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Dresdner Journal : 10.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-10
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190210108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021010
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021010
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-10
- Tag1902-10-10
- Monat1902-10
- Jahr1902
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- Dresdner Journal : 10.10.1902
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vk,og«prti»: Bei» Bezüge durch die chef^fi.a.ir, ta.er-«» Pr«d„» 8,50 M (emlchl. Zutragung), durch die i» Deutschen Reiche > M. (autschließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Liujelue Nummern 10 Pf. Wird Zulückfendung der für dieSchristleitung btinnuiucu, über von dieser nicht ein» geforderten Beiträge bean- sp nicht, fo ist da- Postgeld beizusügen. DreMer W Journal. Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine« r Werktag» nachm. 5 Uhr. AnkündtgungSgebühren: Dir Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi gung-Seite oder deren Raum 20 Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz 5 Pf. Ausschlag für die Zeile. Unterm Re- daltionsstrich (Eingesandt) die Textzeile mittler Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi» mittag» 12 Uhr für die nach mittag» erscheinende Nummer. O23«. 1902. Freitag, den 10. Oktober nachmittags. Amtlicher Teil. Dresden, 10. Oktober Ihre Majestät die Königin-Witwe und Ihre Königl. Hoheit die Fran Gräfin von Flandern sind gestern Vor mittag 10 Uhr 19 Min. nach Sibyllenort in Schlesien gereist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den nachgenannten in den Ruhestand getretenen Beamten der Staatseisenbahnverwaltung, und zwar dem Stationsassistenten I. Kl. Schoepe in Eger, dem Stationsverwalter II. Kl. Nier in Putzkau, dem Stationsassistenten II. Kl. Rudolph in Dresden und dem Lokomotivführer l. Kl. Winkler in Chemnitz das Albrechtskrcuz, dem Portier Elbel in Reichen berg i. B, dem Schaffner Weber in Chemnitz, den Weichenwärtern II. Kl. Jähnert in St. Egidien und Steinert in Frohburg, sowie den Bahnwärtern Albert in Foschenroda, Brummer in Großdeuben, Hahn in Thalheim, Herrich in Schmölln b. Bischofswerda, Jenke in Eibau, Lohse in Hilbers dorf, Pötzsch in Deutschluppe, Scheibe in Alten bach, Stephan in LanghennerSdorf und Wunderlich in Brambach das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver leihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Amtshauptmann Heink in Leipzig das ihm von Sr. Majestät dem Schah von Persien verliehene Kommandeurkreuz des Sonnen- und Löwenordens annehme und trage. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im «eschästsberetche »es Ministeriums des SultuS u. öffentl. Unterrichts. Zu besetzen: die 3 ständ Lehrerstelle a d. achtklass. Schule zu Ohorn b. Puls nitz Koll.: die oberste Schulbehörde. 1200 M. Stellen- aehalt, die gesetzt. Alterszulagen u. fr. Wohnung außerhalb de- Schulhauses Bewerbung-gesuche m. d. ersorderl. Bei lagen sind bi- 27. Oft. b. Bezirksschulinspektor Vr Hartmann, Kamenz, einzureichen; — eine ständ. Lehrerstelle a d. sieben klass. Schule zu Ditter-dors b. Chemnitz Koll.: die oberste Schulbehörde Gehalt: 1350 M , m. erfülltem 85. Lebensj 1bvvM Stasfelmäßige Zulagen: 2mal aller 3 Jahre 100M.,dann 3mal aller3J. 15V M , dann in 2 vierj. Zwischenräumen erst 150 M. u. schließ!. 100 M., so daß m. d. 48. Lebensj. das Höchst gehalt erreicht ist. Außerdem 110 M. f. Fortbildungsschule u. sr Wohnung im Schulhause. Bewerbungen m d. er fordert Unterlagen eo. einem Militärausweis bis 22. Oft. an Bezirksschulinspektor Sattler, Flöha; — eine ständ. Lehrerstelle a d Schule in Oelsuitz i Erzg. (Ortsleil NeuölSnitz). Koll.: der Gemeinderat. Der Anfangsgehalt v 1550 M. (einschl Wohnungsgeld) steigt im 3., 5., 7. u. 9. Dienstj. je um 100 M , im 11., 13., 16., 19., 22. u. 25. je um 150 M. u im 28. wieder um 100 M. u. wird nach 29 Dienstj. der Höchstgehalt v 3050 M. erreicht. Bewerbungsgesuche nebst Zeugnisten u. Lebenslaus, v. Hilfslehrern auch der Militär dienstnachweis, sind bis 22. Oft. b. Koll, einzureichen. (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Teil. Reiseprojekte. Aus Wien schreibt man uns: Einzelne französische und italienische Blätter be handeln seit kurzem mit besonderem Eifer die Frage eines Besuchsaustausches zwischen König Viktor Ema nucl und Hrn. Loubet. Das Thema selbst ist nichts weniger als neu. Eine Begrüßung des Präsidenten Loubet durch den italienischen Monarchen wurde Kunst und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am ft.d.Mts.: „Alessandro Stradella." Romantische Oper in drei Akten von W. Friedrich. Musik von Friedrich v. Flotow. (Neu einstudiert.) Die Wiederaufnahme dieses Werkes, das früher eine ständige Erscheinung auf dem Spielplanc des Königl. Instituts war, führte zu einer Neubesetzung seiner Haupt rollen Die Leonore sang Frl. Schenker, den Stradella Hr. v. Bary. Erstere bot auch diesmal wieder in der Wiedergabe des gesanglichen Teiles recht Erfreuliches. Die Stimme erwies sich von neuem bezüglich der Er giebigkeit als durchaus ausreichend für Partien, die wie diese trotz ihrer Koloratur-Verbrämung auf lyrisch - dramatischem Gebiete liegen, und zeigte in der höheren Mittellagc auch wieder ihren besonderen Wert. Nur erscheint sie gegenwärtig in der starken Bevorzugung des Kopsregistcrs vornehmlich auf Koloraturpartien hin ge schult, was begreiflicherweise den Reiz eines vollen, blühenden Klanges nicht aufkommen läßt. Jedenfalls wird es nicht zu umgehen sein, daß sich die junge Dame entscheidet, welchem Rollcngebicte sie sich zu nächst zuzuwenden gedenkt. Ein in einem Mangel an Temperament, an Innerlichkeit sich fühlbar machendes Fehlen einer besonderen Berufung für die Bühne weift sie, im Gegensätze zu ihren stimmlichen Fähig keiten, mehr auf lediglich repräsentative erste Koloratur- particn hin. Hr. v. Bary ist für die Rolle des liebens würdigen Sängers und „Mädchenfängers" zu schwer. Erscheinung und Stimme bestimmen ihn für Helden- particn Gleichwohl ist eS anzucrkennen, wie er sich be mühte, sein üppig hervorquellendes Organ auf den leichten T»n zu stimmen, der hier anzuschlagcn ist und wie er selbst darstellerisch versuchte, die erforderliche Gc- schon als wahrscheinlich angekündigt, als die römischen Regierungskreise bald nach dem Thronwechsel verlauten ließen, daß der König zwar nicht im ersten Jahre seines Regimes aber in späterer Zeit die Oberhäupter der meisten europäischen Großstaaten besuchen werde. Die jetzt so eifrig geführte Erörterung greift daher auf Ver mutungen zurück, die man schon längst ausgesprochen hatte. Neu sind daran nur gewisse sensationelle und tendenziöse Ausschmückungen, die dein allfälligen Bc suchsaustausche das Gepräge eines hochwichtigen politischen Vorganges verleihen sollen. Der Ursprung dieser journalistischen Leistungen kennzeichnet sofort ihre Zwecke. Es hat nämlich die dreibundfeindliche Presse sich des dankbaren Stoffes bemächtigt, offen bar um ihre unfreiwillige Thatenlosigkeit beenden zu können. Ueberall, wo im Vorjahre die Gerüchte von Krisen im Dreibunde, von der Auflösung der Allianz aufflackerten, wird nun die Parole ausgegebcn, daß der Dreibund von einer ernsten Gefahr bedroht wäre, wenn König Viktor Emanuel und Präsident Loubet sich die Hände schütteln würden. Zugleich wird auch in fast unverhüllten Andeutungen betont, daß nach dem „bevorstehenden" Zerfalle des Bünd nisses insbesondere in dem Verhältnisse Italiens zu Oesterreich-Ungarn sogar für die Freundschaft kein Raum mehr bleiben dürfte, da das Nichterscheinen Kaiser Franz Josephs in Rom durch einen Besuch Loubets in der Ewigen Stadt in eine neue, für Italien verletzende Beleuchtung gerückt würde. Die heitere Kühnheit dieser Ausstreuungen er schwert einigermaßen eine ernste Widerlegung. Die Gegner des Dreibundes beginnen ihren neuesten Vorstoß schon auf Grund einer Voraussetzung, die einstweilen noch zweifelhaft ist. Die Abstattung eines Antrittsbesuchs des Königs bei dem französischen Staatsoberhaupte wurde wohl in Rom als ein Gebot der Etikette ins Auge gefaßt und die Kabinette von Rom und Paris haben sich mit der An gelegenheit beschäftigt. Die Verhandlungen nahmen aber während langer Zeit keinen befriedigenden Fortgang. Die italienische Regierung beharrte bei dem Wunsche, Präsident Loubet solle den Besuch in Rom selbst erwidern; die französische Diplomatie perhorreszierte diesen Plan, da sie dem Papste keine neue Kränkung zufügen will. Angesichts der ent gegenkommenden Gesinnungen beider Teile ist es gewiß nicht unwahrscheinlich, daß die Schwierigkeiten schließlich überwunden werden. Die Angabe, daß dies bereits geschehen sei, entbehrt jedoch vorläufig der Bestätigung, und die Vermutungen, die man an jene Angabe zu knüpfen beliebt, sind daher in jedem Falle sehr verfrüht. Wäre aber wirklich schon eine Einigung zwischen den beiden Kabinetten erzielt worden, so bliebe doch die Behauptung haltlos, daß die Interessen des Dreibundes durch die Begegnungen König Victor Emanuels mit Hrn. Loubet eine bc denkliche Schädigung erleiden könnten. Im allge meinen entsprächen diese Begegnungen nur dem oft betonten Grundsätze, nach dem die Dreibundpolitik die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Verbündeten und anderen Mächten nicht behindern, sondern begünstigen soll. Die Reise des Königs nach Frankreich wäre in diesem Sinne eine Analogie zu seiner Fahrt nach Rußland, und eine argwöhnische Auffassung all' dieser Vorgänge kann nur dort platz greifen, wo man die wiederholten, sehr loyalen Er klärungen der italienischen Staatsmänner anzwcifclt. Die leitenden Politiker in Berlin und Wien haben solche Zweifel nicht geäußert, und man wird ver mutlich da wie dort auch einen Besuchsaustausch wandtheit und Sicherheit des Auftretens zu markieren. Neben diesen Vertretern der beiden Hauptrollen war noch neu Hr. Burri an als Barbarino, der an Munter keit und Beweglichkeit mit jedem Tenorbuffo wetteiferte und auch Hrn. Wachters in der Maske etwas zu ge leckten Malvolio günstig beeinflußte. Hr. Nebuschka als Bassi vervollständigte das Ensemble. Hr. v. Schreiner, der die Neueinstudierung mit sichtlicher Hingabe bewirkt hatte, leitete die Vorstellung mit gutem Gelingen, wäh rend Hr. Moris für eine sehr ansprechende Neu- inscenierung Sorge getragen hatte. Ter schon betagten Oper war vorangegangen die erste Wiederholung von Leo Blechs „Das war ich!" Das Merkchen, das wohl eher als ländliches Schelmenstückchen oder dergleichen zu bezeichnen ist, als als „Dorf-Idyll" sprach auch diesmal freundlich an. Frei lich war es auch jetzt wieder die in ihrem Kern gar nicht so unbedenkliche, aber geschickt ins Harmlose ge wendete Kußgeschichte, die die beste Wirkung erzielte. Leo Blechs Musik allerdings gewann bei dem Nebeneinander mit F. v. Flotow gerade nicht. Das Ueberfcinerte, das Raffinement seiner Musik trat bei einem Vergleiche mit dem ehrlichen Sich-Geben des letzteren offenkundiger zu Tage als am ersten Abende, und man braucht die heute verblüffende Erfindung dieses gewiß nicht zu hoch einzuschätzen, um sie im Gegensatz zu der jenes hervorragend zu nennen. Das sympathiegewinnende Mo ment für Blechs Werk wird immer darin zu suchen sein, daß ein mit einer höchst beachtlichen Kompositions technik ausgerüsteter Musiker es unternimmt, die Fäden wieder aufzusuchen, die aus dem Pathos des „Musik dramas", dieser „Oper» sori»" der Gegenwart, heraud- führen und an das „Intermezzo" anzuknüpfen, als an den Vorläufer der neuen Blüte einer „opsra buck»" im weiteren Sinne. O. S. zwischen Viktor Emanuel und Hrn. Loubet ohne Beunruhigung verzeichnen. Die Entwickelung des Verhältnisses Italiens zu Frankreich hat bisher die Linien der Dreibundpolitik nicht durchkreuzt. An die Stelle der Feindseligkeit trat die offizielle Freund schaft, das alte Mißtrauen ist aber noch keineswegs völlig geschwunden. Tie jüngsten Reden des Hrn. Pelletan haben bewiesen, daß der Glaube an die Festigkeit der italienisch-französischen Entente sogar in den amtlichen Kreisen Frankreichs noch nicht tief eingewurzelt ist und der Eifer, mit dem die Be festigungsbauten an den West- und Südküsten Italiens ausgcstaltet werden, zeigt, daß man auch am Tiber dem Skeptizismus noch nicht gänzlich ab geschworen hat. Tie italienische Regierung vernachlässigt un geachtet der Klärung ihrer Beziehungen zu Frank reich keineswegs die Wahrung ihres Einvernehmens mit England. Sie bedeutet damit, daß sie sogar im speziellen Bereiche ihrer Mittelmeer-Politik noch mit der Möglichkeit rechnet, daß die Hilfsbereitschaft des Rivalen Frankreichs eines Tages für Italien nützlicher sein könnte, als das platonische Wohl wollen der neugewonnenen Freunde. Umso weniger dürfte man in Rom geneigt sein, die Gesamt politik Italiens auf dieses Wohlwollen zu gründen. Ein Teil der italienischen Presse hat allerdings in den letzten Jahren eine solche Schwenkung sehr eifrig befürwortet; die leitenden Faktoren wurden aber durch diese, von französischer Seite unterstützten Lockversuche nicht beeinflußt und der Sieg der Anhänger des Dreibundes erhielt nur eine noch erhöhte Bedeutung durch den Umstand, daß er im Kampfe gegen rührige Gegner errungen wurde Die Erneuerung der Dreibundvcrträge wurde von der italienischen Regierung erst nach reif lichster Prüfung und gewiß aus den nüchternsten Motiven beschlossen. Eben deshalb bot die erfolgte Entscheidung die Bürgschaft dafür, daß die ernsten und praktischen Erwägungen, die Italien zum Aus- Harren in der Allianz bestimmten, in absehbarer Zu kunft ihre zwingende Kraft nicht einbüßen werden. Ay dieser Sachlage kann auch ein Besuchsaustausch zwischen den Staatsoberhäuptern Italiens und Frank reichs nichts ändern. Die Feinde des Dreibundes verraten nur ihre Geringschätzung der politischen Klugheit des Publikums, wenn sie bei dem nun von ihnen gewaltsam hcrvorgeholten Anlässe und zwar schon wenige Monate nach der Erneuerung der Allianz ihre Minierarbcit wieder aufnehmcn. Was aber im allgemeinen von der Haltung Italiens gegenüber den Verbündeten gilt, das gilt logischerweise auch im besonderen von dem Verhält nisse Italiens zu Oesterreich Ungarn. Dieses Ver hältnis ist unleugbar in manchen Punkten ein heikles; nicht nur in Rom, sondern auch in Wien mußte man seinen ungetrübten Fortbestand im Laufe der Jahre mehr als einmal durch die Unterdrückung von Empfindlichkeiten erkaufen. Manche Aktionen und Demonstrationen italienischer Parteien haben diese Empfindlichkeiten sogar an Punkten bc rührt, wo wichtige Interessen der Monarchie zu hüten waren. Für Oesterreich-Ungarn wie für Italien blieb aber stets die Erwägung maßgebend, daß der Dreibund die Opfer wert sei, die gelegentlich ge bracht werden mußten, um ihn vor einer Lockerung zu bewahren. Diese Erwägung hat auch die italie nische Regierung genötigt, die Frage eines Besuches Kaiser Franz Josephs in Italien von dcr Bündnis frage zu trennen. Man kennt in Rom längst die persönliche Rücksichtnahme des Kaisers auf den Träger der Tiara und man hat sich damit abgefunden, daß ein Besuch des Habsburgischen Monarchen in der Ewigen Stadt ausgeschlossen ist. Hat diese That- sachc bisher das herzliche politische Verhältnis der beiden Mächte nicht beeinträchtigt, so kann sie auch keine neue Bedeutung erlangen, wenn dcr Präsident der französischen Republik etwa die Bedenken über windet, die er gegen eine Fahrt nach dcr Doppel residenz des Papstes und des Königs Viktor Emanuel hegt. Will man hier wie in einem Rechenexcmpel Gleichungen aufstellen und daraus Ergebnisse her- leitcn, so vergißt man, daß mathematische Regeln doch nicht gut auf die Einzelheiten der Beziehungen dcr Staaten und ihrer Lenker an wendbar sind. Den journalistischen Dreibundgegncrn mag solche naive Vergeßlichkeit bequem sein; die ver antwortlichen Staatsmänner Italiens werden ihr Beispiel aber nicht nachahmcn. Erster deutscher Kolonialkongreß. Am heutigen Tage tritt im Reichstagshause zu Berlin der erste deutsche Kolonialkongreß, dessen Einberufung von der Deutschen Kolonialgesellschaft angeregt und am 25. Februar d. Js. von Vertretern verschiedener an kolonialen Interessen beteiligter Vereinigungen und Institute beschlossen worden ist, zusammen. Es ist der erste seiner Art und bedeutet gewisser maßen den Abschluß jener Periode kolonialer Arbeit, die durch seinen Vorläufer, den Allgemeinen deutschen Kongreß zur Förderung überseeischer Interessen im Sep tember 1886, darßestellt wurde Die „Mitteilungen der Deutschen Kolonialgcsellschaft" schreiben in diesem Sinne: „Die Zeit der großen Neuerwerbungen ist vorüber, wie auch diejenige der rein theoretischen Erörterungen der Vergangenheit angchört. Daß beide, Theorie und Praxis, ihren Wert und ihre gemeinsamen Ziele erkennen, dazu wird der Kongreß unter allen Umständen beitragen. Und wenn weiter nichts erreicht wurde, schon dies will uns ein Gewinn für unser Volk bedeuten, in dem, entgegen seiner achtunggebietenden politischen Stellung, die ver schiedenen Berufskreise so oft gänzlich von einander getrennte Ziele suchen. Im Interesse eines gemeinsamen und großen Zieles so verschiedenartige geistige und materielle Richtungen wenigstens einmal auf einem Wege zusammengeführt zu haben, liegt die nationale Bedeutung dieser Veranstaltung, der sich nur bewußte Gegnerschaft verschließen kann. Und dies Verdienst wird als ein wirklicher Gewinn für uns alle und nicht zmn Wenigsten für unsere engeren Kolonialkrcise bestehen bleiben, auch wenn keine einzige Pflanzung und kein kaufmännisches Unternehme als unmittelbare Folge der Sitzungen wird genannt werden können. Vielleicht man auf Grund dieses echt idealen Wertes zu einer Wiederholung dieser Vereinigung schreiten, wie sie in geographischen und anderen Kreisen längst üblich, ja zu einer dauernden Ein richtung geworden ist." Der Kongreß steht unter dem Präsidium des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg. Veranstalter sind 63 Vereine, von denen 18 auf Berlin entfallen. Die Mehrzahl bilden 25 Missionsgesellschaften (13 evangelische und 12 katholische) und 15 Gesellschaften für Erdkunde. — Von wissenschaftlichen Anstalten des Staates sind sieben im Aufruf genannt, von industriellen und kauf männischen Gesellschaften fünf. Die Vollversammlungen des Kongresses beginnen heute vormittag '^10 Uhr und morgen nachmittag 2 Uhr im Plcnarsitzungssaale des Reichstags. Die Sektionen beginnen ihre Beratungen heute nachmittag 2 Uhr und morgen vormittag '^10 Uhr in verschiedenen Zimmern des Reichstagsgebäudes. Es haben sich folgende sieben Sektionen gebildet: 1. Geographie, Ethnologie und Naturkunde dcr Kolonien und überseeischen Interessengebiete; 2. Tropenmedizin und Tropenhygiene; 3. die rechtlichen und politischen Ver hältnisse der Kolonien und überseeischen Interessengebiete; 4 die religiösen und kulturellen Verhältnisse der Kolonien Konzert. Hr. Richard Buhlig führte sich gestern (Muscnhauü) als ein hervorragend temperamentvoller, in gediegener technischer und musikalischer Schule (Leschetizky) hcrangebildeter Pianist in Dresden ein. Unter seinen Vorträgen erweckte neben Kompositionen von Brahms (Variationen über ein Thema von R. Schumann) und Chopin (0 mnll-Ballade tc ), die vor zügliche Wiedergabe von Tschaikowskys ungewöhnlich schwieriger, in Dresden noch nicht öffentlich zu Gehör gebrachten O-ckur-Sonate (op 37) besonderes Interesse. Der jugendliche, in seinem Aeußern an F. Busoni er innernde Künstler bediente sich eines prachtvollen neuen Bechsteinflügels, dessen Klangschönheit bereits vor acht Tagen im Tonkünstlervercin gelegentlich des ausgezeich neten Vortrags der Chopinschcn 8 moll-Sonate durch den Königl. Kammervirtuosen Hrn. Hermann Scholtz Bewunderung gefunden hatte. U. S. Die Aufführung von Liszts „Christus". In den letzten Wochen und Monaten sind eine Reihe litterarischcr Arbeiten hervoraetreten, die sich insgesamt mit Liszts kirchlichen Kompositionen befassen, andre Veröffentlichungen stehen demnächst bevor, beispielsweise die „Briefe Franz Liszts an Gille", über dreißig Jah-e hinwegreichende, intime Mitteilungen an einen der ältesten und zuverlässigsten Freunde des Künstlers, den Justizrat und späteren geh. Hofrat vr jur. Karl Gille in Jena, der, als Vorsteher der Jenenser akademischen Konzerte und Direktorialmitglied des „Allgemeinen Deutschen Musikvereins", mannigfach Gelegenheit hatte und nahm, für die Erkenntnis und Würdigung von LiSzts Schaffen zu wirken, und dem gegenüber der Meister gar vieles in seiner Seele öffnete, was andern verschloßen und verborgen blieb. Auch aus diesen Briefen an Gille geht hervor, daß Franz Liszt die Zeit, in der er in Rom seine „Heilige Elisabeth" voll endete und sein größtes Oratorium „Christus" schuf, als die Periode einer seit Jahren ersehnten, inneren Samm lung betrachtete. „Der römische Aufenthalt ist für mich kein beiläufiger, er bezeichnet sozusagen den dritten Ab schnitt meines oft getrübten, doch immerhin arbeitsamen und sich aufrichtcndcn Lebens. Ich bedarf also eine ge raume Zeit, um mit mehreren langwierigen Arbeiten und mit mir selbst ein gutes Ende zu machen. Dazu verhilft mir günstig meine hiesige Zurückgezogen heit, die fernerhin noch etwas accentmerter sein wird und meine jetzige klösterliche Wohnung (Madonna del Rosario am Monte Mario), die mir nicht nur die herr lichste Aussicht über ganz Roni, die Campagna und die Gebirge gewährt, sondern auch was ich ersehnte: Ruhe von außen und Friedsamkeit" (Liszt an vr. Gille, Rom, 10. September 1863). Wenige Monate später erklärte er dem deutschen Freunde: „Welche Befriedigung könnte mir eitles, fruchtloses Herumtreiben gewähren? Hat mir nicht eine langjährige äußere Thätigkeit die Vorzüge der Absonderung gelehrt? Aomulomini autem edarisrnnts. melinra! Mein höherer Beruf ist: frei empfinden und schaffen, — nicht: spielen und Erfolge erbetteln. Dem nach bedarf ich alleinig der ruhigen, abgeschlossenen Selbständigkeit, die ich endlich hier errungen und die mir kein Königreich zu ersetzen vermag." (Liszt an vr. Gille, am 28 Januar 1864.) Und endlich meldet er: „Mit dem Christusoratorium bin ich endlich fertig geworden. Wann und wo es zu Gehör bringen, be kümmert mich keineswegs. Meine Dinge zu schreiben, ist mir eine künstlerische Notwendigkeit, es genügt mir aber vollauf sie geschrieben zu haben, ohne andcr- wärtige Gefälligkeiten zu beanspruchen. Rom ist mir auch in diesem negativen Bezug sehr zuthunlich und meine höhere Selbständigkeit kann sich hier bequem und breit machen." (Liszt an vr. Gille, Rom, 23. Oktober 1866.) Bekanntlich ist es LiSzt vergönnt worden, die Anfänge
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