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Dresdner Journal : 23.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-23
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188403237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840323
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840323
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Paginierfehler: Seite 376 als Seite 367 gezählt.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-03
- Tag1884-03-23
- Monat1884-03
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 23.03.1884
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W7V Sonntag, den 23. März. 1884. 4 d««ueweot»pret>: I» x»»»»» 4»ut»«k»» L«ied.: ILkrliob: .... 18 jLürtioti: 4 Hark KO kk. Lüu^Io« Hunua«r»: 10 kk. L»—rd»Id äei 6«ot»ok«r> keicü«» tritt ko»t- uoä 8t«iup«lru,ctü»x tuaru lusenttevprvlsvr kür äeo k»unl einer xeipniteneo ?etttr«il« LV ?s Vntvr „kinxsimoät" äi« Leite KO kk. Lei l'ndollen- unä LiLvrnsntr KO H Lrscdvlaen: I^Iiel» mit Ausnahme der 8onn- on<I keiortaxa Xksods tiir den folxso«1en Hx. Dres-nerÄMMl. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. In«er»teoeuaLltmv »U8«kr1n: r.«tx»tx: ^>r LrantiÄetter, t)on»wie»ionLr äs» vrenänsr äonrnnl»; S»mdvrx L«rlin-V>«>i 1-«tp»Ix V»»»I 8r»»1»nVr»n>lt>»rt ». » : ^/aaxenzte,»» <t ^o<//rr, L«rlm-Vi«u S»mdurx- ?r»x-1.«ip»ix kr»n>ltllrr ». ». ülüocti«»: /tud L/E«,' L«rUn: /irci/iä^iärin^, Lr«m«u: F7. vr»»I»u: />. » Äurskiu <D»>it A'«ba<4),' » U r L'. ^«rArr'»elie Ui>ct>kaväluox; SörlU»: ü. TUtlNer; S»unov»r: <7. §c/lElsr, k»ri, LsrUn - rr»nlctnrt ». ».- ktntlx»rt: Daub« F <7o.» S»mdnrx: Lteiner Uerna^xederr künixl. kxpeäition äe» l>re,äoer äonrnnt», Dresden, LM>oxer»tr»»»s !1o SO. Abonnements - Einladung. Auf das mit dem 1. April beginnende neue vierteljährliche Abonnement des „Dresdner Jour nals " werden Bestellungen zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für »SwärtS bei den betreffenden Postanstalten. In DreSdeii-Nenpadt können Bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Musikalien handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt straße 2), sowie bei Herrn Kaufmann Hermann Donath (Albertplatz gegenüber dem Albert- theater), woselbst auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden, und ebenso, wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (Böhm. Bahnhof), einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Anküudiguugea aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühren im AnkündigungS- theile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Ps. für die Zeile festgestellt. AM- Wir ersuchen um rechtzeitige Er neuerung des Abonnements, da wir sonst die Lieferung vollständiger Exemplare ohne Mehr kosten für die geehrten Abonnenten nicht garan- tiren können. kouigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Scheil. Nukletin. Dresden, 22. März, früh ^8 Uhr. Se. König liche Hoheit Prinz Georg haben in der verflossenen Nacht sehr wenig geschlafen. Der Masernausschlag hat sich sehr intensiv, aber in vollkommen regelmäßiger Weise entwickelt. Die Temperatur betrug gestern Abend noch 39,1"; heute früh ist aber der hohe Kranke fieberfrei. Hochderselbe hat etwas Nahrung zu Sich genommen. Katarrhalische Erscheinungen nicht vor handen. vr. Fiedler. nichtamtlicher Scheil. Telegraphische Nachrichte«. Berlin, Sonnabend, 22. März, Vormittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Die Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Kaisers wurde MorgeuS mit einer von einem Cavallerie-TromprtercorpS von derKuppel deS Schlosses geblasenen Reveille eröffnet. Alle StaatS- und viele Privatgedäude find beflaggt, theil weise mit Blumen geschmückt. Auf dem PalaiS deS Kronprinzen weht neben derkronprinzlicken Stand arte die englische Flagge. Auf den PalaiS der Bot- schäften uvd Gesandtschaften wehen die betreffen den Nationalflaggen. Der Kaiser, welcher sich de- besten Wohlseins erfreut, trat, vom Publicum enthusiastisch begrüßt, kurz vor 8 Uhr an daS *) Nachdruck verboten. D. Red. Fenster seines Arbeitszimmers, um daS reich mit Lorbeerbäumen,^mit Camellien uvd anderen Blv- mro geschmückte^Denkmal Friedrich s deS Großen zv betrachten. In den Schulen finden Festakte, in den Theatern Festvorstellungen Statt; vielfach werden Vorbereitungen zu einer Illumination ge macht. Sämmtliche Morgrnblättrr dringen dem Kaiser in Arstartikelv ihre Glückwünsche dar. Se. Majestät der König von Sachsen wohnte heute der Messe in der St. HedwigSkirche bei. Prag, Sounabend, 22. März, früh. (W.T.B.) Die „Politik" veröffentlicht rin CommuniquS deS tschechischen ReichSrathSclubS, in welchem erklärt wird, es erübrige den böhmischen Abgeordneten nichts Andere-, alS die negative Aeußernng der Linken betreffs der vr. Ruß'scdeu Vorschläge zur Kenutniß zu nehmen und in ihrer Stellung zu beharren, stets bereit, sich mit den deutschen Lands leuten auf der Grundlage deS gleichen Rechts zu verständige». Am Schluffe deS CommuuiqusS heißt rS, Diejenigen, welche ernstlich eine Verstän digung wünschten, würden jetzt in der Lage sein, sich ein Urtheil darüber zu bilden, welcher Ernst dieser Episode beizulegen sei. Paris, Freitag, 21. März, AbendS. (W.T.B.) Der Senat und die Kammer haben die Vorlage, betreffend die OrdenSauszrichnungen und Beloh nungen für die Thrilvrhmrr an der Tonkinerpedi- tion, einstimmig genehmigt. DaS den Kammern zugegangene Gelbbuch über Madagaskar enthält Mittheilungen über die im November vor. I. mit den HowaS geführten Ver handlungen, die um deswillen zu keiner Verständi gung führten, weil die HowaS Rechte Frankreichs auf den Nordwesten der Insel nicht anerkennen wollten, vielmehr eine Geldsumme boten, deren Annahme franzöfischerseits adgelrhnt wurde. Lon der Regierung werden, wie eS heißt, über die Höhe der von China zu fordernden Entschädi gungen Erörterungen gepflogen; der Betrag der- selben würde sich auf nicht unter 6 Millionen Pfd. Sterl, belaufen. Ein Telegramm deS „TempS" auS Hanoi sagt, der General Mgrier habe bei der Verfolgung der Chinesen dieselben am IS., 16. und 17. d. MtS. geschlagen; dieselben hätten nirgends Stand ge halten. — Der „Tslegraphe" bringt die der Be stätigung bedürfende Meldung, der Admiral Cour- bet habe Befehl erhalten, die Jusel Hainan zv besetzen. Rom, Freitag, 21. März, AbendS. (W.T.B.) Die meisten Journale bringen abweichende An- gaben darüber, ob DepretiS den Auftrag zur Um bildung deS Cabivets angenommen, oder abgelehvt habe. Nur der „Diritto" versichert, DepretiS habe den Auftrag angenommen. Der Minister des Unterrichts, Baccelli, und der Justizminister Gianuzzi-Savelli würden auS dem Ministerium auSscheiden; auch der Ackerbauminister Berti be- harre auf seiner Entlassung. London, Freitag, 21. März, NachtS. (W.T.B.) Das Unterhaus hat die Vieheinfuhrdill ohne de- besondere Abstimmung in zweiter Lesung ange- vammen und lehnte sodann den von Willis einge brachten Antrag, die Bischöfe vom Oberhause auözu- schließen, mit 148 gegen 137 Stimmen ab. Die Regierung hatte den Antrag bekämpft. London, Sonnabend, 22. März. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Den „TimrS" wird auS Char- *) Nachdruck verboten. D. Red. tum vom 15. d. gemeldet, daß eS der vom General Gordon entsandten Expedition gelungen ist, die 560 Mann starke Garnison von Halfaya zu ent setzen. Zahlreiche Rebellen lagern gegenüber Char- tum am jenseitigen Flußufer. Der General Gor don beabsichtigte, dieselben am 16. d. anzugreifeu. Christianis, Freitag, 21. März, AbendS. (W. T. B.) DaS Reichsgericht erkannte heute den Gtaatsrath Holmboe gleichfalls schuldig, sein Amt »erwirkt zu haben. (Vgl. die „Tagesgeschichte".» Dresden, 22. März. Die Klagen über die verderblichen Wirkungen der Trunksucht werden neuerdings lauter und vernehm licher, und zwar erfreulicher Weise auch in den libe ralen Organen der Presse erhoben. Besonderes In teresse erweckt eine größere Arbeit des Vorstandes des großherzogl. oldenburgischen statistischen Bureaus, des Regierungsraths Or. P. Kollmann über die geistes kranke Bevölkerung im Großherzogthum Oldenburg nach den Ergebnissen der Volkszählung vom l. De- cember 1880, sowie in Vergleichung mit denen früherer Aufnahmen. Die Zunahme der Geisteskrankheiten und der Selbstmorde ist nach diesen Ermittelungen eine wahrhaft Grauen erregende. An Stelle , trockener Zahlen geben wir folgende allgemein gehaltene Sitten schilderung: „Der tägliche Branntweingenuß ist auf dem platten Lande ein ganz allgemeiner, zumal im Herzogthum. Für die kleinen Leute ist der Schnaps das Getränk, welches sie nicht nur zu sich nehmen, wenn es eine gelegentliche Stärkung gilt; er wird gleicherweise bei den Zusammenkünften in der Schenke, wie bei frohen Familienfesten, wenigstens von den Männern, oft jedoch auch von den Frauen genossen. Sieht man dem Chaussi-earbeiter, dem Tagelöhner auf dem Felde und dem Maurer auf dem Gerüste eine Weile zu; man wird schwerlich lange vergebens da rauf warten, daß die Flasche mit ihrem Hellen Inhalte hervorgeholt wird und von Mund zu Munde geht. An den Wochenmärkten stehen die Schenkstätten voll Durstiger, von denen man Manchem hernach begegnen kann, wie er schwer angetrunken nach Hause wankt, da bei wiederholt noch, durch die zahlreichen Wirthshaus- schilder, die ihm am Wege winken, angelockt, Einkehr hält um, seine kleine Einnahme schmälert. Nicht anders ist es an Sonn- und Feiertagen; wer ein Auge dafür hat, wird genug schwankende Gestalten antreffen. Mag es wohl wahr sein, daß die kärgliche Ernährung der nieder» Bevölkerung, die insbesondere auf der Geest des Herzogthums vorwiegend in Kartoffeln und Buch weizen besteht, auf den Consum von Branntwein hin weist, daß auch die entbehrungsreiche Existenz der selben eine begreifliche Entschädigung in dem Kitzel jenes wohlfeilen, aber verderblichen Genußmittels sucht: jedenfalls hat das Branntweintrinken durch Gewohn heit und Beispiel nicht minder, als durch die allzu reichlich gebotene Gelegenheit weit über Bedürf- niß und Dienlichkeit hinaus in vielen Theilen des Landes eine erschreckende Ausdehnung erfahren." Fragt man nach den Mitteln, welche geeignet sind, der durch die Massenhaftigkeit der Schenkwirthschaften begünstigten Ausbreitung der Trunksucht entgegenzu wirken, so sind dieselben zum nicht geringen Theil in die Hand der Gemeinden gelegt. In Deutschland ist durch die Gewerbeordnung von 1869 §33 das Verhältniß der art geregelt, daß der Betrieb der Gast- und Schenk- wirthschaft oder des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus von der polizeilichen Erlaubniß ab hängig ist, die versagt werden kann, wenn der die Concefsion Nachsuchende nicht unbescholten ist, oder das zum Betriebe bestimmte Local nicht den polizei lichen Anforderungen entspricht, und die Novelle zur Gewerbeordnung vom 23. Juli 1879 ertheilt in Er gänzung des § 33 der Gewerbeordnung den Lande« regierungen die Besugniß, die Erlaubniß zum Aus schenken von Branntwein oder zum Kleinhandel mit Spiritus und Branntwein allgemein, und die Erlaub niß zum Betriebe der Gastwirthschaft oder zum Aus schenken von anderen geistigen Getränken in der Regel von dem Nachweise eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig zu machen. Für einzelne Städte und Ort schaften kann dies durch Ortsstatut festgestellt werden. Der Stadtrath von Karlsruhe hat kürzlich eine Zu sammenstellung veranstaltet, in welcher die Städte, welche von obenerwähnter Besugniß Gebrauch gemacht haben und welche dies nicht gethan, aufgesührt sind. Aus dieser Tabelle ergeben sich namhafte Unterschiede. In Braunschweig, wo der Stadtvorstand von der durch den § 33 der Gewerbeordnung eingeräumten Besugniß Gebrauch machte, kommen 139 Wirthschaften auf 74 177 Einwohner, oder I Wirthfchaft auf 534 Ein wohner. In Düsseldorf (954.5!» Einwohner) kommt 1 Wirthfchaft auf 411 Einwohner. In allen Städten, in welchen die städtischen Behörden von der ihnen ein- geräumtcn Besugniß keinen Gebrauch machen, ist da gegen die Zahl der Kneipen eine sehr große. In Darmstadt (41 614 Einwohner) sind 35 l Wirthschaften, d. h. l Wirthschaft kommt auf 119 Einwohner; in Lübeck (5103.5 Einwohner) sind 439 Wirthschaften, d. h. 1 Wirthschaft kommt auf 1I6Einwohnc^ In Ham burg (2900.55 Einwohner) sind 4091 Wirthschaften und es kommt I Wirthschaft auf 71 Einwohner. „In den neueren und neuesten Stadttheilen", sagen die „Hamburger Nachrichten", „findet sich kaum ein einziges Haus, das nicht eine Wein-, Bier- oder Branntweinschenke enthielte; manche zeigen deren auch 2 oder 3 auf. Unter den Anmeldungen im Gewerbe bureau, deren Zahl im vorigen Jahre 5596 betrug, bezogen sich 765, also 13,6 Procent aus „Beher bergung und Erquickung", darunter 727 Schenk- und 26 Speisewirthe, daneben ein paar Gastwirthe und Tanzsaloninhaber; 4l3 davon waren Nichtstaatsange hörige. Wie schädigend diese im Uebermaße gebotene Gelegenheit zum Trünke auf unsere arbeitenden Classen wirkt, kann Keinem verborgen bleiben. So nüchtern unser Volk noch vor wenigen Jahren war, so sehr greift das Laster in neuerer Zeit um sich. Man frage nur die Leiter unserer öffentlichen Kranken- und Irrenhäuser, in wie erschreckenden Verhältnissen der Säuferwahnsinn, namentlich an der Wasserseite, zu nimmt; man frage die Armenpfleger, wie viel Arbeits kraft, Familienglück und Wohlstand der Trunk zer stört . . . Man hört oft die Klage, daß unsere Gesetz gebung nicht mehr viel zu bedeuten, daß das Reich uns dieselbe arg beschnitten habe. Nun, hier ist ein Feld, auf dem wir die volle Freiheit haben, unsere eigenen Interessen wahrzunehmen. In unserer Schwester stadt Lübeck hat der Senat, nachdem er schon im vorigen Sommer auf dem Verordnungswege sehr strenge Bedingungen über die Beschaffenheit der Schenk locale erlassen hatte, in den letzten Tagen einen An trag an die Bürgerschaft gerichtet, ein Statut zu ge nehmigen, wonach die Concession von der Bedürfmß- frage abhängig gemacht wird, und die Bürgerschaft hat diesen Antrag, gegen den Rath des Bürgeraus schusses, mit großer Majorität angenommen, obgleich dort das Verhältniß bei Weitem nicht so bedrohlich ist, wie hier. Was hindert uns, ein ähnliches Gesetz zu erlassen? Die große Zahl verunglückter Existenzen, die hier einen „Freihafen" zu finden glauben, um ihrem Bedürfniß nach „Erquickung" zu fröhnen — denn in vielen Fällen läuft das Etablissement darauf hin aus, voni Händler auf Borg ein Paar Fäßchen Brannt wein zu erhalten, die man dann „eo ästaN" selbst austrinkt, um, wenn es ans Zahlen gehen soll, den Offenbarungseid zu leisten — werden vielleicht, wenn sie die „Freiheit, die sie meinen", hier nicht finden, der Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 21. März: „Das Leben ein Traum", Schauspiel in fünf Acten von Calderon. Nach Gries' Uebersetzung von Zahl- haas bearbeitet. Die schönen Traditionen, denen sich die Aufführung dieses Dramas an unserer Bühne erfreut, sind, wie schon früher hervorgehoben wurde, durch die Gegen wart lebendig aufrecht erhalten. Im Vergleich zu manchem auswärtigen Theater von Belang ist das doppelt inS Gewicht fallend, da gerade diese wunder bare symbolische Dichtung nur selten die ihr noth wendige idealistische Auffassung für ihre Verwirklichung gefunden hat. Während ihre stete Verlebendigung auf dem Re pertoire zu dem achtbarsten Streben eines Kunstinstituts zugezählt werden darf, wird dieses verdienstliche Vor gehen leider undankbar gekreuzt von jener Rückschritts bewegung im Geschmack des großen Publikums, die sich zum Schaden der höhern Intelligenz und wahren Cultur« und Kunstblüthe von den idealen Regionen der Poesie ab- und den materiellen Erzeugnissen der dramatischen Tagesliteratur zuwendet. Diese platte Richtung nicht als maßgebend zu beachten, gehört zu den Theatcrpflichten, die nicht ohne Resignation und Opfer ausgeübt werden können. In der Verwirklichung de« König« und seines Freundes Clotald herrscht durch die Herren Jaffs und Walther ein sehr natürlich wirkendes Ensemble; die Darstellung des Hrn. Bauer als Gazioso Clarin hat sich noch ganz wie zuerst in ihrer löblichen Mäßi gung der komischen Scenen erhalten und Rosanra ge hört im Gebiete des ernsten Dramas zu den ange nehmsten Leistungen des Frl. Ulrich, da gerade die abenteuerliche Romantik dieser Gestalt dem zur Ge wohnheit gewordenen effektvollen und oft etwas thea tralischen Darstellungsgeiste dieser virtuosen Künstlerin hold ist. Den bereits so vollwichtig anerkannten Siegismund des Hrn. Matkowsky kann bei dem Eifer des talent vollen Schauspielers, die Affekte immer zu steigern, Einfachheit und Wahrheit in der sprachlichen Behand lung nicht warm genug empfohlen werden. O. B. Literaturgeschickte. „Geschichte der neuern Literatur" von Adolf Stern. Leipzig, bibliograph. Institut. (Fortsetzung.) Gerade das ist es freilich, was von vielen Seiten in Abrede gestellt wird. Soweit es für die Entwicke lung der christlichen Welt dienlich und von Vortheil gewesen, habe man im 10. und 12. Jahrhundert die antike Welt und Literatur so gut gekannt, als im 14. und 15. Der ganze Unterschied zwischen den Virgil lesenden Mönchen des frühesten, den Aristoteles er klärenden scholastischen Magistern des später» Mittel alters und zwischen den Humanisten der „Renaissance" habe nur darin gelegen, daß jene den nährenden Kern des AlterthumS von dem verderblichen Gifte zu unter scheiden gewußt hätten, was diese nicht vermochten oder nicht wollten. In dieser viel und heftig erörter ten Streitfrage kommt eben Alles darauf an, ob man die Kenntniß des Alterthums, die dem Mittelalter eigenthümlich war, für eine nach Umfang und Sinn genügende anschaut oder mit späteren Zeiten urtheilt, daß die Hauptsache: der Begriff der alten Welt als einer völlig selbstständigen, die Erkenntniß der grie chisch-römischen Cultur als einer nach vielen Rich tungen hin überlegenen, erst vom 14. Jahrhundert an aufgegangen sei. Wohl beruft man sich darauf, daß die Kirche, mit Rom unlöslich verwachsen, in den bar barischen Jahrhunderten der Völkerwanderung und den unmittelbar folgenden Zeiten sich als Schätzerin und Hüterin der Reste antiker Herrlichkeit bewährt habe. Aber man wird immer sagen müssen, daß die Kirche die Geistesschwäche des Alterthums ungefähr angesehen habe, wie die Bewohner Roms die Reste der stolzen Paläste, Theater und Thermen der Cäsarenstadt: als eine Fundgrube von Bruch- und Bausteinen für die eigenen Bauten. Die Anschauung, für welche die große Culturwelt des Alterthums eine mächtige, in sich geschlossene, in sich vollendete war, die der um gebenden Welt nicht blos im Glauben gegenüberstand, war ohne Zweifel eine neue und wuchs erst empor. Und man darf in der That von einer Wiederent- deckung der antike» Welt so gut sprechen, wie von einer Erweckung derselben. Die Seelenstimmungen aller Entdecker: der freudige Schreck beim Erblicken des Unerwarteten, Ungeahnten, die trunkene Voraus sicht cmmer neuer, immer größerer Entdeckungen, die berechtigten wie die täuschenden Erwartungen von ihrer neuen Welt, treten mehr oder minder bei den ältesten wie bei den späteren Humanisten auf — sie waren den Geschlechtern deS eigentlichen Mittelalter« fremd. Der Ungeheuern Wirkung, welche die Kenntniß von nun zwei Welten ausübte, der Erweiterung des Ge sichtskreises, der Freiheit des Urtheils gegenüber, welche aus der anhaltenden Beschäftigung mit dem Alterthum erwuchs, gab es natürlich zunächst keine Schranke für die Bewunderung. Und so geschah es, daß man auf den segensreichen Einfluß der humanistischen Studien selbst jene Bewegungen und neuen Lebenserscheinungen zurückführte, welche aus ganz anderen Antrieben her vorgegangen waren. Es ist dadurch eine der schwie rigsten Aufgaben geworden, in der Cultur- und Lite raturwelt der beginnenden Neuzeit klar zu beurtheilen, was unmittelbar dem Leben entspringt und was Ver dienst der wiedererwachenden, vom Alterthum genährten Wissenschaft ist. Sicher und unbestritten ist nur eins, daß das In dividuum, der einzelne Mensch in ein neues Recht trat und der Welt in ganz anderm Sinne, unendlich unabhängiger entgegenstand, als in den verflossenen Jahrhunderten. Und so gewinnen die Dichter und Schriftsteller, welche von diesem Zeitpunkte an auf treten, alle ein individuelleres, ausdrucksvolleres Ge sicht, — wahrlich nicht blos, weil sie uns in der Zeit um so viel näher gerückt sind, sondern weil jeder ein zelne von ihnen fortan mit höherer Freiheit der An schauung, der Empfindung und des Unheils seinen Weg verfolgte. Die typischen Gestalten der dichtenden Klosterbrüder, der ritterlichen Aventiurenerzähler, der Troubadours und der bürgerlichen Meistersinger wer den von den Trägern der neuern Literatur abgelöst, deren jeder ein individuelles Gepräge trägt, eine Ge stalt für sich ist. Nicht bei allen wird nach unseren Hilfsmitteln Gesicht und Gestalt sofort klar erkennbar,
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