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Dresdner Journal : 22.06.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-06-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188006221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800622
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800622
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-06
- Tag1880-06-22
- Monat1880-06
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 22.06.1880
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Dienstag, den 22, Juni. 1880. l» ss»»,«» <tivr»cv»» n«t«v«: ^Lkrlirb: . . lS R»r» jSMrlied: 1 U»r>c »0 ?k. Lio»«lo« Kummer»: 10 ?f »v«»rk«IV 6«6eot»ckoo Keiobe» tritt ?«t- uocl 8ten>iEl»u»ctiI»8 k>v»o. lavee^teaprelver k^r ^eo k»um eiasr xv»p»lt«o«o ?«tit»«il<- 20 ?s. voter „Liaz«»Qät» äi» Lei!« bO ?k. rrvebel»«», Dltzliob mit Xuinitkme <ler 8ooa- uv6 ksiertL^e ^K«v6» für äso soi^snäso ^»8 Dl'tsdnttÄmual. Iv5er»t^ni»nn»km<> an^vkrt!«» r^tpiiz: F> Cv:»i>>l.>>-,io»itr ün« 1>re«iusr ^ourvitl»; N»mdorU-N»rlt» Vi»» S»,,I -vr«»I»a rninliknrt ». »! L ^OAier, »«rlio V>«o-H»mdnrx rn^-l^ipiix-krAoktart ». N MS»ed«ii: L»rN»: §. /c«en»ct, /ni «/ie/r»xtu»^c, vd«w«o: L Lc^/ottc, Lr««I»»t F üianA^«'» HiineitU; vksmmd, t F>. ^o«At: ?n»rl>lkirt ». H.. L' ^a^er'üc!,« u. v. iekk iiuckN-rncllnn^; 0brM,: <? Akütter, S«uu»or«e: Lc/«ee >k»r» L«rlu» - kr»llirtui-t ». H. Stottert: /)aud« L S»wdiirxt ^tli Lteiixr. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Il»r»u8xvd»r: LSnissl. krpeclition «le» liresciner ^ow7n»t«, I)re«6en, ^vioscerstrsE tio. 20. Amtlicher Theil. Dresden, 20. Juni. Ee. Hoheit der Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar ist gestern Abend 6 Uhr 10 Min. nach Hannover abgereist. Se. Majestät der König hat allergnädigst geruht, den Amt-Hauptleuten von Thielau zu Löbau und von Ehren st ein zu Pirna das Ritterkreuz I. Klasse vom Verdienstorden zu verleihen. Sr. Majestät der König hat allergnädigst geruht dem prakt. Arzte 0r. mo<1 Faust zu Dresden, Herzog!. Sachsen - Meiningenschen SanitätSrath, den Charakter al» Hofrath zu verleihen. Dretdeu, 19. Juni. Se. Majestät der König hat dem Untersteiger bei dem consortschaftlichen Berggebäude Bergkappe Fundgrube zu Neustädtel, Johann Carl Möckel, das allgemeine Ehrenzeichen allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Ueterstcht. Telegraphische Nachrichten. AeitungSschau. (TempS. Republique ftanyaise. Reue freie Presse. Montags-Revue.) DageSgrschtchte. (Dresden. Berlin. Köln. Karls ruhe. Koburg. Wien. Prag. Paris. Rom. Madrid. Kopenhagen. Stockholm Lhristiania. Bukarest. Skutari. Philippopel. Athen.) Dresdner Nachrichten. Erurvaungev, Lersetzungev re. im ösfrntl. Dienste. Statistik und LolkSwirthschaft. Kenilletov. rageSkalender. Inserate. Beilage. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Oschatz. Pegau. Marienberg. Schneeberg.) Vermischtes. Börsennacd richten. Telegraphische WitterungSberickte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Paris, Sonntag, 20. Juni, AbendS. (W.T.B.) Anläßlich eines KesteS zum Besten einer Laien- schnle in Mevil Movtant hielt Gambetta gestern eine Ansprache, in welcher er die Opportunität der Amnestie anSeiaandersetzte und die Schwierigkeiten hervorhob, ans welche der (unter „TageSgeschichte" seinem Wortlaute nach mitgetheilte) Gesetzentwurf ge stoßen sei. Gambetta constatirte, die Amnestie würde schon längere Zeit vorhanden sein, wenn man auf beiden Setten verständiger und geschickter gewesen wäre; jeder ehrliche Republikaner müßte Achtung vor dem Gesetze haben. Da» Rationalsest am 14. Juli werde da« Volk, die Armee und die öffentlichen Gewalten in gemein samer Brüderlichkeit vereinigen und zeigen, daß Frank reich bereit sei, seine Rolle in der Geschichte wieder aufzunehmen, indem e» für den Fortschritt der Welt arbeite; denn Frankreich dürfe seiner Väter nicht ver gessen, welche das Bewußtsein von der Frankreich be stimmte Rolle hatten und nicht Bürgerrechte, sondern Menschenrechte proclamirt hätten. LouiS Blanc hat sich gestern einer Steinope ration vnterziehen müssen. Paris, Montag, 21. Juni, MorgeuS. (W. T. B.) Bei der gestern im Quartier Pdre-la-Chaise stattgehabten Wahl eine» Mitgliedes deS Munici- palratheS von Pari» erhielt der kommunistische Eandidat Trinquet 2338 und Letable 1880 Stim men. Ersterer ist somit gewählt. Dresden, 21. Juni. Ueber die bisherigen Ergebnisse der Botschafter- conferenzin Berlin liegen täglich zahlreiche Kundgebun gen vor; allein sie behandeln je nach der Stellung, welche die Interessenten in der Frage, mit welcher sich die Botschafter beschäftigen, einnehmen, in verschiedener Weise das Thema. ES dürfte daher angemessen sein, das sogenannte kontradiktorische Verfahren einzuhal ten und die betreffenden ZritungSstlmmen einander gegenüberzustellen So finden wir im „TempS" eine sehr günstige Beurtheilung der neuesten englischen Orientpolitik, deren Erfolge das Pariser Blatt consta- tirt. Ausgehend von dem Schreiben des britischen Bot schafters Layard voin 27. April d. I., welches wir in der vorigen Nummer mittheilten, gelangt der „TempS" zu dem Schlüsse, daß Europa einem der bedeutendsten Ereignisse dieses Jahrhundert- entgegensetze, der Re- gulirung deS definitiven Schicksals der Türkei. Europa befinde sich gegenüber einem politischen Problem, wel che- man bisher als das unlösbarste angesehen habe, da- heiße: die Uebere»nstimmung der Mächte über den Besitz Konstantinopels kennen zu lernen, und Niemand scheine zu bezweifeln, ob e- hier nur ein Problem, oder eine blose Schwierigkeit gebe. Ob und inwieweit England bei seinem bedeutungsvollen Vorgehen in der Orientpolitik sich die Zustimmung der übrigen Mächte gesichert habe, darüber erllärt der „TempS" eine Ant wort nicht geben zu können. ES genügt ihm, auf die Bedeutung der Schritte Englands angesichts der gegen wärtigen verzweiselten Lage der Türkei hmzuweisen. Dieselbe Anschauung, offenbar diejenige des französischen Ministeriums des Auswärtigen, finden wir in der „Republique franyaise" vertreten, welche erklärt, die jetzt bevorstehende Lösung der griechischen Frage bilde den Ausgangspunkt einer neuen Politik gegen über der Pforte. Nach dem Berliner Vertrag han delte eS sich nur darum, der Pforte einen Rath zu ertheilen; heute richte und statuire Europa mittelst seiner Vertreter; heute fordere es d,e Pforte nicht blo» auf, diese oder jene Concession zu machen, sondern e» bestimme, daß die Concession gemacht werden muß, und gebe klar und deutlich deren Umfang und Ausdehnung an. Man kümmere sich nicht mehr darum, ob die Pforte die Entscheidung annehine, oder zurückweise; man noti- ficire ihr einfach ein tatt accompli. Werde die grie chische Frage auf diese Weise erledigt, dann liege kein Grund vor, weshalb dasselbe Vorgehen nicht auch bei anderen Vtrwicklungen, die vom Berliner Vertrag her rühren und durch den bösen Willen oder die Ohn macht der Pforte unerledigt geblieben, in Anwendung gebracht werden sollte. — Die österreichischen Zeitungen verkennen diesen Auslassungen gegenüber den Ernst der Lage nicht. „Das diplomatische Schachspiel zu Dreien", heißt eS iu einem Artikel der „Presse", „das gegenwärtig zwischen den Westmächten, der Pforte und Rußland sich abwickelt, hat schon für die Zuschauer das höchste In teresse, geschweige denn für Oesterreich, das wesentlich an der Partie bethelligt ist. Um eS genauer zu sagen, ist der Sultan eigentlich ein bereits früher mattgesetzter König, den England und Frankreich von der einen Seite, die Zarenpolitik von der andern aus dem Brett terauSzuspielen bestrebt sind. Selbstverständlich wird der Kampf dann von den zwei Gegnern fortgesetzt, und e» kann sich nur sragen, wer schließlich den Platz, oder graziöser auSgedrückt, Konstantinopel mit seinen Fi guren behauptet." Andere Zeitungsorgane lassen jedoch hoffen, daß man sich zu einer Radikalkur im englischen Sinne noch nicht entschließen wird. Der Verlaus der Conferenz ist ein solcher, daß unter den Vermittelungsmächten allseitig eine erfreuliche Ueber einstimmung herrscht, und es rrgiebt sich, daß gerade die englische Anschauung über die Lage der Dinge nicht die vorherrschende ist. Bedeutungsvoll ist in dieser Hinsicht ein Artikel der Wiener „MontagS- Revue", der sich in eingehender Weise über die englische, pessimistische Auffassung der Orientsrage ausspricht. „In diesem Punkte," sagt das Blatt, „ist nun allerdings die Möglichkeit irrigen und vor schnellen politischen Calculs nicht ausgeschlossen. Die Besorgnisse bezüglich der Fortexistenz de« osmanischen Reiches sind so alt, als der Abschluß der kriegerischen Eroberungspolitik, auf welcher sein eigentlicher Cha rakter ruhte. Für die ruhige Arbeit des Friedens, für eine regelmäßige staatliche Entwickelung schienen seine Einrichtungen keine Basis darzubieten. Als unter der Herrschaft Selim's II und fpäter unter Mahmud die reformatorischen Ideen mit Macht in dies Staats wesen eindrangen, welches sich doch wesentlich im asia tischen Geiste religiöser Despotie gegründet und erhalten hatte, da fühlte Jedermann, daß gleichzeitig mit den Reformfragen auch die Existenzfragen an die Türkei herangetreten waren. Allein wenn der Proceß auch wirklich sein Endziel in der Vernichtung der euro päischen Herrschaft deS türkischen Reiches finden sollte, so war doch Nichts gewisser, als daß er sich diesem Ziele mit orientalischer Trägheit näherte. Im besten Falle blieb der „äies cartus au" ein „äies incertus guanäo". Man kennt die diplomatischen Prophezei ungen über den unmittelbar bevorstehenden Zusammen bruch der Türkei. Es hat nahezu zweier Jahrhunderte bedurft, um ihnen eine einigermaßen moderne Grund lage zu geben. Jndeß ist keineswegs in Abrede zu stellen, daß die englische Auffassung eine gewisse Rück wirkung auf die öffentliche Meinung Europas zu äußern beginnt. Ein Staatswesen lebt nicht allein durch die positiven Kräfte, die eS für seine Selbster- haltunz, einzusetzen vermag, sondern auch durch den poli tischen Credit, der ihm eingeräumt wird. Der Credit der Türkei ist aber nahezu erschöpft. Die herben Worte, mit welchen die identische Note sie an die Erfüllung ihrer aus dem Berliner Vertrage fließenden Verpflichtungen mahnt, beweisen, daß Europa nur dann etwas von der Regie rung des Sultans erwartet, wenn ihr in fast drohender Weise der volle Umfang ihrer Verantwortlichkeit nahe gelegt wird. Weder in den guten Willen noch in die Leistungsfähigkeit der Pforte wird das Vertrauen ge setzt, dessen em Staat im internationalen Verkehre nicht leicht entbehren kann. Und vergleicht man den Text der Worte mit dem dem Parlamente vorgelegten Actenmateriale, aus dem sie gewissermaßen emporoe- wachsen ist, so erhält man dadurch allerdings einen nichts weniger als ermuthigenden Commentar zu der Grundauffassung, welche das Maicircular Lord SaliS- bury's und die daran geknüpfte diplomatische Action in Konstantinopel hervorgerufen hat. Es liegt in der Natur der Sache, daß unter solchen Verhältnissen die Berliner Conferenzverhandlungen doppelt an Bedeutung gewinnen, denn so viel conservativen Sinn wird man in Europa noch voraussetzen dürfen, daß es nicht ge willt ist, dem Gange der Ereignisse einfache Passivität entgegen zu setzen und den Zusammenbruch eines in seinem politischen System so wichtigen Factors zu be ¬ schleunigen oder auch nur hinzunehmen, ohne daß e» sich darüber klar geworden ist, was eS an seine Stelle zu setzen hat. Daß heute keines der nationalen Elemente der Balkanhalbinsel stark genug ist, die Attribute poli tischer Macht und Herrschaft an sich zu reißen, welche den schwachen Händen des Khalifen zu entgleiten be ginnen, wird Niemand bestreiten. Die Ideen einer Einigung jener nationalen Kräfte aber, einer Föderation der auseinanderstrebenden und sich bekämpfenden VolkS- individualttäten deS europäischen Ostens, hat am wenigsten in diesen selbst Wurzel zu schlagen ver mocht. Die Aufgabe, welche die europäische Politik im Orient zu lösen hat, kann daher der Natur der Sache nach nur eine doppelte sein. Sie besteht in dem Probleme, den nöthigen Schutz, der der Türkei zu Theil werden muß, so lange man ihr Erbe keiner ändern nationalen Potenz anzuvertrauen vermag, mit der Begünstigung und Förderung auszugleichen, welche man dem zur einstigen Uebernahme der Erbschaft be- fähigesten und den Interessen Europas entsprechend sten Volkselemente auf der Balkanhalbinsel entgegen zu bringen hat. Es gilt mit einem Worte, die con- seivativen Ideen der Gegenwart mit den reformato rischen der Zukunft in einen lebendigen und organischen Zusammenhang zu bringen. Irren wir nicht, so ist es dieser Standpunkt, welchen die Mehrzahl der Mächte auf der Conferenz einnimmt. Er wird Europa vor überstürzten Lösungen bewahren; er wird aber Grie chenland diejenige Berücksichtigung angedeihen lassen, auf welche da- griechische Volk als das relativ her vorragendste und entsprechendste Culturelement des europäischen Orients Anspruch erheben darf. Bor Allem aber wird die Conferenz darüber zu wachen haben, daß die Controverse eine localisirte bleibe und aus das Gebiet der europäischen Fragen nicht herüber greife. Denn wichtiger noch, als die concrete Ent scheidung des aufgeworfenen Streitpunkte« ist der all gemeine Gedanke, daß durch diese Entscheidung keine Gefährdung und Schwächung der Einigung und Ein heit Europas herbeigeführt werden darf." Tagesgeschichte. Dresden, 21. Juni. Vom Reichs-Gesetzblatt ist das 14. Stück vom Jahre 1880 heute hier einge troffen. Dasselbe enthält: Nr. 1383) Gesetz vom 5. Juni d. I., die Consulargerichtsbarkeit in Aegypten be treffend; Nr. 1384) Gesetz vom 7. Juni d. I., die Consulargerichtsbarkeit in Bosnien und in der Herze gowina betreffend; Nr. 1385) Uebereinkunft vom 11. April d. I. zwischen Deutschland und Oesterreich-Un garn wegen weiterer provisorischer Regelung der Han delsbeziehungen; Nr. 1386) Uebereinkunft vom 22. April d. I. zwischen Deutschland und Belgien wegen gleicher provisorischer Regelung der Handelsbeziehungen; Nr. 1387) Uebereinkunft vom 1. Mai d. I. zwischen Deutsch land und der Schweiz wegen gleicher Regelung der Handelsbeziehungen. * Berlin, 20. Juni. Se. Majestät der Kaiser, welcher sich vorgestern Abend über Düsseldorf nach EmS begab, traf gestern Morgen in Düsseldorf ein und wurde daselbst enthusiastisch empfangen. Mittag» desselben Tages traf Ihre Majestät die Kaiserin, von Coblenz kommend, in Düsseldorf ein. Heute Morgen hat Se. Majestät im bestem Wohlsein die Brunnencur in Ems begonnen. Wie der „Reichsanz." m-ldet, sind die wiederholten Gerüchte von einer an geblich im August dieses Jahre- projectirten Reise Ihrer Majestät der Kaiserin mtt Ihrer kaiserl. Hoheit der Kronprinzessin nach England auf der kaiserl. Dampsyacht „Hohenzollern" als jeder Begründung ent behrend zu bezeichnen. — W»e da- erwähnte amtliche Blatt ferner meldet, hat Se. Majestät der Kaiser nach Maßgabe deS Gesetze- vom 17. März 1878 mit der Feuilleton. Redigier von Ott» Banck. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 20. Juni: „Der Fechter von Ravenna", Trauerspiel in fünf Acten von Friedrich Halm (Reu einstudirt; Frl. Clara Ziegler, als Gast.) Man darf sagen: die lange Ruhe hat diesem Stücke keineswegs gut aethan, aber dem Theater und dem Publicum that sie gut. DaS gehört zu den Ergeb nissen, die sich erst in der Praxis Herausstellen; sie lassen sich nicht im ganzen Umsang theoretisch Voraus sagen. So erklärt sich da- Wlederzurückgreifen der Regie auf den „Fechter von Ravenna" ganz wohl durch den Namen de» Autor», ferner durch die im gegebenen Falle leicht ausführbare glänzende Jnsceni- rung, und endlich au« der Thatsache, daß unser Theater auch ohne Gastspiel sehr paffend die weibliche Haupt rolle durch Frl. Ulrich besetzen kann. Da« Trauer spiel kann daher jederzeit und durch mehr Verlraut werden mit demselben vielleicht besser gegeben werden, al» diese» erste Mal. Die offene Frage bleibt aller- ding» die nach den Zuschauern. In dem Halm'schen Drama, welche» seiner Zeit so viel von sich reden machte, wohnt ein Grad von Phrascnhafttgkeit, von Tirade und Tendenz und Hohl heit der Charakteristik, daß man e» einmal auf der Bühne wieder gesehen oder wieder gelesen baden muh, um sich au die kritisch« Entrüstung zurüazuerinnern, mit welcher mau e» bei seinem Erscheinen aufuahm. Diese Eigenschaften hindern nicht, daß die decorative Scheinpracht der Rede, die allgemeine seriöse Span nung der Situation, der opernhafte Effect immerhin zu einer theatralischen Wirkung kommen und sich für den größeren Zuschauerkreis geltend machen, namentlich wenn, wie bei uns, mit der Pracht der Ausstattung nachgeholfen werden kann. Aber jene Eigenschaften de- Stückes üben doch einen sehr degenenrenden Ein fluß aus die Darstellungskunst überhaupt und auf die Darsteller im Besondern aus. Die deklamatorische Leerheit theilt sich mit und da der psychologische Kern ein sehr geringer und un gesunder ist, hat der Schauspieler wenig, woran er sich halten und in seiner Leistung klar und gesund bleiben kann. Statt dessen schaukelt er sich auf den musikalischen Wogen des Wortschwall» und Bombastes, bl» sein Ende oder Abgang kommt, gaukelnd und mimend hin und her. Von solchem, im Geiste deS Ganzen liegenden Wesen und Einfluß kann denn auch die Rolle der ThuSnelda und ihre Vertreterin nicht frei bleiben. Frl. Ziegler verwandte darauf viel von ihrem großen persönlichen und schauspielerisch technischen Fond von Macht und Hoheit, und konnte sie auch nur wie der Dichter in sehr allgemeinen, nicht individuellen Zügen zeichnen, so trat doch ihre Leistung durch einen großen Schwung, durch Breite und Oekonomie des Spiel» und wieder und immer wieder durch den Zauber ihre» mächtigen Organ» zu jener Tüchtigkeit heran, die so verdient mit reichem Beifall belohnt zu werden pflegt. Hr. Matkow»ky opferte dem Sohne Hermann» eine Kraft, die dem Vater in den Schlachten Dienste geleistet haben würde. Er sieh e» an Feuereifer und Wärme nicht fehlen. Auch hier ist wieder Schonung anzurathen. Den natürlichsten Eindruck in seiner Rolle und im Sinne derselben machte Hr. Walher als Flaviu» AiminiuS. O. B. Die Schriftfrage der Orientalen. Jeder Gebildete kennt durch Anschauung die com- plicirten Schriftzüge der orientalischen Völker. Sie scheinen un» kaum entwirrbar und fast unmöglich, zu erlernen. Dieser Schein trügt nicht und entspricht nur der Thatsache. In der Türkei geht man jetzt bei den nur selten erfolgreichen Culturversuchen auch auf die LandeSschrist ein. Die Japanesen haben eine Radical- cur einqeschlagen, indem sie mit einem Sprunge zu den lateinischen Schriftzeichen griffen. Soweit gehen die Vorschläge in der Türkei nicht. Aber die in Kon stantinopel erscheinende Zeitung „Achtar" („Stern") nahm dieses Thema auf, desgleichen die ebendaselbst redigirte türkische Zeitung „Tartschumani Hakhikhat" („Dolmetsch der Wahrheit"). Man erblickt jetzt mit Recht, nur etwas zu spät in der Schrift der Orien talen eine Niederfesselung aller umfassenden Bildung, aller leicht sortschreitenden Studien. Nach dem türki schen Blatte sei hier Einige» über diese interessante Culturresorm mitgetheilt; e» heißt dabei: Bei unserem gegenwärtigen Schnftsystem wird die kostbarste Zeit unsere» Leben» auf die Erlernung der Handhabung diese» Schlüssel» verwendet — und wa» weiter? Nachdem wir diesen Schlüssel zu gebrauchen, ein wenig lesen und schreiben gelernt haben, glauben wir nicht» weniger al» auSerwählte Gelehrte der Zeit und der Welt zu sein, während diese unsere ganze Gelehrsamkeit, auf die wir mit großer Selbstgefällig keit blicken, bei den Europäern thatsächlich nicht einmal die Bildung des im Stadium de» Anfangsunterricht- befindlichen Kinde- aufwiegt. Danach läßt sich aber zugleich ermessen, welche hohe Bildung ihre Gelehrten und Lehrer besitzen! E» kommt daher, weil wir ein ganzes Lebensalter blö der Erlernung de- Lesen- und Schreibens opfern müssen und uns für die Verfolgung und Erwerbung wissenschaftlicher, technischer, künstlerischer und sonstiger Bildung keine Zeit erübrigt. Wenn wir dieses Wissen und diese Ausbildung erlangen wollen, müssen wir mindesten» 35 Jahre zu Anfang unseres Lebens auf dem gedachten Wege opfern; daß nun der Rest de« Leben» zur Erwerbung der verschiedenartigen Beruf-wissenschaften auSreiche, ist wohl mit Recht zu bezweifeln. ES ist bezüglich deS vorliegenden Gegenstände» nicht einmal nöthig, auf die mehr oder minder kurze Lebensdauer deS Einzelnen hinzuweisen, da unsere Zu kunft ohnehin in finstere» Dunkel gehüllt ist und eigentlich Niemand seine Lebensdauer auch annäherungs weise zu bestimmen in der Lage ist. Demzufolge muß Jedermann, welcher 35 Jahre seiner kostbaren LebenS- »eit für seine Ausbildung verwendet hat, unbedingt bezweifeln, daß e» ihm während seines weiteren Leben» glücken werde, von dem in der langen Vergangenheit desselben erworbenen Wissen Nutzen zu ziehen. Zur Beseitigung dieser mißlichen Zustände läßt sich kein bessert» und zweckmäßigere» Mittel ersinnen, al» die Verbesserung der Schrift, da zur Erreichung de» angestrebten Zwecke» die Aenderung der Schrist- zerchen allein die geeignete Abhilfe bietet. E» ist nur
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