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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-12
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189604125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18960412
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18960412
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-12
- Monat1896-04
- Jahr1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1896
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DK Mx^en-UnS-ab« erschaut um '/,? Uhr. di» Nbend-AuSgab« Wochentag« um b Uhr. /Malen: Dir, Mem»'» Born«. (Alfred Hahn). Uni«rsitüt«strabe 1. Lovt» Asche, ls-itbarlnenstr. 14, pari, und Könlgsvlatz 7. Redartton und LrMtton: Johanne-gafse 8. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen «eöfstirt von frtih 8 bis Abends 7 Uhr. Bezugs-Preis NI der Houpktdeditton oder den im Stadt- bezirk «id den Vororten errichteten Au«. gabesteSea ndgeholt! «ertrliS-rl«ch^4.bv, bet ßOeinralker "tägliche, Zustellung in« Hou-^lü.üO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich L—-. Diterl» tägliche Kreuzbandiendung ich« A»«l«id: uuneutltch 7.V0. MMcr TllMM Anzeigen Preis die 6 gespaltene Prtitzsile Li) Psg. Reclameu unter dem Redactionsstrich (4qe- spalten) LO H, vor Len Familiennachrichlen (6gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Prers- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernlax nach höherem Tarif. Extro-Veilagett (gefalzt), nur mit dec Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.— , mit Postbrsördrrung 70.—. Anzeiger. NmtsUatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Nolizei-Amtes der Lindt Leipzig. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 184. Vie sächsische Wahlreforn und die Social demokratie. L. Daß die Socialdemokratie gegen den Versuch einer Aenderung de« Landtagswahlgesetzes zu ihren Ungunsten Sturm laufen werde, war vorauSzusehen. Da« hat sie denn auch in zahlreichen „Protestversammlungen" gethan. Aber trotz der stammenden Reden eines ihrer ersten Wortführer, Bebel'-, der zu dem Zwecke ausdrücklich von Berlin gekommen war, und obschon sie aus der Mitte des Bürger- und GrlehrtenthumS unerwarteten Zuzug erhielt, war all ihre Arbeit dennoch verlorene Liebesmüh; die Regierung und die vereinigten OrdnungSpartrien in den Kammern ließen sich nicht einschüchtern, sondern gingen rnhia auf dem einmal betrete nen Wege vorwärts; die von manchen linksliberalen Blättern angekündigte große „Volksbewegung", welche „die Regierung hinwegfegen" sollte, blieb aus, und so ward der Wahlgesetz entwurf durch die Zustimmung beider Kammern und die Sanktion des Königs Gesetz. Einen letzten Trumpf glaubte die Partei noch ausspirlen zu können, indem sie mit einer „MandatSniederlegung" ihrer Abgeordneten, d. h. mit dem sofortigen Austritt derselben aus der Kammer, drohte. Eine praktische Wirkung hätte dieser Schritt nur dann haben können, wenn er das Signal zu einer Erhebung der „Ge nossen" im ganzen Lande geworden wäre, ungefähr so, wie in Pari« 1848 nach der Schließung der Nationalwerkstätten sofort der Iuniaufstand der Arbeiter erfolgte. Daß daran in Sachsen nicht zu denken sei, sahen die socialdemokratischen Führer wohl ein; auch mag (ein socialdemokratischer Redner hat diese Dermuthung öffentlich ausgesprochen!) mancher socialdrmokratische Abgeordnete im Hinblick auf die Fleischtöpfe Egypten«, d. b. die 12 Diäten, vor dem Verzicht auf sein Landtagsmandat zurückgeschreckt sein. So wurde die Entscheidung dieser Frage auf eine erst um Wochen später abzuhaltende Laude-versammlung der Partei vertagt, damit aber dem ganzen Gedanken die Spitze abgebrochen. Jetzt nun bat diese Landesversammlung statlaefuoden, und sie hat mit zwei Dritteln gegen ein Drittel Stimmen die Betheiligung der Partei an den Wahlen auch unter dem neuen, „reactionairen" Wahlgesetz beschlossen, wovon dann die logische Folge war, daß die gegenwärtigen focialdemokratischen Abgeordneten angewiesen wurden, auf ihren Posten auSzu- darren. Nur die Leipziger „Genossen" in ibrer größten Mehrzahl halten, wie e« scheint, an der Idee der MandatS niederlegung fest. Von einem der Redner war übrigens diese Maßregel ausdrücklich nicht als ein „revolutionairer" Act, vielmehr als ein Ausdruck der Resignation, des „Pessimismus", bezeichnet, ibr somit von vornherein jede aufwieglerische Ab sicht und Wirkung abgesprochen. Als eine auffallende Kundgebung eben dieser Resignation muß es bezeichnet werden, wenn ein Mitglied der Versamm lung aussprach: „Wofern Socialvemokraten in der Kammer verblieben, werde die Regierung mit dem Hinweis darauf daS Volk über das (veränderte) Wahlrecht Hinwegtäuschen, bis daS Volk sich an die Einrichtung gewöhnt habe."(I) Wie sich damit freilich die anderwärts geäußerte Absicht verträgt, nickt etwa blo« das Wahlrecht von 1868, sondern daS Reichstagswahlrecht zu erstreben, ist schwer erklärlich. Eine bemerkenSwerthe Episode in den Debatten der Landesversammlung bildete der mehrfach ausgesprochene Gedanke, daß entweder „die Gegner sich unter einander entzweien und dadurch der Socialdemokratie in die Hände arbeiten, oder daß auS den bürgerlichen Kreisen (der zweiten Wähler- classe) eine Anzahl von Elementen sich ihnen zuneigen würde." Was die erste Hoffnung betrifft , so darf diese (auck^wenn sie nicht von Hause auS haltlos wäre) als durch die Lhatsachen bereits widerlegt bezeichnet werden. Dagegen wäre e« allerdings nicht unmöglich, daß in einzelnen sentimen talen Gemüthern und unklaren Köpfen der Gedanke Raum fände, man müsse die socialdemokratische Partei, nachdem man ihr durch die Aenderung des Wahlgesetzes ein Unrecht zu gefügt, dadurch versöhnen, daß man einerAnzahlvon „Genoffen" mit Hilfe der bürgerlichen Elasfen in die Kammer verhelfe. DaS Prrßdrgan deS Fürsten Bismarck, die „Hamburger Nach richten", hat für diese Art von Gefühlspolitikern die äußerst zutreffende Bezeichnung „Salon-SocialiSmuS" erfunden und constatirt die, vielseitiger Erfahrung zufolge leider nicht ab- ruleugnende Thatsache, dieser „Salon-Sociäli-mus" „trage die socialistffchen Anschauungen auS den Kreisen der zünftigen Gelehrten und der pastoralen Parteiagitatoren mehr und mehr in dir breite Masse der Gebildeten hinaus." Wir möchten dieser Erscheinung gegenüber nochmals auf da- aufmersam machen, was schon m der nationalliberalen General-Versammlung vom S. Februar mehrfach betont worden ist, daß eS sehr erwünscht sein würde, wenn die bürgerlichen Wähler eine Anzahl intelligenter Arbeiter, nur aber keine socialdnnokratisch verseuchten, in die Kammer wählten. Diesen wichtigen Unterschied zwischen Arbeitern und Socialdemokraten, zwischen einer nach Erreichbarem und Vernünftigem strebenden Arbeiterpartei und der eingestandenermaßen „rrvolutionairen" Solialdemokratie, übersehen ober unterschätzen jene „Salon- Socialisten". Dieselben haben bei ihrer Bekämpfung sowohl der „Um sturzvorlage" im Reichstage, wie de- sächsischen Wahlgesetz entwurf-Zweierlei geltend gemacht: 1) Die Socialdemokratie sei vielfach in sich gespalten — durch derlei Maßregeln werde sie aber gewaltsam wieder zur Einigkeit gezwungen. 2) Die Socialdemokratie fange schon an, von ihren rrvolutionairen Bestrebungen abzulassen und sich in eine friedliche parlamen tarische Partei zu verwandeln — durch ein solche- feindliches Vorgehen werde sie wieder auf den Weg der Revolution hinaedrängt. Di« eben geschloffene focialdemokratische Landes versammlung hat diese beiden Voraussetzungen gründlich Lügen gestraft. Die llneiniäkeit Und Spaltung, di« gegenseitigen Beleidigungen, ja Beschimpfungen innerhalb der Partei sind Wohl selten so sehr und in so starken persönlichen Ausfällen zu Tag« getreten, wie bei dieser Gelegenheit, und ebenso hat sich statt des prophezeiten rrvolutionairen Aufbrausens viel mehr ein« gewisse Resignation gezeigt. Wir mochten daher diese Versammlung al- ein bemerkenS- M«rth«S und wohlzubeachtende- Zeugniß dafür annebmen, daß Sonntag den ein entschlossenes und kräftiges Vorgehen gegen die Socialdemokratie den Thatenmuth dieser Partei nicht sowohl weckt oder anfeuert, als dämpft, während ein unentschlossenes Auftreten gegen die selbe, oder gar ein Kokettiren mit ihr, wie es unter dem „neuen CurS" Mode geworden war, die Gefahr einer social demokratischen Ueberfluthung nur immer niebr vergrößert. Denn diese Gefahr — das wird nur zu oft verkannt — hat eine ihrer Hauptursachen darin, daß die Socialdemokratie, zum Theil wegen eben jener Schwäche der geordneten Ge walten, den Massen als eine „Macht" erscheint. Jede Macht aber wirkt, zumal aus die minder gebildeten Schichten deS Volkes, anziehend und zum Anschluß verlockend. Wenn so nach dieser Seite hin der Verlauf der social demokratischen Landesversammlung nicht allein das in Sachsen Geschehene rechtfertigt, sondern auch über die Grenzen Sachsens hinaus zu ähnlichen entschlossenen Vorkehrungen gegen die socialdemokratische Gefahr ermulhigt, so tritt anderer seits an die Ordnungsparteien in der sächsischen Kammer eine Mahnung heran, der sich diese gewiß nickt werden ent ziehen wollen. Die socialdemokratischen Abgeordneten rühmen sich, daß sie auf Uebelstände aufmerksam gemacht, Beschwerden und Wünsche der Arbeiter befürwortet hätten. Wohl haben sie das gethan, aber fast immer mit grellen Ucbertreibungen, mit Entstellung der ThatsacheU, in aufreizender Weise. In anderem, wohlmeinendem Sinne werden es statt ihrer die Ordnungsparteien thun und werden damit auch den letzten Schein der Berechtigung einer Vertretung der Socialdemokratie im Landtage beseitigen. Deutsches Reich. Berlin, 11. April. Die „Enthüllungen" der „Deutschen ReichSzeitnng" über dunkle Pläne des aristokratischen CentrumSflügelS und die Polemik, die an diese „Enthüllungen" sich knüpft, bilden in ihrer Gesammt- beit ein artiges Coulissenfpiel des Centrums. Wer sich einigermaßen auskennt in den Gegensätzen, die im Centrum zu Hause sind und nur durch da- Band konfessioneller Bestrebungen zusammengehalten werden, kann unmöglich um die Antwort auf die gar nicht naiv gemeinte Frage der „D. ReichSztg.": „Was steckt dahinter?" verlegen sein. Die unter Leitung der Herren Lieber und Backem operirenden Demokraten des Centrums halten es an der Zeit, das letzte und schwerste Geschütz gegen die „Aristokraten" auf führen zu lassen, um den seit den Vorgängen im Jahre 1893 wieder erstarkten Flügel in die unbedingte Botmäßigkeit zurückzuzwingen. Es bandelt sich dabei nicht mehr um die wirthschaftlichen Gegensätze. Die agrarischen Bestrebungen sind auf der Seite der Angegriffenen ein mehr oder weniger agitatorisch verwertheteS Anhängsel, auf Seiten der Angreifer ein durch Einseitigkeit bequem gewordenes Angriffsobject, in letzter Linie aber ist es der durch die Zeit verhältnisse mehr und mehr der Entscheidung zudrängende Kampf zwischen dem feudal-conservativen und dem demo kratischen Element, der auch im Centrum seine Schatten wirft. Fürst Löwenstein mag das Streben nach einer „Wiedererneuerung geburtsständischer Vertretungen" als „reif fürs Irrenhaus" erklären, die Reminiscenren auS der „besseren Zeit" des CentrumS, der Epoche der Conferenzen auf dem Schlosse Haidt und der Salzburger Beschlüsse, sind bei vielen seiner Standes- und Gesinnungsgenossen heute noch so lebhaft, daß wir dem Gewährsmann der „D. ReichSztg." nicht so Unrecht geben können, wenn er in gewissen Strömungen, die sich in bedeut samen HerrenhauSreden und anderen Kundgebungen mani- festiren, den Anlaß erblickt, tbeilS warnend, tbeils vorbeugend auf den Busch zu klopfen. Die „berufsgenossenschaftliche Reorganisation der Gesellschaft", für welche Fürst Löwenstein die Approbation Leo's XIII. heansprucht, hieß früher die „berufs- ständische Reorganisation" und figurirt als solche noch mit der Forderung der „Vertretung ihrer Interessen bei der staatlichen Gesetzgebung" in dem Programm katholischer Socialpolitiker vom Jahre 1893. Daß Fürst Löwenstein für die Kirche, d. h. in erster Linie den hohen KleruS, und für den Adel auf einen sicher nickt gering bemessenen Antbeil an dieser „bernfsständischen" Vertretung verzichten würde, wird er uns kaum einreden wollen. Die berufsständische Vertretung würde aber zweifellos daS Grab der jetzigen Organisation des CentrumS und damit der Macht seiner demokratischen Mehr heit sein. Daher die Denunciation der „Agrarier" als ver kappter Gegner des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, daher der Kampfruf gegen die „Bischöfe und Aristokraten", daher auch der drohende Appell an die Macht des bekanntlich durchweg demokratisch gesinnten niederen katholischen Klerus. Bon vornherein soll gewissen Herren die Lust genommen werden, sich auf ein Pactiren mit Bestrebungen einzulassen, welche auf eine Aenderung der staatsrechtlichen Grundlagen unseres öffentlichen Lebens abzielen, oder aber sie zu zwingen, Farbe zu bekennen. Die „Hintertreppengeschichten" der „D. ReichSztg." sind die indiScrete Nutzanwendung der Er klärungen, welche der Abg. Lieber im Reichstage über die Stellung des CentrumS zur Frage des allgemeinen und gleichen Wahlrecht- abgesehen hat. Die Eile, mit der die Angegriffenen eiageschwenkt haben, beweist, daß die Rechnung de» EntbüllerS der „D. ReichSztg." richtig war. U Berlin, 11. April. Die Hauptfrage, welche dem von dem Kaiser berufenen AuSschuffe zur Untersuchung der UeberschwemmungSgefahren au-gesetztrn Strom gebiete gestellt ist, gebt dahin, ob und eventuell inwieweit daS bei der Reguliruna dieser Ströme befolgte System in ursächlichem Zusammenhänge mit den vor einer Reihe von Jahren in ungewöhnlichem Umfange hervorgetretenen Hoch wasser- nnd Eisgefahren steht. Die Beantwortung dieser Frage ist auf doppelte Weise vorbereitet worden. Neben einer eingehenden Darlegung deS bei der Stromregulirung befolgten Systems und der hydrologischen Grundlagen desselben sind von den vorzugsweise dabe, in Betracht kommenden Strömen die Hochwaffererscheinungen in der Gegenwart und, soweit möglich, auch in der Vergangenheit ermittelt und die Ergeb nisse der Ermittelungen zusammengestellt. Hand in Hand damit ist eine planmäßige technische Feststellung der Wasser verhältnisse und der sie beeinträchtigenden Umstände für da- 12. April 1896. Stromgebiet gegangen. Alle diese Arbeiten concentrirten sich in dem Bureau deS technischen Ausschusses. Ihren Niederschlag werden hydrographische Beschreibungen der wichtigsten Stromgebiete nach dem Muster des von der ReichS-RheinuntersuchungScommission herausgeaebenen Rhein werkes bilden. Als erste dieser hydrographischen Beschreibungen dürfte die über die Oder in die Oeffentlichkeit treten; ihr Erscheinen steht in naher Aussicht. Der Ausschuß hat außerdem aber auch durch eigene Augenscheinnahme von den Verhältnissen der betreffenden Ströme und ihres Hochwassergebietes ein Bild zu gewinnen für nöthig erachtet, und es sind demzufolge von ihm'die Oder, die Elbe, die Weser, die Weichsel und die Memel, letztere beiden Ströme im Herbst vorigen Jahres, bereist worden. Bei den Besichtigungen wurden Verhand- lungen mit Uferanliegern und sonstigen sachkundigen Personen namentlich auch betreffs derjenigen Puncte gepflogen, welche zu Beschwerden gegen die Stromverwaltung Anlaß_ gegeben hatten. Am Schluffe jeder Bereisung sind die Ergebnisse derselben berathen und demnächst protokollarisch festgestellt worden. Nachdem die Vorarbeiten für die Beschtußnahme nach beiden Richtungen nunmehr ihren Abschluß nehmen, ist für die nächste auf den Frübsommer in Aussicht ge nommene Tagung des Ausschusses die Erledigung dieser wichtigen Frage zu gewärtigen. O Berlin, 11. April. Herr Reichstagsabgeordneter Ahl- Wardt hat bekanntlich zenscits des großen Wassers, in Brooklyn, eine Wochenzeilung „Der Antisemit" begründet, von welcher der „Tägi. Rundsch." eine Probenummer mit einem beigefügten Schreiben des „CentralcomitSs der amerikanischen antisemitischen Association" an die Wähler des Wahlkreise- Friedeberg-ArnSwalde vor liegt. ES gebt daraus hervor, daß die früheren Mitglieder des ComitSs, die die neulich mitgetheilte Erklärung gegen Ahlwardt in den „New-Jork Time«" veröffentlicht haben, ausgeschieden sind. DaS neue ComitS bringt an der Spitze des Blattes eine Ehrenerklärung für Ahlwardt und ruft — zur Unterstützung des neuen Blattes auf! In dem Schreiben an die Wähler Ahlwardt - wird auseinander gesetzt. daß Ahlwardt in Amerika den Interessen seiner Wähler besser dienen könne, als im deutschen Reichs tage! Denn der Antisemitismus sei international, und es komme vor allen Dingen darauf an, die Bewegung in alle Länder zu tragen! Darum müsse Ablwardt noch bis zum Herbst 1896 in Amerika bleiben, „im Interesse der Sache"! Aus der Dankeesprache in schlichtes Deutsch über setzt, besagt diese „hochpolitische" Kundgebung, daß Ahlwardt in aller Ruhe abwarten will, wie das neue Geschäft sich an läßt: rentirt eS, dann bleibt er in der neuen Welt; verkracht es, dann kehrt er in die alte Welt zurück und grast wieder die Jagdgründe ab, die er zu seinem Schmerz nicht mehr allein besitzt. Angesichts einer solchen Auffassung von Abgeordneten pflicht, die der Hintermann deS „Centralcomitks der amerika nischen antisemitischen Association", nämlich Ehren-Ahlwardt, vorzubringen sich erfrecht, wird im Wahlkreise Friedeberg- ArnSwalde die Strömung, Ahlwardt zur Mandatsniederlegung zu veranlassen, vermuthlich noch stärker werden. Entsprechende Aufforderungen seiner Freunde sind bisher ohne Erfolg ge blieben, werden es auch wohl bleiben, weil ein Zwang in dieser Beziehung ohne eine besondere „lex Ahlwardt" nicht ausgeübt werden kann. * Berlin, 11. April. Die siscalisch-engherzige Haltung der preußischen Eisenbahnverwaljung gegenüber der bayerischen Landesausstellung in Nürnberg hat auch bei den Berliner Blättern eine durchaus abfällige Be- urtheilung erfahren. So schreiben z. B. die „Berk. N. N." u. A.: „Es verräth keine bundesfreundliche Gesinnung, wenn die preußische Eisenbahnverwaltung der bayerischen für den in Rede stehenden Fall Vergünstigungen abschlägt, die sie für sich selbst von ihr beansprucht. Im reichspotitischen Interesse liegt es, daß so viele süddeutsche Landsleute als irgend möglich zu einem sehr billigen Preise nach Berlin kommen können; ebenso ist es im gleichen Interesse erwünscht, daß wir Norddeutsche uns mit süddeutscher Eigenart an Ort mH Stelle recht eingehend vertraut machen. ES wird dies der Festigung des Reichsgedankens und der Förderung bundesbrüderlicher Gesinnung nur förderlich sein und jedenfalls nützlicher als die starre Wahrung des fiskalischen Interesses der Finanzverwaltung. Was speciell die Nürnberger Ausstellung anbelangt, so befürchten wir, daß Berlin dort nur zu viel zu lernen haben wird, namentlich in kunstgewerblicher Be ziehung, und auch von diesem Gesichtspuncte aus ist die Haltung der preußischen Eisenbahnverwaltung sehr zu bedauern. Wir würden es für erwünscht halten, wenn diese Angelegenheit von der höchsten Stelle des Reiches aus zur Entscheidung gebracht würde." Und die „Nat.-Ztg." meint: „Wenn die (von uns wiedergegebenen. Red. d. „L. T.") Mit theilungen der „M. A. Z." richtig sind und in ihnen nichts aus gelassen ist, dann hat es allerdings den Anschein, daß Preußen zwar ein Entgegenkommen verlangt, aber es seinerseits nicht in demselben Umfange zeigen will. Man wird sich auf keinen anderen Stand punkt stellen können, als daß, „was Berlin recht ist, Nürnberg billig sein muß". Wir können uns nur vorstellen, daß unser Eisenbahnfsscus vielleicht von der Idee ausgeht, ein großer Theil der Reisenden, welche ohnehin nach Bayern zu fahren pflegen, würde dann die billigere Fahrgelegenheit benutzen. Aber auf solche Rechenexrmpel, bei denen Debet und Credit im Conto zwischen Bayern und Preußen stimmen muß, kommt es bei diesem Anlaß doch gewiß nicht an. Der große inbirecte Nutzen, der uns dadurch erwachsen würde, daß Süddeutschland seine Söhne in großer Zahl nach Berlin schicken würde, muß einen etwaigen kleinen materiellen Ausfall zehnfach ersetzen. Wir hoffen, daß neue Ver- Handlungen zu freundlicheren Resultaten führen werden." In Leipzig wird man ans bekanntem Anlaß den weiteren Verlauf dieser Angelegenheit mit besonderem Interesse ver folgen. Berlin, 11. April. (Telegramm.) Nach den biSber getroffenen Bestimmungen wird ver Kaiser von seiner Reise am 29. April gegen 8 Ubr früh auf der Wildparkstation eintreffen und im Neuen Palais wieder Wohnung nehmen. 8. Berlin, 11. April. (Priva kiel eg ramm.) Die Be gegnung des deutschen KaiscrpaareS mit dein italienischen UüntstSpaarc in Venedig begrüßt die „Nat.-Ztg." folgender maßen: „Wie der Kronprinz von Italien seine Eitern be gleitet, befinden sich auch die beiden ältesten Söhne de« deutschen KaisrrpaareS bei diesem, so daß in solcher Familien- SV. Jahrgang. Zusammenkunft die herzlichen Freundschafts beziehungen zum Ausdrucke gelangen, die zwischen den beiden Dynastien, wie zwischen den innig verbündeten Nationen bestehen. Neuer politischen Abmachungen bedarf es jedenfalls nicht, und solche stehen auch nicht bevor, mögen immerhin der italienische Conseilprästdent, di Rudini, sowie der Minister deS Auswärtigen, Herzog bi Sermoneta, und der Marineminister Brin zur Begrüßung des deutschen Kaisers und der Kaiserin in der Lagunenstadt eingetroffen sein. Für den Herzog di Sermoneta hegt Kaiser Wilhelm H. seit der ersten Bekanntschaft in Rom, al» der frühere Sindaco der italienischen Hauptstadt zu Ehren deS kaiserlichen Gastes ein glanzvolles Fest veranstaltete, lebhafte persönliche Sym pathien. Werden aber in Venedig eben so wenig wie demnächst in Wien neue politische Abmachungen getroffen werden, so wird doch durch die Thatsache des kaiserlichen Besuches selbst er härtet, wie verfehlt die Ausstreuungen in der französiscken Presse waren, daß das europäische FriedenSbündniß, die Tripel-Allianz, infolge der Schlacht bei Adua eine Ab schwächung erfahren habe. Wie tief vielmehr das Bündniß Deutschlands mit Italien bei dessen Bevölkerung Wurzeln geschlagen, davon konnte sich Kaiser Wilhelm bei der jüngsten italienischen Reise von Neuem überzeugen. Am Afrikanischen und Ionischen Meere, in Girgenti und Syrakus, in Giardini- Taormina und Messina, nicht minder als in den Küsten städten LeS Mittelländischen und des Adriatischen Meeres, die das deutsche Kaiserpaar besuchte, schlugen ihm die Herzen der italienischen Bevölkerung warm entgegen. „Ein Freund Italiens im Glücke, mehr noch ein Freund im Unglücke" — mit diesen treffenden Worten charakterisirte ein leitendes römisches Organ den kaiserlichen Bundesgenossen des Königs Umberto. Als eine neue Friedensbürgschaft und als Symbol der herzlichen Beziehungen zwischen den beiden Monarchen und den beiden Nationen darf die Zusammenkunft in Venedig diesseits wie jenseits der Alpen begrüßt werden." Berlin, 11. April. (Telegramm.) Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: An der internationalen Eonfe- renz zur Revision der Berner Convention über den Tchutz de» Urheberrecht-, welche in der nächsten Woche in Paris Zusammentritt, ist Deutschland durch folgende Delegirte vertreten: Director der handelspolitischen Abtheilung des Auswärtigen Amtes Reichardt, vortragender Rath im Neichsjustizamt Or. DungS, Secretair bei der Botschaft in Paris Müller, Hilfsarbeiter im Auswärtigen Amte Or. Goebel. L. Berlin, 11. April. (Privattelegramm.) vr lkarl PcterS bat, der „Nat.-Ztg." zufolge, bis zum Ausgang ter DiSciplinar-Untersuchung seine Stelle als Mitglied des Hauptvor-stan des der Deutschen Colonial-Gesellschaft niedergelegt. 6. H. Berlin, 11. April. (Privattelegramm.) Ter Centralausschuß der hiesigen kaufmännischen gewerb lichen und industriellen Vereine beschloß, in geeigneter Weise gegen das Ladengeschäft»- und Versandthaus- Project der deutschen Colonialgesellschaft vorzu gehen. Berlin, 11. April. (Telegramm.) Wegen des am 4. Januar begangenen EaffcnraubcS in der Lpandaucr Artillerie-Werkstatt wurden der Heizer Wiechmann zu drei Jahren, der Schreiber Peschke zu zwei und der Schlosser Dombrowski zu einem Jahre Gesänzniß ver- urtheilt. Der Staatsanwalt hatte drei Jahre Zuchthaus, bezw. zwei Jahre und drei Monate Gefängniß beantragt. — Zum heutigen Geburtstage der am 17. November 1894 verstorbenen Fürstin Bismarck haben viele Familien der Gesellschaft Blumenspenden für das Grab der Fürstin nach Varzin gesandt. — Zur Duell-Affaire Kotze-Schrader erfährt die „Nat.-Ztg." von gut unterrichteter Seite, daß der Kaiser auf telegraphischem Wege sich nach dem Befinden des Ver wundeten erkundigt und seine Theilnahme ausgesprochen hat. — Zu dem Zweikampfe von Kotze-Schrader bemerkt das „Volk": „Sollte denn das maßlose Zunehmen dieser sinnlosen Menschen- schlächtereicn nicht endlich Anlaß geben, daß von zuständiger Seite gegen dieses aller Moral und Gesetzlichkeit ins Gesicht schlagende Unwesen mit wirklichem Nachdrucke vorgegangen würde? Es ver- geht ja beinahe schon kein Tag mehr in Berlin, ohne daß eine Nachricht von einem Duell eintrifft." Wir glauben mit der „Voss. Ztg", daß es längst die Pflickt der Geistlichen, insbesondere der Hofprediger und der Garnisonprediger gewesen wäre, gegen die Duell unsitte ohne Mrnschenfurcht anzukämpfen. — Aehnlich wie das „Volk" urtheilt auch der konservativ-orthodoxe „Reicksbote". — Den „Münchner N. Nachr." wird auS Berlin tele graphier: „Entgegen erneut austauchenden Gerüchten über den bevorstehenden Rücktritt deS DirectorS der Colonial- abtheilung im Auswärtigen Amte vr. Kayser bin ich von erster Stelle ermächtigt, zu erklären, daß Vr. Kayser nicht daran denkt, zurückzutreten. Er hält es vielmehr gerade jetzt für seine Pflicht, auf seinem Posten getreu auszuharren." — Mit General v. Blume, dessen Verabschiedung das „Militair-Wochenblatt" heute mittheilt, scheidet ein Heer führer au» unserem Heere, von dem man in gutunter- richteten militairischen Kreisen noch hervorragende Leistungen erwartete, der als ganz besonder- krieg-erprobt und er fahren gilt und der sich auch noch heute vollster Frische und Rüstigkeit erfreut. Auch das darf nicht verschwiegen werden, daß General von Blume, ebenso wie der gleichfalls in den Ruhestand versetzte frühere commandirende General des 14. ArmeecorpS v. Schlichting, al- ein überzeugter Ver theidiger der Nothwendigkeit und Dringlichkeit einer gründ lichen Reform der Militair-Strafproceßordnung bekannt ist, wie sie sowohl von dem jetzigen Kriegsminister, wie seinen beiden Vorgängern mit Entschiedenheit vertreten wird. General v. Blume hat eine verhältnißmäßig sehr rasche und glänzende Laufbahn hinter sich. — Die „Cons. Corr." stellt „die Thatsache nockmal- fest, daß weder der Gesammtvorstand, noch der geschäft-führende Ausschuß der conservativen Partei mit der Broschüre des
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