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Dresdner Nachrichten : 03.11.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-11-03
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187011031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18701103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18701103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1870
- Monat1870-11
- Tag1870-11-03
- Monat1870-11
- Jahr1870
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 03.11.1870
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«glltf'ft'üh 7 Uhr. Inserate vrrdrn angenommen: blö Abendö 6. SonntaaS r bis Mtittagö 12 Uhr Marienstratzei»; in Neustadt: Buchdruckeret den Joh. PL stier, gr. «lostergasse ». «njeigen in dies. Blatte Jude» eine erfolgreich» Brrdreitung. Auflager Exemplare. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Litpsch L Neichardt. — Verantwortlicher Redacteur: IllÜUS Neichardt Föonnemeiit: «terteljährlich 2»»M bei unrntgeldlicherA» ferung in', Ha«,. Durch dir «nigk. »ierteljLhrl. 22-/,«^. Eiozelue N»mmer» l Rgr. Inseratenpreise: Für den Kaum «t»M »espaltenen Z»g«: 1 Ngr. Unter „EingesanSI^ di« Zeile 2 Ngr. Nr.M7. Fü»f;el»iter Jahrgang. Mitredacteur: Theadar iranisch. Donnerstag, 3. November 187V. Dresden, :». November. — Sc. Majestät der König bat looo Tblr., sowie Ihre Majestät dieKönigin Marie ebc»jailc> UXX» Tblr. dem jack' sisck»cn Militärhilfsvcrcin gespendet. - Sc. Erc. der Herr StciatSminister Freiherr v. priesen ist nact' einer scbr verzögerten Reise am 2'.». Qct. sSonnabend» in Versailles cingctroffcn. In seiner Begleitung befindet sich Herr RegicrungSrath v. Watzdorf. (Dr. I.» - V o m K ricgosä' a u p l a tz. Unsere Soldaten schei nen sich vor Paris mitunter ganz bäuöiich eingerichtet zu baden, kenn ibre Briefe erzählen von viele» Kleinigkeiten, die auch sür uns vier im Lande des Friedens nicht obne Intcrcffe sein dürs ten. Alle aber brennen vor Begierde, endlich in Paris cin- zichcn zu können. So beißt es unter Anderem: „In unserem Aracntcuil baden wir die noch zurückgebliebene Eivilbandc, die uns stets bintergcbt, in Lcknvung gebracht. Am 2. Oktober ringen »vir den Bürgermeister. der mit einem Paket Briese» und Depeschen über die Leine geschwommen kam. Während des Transports bat er mich vor Hunger um einen Apfel, den ich ihm nebst einem Schluck aus meiner Flasche gab. Ald er börte, daß er erschossen würde als Spion, trat ibm der Angst- schweiß aus die Stirn In seinem Keller wurde auch ein Tc- legrapb nach Paris entdeckt, dessen Drabt in der Seine lag.— lieber Paris steigen in der Nacht die Leuchtkugeln in die Höbe, die hin- und bcrfabrenden Eisenbahnen machen kolossalen Skai» dal. Des Morgens hören wir trommeln und blasen. Augc- schossen werden wir von den Parisern, wie die Hasen, wo »ich nur einer unserer Füsiliere sehen läßt, wird aus ihn losgcknallt. Furcht kennen »vir gar nicht mcbr. Am II. Octobcr wurde unser Stadtviertel in Aracntcuil 2 Stunden lang bombardirt. Die furchtbaren Gcschosic zerschellten nicht einmal an den Mauern. Ich habe viele Andenken auf dem Schlachtfeld«: ge sammelt, aber manches »nieder wcggcworfc», »veil cs zu schwer ist. — Ein anderer Brief ist aus Elichv vom 15. Octobcr. ES beißt darin: „Lieber Bruder! Iin hiesigen Schloß fand ich iin Speisezimmer einen Notenschrank, daneben ein Piano. Ich sortirte die Musikalicn und fand darunter deutsche Klänge, »nie „'Aufforderung zum Tanz — taö Ockiscninenuctt von Havdn — Sonaten von Beethoven" re. Nie habe ich andächtiger die >'is-mvli-Sonate gespielt, als in diesem Moment. Die Sehn sucht nach Hanse bewegte »nein Herz. Mein Spiel blieb nicht »nbclauscht. Die Kameraden eilten herbei und nun hieß cS: Ein Lustiges' Sofort setzte der Donauwalzcr die Beine in Bewegung und <; biS 7 Paar Tanzlustiger walzten in dem clc ganten Spcisesaal. Soeben ertönt vom Osten her gewaltiger wanoiicndoniicr. so heftig, daß die Fenster zittern. Das gcnirt nicht mehr. Wozu taö unnötbige Pulver ? In der Nacht Bleichen »ich die Pariser Vorposten an die unicrigc» beran, um sic wcgzufanaen, oder zu tödten. Ost gelingt es ibncn. Aber auch ibre Zeit kommt. Unsere Verpflegung ist gut. Neulich crbieltcn »vir Gulasch. ES schmeckte vortrefflich; denn alle Tage Rindfleisch von abgetriebenem Bicb, paßt nicht. Besser schmccktc nnc- neulich eine Erbsensuppe, die war selber kocbtcn. obgleich wir das Sprichwort dabei bcwabrhcitct haben: „Biele Köche verderben den Brei" ,'c. Am Dienstag Mittag spielte sich am Postplatz eine scbr unliebsame Secnc ab. Ein elegant gekleideter alter Herr mit weißem Haupthaar war in der Näbc der Waldscblößchcnsladt icstauration in Folge Unwohlseins umgeiallen und wurde von einem gelbe» Dienst»»»»» nach dem Droichkcnslationsplatze ge chafft. um nach Hause befördert zu werde». Dar- Unterbändet» mit der Droichke Nr. I I'.» dauerte scbr lange; denn der alte vcrr lehnte in dem schlechten Wetter siebent an der Droschke, begafft von nur neugieriger Menge, die durch einen andere» Droschkenkutscher noch zum Anwachsen auigemuntcrt wurde. Endlich »rar mit Milbe der Kranke i» den Wagen geschafft, nachdem eine Viertelstunde vergangen. Nun ging aber das Pferd nicht von der Stelle. Trotz der Peitsche, trotz des Füb- rcnö am Zügel von Seiten eines DicnstmanncS, conccntrirtc sich das störrische Thier fortwährend rückwärts. Es blieb nichts anders übrig, alö den Kranke» mit vieler Mübc wieder ausza- ladcn und in eine andere Droschke zu schaffen, die dann endlich ibre Pflicht und Schuldigkeit tbat. Dieser Fall wird übrigens >ur nötbigcn Rüge der betreffenden Behörde gelangen. Solche Werde müssen nicht im Verkehr bleiben. — Auöwärt ge Blätter lenkten vor Kurzem die Aufmerk samkeit dev Publikums aus eine» Betrüger, der in der Uniform der in Merseburg garnnonircndcn Husaren in Sachsen umher ziehe» sollte. Auch in Dresden, hieß cs, wäre er kurze Zeit als angeblicher k. prcuß. Husarciioinzicr, der in Frankreich verwun det worden, aufhältlich gewesen. Er sollte hier in einem der ersten Hotclö gewohnt, vor seiner Abreise aber die Bezahlung seiner Zeche vergesse» haben. Neuerdings schreibt »na» uns, daß auch dieser Schwindler seinen» verdienten Schicksale nicht entgangen ist. Er ist in Perlcbcrg tcsigcfabrcn worden. und >oll ein Kellner aus Schönebeck sei». — An» 26. v. M. fand in einer Wohnung aus der rannen straßc ein Schadenfeuer statt. Wie erörtert worden, batte ein Kind der Logisinbabcrin brennende Kartoffclschaalcn in eine Papicrschachtel geworfen und diese auf ein Fcnstcrbrct gestellt. Dadurch waren die Fcnstcrvorbängc und Noulcaur in Brand gcratbcn, mehrere Fensterscheibe» zersprungen und daö Fenster bret angcbrannt. Die iin Hause cinguarticrtc» Soldaten lösch ten alSbald daö Feuer und beseitigten weiteren Schaden. — Gestern wurde in einem Pfandlcibgci'chäft in den» Hause Nr. 70 der Alaunstraße ein seltenes Pfandobjcct alö herrenlos vorgesundcn, aus dessen Verpackung sich schließlich der Leichnam eines neugeborenen Kindes entwickelte. Daö Pagnct lag in einem Regal des genannten Geschäfts und wurde von einen» dort bedienstcten Mädchen aufgefundcn. Die in» Gange befind lichen Recherchen werden daö Nähere wobl ergeben. — An der Front der ersten Etage tcö Hamcö aus der Lant- bauSstraße, am Eingang dcö Neuinarkteö. ist eine prachtvolle Zierde, und zwar eine einzig in ihrer Art dastehende angebracht, welche viele Bewunderer findet. Sic besteht in zwei mächtigen blauen Kirchcnsahncn, die in brillanter Einfassung und Aus stattung mit Goldschrist die Finna dcö daselbst befindlichen MöbcllagcrS von Bernhardt ja». tragen. DaS ist das einzige HauS in Dresden, taö stets, in Freut und Leid, geflaggt hat. — Im öffentliche» Straßenverkehr hat sich eine practischc Novität cingcfundc», die gewiß von dem geschäftlichen Publikum stark in Anspruch genommen wird. Der Fabrikant monssircndcr Wässer, Herr Poicnz au» der Brückcnstraßc 8, hat kleine, ele gante Ambulante Wagen erbaue» lassen, in denen vortreffliches Warmbier durch die Straßen gefahren wird, daö der betreffende Führer in scbr sauberen größeren und kleineren Porzellan- bechern für den Preis von 5 und 10 Pfennigen Jedermann sofort kredenzt. In Bezug aus die Güte dcö Getränkes und auf die Quantität deffelben, ist dieser Preis wahrlich ein scbr billiger. Die innere Eonstruction der Wagen ist Betreffs der Dampf beizung, dcö Geschirrregalo :c. eine sehr practischc, wenn man bedenkt, daß Alles au» einen so kleinen Raum beschränkt ist. Die niedlichen Wagen sind an der Firma: „Warmbier" zu erkennen. — Der aus der Lcipzig-DrcStner Balm am Montag unweit Dresden gefundene Leichnam ist als der des in Leipzig wohn haft gewesenen Wagcnwärtcrs Earl 'August Pintcr, 16 Iabre alt, auS Machern gebürtig, rccognoöcirt worden. Derselbe hin- tcrläßt eine Frau und >2 Kinder. Pintcr hatte einen Train mit Verwundeten in der Nacht vom Sonntage zum Montage nach Dresden begleitet, ist jedenfalls vom Wagen herabgesallen und von dem über ihn hingehenden Zug faktisch in Stücke zer rissen worden. Gestern früh wurde die Leiche dcö Unglücklichen nach Leipzig gebracht. — In dein ersten Ltcinbruch unterhalb dcö Klosters bei Meißen, an der Leipziger Straßc, in welchem voriges Jahr schon ein Steinbrecher seinen Tod fand, ist vorgestern Nachmittag :i Ubr wiederum ein Unglück vorgckommcn. Eine locker ge arbeitete Stcininassc löste sich unerwartet und ereilte zwei Steinbrecher bei ihrem Sturze; zwei Brüter, Namcno Kästner aus Gruben bei Scharfenberg. Der ältere, 28 Jahr alt, ver- beiratbet und Vater von drei Kindern, wovon das jüngste nur in diesen Tagen erst das Licht der Welt erblickte, war von dein Ltcinwcrk ganz verschüttet und ibm beite Beine zer schmettert worden, wovon daS eine, als inan ibu aus den» Ge stein herauögearbcitet hatte, fehlte. Dasselbe »rar gänzlich ab geschlagen und unter den» Gestein begraben worden. Infolge der auch ain Kopse erlittenen bedeutenden Verletzungen starb der Unglückliche nach etwa einer Viertelstunde. Der jüngere, 22 Iabre alte Bruder, welcher noch unvcrheirathct ist, bat außer mehreren Kopfwunden ein zerbrochenes und zcrguetschtcs Bei»» davon getragen und ist im städtischen Krankenhause un- tergcbracht worden; sein Befinden ist leidlich. Der armen hilflosen Wittwe des Verstorbenen dürste eine Unterstützung bei diesem schrecklichen Ereignis» gewiß zu gönnen sein. — Qe > >' entlichc Gerichtssitzung am I. November. Wegen uncntschuldigtcn Ausbleibens des GerichtSschöffen, Herrn Sattlermcistcr W. verspätete sich die Eröffnung der Sitzung. Earl Lüttich, vormals 'Bauunternehmer hier, ist des Betrugs und in Gemeinschaft »nit seiner Eheirau, Amalie Henriette gcb. Müller, dcc rechtswidrigen Verpfändung fremder Sachen an- gcklagt. Im Herbste IB',7 hatte taö Geschäftshaus A. Morcll in Paris eine Ausstellung wissenschaftlicher Werke hier ver anstaltet. um darauf Bestellungen aufzunchmcn. Der Ange klagte nahm Kenntnis» davon und »and, daß auch darunter vor zügliche Werke >ür »eine» Berus sich mit befänden, welche zur Lclbslfortbilduiig sehr geeignet seien. Er begnügte sich jedoch nur mit dem Leben; zum Kaufen waren ibm die Sachen zu tbeucr, er ging drum wieder fort. Da kam ibm der Bevoll mächtigte des genannten HauscS nach und »wtbigtc ih» wieder zur Stelle; vcranlaßtc ihn, die ibm erwünschten Bücher zu be zeichnen und verscheuchte sodann jedwedes Bedenken »regen der hoben Kaussnmmc «über «>oo Thlr.» durch sehr günstig gestellte Zahlungsbedingungen. 'Am 8. November desselben Jahres kan» die Lcndung von Paris an. worauf der Empfänger ver pflichtet »rar, :»5 Thlr. als erste'Anzahlung und darauf viertel- jährliche Ratenzahlungen in gleicher Höbe cinzuscndcn. Leiter stürmten damals die Gläubiger von vielen Seiten aus den 'An geklagten ei», so taff eö »bin nur möglich »rar >0 Thlr. anzu zahlen und sind bis jetzt nur 40 Tbir. darauf abgezablt. Im Iabre Ierstattete taö Pariser HauS gerichtliche Anzeige hier. In Folge dessen kan» an den Tag, daß Lüttich die Bücher zwei Tage nach der Ankunft beim Pfandleiher Wevhniann hier verpfändet hatte, woselbst sic später von einem Herrn Rudolph, welcher eine Forderung von 4«X> Tkflr. an Lüttich hatte, in Be schlag genommen und daraus für einen Spottpreis verkauft wor den sind. ES liegt nun der Verdacht vor, daß der'Angeklagte sich die Bücher nur verschafft habe, um sich aus seiner momentane» Geldverlegenheit zu retten, was die Stra'c des Betrugs »ach sich zieht. Lüttich bcbarrt cntschictcn bei seiner 'Aussage, eine betrügerische Absicht habe er kcincSwcgo gehabt, was schon dar- aus zu cricben ici, daß er die Bücher nicht verkauit, ion tcrn nur verpfändet habe und sucht nachzuwcisen, daß die Möglichkeit zur Bezahlung vorhanden gewesen ici; als: eine Forderung von 70 Thalcrn für gelieferte Arbcck, — leider gcrictb dieser Schuldner selbst in mißliche Verhältnisse und hat biv beute noch nicht bezahlt; — alsdann eine in 'Aussicht stchcntc Hvpotbck auf ein im Baue begriffenes Haus, — leider mißglückte die ganze Spcculation in Bezug aus diesen Hausbau - und die Aussicht auf bessere Stellung in der Fcrnc, welche Letztere siel- bewahrheitet hat. Der Angeklagte bat nun auä'. seitdem sich seine Vermögcnsvcrhälknissc verbessert haben, »ich dem Hauie Morcll gcncigt gezeigt, seine Schuld i» Bälde abtragc» zu wollen: briefliche daraus eingehende Ant wort von kort liegt vor; leider unterbrach der inzwischen aus gcbrochcne Krieg die weitere Eorrcspondcnz. Im Iabre 1N>x klagten noch die zwei Nähniaschincn-Firnicn Wcipman» und Ncitlingcr hier, das Lüttich'schc Ehepaar der rechtswidrige» Verpfändung an. Im Juli 1867 ging Frau Lüttich in das Wcitzniann'schk Geschäft, »in sich eine 'Nähmaschine zu leihen, damit sic ibre Nähgeichicklichkeit besser zun» Lebensunterhalt sür die Familie vcrwcrthcn könne. Ihr Wunsch ward erfüllt. Eine Maschine für 55, Tblr. wart ihr überlassen unter Beding nng, monatlich 4 Tblr. darauf abzuzahlcn, »vorauf alsdann nach cingezabltcr Summe des Kauipreiieo die Maschine ihr Eigenthum werde: biö dahin sei dieselbe jedoch Eigentblu» des Verkäufers. Mehrmals hielt die Leiber!»» die Ratenzahlung inne, später bat sie um Gcflundung, welche ihr gewährt wurde. Anfangs des IabreS 1868 wurden die Angeklagten wegen Zahlung derWob- nungömiethc gedrängt; da faßten sic den Entschluß, die Näh maschine zu verpfänden. Pfandleiher Schaufus» lieh ihnen da raus 20 Tblr. Den Pfandschein verpfändete Lüttich wieder dein» damaligen, jetzt auf dem 'ArbcitShauie sich befindenden 'Agenten Ruprecht sür 5 Thlr., »voraus dieser die Maschine ein- lösie und verkaufte. Zeuge Wcitzmann erfuhr Alles und klagte. Im Mai desselben IabreS hat jedoch die Angeklagte die Schuld gänzlich getilgt, »vorauf W. den von ihin gestellten Strafantrag zurücknahin. Einen Theil dcö obengenannten Pfandschillingö verwendeten die Angeklagten wieder zur Anzahlung für zwei andere Nähmaschinen auö dein Neidlingcrschen Geschäft. Frau Lüttich ging in der Absicht hin, die Maschinen nur zu lechen, allein der dortige Procurist F. entgcgncte darauf: „verliehen würden keine Maschinen, sonst würde taö Geschäft meist ge brauchte Maschinen tasteben haben." Schließlich wurden der Frau L. zwei Maschinen sür l:»0 Thlr. mit geringer Anzah lung überlassen unter der Bedingung, monatlich 10 Thlr. da raus abzuzahlcn. Der von der Firma darüber ausgestellte, noch mehr Nebenbedingungcn enthaltende Eontract war jedoch in die Form eines „Leihcontractö" eingekleitct, trägt die Unter schrift der Angeklagten und ist den Acten beigegeben. Trotzdem will dieselbe den Eingangs crwähntcn Worten tcö Procuristcn zufolge nicht geglaubt lxiben, daß die Maschinen nur geliehen seien. Kaum zwei Tage in der Wohnung, verpfändeten die Lüttichschcn Eheleute auch diese beiden Maschinen beim Psant- leider Schaufuß für je 25 Thlr. Bald darauf erfolgte Seiten der genannten Firma Anklage. Die L'schcn Eheleute lösten jedoch später die Maschinen vor ihrem Fortzuge von hier wie der anö uut berichtigten ihre Schuld im Neidlingerschen Ge schäft, »voraus der gestellte Strafantrag zurückgenommen wurde. Könnten nun die Angeklagten genügend nachwciscn, daß, wiesle versichern, sie beim Verpfänden die wohlbegründete Ueberzeugung gehabt haben, die Pfantobjcctc rechtzeitig einlöien zu können, so würden sie, da kein Strafantrag vorliegt. straflos ausgehen, allein ihre Versicherung, daß ein Verwandter schon im Decem- bcr 1867 ihnen seine Hülse zugesagt habe (später hat derselbe wirklich mehrmalige Darlchne von IM Thlr»». und darüber ihnen zngchcn lassen», ist deshalb ungenügend, weil weder etwas Schriftliches darüber vorliegt, noch auch die Angeklagten eine bestimmte Angabe darüber zu geben vermögen, wann und wie viel der Menschenfreundliche ihnen im Deccinbcr versprochen habe, zunächst leibe» zu »vollen. Herr Staatsanwalt Roß täuscher stellt darum Strafantrag. In Bezug aus die erste 'Anklage wegen Betrugs spricht die Staatsanwaltschaft sich da hin auS, daß die 'Nichtinnehaltung der Zahlungsbedingungen allein straflos sei und nur Civilklagc zulafie; sic findet jedoch ausreichende Beweise zur 'Aufrcästhaltung der Anklage. Der Vertbeitiger der Angeklagten, Herr Adv. I)r. Stein l-, spricht warm für seine Defcndcndcn »nid hofft aus Freisprechung. Abcntö kurz vor 8 Ubr verkündet der Vorsitzende des Gerichto- hoscs, Herr Gericbtsrath Licbtrat, daS Urthcil, »vorin der An geklagte vom Betrug srcigeiprochcn wird, jedoch beite Ange klagte der rechtswidrigen'Verpfändung fremder Sachen »ür schuldig befunden werden und darum kein Angeklagten in 'An rechnung der Rücksälligkcil 4 Monate Arbeitshaus und der Eheirau desselben 5 Monate Geiängniß zucrkannt werden. Dresden, 2. November. Zn Wilhelmshöhe »st augen blicklich die Zusammenkunsl hoher Persönlichkeiten: aus Ehislc- hurst traf tiefverschleiert Eugenik, von Metz wohlgenährt Bazaine ein. Auch Eanrobert wird sich einstellcn. Was sie planen, kann sich alle Welt vorstellen: die Möglichkeit, irgendwie Napo leon »vieder nach Frankreich zurückzuführen. Schwieriger dürfte das Wie? erscheinen, nachdem es nicht inehr zu bezweifeln, daß die Truppen Bazaine's entwaffnet uud nach Deutschland geführt werden. Allmälig finden sich nämlich einige Andeutungen, wie mit den 1öO,(XX1 unverwundet Gefangenen verfahren wird. Die Bazaine'schen Truppen haben bedeutend günstigere Be dingungcn erhalten, als alle früheren Besatzungen eroberter Festungen. Die Qsfiziere dürfen ihren Degen behalten und werden trotz der Erfahrungen, die wir mit dem Ehrrnwcrt der Franzosen machten, auf Ehrenwort entlassen, wenn sie es ver langen. Die Truppen ziehen »nlt wehenden Fahnen und klingendem Spiel, die Garde voran, zu den Thoren heraus, um dann die Waffen zu strecken, dann werden sie in Züge zu 2000 Mann formirl, und jeden Tag sollen ö Züge abgehen. Aller Güterverkehr ist eingestellt. Mit dieser Ueberfuhrung und Verlhcilung der Bazaine'schen Truppen, welche, wie auf Com- mando, von der ossiciöscn Berliner Presse als die vorzugsweise „tapferen" gepriesen werden, verschwindet aber auch jede Mög lichkeit für Bazaine, sie noch zu einem Instrumente, den Kaiser zurückzusührc», zu gebrauchen. Zu tief hat bereits der Glaube, Bazaine sei ein Bcrräther, er habe absichtlich niemals größere Ausfälle als mit .'lO.tXX», statt mit 1(X>,000 Mann gemacht, »un sich sodann den Hunger so nahe aus den Leib rücken zu lassen, daß er seine Pferde schlachtete und sich dadurch um Artillerie und Eavallcric brachte, zu tief hat dieser Glaube schon Wurzel gefaßt, als daß Bazaine jemals in Frankreich wieder eine politische Rolle spielen könnte. Ist cs nun noch dazu wahr, daß die Mehrheit der Truppen noch einen Ausfall machen wollte, daß aber Bazaine aus die Capitulation drängte, so ist nicht leicht abzusehcn, wie den Franzosen dieser Glaube genommen werden soll. Dcutschcrscits wird unter solchen Umständen bei der Uebernahme der Gefangenen mit der größten Vorsicht ver fahren Die Katastrophe von Laon mahnt ohnedieß zur äußersten Vorsicht, und Widersetzlichkeiten sind leicht zu fürchten. Hoffentlich
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