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Dresdner Journal : 09.01.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-01-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187001095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18700109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18700109
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1870
- Monat1870-01
- Tag1870-01-09
- Monat1870-01
- Jahr1870
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- Dresdner Journal : 09.01.1870
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W « l» Vin stUirUo- > "rltlr. 8trinl>elx«dütir, »u»»«rk»lk a«i »onlä. Sonä«, ?o«1 0Qä 8t»ii>p«I»u»el>t«Ll»tL»c» MkrUok - «rdlr.— ^Mrliek: 1 .. 1b „ K<,Q»Uiel>:— „ 1ü „ »»seralncp reise: ^1» S«Q U»uw «lo«r U»»p»It«ll«o Leit»; 1 Hss» vQt«r „Lii»T«»»oat" <U« 2«il«: I Hxr. «rschriir»: kRzUok, mit Lo,v»kw« 6«e 8ooa «oä k«l»er»U«, ^b«Qäi kür ü«Q folx«oü«o 1»^. Sonntag den S. Januar. DresdnerÄMmal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. 1870. »isdrmnmmmtz»« LblM»i Lo«urü»«1o»>, - ü«> vr«»ÜQ«r ^o»r»»Ii; «d«oä»».r S. Luol.», Lvo»» k'oie; L»»d»rU->«M» Vt,»-L«tp«lU->»««l-7nu>»ar1 ». N.: M Vv»».»», >«rU». <r»orrv»'»cd« Luekii., N-r»»«»,»'» 8ar«»o, ltoo«-l.»u Liu»«; vr«»»^ L. 8c»«.oee», >r«^»«: l,. 8e»»o«»'» Xooouc«o^ur«»u, ^«»»», 8i^» t k»»v»i>; 7r»»kevrt »N.: Nuekk.; LSI»! ^o. 8Lo»«i», k»rt»: HivL», övl.i.1,» tOo., (8, kl»«« ä« l» Sour»«); kr»,: k» Lii«L-.k Vis»! Xi.. Oerie.!«. qrraovgrdrr: LbalFl. k!rp«üitioll ü«, vr«»ü»«r ^oar»»I», vr«»ü«o, >1»ei«»,tr»— tio. 7. Amtlicher Theil. Ansage. Ihre Königlichen Majestäten wollen geruhen, die beim Königlichen Hofe vorgestell- ten fremden und einheimischen Damen und Herren, sowie die Herren Mitglieder der beiden hohen Ständi schen Kammern, zu dem auf Mittwoch, den 12. Januar 1870, Abend- 8 Uhr, anbefohlenrn Ho fball in der zweiten Etage des Königlichen Schlosst- zu empfangen. Die von Ihren Königlichen Majestäten genehmigten Vorstellungen werden Allerhöchstditselben vor dem Balle, ^8 Uhr, in den Zimmern Sr. Majestät de- Königs anzunehmen geruhen. Anzug: Uniform. L Jede Trauer wird abgelegt. Dresden, am 7. Januar 1870. Königliches Oberhofmarschallamt. Dresden, 2. Januar. Seine Majestät der König haben dem Wiesenvoigt auf der Hofwirse bei Lange- brück, Andreas Hausche, bet Gelegenheit seiner Ver setzung in den Ruhestand, die zum Verdienstorden ge hörige Medaille in Silber zu verleihen geruht. Dresden, 8. Januar. Se. Königliche Majestät haben Allerhöchstihrem General-Adjutanten, General major vonThtelau, den Charakter eines General- lieutcnants huldreichst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. ZeituugSschau. TageSgeschichte. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. Vermischtes. EingesandteS. Statistik und BolkSwirthschaft. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsen- »achrichtev. Beilage. LandtagSverhandlungen. (Sitzung der beiden Kam ¬ mern vom 7. Januar.) Telegraphische Nachrichten. Karlsruhe, Freitag, 7. Januar, Nachmit tags. (W T. B.) Die Zweite Kammer nahm heute die Sitzungen wieder auf. Der Kinanzminister legte einen Gesetzentwurf über weitere Anleihen für Eisenbahnbauten vor. Die Kammer nahm darauf einstimmig den Gesetzentwurf über die Auf hebung der Personalhaft in bürgerlichen Rechts sachen im Wesentlichen nach der Fassung der Ersten Kammer an. Wien, Freitag, 7.Januar, Nachmittags. (Corr.- Bür.) Der AdreßauSschuß deS Herrenhauses accep- tirte heute mit 9 gegen 5 Stimmen den Adreßent- Wurf deS Grafen Anton Auersperg. Der Entwurf des Berichterstatters Grafen Anton Auersperg betont mit der größt n Entschiedenheit, an der Verfassung festzuhalt.n, stellt die Wahlreform als wünschenswerth dar und betont hinsichtlich der Aus- gleichsdestrrbuiigen, daß diesbezüglich an die äußerste Grenze der Möglichkeit gegangen worden ist. Die fünfgliedrige Mtnontät (die Fürsten Schwarzenberg, Lobkowitz, Czartoryski, Jablonowski und Graf Kneiftet«) behielt sich vor, dem Plenum des Hauses ein Minori- tät-votum vorzulegen. Wien, Freitag, 7.Januar, AbendS. (W T. B.) Die „W. Abdpst." bezeichnet den umlaufenden Ge rüchten gegenüber die Reise deS Erzherzogs Albrecht nach Frankreich ausschließlich als Erholungsreise. Graf Taaffe empfing, der „Presst" zufolge, ein kaiserliches Handschreiben, wonach die gegen wärtigen Minister die Geschäfte provisorisch fort zuführen haben. Der Ministerpräsident Graf Taaffe erklärte in einer CommisfionSfitzung, er hoffe binnen 14 Tagen die vollständige Pacificirung Dalmatiens anzeigen zu können. Paris, Freitag, 7.Januar, AbendS. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Senats erklärte der Minister deS Aeußrrn, Graf Daru, in Betreff der Interpellationen über daS Concil, die Han- delSverhältniffe und die innere Politik, daß die Regierung bereit sei, dieselben nach allen Seiten zu beantworten, und schloß seine Rede mit den Worten: „Wir find ehrliche Männer und werden alle Versprechungen, die wir gemacht haben, ohne irgend welche Ausnahme halten." Auf Antrag Daru'S wurde die Beantwortung der Interpella tion betreffs des ConcilS auf nächsten Dienstag, betreffs der HandelSverhältnisse auf nächsten Don- nerStag, und betreffs der innern Politik auf den 15. d. festgesetzt. Wie verlautet, hätte der Minister deS Aeuße- ren, Graf Daru bei dem gestrigen Empfange der ChefS der Gesandtschaften erklärt, die französische Regierung werde nach wie vor sich jeder Einmisch ung in die innern Angelegenheiten anderer Länder enthalten. Der Empfang bei dem Minister währte 4 Stunden. Der „TempS" versichert, daß die Entlassung Lavalette's und Benedetti'S vom Kaiser angenom men sei. Für den dadurch erledigten Gesandt- schaftSposten in Berlin sollen Mercier und Ma- laret in Vorschlag gebracht worden sein. Die „Patrie ' dementirt das Gerücht, daß Broglie zum Gesandten für London designirt sei; zwar wäre für später eine Veränderung im diplo- malischen CorpS wahrscheinlich, doch sei für jetzt noch nichts darüber bestimmt. In gut unterrichteten Kreisen wird versichert, daß Ollivier binnen Kurzem einen Entwurf, be treffend die Aufhebung des SicherheitSgesetzeS und die theilweise Aufhebung deS Artikels 75 der Verfassung, dem gesetzgebenden Körper vorlegen wird. Dem Vernehmen nach werden einige StaatL- räthe demnächst ihre Entlassung nehmen. Eine große Versammlung für Aufrechthaltung der Handelsfreiheit wird am 16. d. unter dem Vor sitz von L6on Say hier abgehalten werden. Brüssel, Sonnabend, 8. Januar. (W. T. B.) Der „Courrier de l'Etat" meldet mit Bestimmt heit, daß der Präsident der nordamerikanischen Union, Grant, im Juni die Souveräne von Frank reich, England, Preußen und Rußland besuchen werde. Madrid, Freitag, 7. Januar. (W. T B.) Die Ministerkrisis wird wahrscheinlich demnächst been digt sein. Die Minister MartoS und Zorilla wer den zurücktreten; daS StaatSministerium ist Josö Olozaga, daS Justizministerium Rivero angeboten, Letzterer hat sich eine vierundzwanzigstündlge Be- denkzeit erbeten. Konstantinopel, Donnerstag, 6. Januar. (Tel. d. „N. fr. Pr.*) Die Haltung Ismail PaschaS giebt zu neuerlichen Besorgnissen wegen Wieder- auSbruches deS ConflicteS Anlaß. Die Pforte dringt auf vollständige Erfüllung deS jüngst von ihr nach Kairo gesendeten FermanS, mit dessen Ausführung der Khedive zögern soll. Belgrad, Freitag, 7. Januar. (W. T. B.) Der Kaiser von Oesterreich hat dem Fürsten Milan daS Großkreuz det LeopoldordrnS, und dem Re genten Blaznovacz den Orden der eisernen Krone erster Klasse verliehen. Dresden, 8. Januar. Das neue Ministerium in Frankreich wird zwar von den Organen der Berliner Presse je nach ihrem verschiedenen politischen Standpunkte beurtheilt; aber allseitig leuchtet das Vertrauen durch, welches man prcußijchcrseits in die friedliche politische Wirk samkeit des neuen Cabin ts seht. Die haldosfictelle „ Pro in zial-Korrespondenz* äußert sich über den Ministcrwechsel wie folgt: „In Frankreich hat infolge der von dem Kaiser eingeleiteten weiteren Entwickelung der parlamentarischen Einrichtungen so eben ein Wechsel deS Ministeriums slattgifunden, durch welchen hervor ragende Vertreter der Mittelparteien zur weiteren Durchführung der beabsichtigten Reformen berufen wor den sind. Die Umstände, unter welchen dieser Wechsel stattgesunden hat, sowie die politischen Ucberzeugungen des Staatsmannes, welcher zur Bildung des neuen Ministeriums berufen war, des bisherigen Abgeordne ten Ollivier, geben eine neue Bürgschaft sür die Auf rechterhaltung der friedlichen und freundschaftlichen Be ziehungen, welche auf Grund der Gesinnungen des Kaisers Napoleon seither zwischen Frankreich und dem Norddeutschen Bunde bestehen.* — Die ministerielle „Norddeutsche Allgemeine Zeitung* hält es „zur Beurtheilung der Stellung des Cabinets Ollivier zu den deutschen Angelegenheiten* für angemessen, an den seiner Zeit vielfach reproducirten Briefwechsel zu erinnern, der im Herbste des Jahres 1867 bezüglich jener Angelegenheit zwischen dem gegenwärtigen fran zösischen Justizminister und dem Mitglied! des nord deutschen Reichstages, Frhrn. Nordeck zur Rabenau, stattgesunden hat. Der erste Anstoß zu dieser Korre spondenz war durch einen Artikel der „Liberts" gege ben, in welchem Ollivier seine Wahrnehmungen wäh rend einer kurz vorher durch Deutschland unternommenen Reise niedergelcgt und die nationale Bewegung in Deutschland „mit ebensoviel Scharfblick als Billigkeit* beurtheilt hatte. — Der „Neuen Preußischen Zei tung" zufolge ist der Umstand von Bedeutung, daß das neue Ministerium zu Stande gebracht wurde gegen diejenige Fraction des abgetretenenMinisteriums, welche, als die liberale, sich zum Bleiben bestimmt glaubte, nämlich gegen die Herren Magne und Chasscloup- Laubat. Das sei wichtiger, als es aussehe; denn es mache diesem Ministerium der beiden Centren — wie man es nennen könne — möglich, auch An knüpfungen auf der rechten Seite zu suchen, was durch Nouher's Feinde, wären sie im kabinet geblie ben, unmöglich gemacht worden wäre. Jedenfalls müsse das bisher herrschende Mißtrauen gegen den „ pa>lamentarischen guten Willen* des Kaisers nun chwinsden. Dem Organe der konservativen Partei „zeigt der Uebergang Frankie ch- in den Parlameuta- rismus recht deutlich, wie bedenklich es ist, sich eine Regierungsform >n doctiinärer Weise anzueignen, die anderswo sich geschichtlich entwickelt hat und eine noth- wendige Form des politischen Lebens geworden ist.* Der auf eem Con.inent l ndläusige Liberalismus ver lange eme parlamentarische Negierung, um mittelst der selben zu einer p.rlamentanschcn Omnipotenz zu ge langen; in F.ankreich gar ironistre sich das System noch brastsicher dadurch, daß die Majorität, welche für die Regierungspolitik maßgebend sein soll, erst erfun den werden müsse, sodaß sie, al- Product der politi schen Jntrigue, in ihrer Bedeutung für das Land und dessen Stimmung — eme Lüge sei. Der Liberalismus, welcher den Parlamentarismus für eine Konsequenz seiner Theorien ansche und begehre, werde sich über den Widerspruch, in welchen er gleich bei Einführung des Systems mrt dessen Grundsätzen gerathe, leicht hin- weghrlfen; aber man dürfe sich doch der Illusion nicht hingebrn, daß die Komik der augenblicklichen Situation sich in diesem Charakter behaupten werde. Die „N. Pr. Z " fährt dann fort: „In Frankreich stehen nicht wie in England alle Parteien auf dem Boden der Ver fassung; man hat bei den Pariser Nachwahlen gesehen, welche staatsfeindlichen Elemente die Gesellschaft in sich birgt, und ebenso, daß sie nur darum zu keiner ernst lichen Gefahr für diese werden, weil und so lange eine Regierungsgewalt vorhanden ist, welche sich im Besitze der Mittel weiß — die Ordnung zu garantiren. Mit Einführung der parlamentarischen Regierung verliert solche Bürgschaft in eben dem Maße an Werth, als sie ^ze Herrschaft über die Werkzeuae verlie-t.* Die neue parlamentarische Regierung, schließt das consirvative Blatt, werde viel Sorge und Arbeit Haden, um nicht weniger zu leisten, als rhre Vorgängerin. — Die „ Na tion» l-Zettung * wirft Ollivier „die vteUachen Schwankungen und Zeichen der Unzuverlässigkeit" vor, welche er namentlich feit den letzten allgemeinen Wahlen, von seinem Briese an die Pariser Wähler dis zur Wahlprüfung Duvernois', sieb habe zu Schulden kom men lassen, und welche „mtt Recht ihm das öffentliche Vertrauen entzogen* hätten. Der Hauptgrund für ein besseres Zutrauen zu dem neuen Ministerium liege da rin, daß Ollivier keine beherrschende Stellung in dem selben einnehme, sondern sich gezwungen sehe, seine Sache mit der seiner Kollegen aus dem link.n Kew rum für solidarisch zu halten. Nachdem die „NU.-Ztg." hervorgthoben, wie der Wendepunkt in den Gesch cken der hochbegabten Nation natürlich die Theilnahme der ganzen gebildeten Welt erwecke, und h nzugefügt, daß der Systemwechsel in Frankreich auf die innern Ver hältnisse Preußens „vermuthlich nicht ohne jede Rück wirkung bleiben" werde, schließt sie ihre Betrachtungen m't folgenden Worten: „Dem aufmerksamen Beobachter ist gewiß nicht entgangen, wie oft unser konservatives Ministerium in der Nachahmung des französischen Musters sich gefällt. Hat doch selbst das System der amtlichen Kandidaturen zu den Parlamentswahlen vor nicht langer Zeit in dem Grafen Bismarck einen Lob redner gefunden. Wer weiß, bis wohm die Vorliebe für das französische Muster sich verstiegen haben würde, wenn nicht das System tn dem Heimathlande so schmäh lichen Schiffbruch gelitten hätte. Das ganze Rüstzeug des Schrincvnstitutionalismus haben unsre conservatcven Ministerien aus Frankreich eingebracht. Das jämmer liche Fiasco, welches dies System in dem Muslerlande gemacht hat, wird den Eifer und die Bewunderung der Nachahmer dämpfen.* Unter den Wiener Blättern weist die „Presse* darauf hin, wie die Mimsterliste deutlich zeige, daß eS keine eitle Redensart war, wenn der Kaiser Napoleon versicherte, zu der Einsicht gekommen zu sein, daß die Stärke einer Negierung oder Dynastie durchaus nicht immer im direkten Verhältniß zu der autokratischen All gewalt ihres Oberhauptes steht. So habe denn der Verlauf der französischen Staatsumwälzung während des entschwundenen Jahres nach beiden S»it.n hn Recht gegeben. Bei den Neu- wie bei den Nachwahlen habe die Haltung der Bevölkerung, den „Unversöhnlichen* sowie den Socialisten und Straßenkcmagogen gegenüber, unwiderleglich bewiesen, daß Fiankreich keine Lust hat, wieder einen Spruug ins Unbekannte zu thun. Der Kaiser wiederum meinte es durchaus ernsthaft, al- er der Kammer zurief: „Helfen Sie mir, die Freiheit ret ten!*— vielleicht, fügt die „Pr.* hinzu, „nicht gerade mit der Freiheit, aber jeoenfalls mit dem Verständnisse dafür, daß jetzt oder nie der Augenblick gegeben war, seine junge Dynastie auf eine andere, solidere und bret tere Basis zu stellen, als die der Bayonnete.* An einer andern Stelle macht die „Pr." nachstehende Be merkungen: „Unzweifelhaft wird es auch diesmal nicht an Leuten fehlen, die ein besonderes Vergnügen daran finden, offene Thür en einzustoßen, um zu beweisen, daß auch bei der heutigen „„Krönung des Gebäudes** Thiers' Ausspruch „„Der König herrscht, aber er re giert nicht"*, noch lange nicht verwirklicht sei. Es er- giebt sich diese zwar etwas triviale, darum aber nicht FeuMetsn. K. Hoftheater. Freitag, den 7. Januar, wurden zum ersten Male zwn neue Stücke „Herzog Alba in Rudolstadt* von Ferdinand Gleich und „Der Hagestolz* von Roderich Benedix gegeben. Ich tin weit davon entfernt, peinlich rechten zu wellen über die Wahl der Stücke, wclche irgend een deutsches Theater zur Aufführung bringt. Bei dem beitzesten Bemühen, mild und tolerant zu sein, dürfte sich aber dcch eine Allgemeinbemerkung röthig wachen und sehr gut mit der Milch der frrmmen Denkungsart vertragen, rhnr sie zu versäuern. Man muß nämlich sagen: wenn man annrhmen könnte, daß es keine bes sern und dankbarer« Novitäten gäbe, als die beiden genannten, ja wenn man nicht wüßte, daß cs wirklich verdienstlichere giebt, so müßte man die moderne Pro duktion und die moderne Bühne tief und hoffnungslos mit Wachslicht und Eitronr in Händen beklagen. Diese stille Wehmuth schließt nicht aus, daß die beiden neuen Lustspiele an sich gar harmlose, wohl- gemcinte Proeuctivnen sind, mit deren Aufführung man sich aufrichtig Mühe gab. Bet künftiger Verwendung wird man gut thun, beide Wrrkchcn, die sich nicht al- Fleischgericht, sondern als Fischspeise erwiesen haben, für zwei Abendmahlzeiten auseinander zu reißen und zwar nach der Vorschrift deS Tieck'schen Verse-: „Verheilte Freud' ist doppelt Freude, Gecheiller Schmer» ist halber Schmerz." Die Beuntbung deS Herzog- Alba in Rudolstadt, welche sich schon Schiller gelegentlich zu erzählen vcr- anlaßt fühlte, ist eine kleire dramatissstr Bmkdvte, und der Vn fasst r nahm daki Gelegcnhcit, den Personen eilige Wahrheiten und Schlagwörter ar- der Philo sophie der Geschichte in den Mund zu legen. Et zeichneten sich bei der Darstellung Frau Bayer und die Herren Jaffs und Winger (als Fürstin, Herzog Alba und Herzog von Braunschweig) durch möglichst charakteristische Färbungen ihrer Rollen aus. Für das Lustspiel von Benedix gereicht es zum be- sondern Unglück, daß es sich dreiactig hinjpinnen mußte, denn es ist zu realistisch, das ermüdende Leben eines Hagestolzes durch leere Längen wiederzuspiegeln. Tie hübfchrn Gegensätze, drolligen Einfälle und drastischen, in derber Komik oft glücklichen Motive, welche jeder zeit dcm Bencdix'schen Talent zu Gebote stehen, wür den in gedrängterer Form spannend und anregend bleiben. Und es machte sich dann noch eine Eigenschaft überflüssig, die durch die Wohlfeilheit ihrer Tendenz und ihrer Mittel empfindlich langweilt und den Ge- schmack verletzt: das Stück brauchte nur heiter, witzig und charakteristisch und nicht zugleich »in Bettelbrief an daS Moralgcsühl und rührungsfähtgr Gemüth der Zuschauer zu sein. Es verstimmt, wenn man unser Herz zur Unikit mißbraucht. Die Darstellung zeigte sehr ansprechende Figuren. Solche gaben die Herren Winger, Dettmer und HreSr als Hagestolz Landeck, SchiffScapitänWindhorst und Geldfreund Fcrnow. Die weibliche Hauptrolle, Ernestine, spielte Fräul. Langenhaun mit sehr tref fenden, ansprechenden Charakrerfarbrn. Im Uebrigen wann poch die Damen Berg, Bayer, Allram und Wolff und die Herren Hanstein, Wilhelmi und Marchion wesrntlich^tDäfUgt. Otto Banck. Dresden. Freitag, 7. Januar, fand Hrrrn Anton Rubinstein'- Cvncrrt unter Mitwirkung der kgl. Kapelle, dtrtgtrt von HerrnHoskapellmeisterDe.Rietz, statt. ES begann mit einer neuen Komposition des konrrrtgeber» „Phantasie sür Piano mit Lrchestrr*. Sie behandelt mancherlei Motive, darunter auch rigen- thümliche und geistreiche, fragmentarisch mit ungestü mem, virtuosem Plaisir und Kraftäußerungen, kommt öfter zu wünfchenswerthem Schluß und beginnt fast eben so oft wieder und klingt uns etwas zu östlich, voll ungezügelter prätensiöser Subjektivität und sehr bedürftig künstlerisch geläuterten Sinnes und Ge schmacks. Musik bietet sie nicht. Gleichwohl tum- melt sich darin ein Ueberschuß von Kraft eines be deutenden Talents, das uns öfter in täuschungsvolle Spannung und Theilnahme versetzt, besonders durch die ungemeine Bravour im Vortrag des Komponisten. Für diesen ist das Werk durchaus charakteristisch; auch darin, daß wir in der Instrumentation den Komponi sten schwer wiedererkennen. Alle Ausführungen des Concertgebers zeigten mehr oder minder seine geistige Inspiration, poetische Empfindung, seinen feurigen, phanlasirreichen Schwung; sein Vortrag bewahrt stets ein individuell productives Ausdruckselement, ein un- mittklbareS Gestalten, das mit energisch beherrschter Technik, außerordentlich schönem, coloritreichem Ton und beseelter Melodieführung vereinigt, unsre vollste Sympathie fesselt. Keine spekulative Gelstreichigkrit stört, und die Neigung zum Sentimentalen, welche sich tn dcn vorigen Jahren zur männlichen Haltung seines Spiels mischte, scheint geschwunden. Eine künstlerisch höchst vollcndete Leistung war die Production deS 6-äur. ConcertS vcn Beethoven mit seinen reizenden Motiven, dem träumerischen Tiefsinn und den genialen Zügen in ihrer Entwickelung, mit seiner phantastischen, sym phonisch innigen Verwebung deS PianoS und des Or- chcstkrs. Voll Poesie crklang dir innig flehende Bitte des Andante gegenüber dem versagenden und endlich milde gestimmten Ehor deS Orchester-. Nur im letzten Satze schweifte die dithyrambische Luft mit übertriebe nem Tempo in zu ungebändtgte materielle Wildheit über. Die Kapelle hob durch vorzügliche Begleitung die schöne Gcsammtleistung. Nicht minder glänzte oder entzückte der Concertgeber durch dcn Vortrag der äur-Sonate von Weber — deren Scherzo aber in etwat mäßigcrm Tempo schöner wirkt — und einer Kuntze- fügten Reihe kürzerer und längerer Piecen von Chopin, Schubert, Mendelssohn. ES ist wohl möglich, daß, wenn Hr. Rubinstein noch rastlos weiter gespielt hätte, auch das Publicum nicht müde geworden wäi e zu hören; aber eS ist jedenfalls besser, so heiklige Fragen nicht auskommen zu lassen, und ein Concert nicht über die angemessene übliche Zeit auszudehnen. Frau Helene Hüfner-Harken, Concertsängerin aus Oldenburg, unterstützte da- Concert. Ihr Mezzo sopran, in den Mitteltünen bereits etwas ermüdet, ist zwar bis zu einem gewissen Grade löblich geschult, aber ihrer Vortragsweise fehlt feinere, geschmackvolle Durchbildung, Wärme und gute Aussprache. Ihre Borträge einer Arte auS „TituS* und der Arie psrlläo" von Beethoven fanden anerkennende Aufnahme. E- Banck. f Dem Andenken Chaucer's, deS „Vater- der englischen Literatur*, zu Ehren ist soeben in der soge nannten „Poetenccke* (poeu- Corner) der Westminster- abtei zu London ein sehr schön gemalte- GlaSfenster errichtet worden. Im untern Theile desselben fleht man die Canterburypilgcr die alte Stadt verlassen und in der Hauptstadt ankommrn, zwei ähnliche Mcdacllon- darüber stellen den Dichter dar, wie er von Eduard 111. eine Mission an den Dogen von Venedig empfängt. An der Spitze ist das Gedicht „Ist« kloure anck tk» Cercle" allegorisch dargestellt. Die Porträt- Lhaucer'S, seiner Gattin und seiner Freunde, wie diverser Wappen und der Name des Porten nehmen den übrigen Raum det exquisit autgeführten Fenster- ein.
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