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Dresdner Journal : 25.06.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-06-25
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188706256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870625
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870625
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-06
- Tag1887-06-25
- Monat1887-06
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 25.06.1887
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TO. k«rn»pr»oN-^n»<rNlu»«r Ur. 1295. Bestellungen auf da- „Dresdner Journal" für daS nächste Vierteljahr werden zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für nnSwLrtS bei den betreffenden Postanstalten. Ankündigungen aller Ärt finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühren im Ankündigungs teile mit 20 Pf. für die kleingefpaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter „Eingefandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile festgestellt. König!. Expedition des Dresdner Journals. Fernfprech-Anschluß Nr. 1295. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Berlin, 25. Jnni. (Tel. d. Dre-dn. Journ.) Die gestrige Spazierfahrt ist Sr. Majestät dem Kaiser gut bekommen. Nach der Spazierfahrt empfing der Kaiser den Prinzen Georg, welcher heute nach EmS reist. Der Großherzog von Ba den und die Kronprinzessin von Schweden werden Dienstag hier erwartet. Dresden, 25. Juni. Die Abgeordnetenwahlen im Königreiche Bayern. Soweit die Ergebnisse der Urwahlen zur bayeri schen Abgeordnetenkammer bisher bekannt geworden sind, scheint sich im Königreiche Bayern eine erfreu liche Wendung zu vollziehen. Der Friede, welcher zwischen der Regierung und der Kurie geschlossen wurde, ist nicht ganz ohne Wirkung geblieben; in der Kammer wird die ultramontane Partei nicht mehr die maßgebende sein. Bisher besaß die Zentrumspartei 6 Stimmen über die absolute Majorität^ BiS heute sind nur 75 Zentrumsmitglieder und 72 Liberale gewählt. Für die Ultramontanen ergiebt sich hieraus keine Majorität, denn ihnen stehen die protestantischen Konservativen, sowie eine Gruppe regierungsfreund licher Katholiken, Rittler, Bucher und Gasser (Passau) gegenüber. Über die bisherigen Wahlergebnisse in den verschiedenen Provinzen des Königreichs wird solgendes berichtet. Am entschiedensten war der Sieg der Liberalen (oder vielmehr einer Vereinigung, die von den Freisinnigen bis zu den Gemäßigt-Konser vativen reichte) in München I., wo ihnen 5 Mandate zufielen, während in München II. 5 Liberale zwischen 31 Zentrumsmitgliedern und 34 Sozialdemokraten den Ausschlag zu geben haben Augsburg ist mit zwei Mandaten an die Liberalen übergegangen, während umgekehrt in W eißenburg-Gürgenhausen ihre Gegner vier Mandate erobert haben, und zwar, wie es scheint, drei die Konservativen. Nürnberg ist durch das Zusammenstehen aller Ordnungsparteien gegen die Sozialdemokraten gehalten, desgleichen Fürth, wo die letzteren und die Volksparteiler allerdings starke Minoritäten erzielten. In Würzburg kommt Frhr. v. Stauffenberg nun doch noch in die Nachwahl, obgleich die Nationalliberalen im ersten Wahlgange für eigene Kandidaten ihrer Partei uud erst in der Stichwahl sür Frhr. v. Stauffenberg stimmten. Die bisher 18 Mann starke freisinnige Gruppe des Land tags wird überhaupt nicht unerheblich von ihrem Be- stande einbüßen. In der ganzen Pfalz ist national- Lagesgeschlchtc. Dresden, 25. Juni. Nach einer weiteren Mit teilung aus London werden die Hoffeste den 29. d. M. mit einem Gartenfeste im Buckingham-Palast schließen. Se. Majestät der König, welche den 24. d. M. von Windsor nach London zurückgekehrt sind, beabsichtigen den 30. d. M. auf sechs Tage einen Ausflug nach Schottland zu unternehmen, dann nach London zurück zukehren, und von dort die Rückreise anzutreten. * Berlin, 24. Juni Se. Majestät der Kaiser erschien heute mittags Ul Uhr beim Aufziehen der Wache, welche vom Kaiser Franz-Regiment gestellt wurde, auf der nach dem Opernplatze zu gelegenen Veranda de» Palais und wurde, sobald die schon seit Stunden vor dem PalaiS auf diesen Moment harrende Menge deS Monarchen ansichtig wurde, mit enthusiastischen Hochrufen begrüßt. Der Kaiser, durch diese Ovation sichtlich bewegt, dankte nach allen Seiten durch mehr malige» Neigen de» Hauptes. Zugleich mit dem Kaiser war auch Ihre Königl. Hoheit die Großherzogin von Baden auf der Veranda erschienen, jedoch nur wenigen im Publikum sichtbar, da sie sich im Hintergründe zurückhielt. Nach dem Vorbeimarsch der Wache wurde vom Publikum die Nationalhymne angestimmt, worauf der Kaiser sich in sein Arbeitszimmer zurückzog. Gegen 2 Uhr unternahm der Kaiser in Begleitung der Groß herzogin von Baden im offenen Wagen zum ersten Mal« nach seiner Wiederherstellung eine kurze Spazierfahrt. Am späteren Nachmittage nahm der Kaiser den Vortrag des Oberhof- und HauSmarschallS Grafen Perponcher entgegen, empfing den komman dierenden General des Gardecorps v. Pape und ar beitete demnächst mit dem Ehef de» Zivilkabinetts, wirklichen Geh. Rat v. Wilmowski. Ihre Majestät die Kaiserin ist gestern nachmittag wohlbehalten in Toblenz angetommen. Auf Einladung Sr. Majestät des Kaisers wird, wie schon früher verlautete, der Prinz Ludwig von Bayern den Übungen des diesjährigen Manöver geschwader» al» Gast beiwohnen. Der Prinz wird sich, dem „WilhelmShavner Tagebl." zufolge, voraussichtlich für die Übungsperiode deS Manövergeschwaders vom 21. August bis 11. September d. I. an Bord S. M. S. Kaiser" einschiffen. Kapitänlieutenant Baron v. Plessen ist als seemännischer Begleiter des Prinzen kom mandiert. Ihre Durchlaucht die Fürstin v. Bismarck ist am Donnerstag mit dem Expreßzuge der Lehrter Bahn nach FriedrichSruh abgereist Die Tochter der selben, die Frau Gräfin zu Rantzau, und Graf Her beri v. Bismarck hatten sie zum Bahnhofe aeleitet und verabschiedeten sich dort in herzlichster Weise von der Fürstin. Wie die meisten anderen Bevollmächtigten zum Bundesrat, hat auch der Staatssekretär v. Boetticher die erste Juliwoche als Zeitpunkt seiner Abreise in Aussicht genommen; doch wird dieselbe, wie man der „Nat. Ztg." schreibt, nicht sehr lange ausgedehnt werden, da die Konferenzen über den österreichisch ungarischen Handelsvertrag, welche im Spätsommer hier ststtfindeo, die Anwesenheit deS Staatssekretär» erfordern. Die „Schles. Ztg." veröffentlicht das an den Weih bischof vr. Hermann Gleich gerichtete Schreiben des Kardinalstaatssekretärs Rampolla nach welchem Papst Leo XIII. unter Hintansetzung der Vorschlagsliste des Kapitels, dem Bischof von Fulda Georg Kopp wegen des Rufs des Talents, der Klugheit und der Frömmig keit, den er sich erworben, sowie auf Empfehlung meh rerer Bischöfe Deutschlands, sich entschlossen hat, den so lange verwaisten Bischofssitz BreSlau zu übertragen. Dem designierten Fürstbischöfe widmet die „Germ." eine Biographie, die vielleicht nicht ohne Absicht aus dem Lebensgange des 0r. Kopp manches bisher Un bekannte an die Öffentlichkeit bringt. Wir entnehmen derselben folgendes Thatsächliche: Or. Kopp ist geboren als der Sohn blutarmer Eltern — sein Bater war Weber — am 24. Juli 1837 zu Duderstadt aus dem hannöverschen EichSselde. In der katholischen Bürger schule seiner Vaterstadt war er ein Muster aller seiner Mit schüler. Daher veranlaßte der Kommissarin- llr. Setters, daß der talentvolle Knabe dem Duderstädter Progymnasium zuge führt werde. Daselbst studierte er von 1848 bis 1852 mit Auszeichnung und dann bis 1856 am Gymnasium Josephinum in Hildesheim mit gleichem Erfolge. Darauf stand er 2 Jahre lang im hannöverschen Staatsdienste als Telegraphist, ging dann aber zur Theologie über und studierte von >858biS i8Sl an der bischöflichen theologisch-philosophischen Lehranstalt zu Hildesheim Im Jahre 1861 wurde Georg Kopp in das Hildesheimer Pricsterseminar ausgenommen, am 28. August 1862 empfing er die Priesterweihe. Bon jetzt ab wirkte er 3 Jahre lang zuerst als Schulvikar am Walsenhause zu Hen neckenrode, daun als Kaplan zu Detfurt. Im Jahre »865 wurde er unter Verleihung eine- Lektorats am Tome als Hilfsarbeiter am bischöflichen Generalvikariat in Hildesheim herangczoge». Da er in dieser Stellung die von ihm gehegten Erwartungen in jeder Beziehung rechtfertigte, wurde ihm als ehrende Anerkennung im Jahre 1868 der Titel alS GtNiinivlkarmlsasiessor verliehen. In dieser und der folgenden Zeit widmete er alle seine freien Stunden, welche ihm bei seiner umfangreichen Thätigkeit übrig blieben, mit dem glücklichsten Erfolge dem Lehrinstitut der Ursulinerinnen in Hildesheim und dem damit verbundenen Lehrerinnenseminar bis zu deren Aus hebung, sowie der Leitung der Kongregation der Barmherzigen Schwestern, die er bis zur Besteigung deS Fuldaer BischofsftuhlS innebehalten hatte. Im Jahre 1871 wurde er von Pius IX. zum diotLrius »poewUcu» ernannt. Als nach dem Tode Eduard Jacobs der bisherige Generalvikar der Diözese Hildes heim, Bischof Wilhelm, am 31. Dezember 1871 den bischöflichen Stuhl von Hildesheim bestiegen hatte, ernannte er bald daraus, im Februar 1872, den Assessor Kopp zum Generalvikar und Domkapitular. Am 2 November 1881 ward er durch päpstliches Breve zum Bischof von Fulda ernannt, seine Ernennung wurde zugleich mit der des Bischofs von Trier im Konsistorium vom 18. November 1881 publiziert; er ward am 27. Dezember jenes JahreS von seinem früheren Oberhirten, unter Assistenz der Bischöfe von Würzburg und Trier, feierlich konsekriert und in thronisiert. Wie der „Voss. Ztg" gemeldet wird, habe« die verurteilten Elsässer Köchlin und Blech vergeblich eine Kaution von 50000 bez. 100000 M. für ihre vorläufige Freilassung geboten. Sie werden nach Magdeburg übergeführt, da ihr Gesuch, in Straß- bürg interniert zu werden, abgelehnt ist. Ihre An gehörigen sind von Leipzig nach Berlin gereist. Gestern fand unter dem Vorsitz des Staatssekretärs deS Innern v. Boetticher eine Plenarsitzung des Bundesrats statt. Di« Versammlung erteilte nachstehenden vom Reichstage angenommenen Gesetzen die Zustimmung: Über die Besteuerung des Branntweins; betreffend die Unfallversicherung der bei Bauten beschäftigten Personen; über die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben bei der Herstellung rc. von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegcnstanden; über die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete; und wegen Abänderung der Gewerbeordnung (JnnungS- wesen). Zur allerhöchsten Vollziehung werden vor- gelegt werden: der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ab änderung deS Gesetz.s über den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen; der Gesetzentwurf wegen Ergänzung des Gesetzes, betreffend die PostdampfschiffS- vtabmvungen mit überseeischen Ländern; und die Gcjcpculwurft für Elsaß-Lothringen über die Ernennung und Besoldung der Bürgermeister und Beigeordneten und über die Anwendung ab- geändcrler Reichsgesetze aus landesgesetzliche Aiigelegenhetten Elsaß-LothringenS. Über die Gesetzentwürfe, betreffend die Un- salloerüLcruug der Seeleute und anderer bei der Seeschifffahrt beteiligten Personen, und, betreffend die Besteuerung des Zuckers, soll in einer der nächsten Sitzungen Beschluß gefaßt werden. Die beiden vom Reichstage angenommenen, aus An trägen aus der Mitte des Hauses beruhenden Gesetzentwürfe zur Abänderung der Gewerbeordnung (Arbeiterschutzdestimmungen und K Ivo« deS Gesetzes) wurden den Ausschüßen für Handel und Verkehr und sür Justizwesen zur Vorberatung überwiesen. Ebenfalls den zuständigen Ausschüssen wurden übergeben: der Entwurf deS statistischen Warenverzeichnisses und des Verzeichnisse- der Massengüter, und die Vorlage, betreffend die Beförderung von Leichen aus Eisenbahnen. Mit der vom Ausschuß für Handel und Verkehr vorgeschlagenen Abänderung der Formulare für die Statistik der Krankenkaffen erklärte sich die Versammlung einverstanden, nahm von dem Beschluße des Reichstages zu der Rechnung der Kasse der preußischen OberrechnungSkammer für das Etatsjahr 1884,85, soweit dieselbe den Rechnungshof de- Deutschen Reichs betrifft, sowie den Ergebnißen der Erhebungen über die Beschäftigung gewerblicher Arbeiter an Sonn- und Festtagen Kenntnis und befchloß, die Eingabe eine» Zigarren fabrikanten wegen Befreiung feines Betriebes von der Unsall- verslchcrungspflicht als gesetzlich unstatthaft abzuweiseu. Einer Eingabe des Jnnung-verbandes deutscher Schmiedeinnungen zu Berlin, betreffend das Prüfung-wesen im Hujbeschlage, und dem Gesuche eines Beamten wegen Anrechnung einer längeren als der gesetzlich pension-fähigen Dienstzeit bei Festsetzung seines Ruhegehalts wurde keine Folge gegeben, die beantragte straf rechtliche Verfolgung einer Beleidigung des Bundesrats durch die Preße abgelehnt, das Gesuch zweier Geschäftsfirmen in Süd deutschland wegen Ersatzes des ihnen aus dem Abschluß von HolzankausSgeschästen mit der deutschen Zivilverwaltung zu Nancy im Jahre 1870 erwachsenen Schadens dem Reichskanzler überwiesen. Endlich wurde der Reichsfchuldenverwaltung und liberal gewählt worden; in Kaiserslautern, wo zuerst Frhr. v. Stauffenberg ausgestellt werden sollte, erhielt der nationalliberale Kandidat 152, die der Gegenparteien zusammen 80 Stimmen. In Kempten im Allgäu hatten die Liberalen einen schönen Erfolg, mit 157 Wahlmännern gegen 87 Gegner gingen sie siegreich aus der Urne hervor. In Regensburg fielen von 16 Wahlbezirken 11 den Liberalen, 5 den Ultramon tanen zu. Die Konservativen scheinen da am schlechtesten gefahren zu sein, wo sie sich in ein Bünd nis auch mit der extremeren Richtung de» Zentrum» eingelassen haben; ihr Haupterfolg liegt nach den bis herigen Nachrichten in Weißenburg, wo sich die Bauernvereine tüchtig gerührt haben und die Wirt- fchaftlichen Fragen in den Vordergrund gestellt sind. Ein rndgiltigeS Urteil über daS Schicksal der Wahl campagne der Konservativen und seine Ursachen kann noch nicht abgegeben werden. Jedenfalls trifft daS Ergebnis der Wahl am härtesten den extremen Flügel der „Patrioten" und dieses Ergebnis ist, da e» durch keine entsprechenden Einbußen nach link» ausgewogen wird, ebenso bezeichnend für die Strömung der Gegen wart, wie erfreulich. DaS Vertrauen, welches man der neuen Kammer entgegenbringt, beruht einmal auf dem Einfluß der Konservativen und des Häufleins Gemäßigter, welches zwischen den Klerikalen und Liberalen mitten inne stehen wird, sowie auf der Zuversicht, daß einige der ärgsten klerikalen Heißsporne in dieser Periode keinen Sitz erlangen werden, wodurch die Vereinfachung und Sachlichkeit der Verhandlungen nur gewinnen kann. Außerdem giebt man sich der Hoffnung hin, daß die gemäßigte Partei im Laufe der Session durch Nach wahlen und durch Übergang aus anderen Parteien noch weiteren Zuwachs erhalten wird. Eine Mehr heit, wie sie die von Kopp, Walter und Daller ge führte Partei auf dem vorigen Landtage darstellte, ist nicht mehr vorhanden und die Herren Rittler und Bucher werden, wenn sie auch in den grundlegenden kirchlichen und Schulfragen, mit den übrigen bayeri- fchen Ultramontanen übereinstimmen werden, doch — dessen darf man sich versichert halten — zu der biS- he. von den „Patrioten" beliebten Politik absoluter Obstruktion gegen ein ihnen mißliebiges Ministerium, kleinlicher Kirchturmsinteressen und persönlicher Chi cane ihre Hand nicht bieten. Im Ganzen kann somit die bayerische Regierung mit dem Ergebnis der Wah len recht zufrieden sein Sie wird sich weder in einer Abhängigkeit von der liberalen noch von der klerikalen Partei befinden Die versöhnliche Politik deS Prinz regenten, auch in kirchlichen Fragen, bezüglich welcher Papst Leo XIII. seine Befriedigung mit dem Stande der Dinge aussprach, beginnt ihre Früchte zu tragen. Wenn wir uns auch von dem bevorstehenden Landtag nicht zu viel versprechen, so scheinen unS doch die jüngsten Wahlen zu beweisen, daß wenn auch mit Mühe im Königreich Bayern ein neuer, einem natio nalen Zusammenwirken mit dem Reiche günstiger Geist sich Bahn bricht. Ftuilkton. Ein treue» Herz. Line Geschichte ans dem wendischen Volke von Heinrich Penn. (Fortsetzung.) „Mein Bruder, ... o sprechen Sie es nur au»", fiel er ein. „Nein, mein Schwager, wollte ich sagen." „Ist denn das ein so großer Unterschied?" „Tin großer. Übrigen», wenn Sie gerade mein Bruder sein wollen, so habe ich eigentlich nicht» da gegen." „Und Sie meine Schwester?" fragte er. „DaS ist selbstverständlich." ,.So will ich gern Ihr treuer Bruder sein." Sie wandte dem jungen Manne ihr volle», schönes Antlitz zu, und ihm flammend in die Augen blickend, fragte sie mit einem unbeschreiblich süßen Lächeln: „Ist es wahr? Geben Sie mir die Hand darauf?" Die Blicke senkten sich ineinander. Tine hatte solche Blicke noch nie erschaut. Er hielt ihre Hand, halb unbewußt durch mehrere Se kunden in der seinen, bevor sie ihm dieselbe entzog. .Haben Sie keine Schwester gehabt?" fragte sie dann, al» sie weiter schritten. ,Feine." „Und keinen Bruder?" „Keinen." ,Lch hatte Brüder und Schwestern, aber alle starben bi» auf die eine, und diese ist schwer krank." Nun erzählte sie ihm die Geschichte ihres Lebens. Und wie rührend verstand sie zu erzählen! Ein ergreifendes Bild aus ihrer Jugend entrollte Luise, al» sie noch eine Mutter hatte, Brüder und Schwestern, und wie sie alle liebte und von allen He- liebt wurde, bi» sie der unerbittliche Tod ihr entriß, eines nach dem andern und sie endlich — eine Waise — der letzten Schwester folgen mußte ins HauS ihre» Schwagers Kral, aber auch dort ohne Liebe, da die kranke Schwester egoistisch nur an sich denke und ihr Schwager seine Zeit so viel al» möglich außer dem Hause zuzubringen pflege, weil ihm eben die kranke Frau so wenig an Glück zu bieten vermöge. So öffnete sich Tine plötzlich diese» liebevolle und liebebedürftige Herz, ihm, dessen Jugend selbst so ohne Liebe war. Während diese» Gespräche» ginaen sie langsamer, und er hielt ihre Hand fester in der seinen, wie früher Er durfte es, er war ja ihr Bruder. Als sie die Höhe des Berges erreichten, war schon eine Anzahl von AuSflüglern auf dem grünen Wiesen- platze vor der Kirche versammelt, die anderen wurden noch erwartet. Nach und nach kam die ganze Gesellschaft zusam men, und auch die kranke Frau des Adjunkten war von ihrem Manne und Anka glücklich heraufbefördert worden. Wir wollen nicht von der Andacht sprechen, welche bei diesem oder jenem Mitglied« der Gesellschaft wäh rend de» Gotte»dienstet mehr oder weniger zu Tage trat. Nur so viel wollen wir sagen, daß Tine leider in ziemlich weltliche Gedanken versunken an einer Kirchensäule lehnte, dagegen Anka vor dem Altäre, welchen daS Bild der Gottesmutter schmückte, kniete und nicht Augen und Ohren für etwas Anderes hatte, als für Gott. Nach dem Gottesdienste wurde im Freien auf einem grünen Waldplätzchen daS Frühmahl einge nommen; die Gesellschaft saß im Kreise herum, lachte und scherzte und trieo allerlei Kurzweil. Später wurde ein Tanz improvisier, und die ganze Gesell schaft befand sich in so fröhlicher Stimmung, daß so gar der Kaplan mit einer alten Frau sich im Reigen herumdrehte, begleitet vom donnernden Applause der Umstehenden „Wie gefällt e» Ihnen?" fragte Luise, sich zu Tine setzend, der heute sich ziemlich fern hielt von der allgemeinen Fröhlichkeit. „Nicht sonderlich. Und Ihnen?" „Gar nicht. Wenn eS mir aber auch gefiele, so sind unsrer zu viele, besonders solche Leute, die zu uns nicht passen. Sehen Sie z. B. jenes Weib mit den ordinären Zügen!" Der junge Mann begann jetzt die Gesellschaft zu mustern, und e» schien ihm in der That, als ob daS Fräulein recht hätte. „Was ist Dir heute?" fragte ihn die bisher so fröhliche Anka leise und besorgt. „WaS sollte mir sein?" antwortete er ziemlich barsch, doch verbesserte er sich, indem er hinzusetzte: „Verlange nicht, daß ich ander» sein soll wie jeder andere, wenn er nicht guter Laune ist, und heute bin ich nicht gut ausgelegt." „Warum nicht? bist Du krank?" „Rein, antwortete er in so rauhem Tone, daß sie e» nicht wagte, ihn ferner zu fragen. Unter den ersten Gästen, welche die Höhe des Berges verließen, befanden sich auch unsere Bekannten. Die Frau des Adjunkten meinte während des Heim wegs, cs sei Heuer nicht so angenehm gewesen, wie im vergangenen Jahre. Auch Anka war nicht zufrieden, al» sie sich abends daheim zum Schlafengehen anschickte. Warum war er heute so wunderlich, auf dem Heim wege sogar ganz unfreundlich? Sollte er sie nicht lieben? Zweifel, Zweifel, Du erster Wurm', der Du zu nagen beginnst in einem liebenden Herzen und mitten im Glücke Unglückliche zeugst, kommst Du so bald, dies reine Gemüt zu quälen? Wie hatte sich Anka seit langer Zeit auf diesen Ausflug gefteut, und wie so eigentümlich hatte der- selb« geendet! „Tine, Tine, Du bist nicht so gut, al» ich früher dachte, nein, nein, Du bist es nicht! Und doch liebe ich Dich so unaussprechlich und trotz alledem so wie Du bist, ganz so , ganz Dich. Und Du brauchtest auch nicht besser sein, aber lieben solltest Du mich, lieben, wie ich Dich liebel Und die Thränen rannten ihr über das hübsche, frische Gesicht und benetzten das schneeweiße Kopfkissen der armen, traurigen Anka. IX. Der Herbst war da, rascher, al» e» unsere Be kannten gedacht. Die Blätter des wilden Weines, welcher da» steundlich« Landhaus Krals überzog, waren erst rot geworden, dann gelb und begannen jetzt abzufallen.
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