Einrichtung derselben, um Staatssekretär des Reichsjustizamtes und später preußischer Cultusminister zu werden. Direktor Nieberding wurde sein Nachfolger im Staatssekretariat des Reichsjustiz- amteS. * Berlin, 19. Juli. Zu einer Aussprache über die Eisen bah «fragen ist eS bei einem Zusammentreffen deS preußischen und mehrerer süddeutschen Eisenbahnminister gelegentlich der Beisetzung deS Fürsten Hohenlohe gekommen. In der Unterredung ist nach Mittheilungen der „Köln. Ztg." auS München die Rückfahrkarten-Neuerung auf daS Freundschaftlichste erörtert und auch sonst manches kleine Mißcerständniß aufgeklärt worden. Bekanntlich werden die süddeutschen Staaten trotz der verlängerten GiltigkeitSdauer der Rückfahrkarten gewisse Sonder- Einrichtungen beibehalten, so z. B. Bayern seine Fahrpreis. Ermäßigungen für daS Octoberfest und Andere-, Württemberg seine Landeskarten und Baden seine Kilometer-Hefte. Unter diesen Sonder-Einrichtungen erfreuen sich besonder- die badischen Kilometer- Hefte einer häufigen Erwähnung in der Presse. Ein gewisser Erfolg kann ihnen sicherlich nicht abgesprochen werden, wa- aber zum Theil lediglich daher rühren dürfte, daß sie wegen ihrer Billigkeit ans größeren Strecken den Verkehr von gewissen Linien der Reichslande und der bayerischen Pfalz ablenken. ES ist daher zwischen der Verwaltung der psälztschen und der ReichSeisenbahneu ernstlich erwogen worden, ob auf den durch den badischen Wettbewerb betroffenen Strecken, aber nur auf diesen und keineswegs in dc» ReichSlouden und der Pfalz überhaupt, ebenfalls Kilometer-Hefte einzuführen seien. Schließlich hat man sich anS nicht näher bekannten Gründen in verneinendem Sinne entschieden. Vielleicht steht die» damit in Zusammenhang, daß zur Zeit zwischen den süddeutschen Eisenbahn verwaltungen Verhandlungen über gewisse gemeinsame Re- formen spielen, die aber keineswegs von solch einschneidender Art sind, wie die Giltigkeit-Verlängerung der Rückfahrkarten. G Berlin, 19. Juli. (Telegramm.) Ter „RelchSanzeiger" veröffentlicht dir Verleihung des Rothen Adler-Orden- erster Elaste an den württembergischen Ministerpräsidenten vr. tz. Breitling.
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