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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1881
- Erscheinungsdatum
- 1881-06-23
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188106232
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18810623
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18810623
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1881
- Monat1881-06
- Tag1881-06-23
- Monat1881-06
- Jahr1881
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1881
- Autor
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Me»» Erscheint täglich stütz «V, Uhr. UrtzecN«» »at Lkpröttisa IohanneSqasse 33. A-rrcht»»tt» -er Ue-artioil: Bor»ttv^« 10—IS Uhr. 4-6 Uhr. S Mch» »<r»u»li4. her ftr dt« «ichftf«l»e»3e ^ heftt««te» S«jer4t« n, Vschol«,«, kt« » Uhr N«ch«ltta,s. «» G«»». «»» Frftta,e» früh dis3 Uhr. 2« -er Mialeu siir Ins.-^nnahme: vtt« Me««. UntverfltLtsstraße 22, L»»t» Lssche» Kathmüuenstraße 13, p. »»r »ts Uhr. LiWgcr.TasMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Auflage 16,SSV. Adonnemrntaprri» Viertels. 4V, MN., iurl. Brinorrlohn 5 Mk-, durch di« Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Stummer 25 Ps. Belege»,nplar 10 Pi. Gebühren für Extrabeilage» «hne Postbesördening 39 Mk. mit Postdesürderung 48 Mk. Inserate ögespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarisch« Sa» nach höherem Tarif. -teclamen »ntrr den Nedaction,strich die Epaltzeile bO Ls. Inserate sind stets an die vppedtti«« zu staden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumernixlo oder durch Post. Nachnahme. ^-174. Donnerstag den 23. Juni 1881. 75. Jahrgang. Amtlicher Theil. Atimmtmichmr. Das IS. Vtück de» diesjährige» Reichsgesetzblatte» ist bei rm» rinaegangen und wird bt» z«>n lil Juki diese» J«hre» aus dem RathhauSsaal« zur Einsichtnahme öffentlich auShängen. Dasielbe enthält: Rr. 1424. Verordnung, betreffend die UmzuaSkosten de» Personal« de» MarinelazarethS zu Yokohama bei Verletzungen aus dem Inlande dorthin, beziehungS» weis« bei Rückversetzungen nach dem Inland«. Vom 24. Mai 188t. Rr. 142». Convention über die Ausübung de» Schutzrechte» in Marokko. Bom 3. Juli 1880. Rr. 142». Bekanntmachung, betreffend die UebergangSabgabe und die Steuerrückvergütung für Bier in Baben, vom 10. Juni 1881. Leipzig, dm 20. Juni 1881. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stvß. Holzauclion. I» üntdersttitswalde »ei Liebertwolkwtt» sollen Mittwoch, de« rv. A««t 1881 von Vormittags 10 Uhr an 784 Stück Ftchtenstaugen von 7 bis 15 Etui. »ntrr« Dtörkr, »4 Stück eichene Stangen von derselbm Sltrke, 8 Ranmmeter harte Rollen, 92 Raummeter weiche Stollen, b,00 Wrllenhnudert harte NeiHlgbnad« nnd 35ch0 Wellenhnadert kiefern« Reißigbunde t Erlegung der geordnetra Anzahlung sofort »ach dem Zuschläge unter den sonst bekannt zu wachenden Bedingungen meistbietend versteigert werden. versa««lttn» a» langt« Wege «««ett de» s«rsth«»se». Leipzig, am 18. Juni 1«1. Uatdersttits - Ncuta«t. Graf. »aml nnd w Erd« and Schutt zur Bodenanffüllung w,rd in den Baracken bei Gohlis angenemme» and der Lubtkmetrr mit 30 -4 vergütet. Leipzig, a« »1. Innt 1681. KSatgltch« G»r»is»«»er»»1tu»«. Mchtamtttcher Theil. Leipzig, 23. Juni. Ueberau» charakteristisch für die Auffassung der Bevölke rung Von dem souveränen Schalten und Walten de» Reich», kauzler» ist und bleibt die Theilnahme, die dem Ex-Bicekanzler Grafen Stolberg auch in Kreisen entgeaengebrachl wird, die bei seinem Sturze vielleicht zum ersten Mal« seinm Namen zu hören bekamen. Er, der während seiner ganzen Amtsführung fast nie von sich reden machte, ist jetzt einiger maßen m dl« Mode gekommen und wird sich» denn auch ge fallen lassen müssen, daß ihn di« launische Mod« wieder ver wirft. Aber einstweilen kehrt sich der Instinkt de« VolkeS nicht an die durch und durch konservative (wenn auch nicht reactionaire) Gesinnung de» Grafen Stolberg, sondern es wird, wie beim Grafen Botho Eulenburg, die öffentliche Theilnahme gefesselt durch di« rein persönlichen Momente, die beim Lalle diese» Minister» hervortraten, durch die heroische Unbeugsamkeit de« Willen» bei seinem Gegner, durch die vornehme Schweigsamkeit de» Ertragen» bei ihm selber. Man weiß, daß er längst die goldene Bürde gern wieder lo« gewesen wäre, die dem staatSmännischen Ehrgeize, wenn Graf Stolberg dergleichen besessen hätte. Nicht» bot; aber man will sich nicht auSreden lassen, daß di« Ernennung de» Herrn von Bötticher zum Gencralstellvertrcter, die einer einfachen Verabschiedung de» Grafen Stolberg kehr ähnlich sah. den unmittelbaren Anlaß zum Rücktritt de» Letztere» geboten Hab«. Unterstützt wird diese Annahme durch ven allerding höchst ansfälligen Umstand, daß der Rücktritt Stolberg'» erst zwe» dolle Tage später halbamtlich bekannt gemacht wurde al» die Berufung Bötticher'». Dazu kommt, daß in Artikeln auswärtiger Blätter, die unzweifelbaft au» Regierung-quellen geflossen sind, schon che die Entlassung Stolberg'» vollendete Tyat ache war, der vermuthliche Rücktritt desselben au» dem Gesichtspunkte betrachtet wurde, daß er „die Beziehungen der Regierung zu den Freiconserdativen noch mehr lockern müsse, al» sie ohnehin sckon sind". Wenn man sich der ungnädigen Ausnahme erinnert, welche .Hönig" Stumm in letzter Zeit beim Reichskanzler gesunden, ver durchaus nicht un begründeten Gerüchte von dem baldigen Austritt de» Grasen Wilhelm BiSmarck au» der deutschen Reich-Partei und der zahlreichen Abstimmungen, bei denen ein ansehnlicher Bruchthcil dieser Fraktion sich von der Regierung getrennt hat, so wird man allerdings den Verdacht nicht ganz zurück weisen können, daß eine Säuberung de- Ministerium- von sreiconservativen Elementen in den LÜÜnschen der maßgebenden Stelle gelegen hat oder noch liegt. ES müßte dann freilich auch der treue Hausfreund der Familie BiSmarck, Herr LuciuS, gehen, der bei der Partei Kleist-Retzow wegen inner bürgerlichen Herkunft, bei der Partei Windtyorst wegen seine» „Abfall»" von der katholischen Kirche mißliebig und außerdem noch dem beide Parteien durchdringenden widerwärtigen Antisemitismus wegen seiner angeblichen Abstammung von jüdischen Vorfahren Namen» Hecht verdächtig ist. Einst weilen betrachten indeß di« Ultramontanen Herrn Lucius in feinem landwirtschaftlichen Ressort al» verhältniß- mäßig ungefährlich und verlangen, indem sie ihrer Freude über die Besetz,mg der beiden wichtigsten Ministerien de» Innern und de« Eultu» durch Puttkamer und Goßler lauten Ausdruck geben, zunächst in aller Bescheidenheit uur noch di« Beseitigung de- Iustizminister» Friedberg, der nach ihrer Behauptung mit dem Grafen Botho Eulenburg stet» „da- entschieden liberale Element >m Ministe- rium repräfentirt" hat. Da Herr Friedberg seine semitische Abstammung nickt verleugnen kann und will, so erfreuen sich die Ultramontanen auch bei dem Sturmlaus gegen ihn de» dollsten Beifall» der Deutschconservativen, die sich der Her kunft ihre» größten Führer». Stahl'», gar nicht «epr erinnern z» können scheine». In de» preußischen Provinzen zeigt sich da- Bedürfniß nach Candidatrn, die man sich a»S Berlin verschreiben will. DaS gilt nicht allein für die Fortschritt-Partei. Auck für die Seccssionistrn sollen z. B der Eisenbahndirector Sckrader in Braunschweig, der Kaufmann Heinrich Kochan in Landsberg a/W. candidiren. Diese vereinzelten Thatsachen haben doch auch eine allgemeine Bedeutung. Sie zeigen, daß sich bei uns gerade wie in den übrigen europäischen Eultur- ländern jener Pcoccß der parlamentarischen Entwickelung vollzieht, in welchem die Vertretung de- Volke» au» den Händen localer Vertrauensmänner in die jenigen von Personen übergeht, die im Centrum de« politischen Leben- stehen und von jeder Art gedrungener landü- mannschaftlichcr Befangenheit befreit sind. Mag man DaS immerhin „berufsmäßige-Parlamentarierthum" nennen: auf den Namen kommt e» nicht an, wo die Sache sich mit Noch- Wendigkeit vollzieht und wo alle Parteien an den Bortheilen der «Sache gleichen Antheil haben. Wenn Fürst BiSmarck darüber klagte, daß „zu viel Berliner im ReickStag seien", so zeigt schon die beginnende Wahlbewegung, daß die Be völkerung hierin keinen Grund zur Unzufriedenheit erblickt, und daß sie im Gegensatz zum Reichskanzler die Concentration de- politischen CapilalS in der Hauptstadt für etwa» ganz Heilsame» hält. Mit einer ganz ungewöhnlichen Aufregung und Partei leidenschaft sind wir in diesem Jahre in die Wahl bewegung eingetretcn und eS werden von recht- und link», von oben und unten agitatorische und demagogische Künste entfaltet, die zu den unerfreulichsten und besorgnis erregendsten Erscheinungen unsere» öffentlichen Lebens gehören. Bei dem allgemeinen directen Wahlrecht giebt mehr als bei andern Wahlsormen die breite Masse de- Volk» den Ausschlag; daraus erklärt e» sich zur Genüge, daß man aus allen Seiten nach Schlagwörtern und Agitation-Parolen von einer aus die breitesten «schichten berechneten Wirkungskraft sucht. Nnd an solchen kann e- nicht fehlen, wenn, wie eS in der RcichSgesetz- gcbung mehr al» in den legislativen Arbeiten der Landtage der Fall ist, die im Vordergründe stehenden Fragen in die wirthschastliche Existenz und die uniiiittclbarstci, materiellen Interessen der Wähler auf» Tiefste einareisen. Da- „Zerren um den armen Mann wie um die Leiche deS Patroklus", um da» Wort eine» Socialdcmokraten im Reichstag zu gebrauchen, ist ein der jetzigen Wahlbewegung in hervorragendstem Maße eigenthümlicher Zug. Die Regierung und mit ihr die .er, Gegen diese Behauptung vertheidigt sich Herr Stöcker mit dem ganzen Aufgebot „sittlicher Entrüstung", da« ihm zu Gebote steht, und erklärt: Da» ist nicht wahr. Niemals habe ich die theologisch« Lehr freiheit bestritten: tch will keine Diteiplinar-Unlcriuchun- gegen Professoren. Betreff« der Geistlichen auf der Kanzel denke ich aller- ding« anders. Wenn sie die Kanzel benutzen, um an der Kirche ihr Mürhchen »u kühlen, die Grundanschauungen der Bibel zu leugnen, die Grundsätze der kirchlichen Bekenntnisse zu bestretten, so habe ich Nicht- dagegen, daß man sie von der Kanzel führt, und wenn man Das am Ohrläppchen thut, so habe tch auch Nicht» dagegen. Di« „Tribüne" bemerkt dazu: Wenn irgend ein Reporter Da« mittheilte, würden wir zweifeln; da e» Herr Stöcker selbst erklärt, müssen wir eS schon glauben. Stach unserer Auffassung macht Herr Stöcker mit dieser Erklärung seine Sache nur schlimmer. Die Insinuation, daß irgend ein evan gelischer Geistlicher die Kanzel benutze, um an der Kirche sein Miithchcn zu kühlen, ist um viele» unwürdiger al» DaS, was man Herrn Stöcker in den Mund gelegt hat. Und gegen wen sich diese Insinuation richtet, darüber wird ein Zweifel nicht auskommen können. Welch hohen Begriff man in den höchsten Kreisen Baiern« von dem freien Wahlrecht hegt, davon liefert ein Erlaß de« König- Ludwig betreff« der in Baiern bevorstehenden Landtagswahlen einen deutlichen Beweis. Dieser Erlaß schließt mit den Worten: Wir befehlen unseren Regierungen, Kammern des Innern, die Vorschriften de- Wahlgesetze- genau zu vollziehen. Wir erwarten hierbei von allen Behörden gewissenhaft« Erfüllung ihrer beschwo- reuen Pflichten, Leitung der Wahiverhandlungen mit rücksichtsloser Unbefangenheit, Beschirmung der Freiheit der Wahlstimm«« vor Etnschschternng oder Bestechung und pflichtgemäße Enthaltung von feber Beschränkung der Wahlsrethett. Man schreibt uns aus Wien vom 2l. d.: Je näher der Tag der Verwirklichung de» Zuges slavischer Ultra- montaner auS Böhmen. Galizien und unseren übrigen Provinzen nach Rom rückt, desto abfälliger wird in vielen slavischen Journalen diese demonstrative „Pilgerfahrt" beur» theilt. Die heute hier eingelangten „Narodni Lisch", da« Organ der Iungczechen, sagen darüber unter Anderm: „Wenn c» sich blo» um den Ausdruck eine» srommen Glauben- Handeln würde, hätten wir kein Stecht, uns in die Sache zu mischen. Weil man aber unbegreiflicher Weise von einer „all- gemein slavischen Kundgebung" spricht, so müssen wir wirklich bedauern, daß sich in unserem Volke, auf dessen Haupt Rom sckjrecklicheS Eiend nnd Noth gehäuft, anck Leute gefunden, scrvallvcn Partpiea halten den Arbeiter« lackende Zukunft»- k die dem rvmisckcn Stuhle aus Koste» unsere» St'.veutbum« bildcr von der Versorgung unter Mitwirkung de» StaateS '-or und erregen der den Bauern dnrch immer wcilergehcnde agrarische Versprechungen Hoffnungen, deren Erfüllung sie wohl selbst nicht für möglich Hallen, von fortschrittlicher Seile wird dagegen mit demselben Eifer da- feine Wirkung selten versagend« aufregende Schlagwort von dem Steuerdruck, der Bcrthcuerung der unentbehrlichen LcbcnSmittcl u. s. w. in die Massen geworfen. Die Agitatoren von recht» und links habe» gleich weni» Berechtigung, einander Demagogie vorzuwersen; sie sind beiderseits „Gracchen, die über Aufwiegelung klagen". Die Conscrvativen haben der Fortschrittspartei nur die Methode ab gesehen und vielleicht überbolcn, die diese seit ihrer Existenz geübt hat. Wer «» am besten verstanden hat. wird sich am Wahltag .eigen. Eine tiefe Erregung der Gcmüther wird aus alle xälle nachjitlern. Die Elasfengegensätze, die Jntercffeiikämpfe unter den großen ErwcrbSzwelgen sind in dieser Wahlbr- weaung in «»er Weise wie noch nie zuvor verschärft wordm und werden noch mehr verschärft werden; DaS wird anf alle Fälle di« bedauerliche Nachwirkung der herrschenden Me thode der Agitation sein und an ihr tragen vie extremen Richtungen von beiden Seiten gleichmäßig die Schuld. E» wird von guter Hand bestätigt, daß e» in der Absicht der Reichsregierung liegt, die Neuwahlen zum Parla ment für die zweite Hälfte de» Monat» September amu- beraumen. Dieser Entschluß wird ohne Zweifel allenthalben Beifall finden, denn er vermindert die Unbequemlichkeiten, welche nnt einer Wahl während der beiden Monate Juli »nd August, der Reise- und ErholungSzeit für alle Diejenigen, welche sich von privaten und öffentlichen Geschäften für eilige Wochen frei machen können, unzweifelhaft verbunden ist. Ob die Regierung den Standpunct Derer acceplirt, welche den Beginn der Legislaturperiode nicht von dem Wahltermine, sondern von dem Tage der Berufung de» Reichstag» zur ersten Session datiren, wird sich bei ven diesjährigen Reu- wählen nicht erkennen lassen, denn in, September ist da» Mandat de- gegenwärtigen Reichstag» auf alle Fäll« erloschen und einer Auslösung bedarf e» nicht. In den üblichen Wahl- und Stimmungsberichten der Presse ist vielfach die Behauptung verbreitet, au» der national- liberal»« Partei habe ein ganz ungewöhnlich hoher Pro centsatz vo« Abgeordneten e» aogclehnk, sich aus- Neue um ein Mandat zu bewerben. Diese Behauptung ist irrig. Einzelne Adaeordnete der nationalliberalcn Partei haben aller dings die feste Absicht au»gesprochen, sich vom parlaucn- tarffchen Leben zurückzuziehen. Die Zahl derselben dürste aber die der varlamentSmüdcn Mitglieder anderer Parlcien im Verhältnis nicht übersteigen. Weitaus die Mehrzahl der bisherigen nalionalliberalen Abgeordneten ist bereit, ein Mandat anf- Neue anzunehmen. von der Berusuna de» BolkSwirthschaftSrath« wird, nachdem der Reichstag den betreffenden NachtragSetat abgelehnt tat, einstweilen Abstand genommen werben. Da der Reichstag bereit» im November einberuscn werde» soll und neu« Gesetzentwürfe, wclcke der Regierung die Be fragung de» Volk-wirthschastSrath» wüiisclienöwerth machen, einstweilen nicht vorliraen, wird e» dem Reichskanzler nicht schwer werden, auf diese Institution vorläufig zu verzichten. Man wird aber mit Sicherheit erwarten müssen, daß dem Reichs tag schon im nächsten Etat die Geldsordcrung für den Volks» wirthschaft»rath aus» Neue zugeht Wie Herr Stöcker sich zu vcrtheidigen pflegt, dafür liefert die neueste Nummer de- „ReichSbotcn" ein bezeichnen- drS Beispiel. Eine thüringische Zeitung hatte über Herrn Stöcker folgend« Mittheiliing gebracht: Zu seiner Lharakteristik sei ein Wort angeführt, welche- er am 1b. o. M. in der Berliner Pastoral-Eonserenz gesprochen bat. Er sagte wörtlich: rr Hab« Nichts dagegen, wenn man di« liberalen Prediger an den Ohren von ihren Kanzeln herabholte. Dieses Wort wirst auf das ganze unwürdige Wesen und Treiben diese- Manne» ei» so charakteristisches Licht, daß wir es den „ckristtich- conservativen" Freunden in Thüringen, deren Herzen sich Stöcker im Sturm erobert hat, nicht voremhalten wollen. Wer mit diesem Manne zusammenaeht, der kann kein Her» für die Würde, geschweige den» für die Freiheit der rvaugelischrn Kirche habe»! Handlangerdienste leisten. Wir können vor diesen nicht ein dringlich gcmig warnen." Man schreibt uns aus Pest vom IS. d.: Am Donnerstag beginnt in Ungarn die Wahlschlacht. An jenem Tage werden nach den bisherigen Nachrichten 21 Eomitate und 10 Städte, welche zusammen 124 Abgeordnete entsenden, zur Wahl schreiten. Die Zahl der Wahlorte kann aber bis dahin noch vermehrt werde». Heftige Kämpf« dürsten bevorstchcn — DaS ungarische Finanzministerlum hat allen Staat» caffcn die Annahme jener neuen Zrbnguldcn-Notcn verboten, welche mit „ungehörigen Bezeichnungen", „Slempel- abdrückcn", „Aufschriften" u. dgl. versehen sind. Zur Erklä rung dieser Maßnahme wollen wir hier bemerken, daß jene neuen Noten nur deutschen und ungarischen Text tragen. DaS hat zumal die Slavcn und in den österreichischen Süd- provinzcn auch die Italiener in Harnisch gebracht, welche häufig in ihren Sprachen die Wertbbezrichnung der Noten auf diesen ersichtlich gemacht, beziehungsweise hinzugefügt haben. — Dem hiesigen antisemitischen Agitator, Herr v. Istoczy, Herausgeber de» „Röpiratok", droht seitens der Juden in Nagy-Karolh ein Prcßproceß, weil er sie eine Wuchcrbande" genannt, die man „russisch bezahlen" müsse. Der alte ungarische Revolution-mann Kossuth hat nach langer Zeit wieder von sich hören lassen. Er hat auS Baraccone an den Neich-tag--Abgeordneten Hclsh, natiir lich rin „Unversöhnlicher"^ ein Schreiben gerichtet, in dem er sich beschwert, daß Iokai jüngst über Koiinth'S Dcnau-Eon- svderationS-Project ein« Menge Unwahrheiten gesagt habe. Die äußerste Linke wird dm Brief in einigen Tagen ver öffentlichen. dessen Inhalt aber völlig bedeutungslos sein soll. Wie auS Rom vom l8. d. gemeldet wird, ist die Broschüre: -Xrml « politica" de« General- Mezzacapo nun doch er- schienen, nachdem der gegenwärtige Krieg-minister einige „Eorrecturm" vorgenommen. Mezzacapo verlangt zur Ver vollständigung de» italienischen Heerwesen- einen Extracredil von einer Milliarde Francs. Es fehlen Geschütze, Gewehre und Pferde. La Spezia und Nom müßten bcscstiat werden. Da» MobilistrungSsystcin sei mangelhaft, müßte deshalb einer gründ lichen Reform unterworfen werden. Der italienisch« Subaltern- osficier sei jammervoll bezahlt, woraus der zweifelhafte Nachwuchs an Ossicicren erklärlich wird. Knickerei gegen daS Heerwesen sei nicht allein eine Thorhcit, sondern geradezu ein Verbrechen, weil jede Armee den Bestan» ihre» Lande« verbürgen müsse. ES sei überaus bedauerlich, daß in Italien die Gcidleutc den ersten, die Armee den letzten Platz cinnehmcn. DaS müsse anders werbe», wenn Italien beruhigt der Zukunst entgeaensehen will. Schließlich werden noch dem Parlamente und der schwerfälligen Heeresverwaltung derbe Wahrheiten gesagt- Ein direct auS Tunis in Wien einartroffcnc» Telegramm vom 20. d. meldet auS guter Quelle: Die deutsche, öster reichische. spanische und englische Regierung haben ihre Vertreter m Tunis angewiesen, vorlänstg dm franzö sischen Ministcrresidcnten Noustan al- Vermittler bei den Verhandlungen mit der Regierung des Bcy zu betrachten. AuS Sofia meldet ei» Telegramm vom 20. d.: General Ernroth wird Mitte Juli Bulgarien verlassen. Krylow will Ernroth'S Stellung erst dann übernehmen, wenn die gegenwärtig schwebenden inneren Differenzen Bulgarien» geordnet sind. — In Bistriza-Keuputru, Macetonic» fanv ein Gefecht zwischen türkischen Milizen und bub garischen Insurgenteubanden statt. E» gab Tobte und verwundete. Zn Philippopel wurden Volksversammlungen ver anstaltet, welche gegen den Staatsstreich prolestiren. Die dc> treffenden Resolutionen sind dem Fürsten Alexander im tclegrapbischen Wege mitgetheilt worden. In Grabowa ward Alerander mit den Rufen: „Es lebe der Fürst und die Verfassung!" empfangen. Sine verfassungstreue Adresse der Miliren Grabowa» lehnte der Fürst ab. Au» Petersburg wird vom 19. d. M. gemeldet: In Peterhof ist der Park und da- Wachtschiss genau unter sucht worden. Bei der Besatzung de» letzteren fand man sowohl bei Ossicicren als auch Soldaten revolutionäre Schriften. — Die jüngst nahe der Tschernyschew-Brücke auS der Newa gezogene männliche Leiche, ist als die eines Polizci- agenten erkannt worden. Ein anderer Agent, der mit der Verfolgung der Nihilisten beauftragt, ist seit einigen Tagen gleichfalls verschwunden. Argesten eines Leipziger Urkundenschahes. L. Akd. Leipzig 22. Juni. DaS Werk de- verstorbenen ^ofrath» vr. GerSdors sortsetzend hat der jetzige Bor gende der hiesigen Deutschen Gesellschaft, De. Bruno St übel ju»., im siebenten Bande der „Mitthcittiiigcil" eines Vereine- (Leipzig, 1881) ein verzeichniß der im Besitz ind Eigenthum der Deutschen Gesellschaft zur Er- orschung vaterländischer ^Sprache und Alterthümer bcsind- ichen Originalurkunden von 1319 bi» 1430 »nt kurzer In haltsangabe derselben veröffentlicht, eine recht dankcuSwerthe ilrbeit, deren Fortsetzung und Ausdehnung auf die nicht- deutschen und nicht blo» Deutschland betreffenden Urkunden wohl zu wünschen wäre. GerSdors hatte auch zwanzig der von s Gehcimrath Prof. vr. Häncl au» Frankrrich nnl- ebrachten und der Deutschen Gesellschaft geschenkten sraiizö- schen Urkunden über EhülonS sur Marne und St. Diä 1230—1830) heraUSgegeben. Der Urkundcnschah der Gesellschaft reicht nach GerSdors »rück bis aus da- Jahr 972. au» welchem ein Urkundcn- sragmenl Kaiser Otto'S I. datirt, da- zu einem Bäckerei»« band verwendet war. Die nächstälteste Urkunde ist vom März N48 und besteht au» einer päpstlichen Bestätigung der den: Kloster Ilsenburg gehörigen Güter. GerSdors knockte nun diese und die übrigen Dokumente bi» rum Jahre 1318, in» Ganzen 68Nummern, nach dem Wortlaute ah (81 Octad- 'eiten). Der Zeitraum, den diese Schriftdenkmäler betreffen, zählte 170 Jahre (wenn man von der Kaiserurkunde begannt, sogar 346 Iavre). In der neuesten Publikation haben wir e» mit 89 Num mern au» einem Zeiträume von 112 Jahren zu thun, deren ülusrählung 30 Seiten füllt. Der Wortlaut fehlt leider. Fünf der Urkunden sind bereit» in historischen Werken und Zeitschriften abgedruckt, f Fvrstemann benutzt« z. B. eine der vier Merseburger Urkunden in seinem Werke über da» Unterstist St. Sirti zu Merseburg. Ta» Dokument betrifft zehn Husen und fünf Höfe zu Schönau, wetche Ulrich Lange, genannt o« Gusowe, der Sohn Heinrich Lratzolf», im Jahre 1330 für vierzehn Mark Usual-Silber an den EanonicuS Dietrich von Frecklcbcn und die übrigen Canonikcr der <^che zu St. SixtuS in Merseburg verkauft«. Während diese Urkunde von Bisckof Gebhard herrührte, lernen wir in einer anderen den Bischof Wolter kennen, welcher 1409 mit Vorwissen seine» Capitcl« dem Stifte zu St. SixtuS, das einer Ausbesserung seiner Mittel deburste, eine Badcstube vor dem Saalthore zueignete. Eine dritte und vierte Merseburger Urkunde macken un» mit Bischof NicolauS bekannt, der den Brüdern Han» und Mckel von Zcemen da- Gut Zscheschcwitz (Zeschwitz bei Zchmen) in Lehn giebt und da» Jahr daraus (1425) einem Pleban Dietrich Manigolt in Schkeuditz die Rechnung abnimmt und ihm Deckarge erthcilt. Naumburg ist durch eben so viele Urkunden vertreten, sämmtlich auS dem 14. Jahrhundert. Ti« guten Bürger von Naumburg schlagen sich »m Jahre 1532 für Bischof Rudolf von Naumburg in- Mittel. Dieser schuldet den Schenken von Saaleck dreihundert Schock schmaler Gro schen. Die Bürger versprechen 38 Sckock schmaler Grosckcn jährlicher Zinsen eine» für die bischöfliche Tafel bestimmten Capital» von lOO Schock an die Gebrüder Konrad und Hermann, Sckenken von Saaleck, Dietrich Vitzthum von Apolda und Dietrich, Schenk von Bedcre (Bader, Badra?) zu entrichten. Interessanter ist da» Pergamen von 1365, in welckem Bischof Gerhard von Naumburg dem Rathe und der Stadt zu Naumburg einen Hof verkauft, der ihm von Hintzcn Eldiste», Bürger daselbst, al» Buße eine« von Hcinicko, dessen Sohne, begangenen Morte» und Friedensbruches zuge fallen war. Ta» Gehölz, der „Hopsaarten", vor Naumburg gehörte dem Grasen Johanne» von Schwarzburg und wurde zu Leben getragen von Bürgern von Naumburg und Wcißeusels'. Im Januar 1386 verkaufen diese e« an den Richter Nykct Boit in Naumburg. Drei Jahre später braucht der Rath zu Nauniburg kleines Geld. Er erhält von Heinrich Holzapfel 100 Schock neuer Kreuzgroscken Freiberger Münze geliehen, und zwar gegen 10 Schock Groschen jährlich, die ihm. seiner Frau „Kala" und deren Töchterlein „Kristin" zu zaylen sind. Bier Urkunden betreffen Sänger Hausen, eine davon ist in den Schriften de» königl. säckstschen AltcrtbumSvcreüi» gedruckt. Landgras Balthasar von Thüringen, Markgras zu Meißen, hat von den Eangrrhäusern 100 Sckock sckmalcr Groschen jährliche Rente zu erhalten. Anno 1384 versprickt er ihnen, sie nicht zu übersetzen, behält sich aber vor, jederzeit die Bürger um Dienste und Steuern, wie bei andern Städten, in Anspruch nehmen zu können. Einige Zeit vorher hatten sich Rath und Stavtgemcinde Sangerhausen mit dreißig Scheffel Hafer jährlick vom Herzog MagnuS d. I. von Brauuschwcig von der Pserdcstcllung und Hccrwagenlicscrung loSgekaust. AuS Wittenberg von 1428 datirt die von Kurfürst Friedrich dem Sanstmüthigen den Bürgern von Herzberg gewährte Bestätigung ihrer Freiheiten und Gewohnheiten, namentlich Zollsrcibctt und freie- Geleite (abgcdruckt bei Schöttgcn und Krepssig). Borna gehl eine landgräflich thüringische und mark- gräflich meißnische Urkunde von 1417 an, worin Bürger meister nnd Stadtgemcinde einen Frcihos in Altstadt Borna mit 62 Ackern Landes vom Landesherr» kaufen (gedruckt). Leipzigs Bürgern gehörte mmo t429 ein gewisser PlcS- wclkcr (?) an. an weichen sich ein Erkeniitniß deS bcimlichcn Gericht» zu Paderborn richtet, da- 1427 gefällt und zwei Jahre daraus von Heinrich Busemann. Frcigraf de- heim lichen Gerichts, bestätigt ward. Andere Urkunden vetrcffcn Frauenhain bei Großenhain. Halle (1384. 1399), Eamcnz, HoicrSwcrda rc.. Erfurt, Magde burg, Gotha, Bibra, WormS, WiSmar, Köln, Egcr rc. — Eine große Anzahl Urkunden ist auS Baiern (RcgenSburg, Nürnberg. Augsburg). (Dasselbe Heft der Mitteilungen bringt GericktSrath vr. A. A. Merkel'« Abhandlung zur Geschichte der sLchs.
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