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Dresdner Journal : 29.03.1861
- Erscheinungsdatum
- 1861-03-29
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186103292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18610329
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18610329
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1861
- Monat1861-03
- Tag1861-03-29
- Monat1861-03
- Jahr1861
- Titel
- Dresdner Journal : 29.03.1861
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O74 Freitag, den 29. März. 1861 Äbonnrmnltspreift: ^LKrNcd: 5 Illlr. 10 Kssr. ill Im »L Mrl.: 1 „ 10 „ „ „ stritt kost °°L Üoil.tUob io vr««I.»: 1b Nxr. f 8t«mp«I»o tiioivlo» Kummero: I Nxr. ) 8«b1»z: Ku»»». Inseratenpreise: ä«o ÜAUM chiosr b«ip»itvo«ll 2chi1>: 1 ItAe. V»t«r ,,LioG«»»oät" äi« LeU«: 2 Ngr. «rschrt»«»: IL-Uob, mit ^o»o»Lm« 6«r 8ooo- oocl -xdevä» kür ä«o folxeoäso Lax. DresdnerMimml. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. Snserlürmmnahmr auswärts: : 1«. komvirm»», Oommi«»!oo>r ä«8 vresäoer llournalo; «1>eo6»,«N>»1: U. Ue»»r»; Aiwa»: Il»t8«»8„i» L Vool.»»; AarUa: Oaooivo'acd« Luckb., Lurea»; Lrowoa: L. 8c»l.orra; kraairkart ». w.: ^»«ara'ocb« Luckllaacklunx; Xbia: Avoi.» karto: v. I,ö«-i»»»l.8 (28, ro« 6e» doo» aakaas); kr»x: t'a. LUal-iou» Luoddaaälun^. Herausgeber: Löoixl. Lipeäitioo cke» Vreoävsr Fooro»!,, vr«8ä«a, L1»ri«o8tr»88« Nr. 7. Amtlicher Theil. Dresdev» 22. März. Se. Majestät der König haben dem Hofarzt, Hofrath vr. Albert Gustav EaruS, da» Ritterkreuz de» Albrechtorden« zu verleihen geruhet. Dresden, 28. März. Se. Königliche Majestät haben geruht, dem Oberstleutnant und Brigade-Commandanten Heinrich von Rouvroy vom Fuß-Artillerie-Regiment« die erbetene Entlastung au» allerhöchsten Kriegsdiensten, mit der gesetzlichen Pension und der Erlaubniß zum Tragen der Armee-Uniform, allergnädigst zu bewilligen; auch haben Allerhöchstdieselben die vom Leutnant von Behr- Negendank vom 2. Reiter-Regiment« nachgesuchte Ent lastung au» der Armee allergnädigst genehmigt. Bekanntmachung, drn ersten Nachtrag zur fünften Auflage der Arzneien - Taxe betreffend, vom 19. März 1861. Zu der durch Verordnung vom 31. März 1860 ver öffentlichten fünften Auflage der Arzneien-Tare für hiesige Lande ist der erste Nachtrag im Druck er schienen und an sämmlliche Bczirksärzte und Apotheker de« Königreichs Sachsen vertheilt worden. In Gemäß heit von 8- 1 der »»gezogenen Verordnung wird solche» mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß dieser Nachtrag in der Verlagsbuchhandlung von Rudolf Kuntze in Dres den, an der Kreuzkirche, für 2 Ngr. auch käuflich zu ha ben ist. DrrSden, den 19. März 1861. Ministerium de- Innern. Für den Minister: Kohlschütter, Schmiedel. 8. Turin, Mittwoch, 27. Mär», Abends. In der Deputirtenkammer sprach sich Graf Cavour gegen da« Projekt aus, Rom eine gemischte frau- zöfisch italienische Besatzung zu geben, weil »S drin gend nöthig sei, sofort Rom zur Hauptstadt Ita lien« zu proclamirrn. Die Verlegung de« Regie rungssitze« werde kraft eine« Gesetze« geschehen und die Bestimmung de« Zeitpunkte« noch erfolgen. Bei dem Anerbieten von Garantien der Freiheit für die geistliche Verwaltung hege er die Hoffnung, die öffentliche Meinung werde bald zu der gedach ten Proklamation geneigt und Frankreich mit Ita lien einer Meinung sein. Kopenhagen, Donnerstag,M.März. „Faedrr- landet' und „Dagbladrt' beklagen die schiefe Stel lung, iu welche die Regierung sich durch die Budget angelegenheit gebracht. Dänemark riSkire Euro pas Wohlwollen einzubüßen. (Vgl. unter Itzehoe.) BreSlau, Mittwoch, 27. März, Nachmittag«*). Ein der „Schlesischen Zeitung" aus Warschau zugegangrne« Telegramm meldet die Verkündigung nachstehender Reformen: Der Lehrbezirk ist auf gehoben. Für Cultu« und Unterricht eine beson dere Commission unter Direktion WielopolSki'S gebildet. Die Schulen sollen allgemeinen Reformen unterzogen, und höhere Lehranstalten, darunter eine RechtSakademie, errichtet werden. E« wird ein StaatSrath au« Geistlichen, Würdenträgern und Crlkbritäten gebildet. Da« Petition-recht wird gewährt. Gubernial- und Kreisräthe, sowie die Muuiripalitäten in größer« Städten werden gewählt. *) Wiederholt, weil nicht in allen Exemplaren der letzten Nummer d- Bl. enthalten. Nichtamtlicher Scheit. Hebern»«. Telegraphische Nachrichten. Zeituugsschau. (Ost - Deutsche Post. — Eaturday- Review.) TageSgeschichte. Dresden: Erkrankung deS CultuS- ministerS. Abhaltung deS JuristentagS genehmigt. — Wien: Wahlordnung sür Lombards - Venetien. Die Wiedener Spitalangrlegrnheit. — Berlin: CabiuetS- berathung. Reise des Kronprinzen nach London. — Stuttgart: Die Gewerbegesetzvorlage. — Gotha: Vom Landtage. — Itzehoe: Verhandlungen der hol steinischen Ständeversammlung. — Pari»: Eindruck der Adreßdebattr. Rüstungen in Italien. Die Bud getcommission. Dritte Aufführung deS „Tannhäuser". Keine Pässe nach Warschau. Stärke der französischen Marine. Neuer Sieg in Cochinchina. Vermischte». — Turin: Garibaldi'sche Freiwillige. Ausladen für Neapel. — Neapel: Aufruhrversuche.— Messina: Nähere» über die Uebergabe der Citadelle. — Rom: Tagesbericht. — London: Bestattung der Herzogin von Kent. — Warschau: Erccß. Provinzialnachrichtrn. Eingrsaudtes. Feuilleton ? Tageskaleudrr. Inserate. Börsen- aachrichten. Telegraphische Nachrichten. Wien, Mittwoch, 27. März, Abends. Wie die heutige „Oesterrrichische Zeitung" vernimmt, wäre der Beschluß der Judex-Curialconferenz be treffs Wietereinführung der ungarischen Gesetze, sowie die Forderung eines unabhängigen ungari schen Ministerium« nicht genehmigt. Rach dem Abendblatte des „Wanderer" wäre die Reise des Kaisers nach Ungarn bi« zur Stunde noch nicht beschloffen. Feuilleton. Der Einsturz der Kathedrale von Chichester am 21. Febr. 1861. Von M. M. v. Weber. (Schluß aus Nr. 7«) Am Morgen bestieg der Architekt nochmal» den Thurm, der noch als vollkommen lothrecht stehend er kannt und von dessen Spitze herab ein Bleiloth in die Kirche gehängt ward, an dem man etwaige Verdrück ungen der Thurmspttze leicht erkennen konnte. Die tiefeingreifrnde Theilnahme der Bevölkerung gab sich wie am Lager eine» hohen Kranken kund. Jede Nachricht von den Erscheinungen am Bau ver breitete sich schnell in der Stadt, und fortwährend kamen Personen in die Kirche, die sich nach dem Zustande der Arbeiten erkundigten. Am Mittage de« 20. Februar wurde mit Anlegung der Panzer begonnen, der Thurm stand noch vertikal, und die Architekten hofften die Kathedrale zu retten, al« sich die ersten Stöße eine» sehr heftigen Winde» fühlbar «achten, der, mit jedem Anschwellen stärker werdend, sich gegen 5 Uhr zum gewaltigen Sturme erhob, welcher mit furchtbarem Geheul« die Kathedrale, au« der zum Theil, der Aubringung des Material» wegen, die Fenster ent fernt waren, durchfuhr und einen so dichten Kalkstaub emporjagte, daß die Leute die Arbeit verlassen mußten. Der Effekt der mächtigen Luftströmung auf da» verletzte Gebäude blieb nsiht au«. Die Erzttterungen, in die der Thurm dadurch versetzt wurde, beschleunigte die Lösung der Mauerverbänd«. Al« der Staub hinauSgejagt war und der Architekt Narrow -egen halb 5 Uhr Abend» die Kirche wieder be- Dresden, 28. März. Die südöstlichen Länder de» österreichischen Kaiser staate» werden gegenwärtig durch die Fragen wegen Be schickung oder vielmehr Nichtbeschickung de» Reichs- raths und wegen der Vertretung der Militär grenze am kroatisch-slavonisch-dalmatinischen Landtage in Bewegung gesetzt. Wir bereit» au« der in unserm gestrigen Blatte mitgetheiltcn telegraphischen Depesche aus Agram ersichtlich ist, fand der Wunsch der kroatisch-slavonischen Municipien und ComitatScommissionen, daß man die Militärgrenze ebenfalls zur Vertretung auf dem Agramrr Landtage zulafse, eine abschlägige Erledigung, da die k. k. Regierung die Militärgrenze in ihrer Gcsammtheit al» zu den Streitkräften des Reiche» gehörig betrachtet und daher eine Vertretung beim Landtage für selbe mit ihrer Bestimmung nicht vereinbar erachtet. Ein ausführlicher Artikel der „Ost-Deutschen Post" sagt über diese Angelegenheit: „Es liegt ein bitterer Humor in dem Nationalitätenwirrwar, der in Oesterreich wieder zu Tage tritt. Die größer» Fische wollen die kleinern verschlin gen, und während diese sich wehren gegen den geöffneten Rachen, der sie zu verschlucken droht, schnappen sie selbst bereit» wieder nach den kleinern Fischen, die um fie herum schwimmen. Kein Land, keine Provinz will mehr auf sich selbst beschränkt bleiben; alle sind vom Ehrgeiz besessen, Großreiche zu werden. Böhmen will Mähren und Schlesien der Krone Böhmen» annerirt wissen; Ga lizien begnügt sich nicht mehr mit der Vereinigung von Ost- und Westgalizien, eS wünscht auch die Bukowina unter die Statthalterei von Lemberg gebracht. Kroatien will Dalmatien und die Militärgrenze sich annectiren ; Un garn will Kroatien und Alles, worauf diese» Anspruch macht, mit noch vielem Andern dazu. Heute ist die kroatische Frage an der Tagesordnung. Kroatien will mit Recht seinen eignen Landtag; eS will keineswegs den Un garn sich unterworfen sehen. Aber auf diesem kroatischen Landtag will eS die StammeSgenoffen der Militärgrenze vertreten und diese selbst dem Königreich Kroatien ein verleibt sehen. Theoretisch ist der Anspruch vollkommen begründet. Praktisch aber stellt sich die Sache ander». Die Militärgrenze in ihrer heutigen Organisation hat, trat, drückte sich der Südwestpfeiler plötzlich um ungefähr A Zoll zusammen, Steinsplitter und lo»gedrückte Schalen regneten herab und die Ausmauerung eine» mit einer Ziegelwand verschlossenen großen Fensters stürzte in die Kirche. Dabei war da» Knacken im Heizwerke, da- Knirschen im Gemäuer und der Ton fallender kleiner Steine nebst dem Rieseln de» Mörtel», verbunden mit dem Heulen und Pfeifen deS immer wachsenden Sturme», so herz beklemmend in der Kirche, daß die Arbeitsleute gegen Morgen deS 21. die Arbeit verließen. Die Architekten Bushby und Narrow untersuchten das nun schnell seinem Untergange zueilende Gebäude, während sich schon Steine aus den Fensterwölbungen lösten, die Fugen der Gurten zu klaffen begannen, alle Simse Wellenlinien mit kurzen Brüchen zeigten, der Fall abgedrückter Mauerschalen sich fortwährend mehrte und da» andauernde Riefeln von Mörtel wieder dichten Staub verbreitete. Da ihnen der Südwestpfeiler derjenige zu sein schien, der am ehesten dem Drucke erliegen müsse, so fürchteten die Architekten, daß der Thurm in dieser Richtung und in die nahegelegenen Wohngebäude stürzen würde. Von diesem Augenblicke an ging ihr Bestreben nur dahin, diesem Sturze eine möglichst unschädliche Form, nämlich die de» Einsinken» in die Kirche zu geben; daß die« ihren einsichtsvollen Maßnahmen gelang, zeigte der Er folg. Während daher Boten in alle umliegenden Häuser geschickt und die Bewohner warnend vom Stande der Dinge unterrichtet wurden, begaben sich die Architekten mit dreißig ihrer, auf ihren Aufruf freiwillig folgenden Leute in da» Gebäude und ließen eine Anzahl der Spreizen und Streben durchschneiden, welche die drei andern Pfeiler stützten. mit Ausnahme der nationalen Verwandtschaft, keinen praktischen Verband mit dem kroatischen Landtag. Die Boden- und Etgenthumkvrrhältnisse sind durch lange, lange Jahre dort ganz anders geworden, al» in dem Schwestcrlande. Die militärische Organisation der Grenzer aufzulösen, ist eine Schwierigkeit, wir wollen keineswegs sagen, unüberfteiglichcr Natur, aber doch eine solche, die in diesem kritischen Augenblick schwer zu lösen ist. Die kroatische Nation aber steift sich auf diese LieblingSidee und sie benutzt diesen Augenblick, wo die Regierung in Wien einen so großen Werth darauf legt, Kroatien für die Beschickung deS RcichSrathS zu gewinnen, die An nexion der Militärgrenze al» Bedingung zu stellen. Die Militärgrenze in ihrer gegenwärtigen Organisation ist auf die Dauer eine Unmöglichkeit. Aber wir begreifen voll kommen, daß gerade in dieser Stunde, wo von allen Seiten die Gefahren heretnbrechen, welche die Gesammt- heit der militärischen Organisation Oesterreichs in An spruch nehmen können, die Regierung nicht an die Des organisation eines Instituts gehen mag, dessen einzige Berechtigung zur Fortexistenz eben die ist, daß eS orga- nisirt ist. Wir sind überzeugt, daß, wenn Kroatien erst selbstständig organistrt ist mit der vollen, dem ungarischen Landtage ebenbürtigen Autonomie seiner LrndeSrepräsen- tation, wenn seine Abgeordneten auf dem Reichsrathe erscheinen (wo man ihre Anwesenheit sicherlich zu schätzen wissen wird) und dort wie hier die gesunde, berechtigte und liberale Idee der Reorganisation der Militärgrenze und deren Einverleibung an das Schwesterland vertreten — die Lösung der Frage unwiderstehlich im Geiste der nationalen Wünsche der kroatischen Nation entschieden werden muß, wenn auch nicht beim ersten Anlauf, so doch sicherlich beim zweiten oder dritten." Die Art und Weise, wie englische Politiker und Publiciften die deutsch-dänische Frage behandeln, findet in der „Eaturday-Rewiew" eine Abfertigung, wie man sie in englischen Blättern in dieser Angelegen heit nicht ost zu finden pflegt. Mit Bezug nämlich auf dir Oberhaussttzung vom 18. März sagt das genannte Blatt u. A.: „Lord Ellenborough hat vollkommen Recht, wenn er die Aufrechthaltung de» europäischen Frieden wünscht. Doch ist cs zu bezweifeln, ob Deutschland sich mit den Gründen zufrieden geben wird, die man in Eng land gern alS Beweis annimmt. Eine Sache, sür welche die deutsche Nation einstimmig den Handschuh aufhebt, gewiß kein bloßer Pedanten- und Professorenkrieg. unsre englischen FriedenSpredigrr würden wahrscheinlich volleres Gehör in Deutschland erlangen, wenn sie sich die Mühe nähmen, den Streit, den sie al» frivol und unvernünftig verschreien, vorher verstehen zu lernen. Obgleich die holsteinische Frage durch Sprach- und Racen- sympathien zu einem leidenschaftlichen Kampf entzündet worden ist, darf man sie doch nicht mit den modernen Agitationen der sogenannten Nationalitäten verwechseln. Die Vertreter der deutschen Fürsten beim Bundestage sind keine enthusiastischen Ethnologen, und sie haben für ihre Forderungen stets Gründe deS positiven Rechts an geführt. ... E» ist die gemischte Stellung Holstein« als deutscher Staat und al» dänische Provinz, wa« so allgemeinen Zorn über die Verletzung seiner Rechte er weckt hat. Für Ausländer ist es schwer, über die Eon- troverse ein Urtheil abzugcben, aber eben deshalb läßt sich eine verwickelte Rechtsfrage nicht mit em paar platten Allgemeinheiten abfertigen. Es ist natürlich, daß die Schritte eines fremdländischen Regenten mit besonderer Eifersucht beobachtet werden. Die Ungerechtigkeit innerer Tyrannei wird, wenn sie ein Fremder auSübt, zum Schimpf verschlimmert. Die großen und zunehmenden Zugeständnisse Dänemark» beweisen zur Genüge, daß die von Holstein erhobenen Ansprüche nicht so unbegrün det sein können, wie sie in der gewöhnlichen Besprechung englischer Blätter erscheinen. Es ist zweifelhaft, ob die englische Regierung irgend einen friedlichen Einfluß zu üben vermögen wird, und wenn sie einen Compromiß zu Stande zu bringen hofft, so muß sie sich der voreiligen, rechthaberischen und einseitigen Einmischung enthalten." Inzwischen hatte sich, trotz deS entsetzlichen Sturme», der gegen Mittag eine Stärke erhielt, wie sie seit vollen 25 Jahren in England nicht dagcwesen war (so daß der Anometer der Sternwarte zu Greenwich einen Druck des Sturme» von 34 Pfund auf den Quadrat fuß zeigte) und trotz de« polternden Falles von Oessen und Ziegelsteinen in den Straßen, an geschützten Stellen eine große Anzahl der Bewohner von Chichester ver sammelt, die das HerauSkommen der kühnen Männer aus der Kirche mit ebenso heftigem Herzklopfen, al» den Fall deS Thurmes erharrten. Endlich stürzten sie heraus, mit Kalkstaub und Spänen bedeckt. Der Architekt Bushby schrie noch ein mal in die Kirche hinein, ob noch Jemand drinnen sei, und sah im Augenblicke des Schlicßens der Thür, wie daS Loth, welches die Stellung de» ThurmeS anzeigte und heftig im Thurme schwankte, sich durch die eben er folgende Senkung deS Thurmes fest auf den Boden auf setzte. Bi« dahin hatte der Thurm, nach dem sich nun, da die Leute geborgen waren, alle Blicke emporrichteten, senkrecht gestanden; fast im Augenblicke aber, wo Bushby die Kirchthür schloß, neigte er sich sichtlich majestätisch nach Südwest. Ein lauter Schrei entfuhr allen Zuschauern! Ein Krachen und Donnerpoltern dröhnte au» der Kirche, und mächtige Staubwolken qualmten daraus her vor. Der Südwestpfeiler war zusammengestürzt. Zugleich erhob sich, durch die Bewegung der sonst so mauerfrsten Nester gestört, alle» Gevögel, da» auf dem Thurme nistete, unheimlich kreischend au- seinen Schlupf winkeln und wurde wie eine lebendige, flatternde Wolke vom Sturme davongejagt. Da« Krachen und Poltern setzte sich nun ununter brochen fort, der Thurm neigte sich ruckwei« mehr und Tagesgeschichte. Dresden, 28. März. Eine in der vorgestrigen Sitzung der Zweiten Kammer gefallene Arußerung girbt un- An laß, zu bemerken, daß, wie wir vernommen, der Herr Minister de» Cultu- seit Freitag, dem 22. März, nicht unbedeutend erkrankt war und noch gegenwärtig da« Bett hüten muß. — Sicherm Vernehmen nach hat die k. sächsische Re gierung die diesjährige Abhaltung de- deutschen Ju ristentagS in Dresden genehmigt. Wien, 27. März. Die heutige ,M.Z." enthält eine Verordnung des k. k. Staat-Ministerium- vom 24. März über die Wahl der zwanzig ReichSrathSabgeordne- ten au- dem lombardisch-venetianischen König reiche. Hiernach entfallen : 1 Abgeordneter auf die Lan deshauptstadt Venedig; auf die Provinzen Venedig, Bel- luno, Rovigo und Mantua je 1, auf Treviso 2, Vicenza, Verona und Padua je 3 und auf Udine 4 Abgeordnete. Al« Abgeordneter ist Jeder wählbar, welcher 30 Jahre alt ist, im Vollgenusse der bürgerlichen Rechte sich befin det, in einer Gemeinde de- lombardisch-venetianischen Kö nigreich- da- passive Wahlrecht-für drn Gemeinderath besitzt, oder in den kleinern Landgemeinden, welche einen - Gemeinderath nicht haben, zum ersten Gemeindedeputirten wählbar ist. Die Ooneixli oommunali und eonvooali ge nerali haben für jeden auf die Provinz entfallenden Ab geordneten einen Candidaten zu wählen und da« Wahl protokoll an die Provinzialcongregation zu leiten, welch« au- den bezeichneten Candidaten in einer außerordentlichen Sitzung für jeden auf die Provinz entfallenden Reich»- rathsabgeordneten einen Ternavorschlag zu bilden und denselben der lombardisch-venetianischen Centralcongrega- tton vorzulegen haben. Die Centralcongregatton wählt in einer außerordentlichen Versammlung au» den von den Provinzialcongregationen und dem Gemeinderathe der Stadt Venedig vorgeschlagenen Candidaten mit absoluter Stimmenmehrheit die für jede Provinz und die genannte Stadt bestimmte Anzahl von Abgeordneten und fertigt - denselben nach erklärter Annahme da« Wahlcrrtificat au«. — Bekanntlich hat da» Staatkministerium zur defini tiven Erledigung der Wiedener Spitalangelegen- heil eine au« Aerzten und VerwaltungSbramten beste hende Commission zusammengesetzt. Diese Commission hat, wie die „Mediciual-Halle" berichtet, nun bereit» ihre Arbeiten geschlossen und einstimmig erklärt, daß die Ver waltung eine» Spital«, sowie die Krankenpflege durch rin« geistlich« Congregatiou, sobald sich selb« nicht unbe dingt den Befehlen der Aerzte unterordne, mit der Idee und dem Zwecke eine» Krankenhauses unvereinbar sei. DaS Staatsministerium soll sich entschlossen haben, die Angelegenheit dem Landtage zur Entscheidung zu über mitteln. Berlin, 27. März. (B. Bl.) S«. Maj. der König prästdirtr heute, in Gegenwart des Kronprinzen, einer Berathung, zu welcher der Fürst von Hohenzollern, der StaatSministrr v. Auer-wald, der Minister der aus wärtigen Angelegenheiten und der KriegSminister im königlichen Palai» versammelt waren; auch der königl. Gesandte am österreichischen Hose, Baron v. Wrrthern, hat an der Berathung Theil genommen. — Der Kron prinz begiebt sich, soviel bi- jetzt bestimmt, nach den Festtagen an den englischen Hof, um seine Gemahlin von dort abzuholen und nach Berlin zurückzugeleiten. Stuttgart, 26. März, lieber den Gew erb eg es« tz- entwurf ist dem Bortrage deS Minister« bei dessen Ein bringung Folgende- zu entnehmen: „Der Entwurf gewährt grundsätzlich jedem StaatsangehLri» -en, welcher bürgerlich selbstständig ist, ohne Unterschied des Geschlecht«, Freiheit der Bewerbeausübung, Freiheit der gewerblichen Niederlassung und Freiheit be« Absatzes und des Handels in der weitesten Ausdehnung. — Ausnahmen sollen au« allgemein polizeilichen Gründen bei einzelnen Gewerben aus der Zahl derjenigen erhalten bleiben, welche schon nach der bestehenden Gewerbeordnung theils von einer Eoneession, theil« von dem Nachweise perfdnlicher Fähigkeit de« Unternehmer« ab- bängig, theil« obrigkeitlich bestellten Personen übertragen waren. Dagegen soll die Freiheit von gewerblicher Beschränkung, welche den Gewerben im Allgemeinen zugedacht ist, auch dem Haustr- mehr; jetzt legten sich die Klöppel der Glocken an, und diese gaben einen letzten verhallenden Wehelaut von sich. Fall im gleichen Augenblicke sank der Thurm unter furchtbarem Krachen langsam in die Kirche ein, wie ein Niese, der auf die Knie fällt, die Ornamente regneten von allen Gliederungen, wie Edelsteine au- einer Krone, seine feine, edle steinerne Spitze brach ab und stürzte, die Wölbung durchschlagend, donnernd in den westlichen Flügel des KreuzschiffeS. Die Erde bebte weit im Um kreise, und die Luft füllte sich mit, vom Sturme'weithin getriebenen Mörtelstücken und Steinsplittern, die klirrend weit und breit die Fenster zertrümmerten. Einen Augenblick lang verhüllte eine, trotz deS Sturme- undurchdringliche Staubwolke den tieferschütter ten Zuschauern da« furchtbar schöne Schauspiel de- Un terganges eine- gewaltigen McnschenwerkeS, nach deren Verfliegen sich eine wunderbar pittoreske Ruine zeigte. Nicht lange aber beschäftigte sich der rüstige, that- krästige Geist der Engländer von Chichester mit blosrm sentimentalen Bewundern derselben und dem Klagen über das zu Grunde gegangene, ihnen wahrlich an- Herz gewachsene, schöne Werk. Schon am nächstdarauffolgrnden Dien-tage wurde in einem stark besuchten Meeting, zu dem Freunde der Kathedralen-Architektur, deren e» in Großbritannien viele gtebt, au- allen Grafschaften herbeiströmten, der Wieder aufbau der edeln Kirche beschloffen und ein großer Theil der dazu erforderlichen, bedeutenden Mittel durch freie Unterzeichnung zusammengebracht. So wird der Geist unsrer Zeit, der der freien Asso ciation der Menschenkrast, das Werk wieder au» seinen Trümmern erstehen lassen, da» der Geist der Glauben»- freudigkrit anderer Jahrhunderte ersonnen und erschuf.
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