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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.02.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930214024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893021402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893021402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-02
- Tag1893-02-14
- Monat1893-02
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Tabellarischer und Zifferusatz nach höherem Tarif. Z? 82. Dienstag den 14. Februar 1893. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen-AuSgabe, ohne Vostbesörderung ^4 60.—, mit Postbesörderuag 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Brt den Filialen und Annabmcstelleu je ein, halb« Stunde früher. Anzetgrn sind stets an die Expeditisn zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 87. Jahrgang. politische Tiigesschau. * Leipzig, 14. Februar. Morgen findet in Berlin eine Bersammlung patrio tischer Männer verschiedener-Parteirichtung statt, welche in der Herbeiführung einer Berstäntigung über die Militair- vorlagc eine politische Nothwendigkcit erblicken. Den ein leitenden Bortrag Kat Professor HanS Delbrück übernommen, das Präsidium führt Landcsökorioinierath Nobbe. Tie Ein ladung haben eine größere Neide angesehener Männer, vor zugsweise aus gelehrten, künstlerischen und kaufmännischen Kreisen unlerzcicknet. Active Abgeordnete befinden sich nicht darunter, es unterliegt aber keinem Zweifel, daß diejenigen Fractionen, die zu einer Verständigung die Hand bieten wollen, dafür Sorge tragen werden, daß die Kundgebung eine iniposanlc wird und einen starken Eindruck nicht nur auf die verbündeten Regie rungen, sondern auch aus diejenigen Fraktionen macht, die bis jetzt auf einem Standpunkte beharren, auf den der Bundesrath sich nicht stellen kann. Was die Deutschsrei- smmgen betrifft, so bat ihnen der Borgang in dem neuen sieisinnigen Verein in Hamburg, über den im heutigen Morgenblattc berichtet worden ist, bereits gezeigt, daß auch im unks-liberalen Laaer gewichtige Stimmen für die Ver meidung eines Conslicts sich aussprechen. Besonders ein dringlich warnt vor einem solchen alle bcthciligten Factorcn der .Schwab. Merk.", indem er Folgendes ausführt: „Daß die Regierung eine Maßregel, die sie zur Sicherung Deutschlands für unerläßlich hält, ausgeben werde, ist undenk bar und völlig ausgeschlossen. Tie Aullöjnng des Reichstags wäre in diesem Falle gewiß und damit ein Äahllampi, der alle die traurigen Erscheinungen der letzten Wahl auss Neue und war im verdreifachten Maße über daS Vaterland brächte. DaS Ergebniß oller Aufregung, Verhetzung und Veneindiing wird aber schwerlich ein besserer Reichstag sein. Eine Wahl, die uuter der Wahlparole: Sleucrelhöhung und Ausdehnung der Mi- lilairpslicht! vorgenomme» wird, findet schon von vornherein unter unglücklichen Vorzeichen statt. Diejenigen Socialdemokralcn, Arbeiter und kleinen Leute, die zunächst an sich und nicht an das Vaterland und die Zukunft denken, stimmen oppositionell und sie erwarten von einer Neuwahl schon heule eine Verstärkung der social- demokratischen Fraktion im Reichstag. Sprengt das Centrum durch seine Abstimmung den jetzigen Reichstag, so gehört es bei den Wahlen natürlich gleichfalls zur Opposition und die vornehmen und gemäßigten Elemente werden durch die demokratisch gesärbte Laplanokratie ersetzt. DaS Centrum verschlechtert sich innerlich, wird aber unter der Wahlparole: „Keine neuen Steuern" der Zahl noch sich gleichfalls verstärken. Tie Freisinnigen werden daS alte Lied ihres Heros Herweg anstinunen: Di« Scheuern leer, Die Steuern schwer, Die Ernte schlecht gerathen, Und immer mehr, Und immer mehr, Und immer mehr Soldaten! Natürlich geben unter solchen Klängen die in der Partei noch immer varwallenden kosmopolitischen und internationalen Elemente bei der Safsiellung der Candidaten den Ausschlag. Vielleicht verliert die Araclion ein paar Sitze, aber innerlich anders wird sie nicht. Tie Eonservativen sind bei einer Wahl, zumal unter solchen Umständen, hark von den Antisemiten bedroht. Der Kamps wird dort in den Farmen geführt werden, an die diese neue, aus die rohesten Insrincte rechnende Partei in Oesterreich und Deutschland »ns schon gewöhnt hat, und wenn auch nur ein Dutzend Anti- semiten in den Reichstag tommen, so wird sich der Ton der Bcr- haadlungen in trauriger Weise verschlechtern. Daß anderer Orten die gemäßigten Conscrvativen und Nationallibcralei, unter dem Zeichen der Reichstreue und Vaterlandsliebe siege» werden, ist kein Ersatz für die Verschlechterung deS Reichstags im Ganzen, die eine Neuwahl oller Wahrscheinlichkeit »ach im Gefolge haben müßte. Laugsährlgt, tiefe Conflicte zwischen Krone und Reichstag waren die Holge eines solchen Wahlresultais, das wir für wahrscheinlich Hallen, wenn eS jetzt zur Auslösung kommt. Das Ergebniß einer Erwägung kann aber nur die Bitte an die bctheiligtcn Faktoren sein: „Vertragt euch, findet ein Uebercinkommen, richtet uicht euch und uns zu Grunde!" Es ist höchst bemcrkenSwerth, daß sich unter den massen haften Petitionen und Ausrufen gegen die Wieder zulassung deS Jesuitenordens die verschiedenartigsten Richtungen im evangelischen Volk zusammengefunben haben, von «töcker und der Orthodoxie bis zu vorgeschritten liberalen Anschauungen. DaS zeugt von der Tiefe und Macht dieser Bewegung im ganzen evangelischen Volk, und cS wird darum auch für sebr unwahrscheinlich gehalten, daß der Antrag des Eentruins auf Abschaffung des IesuitengesetzeS eine Mehrheit im Reichstag finden wird. Angesichts dieses all gemeinen und nachdrücklichen Widerspruchs werden weder die Conservativen, noch die Freisinnigen, wenigstens in ihrer Mehrheit, wagen, für den Antrag teS CentrumS zu stimmen und das letztere könnte leicht mit den Sociatdcmokraten ziemlich allein bleiben, was ein merkwürdiges Bild abgeben würde. Es mag den Eonservativen sowohl als den Frei sinnigen, die ja beide dem Centrum für Liebesdienste bei den Wahlen und sonstigen Anläffen so vielfach verpflichtet sind, schwer fallen, diesmal sich nicht gefällig erweisen zu können, aber die Rücksicht auf die BolkSstimmung wird eS schwerlich gestatten. Wenn das Centrum nicht für gut finden sollte, die natürliche Reihenfolge zu verschieben, wird der Antrag bereits in zwei bis drei Wochen zur Verhandlung kommen, jedenfalls vor Ostern und wahrscheinlich vor irgend einer Entscheidung in der Militairfragc. Im Eentrum hat man offenbar wenig Neigung, Len i»i jetzigen Augenblick sehr peinlichen und wahr scheinlich aussichtslosen Antrag zur Verhandlung zu bringen, aber nach dem vielen Lärm, der von den ultramonlanen Agi tatoren damit gemacht worden ist, wird es auch nicht angekcn, die Verhandlung hierüber zu Hintertreiben. Man halt cS jedoch in parlamentarischen Kreisen für sehr wahrscheinlich, daß das Eentrum eS zu einer Abstimmung überhaupt nicht kommen läßt, sondern nach Wahrung deS principicllen Stand punktes eine Form finden wird, eine Entscheidung deS Reichs tags zu umgehen. Zu den Schmerzen der Deutschen in Oesterreich gehört der Umstand, daß die Ezechen und die Slawen in Folge ihrer großen Vermehrungsfähigkeit allmälig auch in den deutschen Gebieten so überhand nehmen, daß deren deutsch-nationaler Charakter gefährdet wird. Man empfindet namentlich in Wien die czechische Einwanderung in sehr unliebsamer Weise, weil die Ezechen aus Errichtung czechischer Volksschulen, Kindergärten und dergleichen Einrichtungen bestehen, wobei sie in der Regel die wohlwollende Unter stützung der Regierung finden. In Wien hielt in diesen Tagen der deutschlibcralc Reichsrathsabgeordncte Baron Dum reich er einen Bortrag, in welchem er auf die Gefahr hinwies, die den« deutschen Eharakter Wiens von der wachsenden czechischen Einwanderung drohe, seitdem daS czecbischc Element sich nickt mehr dem deutschen anzupasscn trachte, sondern, angestachelt von slawischen Agitatoren, in bewußten Gegensatz zur deutschen Bürgerschaft der Reichsbauplstadt trete und nach einem wohl- übcrdachien Plane die Errichtung von ösicntlichcn Volksschule» mit czechischer Unterrichtssprache in den einzelnen Be zirken Wiens betreibe. Daraus erwiderte der ultraslawische „Parlamentair" in einem Artikel, welcher wirklich ver dient, in weiteren Kreisen bekannt zu werden, weil er zeigt, welchen Höhegrad ver czechisckc EkanviniSmuS bereits erreicht Kat. „Der rein deutsch-historische Charakter Wiens", so beißt cS in dem Artikel, „welcher eine nie ge hemmte Thäligkcit von neun Jahrhunderten für sich bat, wird von den cingewanderten Böhmen bedroht! Wir wissen nicktS vom deutschen historischen Charakter WicnS, wir wissen dagegen von slawischer Urbevölkerung Niederöstcrreichs, von dem slawischen Namen Wiens Vindabone, von der Zugehörig keit Wiens zur böhmischen Krone unter Przrmisl Otakar, von slawischer Entsetzung Wiens zur Zeit der türkischen Be drängniß und von dein Gelee aus böhmische» Ländern, aus welchem Wien verschönert und vergrößert ward. Wenn die Deutschen in Niedcrösterrcich Herr im eigenen Hause bleiben wollen, so mögen p, »-i und von den Deutschen dto6 . Indern müssen sich slawische Colonie aus den bodm'l peutschcn die deutschen Colonistcn >ch°"S' ^ ^ Nachkommenschaft Colonisten muffen darauf ver; . -u verdeutschen, slawische" HochftMh!" welch- sich mäft bannt beg-mg'.^u sic Wien erobern könnte. ES kann kein Zweifel darüber besteben daß daS Ministerin». Ribot gegenwärtig vor '-r b -r's, »--sprach- d„ »-»,»„» »->ch,-.,'. °b ch- >»'p »-ch volles Vertrauen zolle, und zu d'-s-m Zweck 'ft b.e Int r Fellatio» über die allgemeine Lage emgebracht worr - 8l- a-mm» wi,° L- M°,M °->- b-md-Iii unv wir w-rr-n dabrr balv L Minist.,i--> Ritv, vi- »I der «>and behalten wird oder oh es zu den -orien geworse/ worden ist. Es läßt sich zwar über den Uusgang der Krisis noch nichts Bestimmles sagen, aber kritisch > l die Laae in hoben, Maße. Zwar ist ein Einvernehmen zwischen Radikalen und Opportunisten sehr wahrscheinlich geworden, so daß von dieser Seite d.e Regierung gestutzt werden w rd auf der anderen Seile sind aber auch die Parteien, we che daS Cabinet Ribot beseitigen wollen, nicht müßig geblieben und der Abschluß e.neö Bundes zu den, Aach cn Zweck zwischen diesen Parteien ist unzweifelhafte Tba sachc. Nach wie vor steht der Al^. Cavaignac b-, diesen -^'trebunge im Vordergründe, in Holge dessen er auch von den Blattern der Regierungsparteien stark angegr>ne,i wird. Gestern hat in der Wohnung Cavaignac's eine Versammlung hervor ragender Abgeordneter statlgesundcn, worin die »xrage der Kammera uslösung erörtert wurde. A»S den .leußcrungen der Reaierungöorgane erhellt mit ziemlicher Gewißheit, dan die Regierung die Kainmerauslösuiig für den .fall vorgesehen hat, daß die Mehrheit der Kammer dir Regierung«.Politik verurtheilt. . Gestern ist daS große, bisher so ängstlich von seine» Urhebern behütete Geheimniß der Homc-Rule-Bill an das Tageslicht gekrackt worden. Gladslone hat, nachdem ihm bei seinem Eintritt in da« Hau« seine Getreuen einen demonstrativen, theatralisch zugcstutzten Empfang bereitet batten, den umfangreichei, Gesetzentwurf mit einer großen Rcoc cingclcitel, über die wir einen telegraphischen Auszug schon in der Morgennumnicr geben konnte». Ta Verneine, und zwar der letzte Thcil der Rede nur noch in die Stadt auflage unseres Blattes ausgenommen werden konnte, so wollen wir diesen Thcil der Gladstoiie'schc» Ausführungen wiederholen: Die irische legislative Körperschaft wird aus einem legislativen Rath und einer legislativen Versammlung bestehen; der Vicekönig wird aus sechs Fahre ernannt und ist der Absetzung durch die Krone unterworfen; dem Vice- könig wird die Exekutivgewalt übertragen und durch die Krone werde ein Execulivcouiitö deS geheimen NatheS von Irland ernannt, welches das Eabinct des VicekönigS bilde. Aus Rath deS Comiteö werde der Vicekönig die Bill« ge nehmigen, wobei er jedoch von der königlichen Instruction abhängig bleibe. Der legislative Rath werde der Minorität in Irland Gelegenheit zum Ausdruck ihrer Meinung bieten und aus 48 gewählten Mitgliedern bestehen. Stimmberechtigt ist Jeder, der mindestens 2U Pfund IahreSmiethe entrichtet. Jeder Wähler ist nur in einem Wahlbezirke stimmberechtigl. Die legislative Versammlung solle auf sech» Jahre von den jetzigen Wählern gewählt werden und aus 103 Mitgliedern bestehen. Die Richter sollen unabsetzbar sein und von der Krone ernannt werden. Die Finanzbills sollen in der legis lativen Versammlung ihren Ursprung haben, aber nur auf Initiative deS VicekönigS. Die Polizei gehl von der alten auf die neue Autorität über. Die irischen Localbehörven sollen allmälig in den Localdistricten eine neue Polizcimacht errichten und die jetzigen Constablcr allmälig zurückzichen. Irische Dcputirle sollen im RcichSparlamcnt sitzen und ihre Zabl von 103 aus 80 reducirt werden, für welche Neuwahlen auszuschreiben sind. Die Stimmfähigkcit der irischen Ab geordneten >m Rcichsparlameiit ist beschränkt. Ausgeschlossen von der Abstimmung sind sie über Vorlagen, die sich aus drücklich auf Großbritannien beschränken, aus Großbritannien beschränkte Finanzbillö unv auf Crcdite für andere als Reichs zwecke. Gladslone schließt: Irland würde einen billigen Antheil an den ReichSauSgaben tragen. Die Zollciniiahinen Irlands würden alü billiger Beitrag Irlands für die ReichSauSgaben betrachtet und die Akkiseadgabcn von der RcichSbehörke be stimmt werden und m den Händen der irischen Behörden sein. Falls die Bill genehmigt werde, würde eine neue« Irisches Parlament mir einem Ueberschuß von einer halben Million beginnen. Die Bill würde die Stärke, die Größe, den Ruhm und die Einheit des Reiches erhöben. Durch die Annahme der Vorlage werde man, so schloß der zweite Premier seine Rece, die Vergangenheit vergessen machen. A»S Anlaß der Einbringung der Houlcrulc-Vill war der Sitzungssaal überfüllt, desgleichen die Tribüne». Die der Lords waren derart besetzt, daß die Minister Rosebcry und Spencer sich in der Diploinalcnloge nieterlassen mußten. Z,n Sitzungssaals balle man 30 neue Sitze schaffen müssen. DaS Hau« war nicht einmal 1886, bei der erste» Huinernle- Vill Gladstviic'S so besetzt gewesen. Es liege» über die Ausnahme, welche die Hcmcrule-Vill in England gesunden hal,^ bis jetzt nur sehr lückenhafte Berichte vor. Der „Standard" hält das Projekt für unaus führbar und unmöglich. Die „Morning Pest" erklärt sich in der Hauptsache mit deiiiselbe» einverstanden, ebenso äußern die „Daily News", sie bcteule eine Verbesserung gegenüber derjenigen von 188«». Dieselbe habe auch eine bessere Aus nahme erfahren. Die „Times" spricht sich gegen das Projccl aus, weil sie keine definitive Lösung der irischen Frage in demselben erblicke. In der Provinz wird die Vorlage ziemlich kühl ausgenommen. Die GladsloirL'schen Organe in Wales fordern für die Annahme der Vill die zu gleicher Zeit zu bewerkstelligende Trennung der Kirche und des Staates ,u Wales. Die marokkanische Angelegenheit gehört ebenfalls zu jener Kategorie von TageSsragen, deren Behandlung nicht recht von der Stelle rücke» will, weil sie den Kreuziiiigspunct verschiedenartiger, einander gewissermaßen in ihrer Wirkung aushcbender Ilitercsseiisttöniungeii bilden. In Europa ist inan betreffs der marokkanischen Dinge und ihrer künftigen Entwickelung anderer Ansicht, als an Ort und Stelle selbst. In Fez und Tanger scheu die eingeborenen Politiker dem Eintreffen des neuen englischen Unterhändlers Sir West Ridgeway'S mit größter Scclenruhe entgegen und, cs scheint nicht, als ob der Sultan und seine Umgebung ihre gewohnte Verschleppniigö- und UingchungStactlk, die ihnen fchon so oftmals gute Dienste geleistet, dem neuen eng- lijchcn Gesandten oder seinen Auftraggebern zu Liebe auch nur im Geringsten abändern möchten. Jeden falls soll der Herrscher von Marokko irgend welchen Zuge ständnissen ans dem Gebiete der inneren oder der Handelspolitik durchaus abgeneigt sein, und zwar soll er, wie man sagt, aus die verincinlliche Uneinigkeit der europäischen Mächte bezüglich der marokkanischen Dinge specnliren. Wenn England nur an keiner andere» Macht einen Rückhalt besitzt, so hofft die marokkanische Politik mit Sir West Rikgeway ebenso gut als mit dessen Vorgänger fertig zu werde». Man erkennt a»S diesen RaisvnnemenlS, deren Echo sich in den Londoner Blättern findet, unschwer die Einflüsterungen der in Fez und Tanger in- FeuiUetsi». Der Sonderling. 8j Roman von P. Felsberg. Nachdruck »ertön». (Fortsetzung.) VI. In den ärmlichen Hütten zu Felben war der Sonnenschein der Freude cingckehrt. Die Nachbarn bockten bis spät Abends vor Len Tbüren zusammen und sprachen lebhaft hin und her, blickten voll Zuversicht in die Zukunft, die plötzlich für daS Dorf eine ganz andere werden sollte. Die Gatten und Väter, die Brüder und Söhne sollten zurückkehrcn auS der Ferne, und auch für die Frauen unv Märchen that sich ein Feld der Arbeit auf, das ihnen einen besseren Lob» brachte als die Bearbeitung der dürftigen kleinen Aeckcr und Wiesen, die kaum daS Nothvürstigstc zum Leben brachten, wenn eS eine gute Ernte gab. HoffnungSfrobe Ge sichter sah man überall, glänzende Augen und beredte Lippen. Die Pläne, die der verstorbene Baron von Felben entworfen, waren nun in Aller Munde - Ein großes Stück des schlechtesten Ackerlandes batte der Gras zu Schönburg in Felde» gekauft, und in Kürze sollte dort eine Fabrik entstehen, in welcher so viele Wehstühle aufgestellt werden sollten, wie man brauchte, um die müßigen Hände zu beschäftigen, die gern arbeiten wollten, wenn sich ihnen Arbeit bot. In der Zwischenzeit, bis der Bau vollendet war, mußten die Arbeitskräfte ausgebildet werden. Einzelne schickte Graf Schöaburg als Volonraire in große Webereien, um dort die Kenntniffe sich anzueignen, deren sie bedurften. Sie wußten alle, daß eine gewisse Zeit darüber vergeben werde, bis ihre Kräfte in der neuen Arbeit sich geübt, und daß sie es dem Edelmutb veS Grasen zu danken batten, wenn er in dieser Zeit der Lehre ihnen einen Arbeitslohn zahlte, der ihnen daS Leben ermöglichte. Allmälig, mit dem Wachsen der Leistungs fähigkeit der Arbeiter, sollte auch der Gewinn sür dieselben sich steiaern. Schritt sür Schritt sollte daS armselige Dorf «»pordmhen, sich erhebe» au» Armuth und Elend, au» Hunger und Noth, durch seine eigene Arbeitskraft, sür welche der Gras das rechte Feld bot. Ein Wohlstand, der so ge wonnen, so erkämpft ward, mußte den rechten Werth besitzen, mußte Zufriedenheit schaffen, und Zufriedenheit ist Glück, das einzige, wabre Glück. Laut pries man den Mann, der alle« dies auSsübrte, der uncrmüvlich thätia war im Aufträge seine« Freundes, des Grase», Doctor IustuS, der dem Dorfe so großen Segen gebracht. Und Doctor IustuS hatte alle Hände voll zu tbun, um, che eS Winter wurde, den Plan auSznfübren, der nun end- giltig entworfen und vom Majoratsherrn genehmigt war. Der feste Wille eines reichen Mannes ist mächtig, dies zeigte sich jetzt so reckt in Felden. Doctor IustuS hatte seine Wohnung in» Schloß selbst verlegt; Ingenieure, Baumeister, Arbeitsleute gingen bei ihm ein und aus. Zuweilen zog er sich in daö kleine Garten- häuSchen zurück mit seinem kostbaren, ausländischen Luxus, um stille Stunden zu verbringen, wenn er daS Bedürfniß hegte, mit sich allein zu sein. In solchen Stunden leuchtete die Befriedigung, die er empfand, die sein energische» Schaffen ihm bereitete, von seinem Antlitz. Mit lächelnden Mienen dachte er an Rosa. Nur selten hatte er sie gesehen in den letzten Wochen, in denen er so eifrig schus, nur flüchtige, kurze Besuche batte er im alten Herrenhaus gemacht ; eS schien, als ob er nur noch al« Arzt kam, nicht öfter al» nöthig, um nach Rosa'» Fuß zu seben. Er hielt sich nie mehr lange auf und sprach nichts von den Plänen, die sich nun erfüllen sollten. Die vollendete That- sache mußte sich sür ihn zeuge», sür seinen guten Einfluß auf den Grasen Sckönburg. Er zögerte mit dem nächsten Besuch, den er im Herrenhaus abstatten wollte. Da durch den OrtS- vorstcher der beiden Dörfer Schönburg und Felde» die Be kanntmachung erfolgt war, und mit dem Bau der Fabrik alsbald begonnen werden sollte, war den Damen von Felden natürlich kein Geheimniß mehr, was in Aller Munde war. Er dachte an Gertrud und lächelte leise vor fick bin. Er fühlte, welche magnetische Gewalt er über sie besaß, daß sie sich beugen mußte seinem festen Willen, und sein Wille war, sie grdchmülhigt zu sehen, sie, die Stolze, zu besiegen, daß sie aufblickte zu ihm. Die schöne, gesunde, juacndfrische Gestalt hatte seine Augen bestrickt; in ihrer Nähe fühlte er, daß er »och jung war, daß heiße« Blut in seinen Adern rollte, daß er noch nicht abgeschlossen hatte mit dem Leben, daß jetzt nach langer, langer Zeit ihm wieder ein Glück begehreiiöwcrlh er- schien, ans bas er schon verzichtet hatte. Eine rubige, stille Neigung empfand er sür Rosa. DaS kranke, edle Mädchen stand seiner Seele näher als ihre Schwester, aber diese hatte >bn bezaubert durch ihre Unnahbarkeit, ihre stolze Zurückhaltung, ihre körperliche Schönheit. IustuS wußte, daß Rosa viel besser war als Gertrud, daß sie ein warmes Her» und eine starke Seele besaß, sie erschien ihm al« ein ideales Geschöpf, zu dem er emporblickte, an da» er nie gedacht mit dem Gedanken, eS zu besitzen, zu begehren, wie er an Gertrud dachte. Süße Träume beschäftigten die Phantasie de« Arztes in den stillen Stunden, die er im japanischen Häuschen ver brachte. Er fühlte sich jünger, glücklicher als jemals. Er sah daS fchmie stolze Mädchen »>it dem röthlich glänzenden Haar, dem wechen Nacken, den schwellenden Lippen und den stradlenden graublauen Augen an seiner Seite, zärtlich, fügsam, brzwunac» von ihm, seiner Liebe. „Wenn sie mich liebt in uneigennütziger Liebe, mich, den einfachen Landarzt, wenn sie ihre», Stolz entsagt, sich mir zu *ann. Gertrud, sollst Du glücklich werden. ,o glücklich und stol^ wie nie ein Weib! Um seiner selbst willen geliebt zu werden. daS muß köstlich sein!" IustuS flüsterte eS in heißem Ton. und sehnsuchtsvoll blickte er hinüber nach dem Herrenhaus der FcldenS, da« den Inbegriff seine« künftigen Glücke« barg. Abenddämmerung herein, doch er stürmte binau«. warf sich auf sein Pferd mit leidenschaftlichen, Un- Äränve^ ^"!"'/^ nicht mehr, er füblt^ welche ^ ? ^gegangen war Er sehnte sich nach einem Weibe, da« ihn liebte, wahr und treu liebte. ""d ein dunkler "Treu" N Zug«, Seine Blicke umflorten sich, war. al« treffe ,hn ein Schlag in» Gesicht. .Ob sie treu srm kann?' fragte er sich leise, und forschend blickte er hinüber nach dem alten Bau, der ihm immer näher rückte. „Ja — ich glaube cS, sie wäre z» stolz, die Treue zu drecken", beschwichtigte er sein ängstlich klopfendes Herz, und rascher ritt er vorwärts. Elastisch schwang er sich vom Pferde, band den Zügel um einen Baumstamm »nd ging mit leichten Schritten hinein inS HanS, da er im Garten Niemand gewahrte. Er fand eie Damen bei der Abcntmablzcit; er nahm gern die Einladung an, an derselben theilzuiiekmen. Gertrud selbst ging und brachte ein Couvert sür ibn; dann saß sie ihm gegenüber und mußte zu ihm ausblickcn, so wunderbar verändert fand sic ihn. Auch Rosa fand es, und jubelnd sagte sic: „Seben Sie, Doctor, wie freudig, wie strahlend Sie anSsclicn, nun Ihnen so Großes gelungen ist." Auch die Baronin sprach ihre Freude au«, daß endlich die schönen Pläne ihre- Gatten zur Ausfübriing kamen; sie dankte ibn, mit herzlichem Händedruck, und Rola nicklc ihm zu mit iunigcm, dankendem Blick. „O, ich bade auch noch andere Pläne", ftibr IustuS lächelnd zwischen die Dankc-workc, „Pläne sür mich selbst. Ich will mich hier nirdcrlasscn sür immer, will mir ein Haus bauen, klein, bescheiden, wie ein Landarzt e» braucht, iin englischen Cottagestil, mit einem kleinen Garte», ganz hier in Ihrer Nähe, da in Felde» da« Bauierrain nickt allzu thclier ist, so daß meine Mittel mir schon erlauben, HauS- eigentbümer zu werden." „O. da« ist herrlich", rief Rosa, „so werden wir ganz nabe Nachbarn." „E« ist ein Segen sür alle in Felde» »nd >u Schönburg", meinte die Baronin. „Sie denken jetzt nur an den Arzt, gnädige Fra», aber ich möchte auch al« Mensch Ihnen ci» >c illfoiiimciier 'Nach bar sein", bemerkte Iuslu«, und sein Blick bing dabei an Gertrnv, solange und innig, daß c sc erglühend die langen Augenwimpern fenkte, »nd die Baronin leise zujanimcnschlak. Nur Resa balle e« nickt bemerkt. „sind wann wird Graf Schönburg komme»?" fragte jetzt Gertrud, sich gewaltsam saffend; der Einfluß, den die Näoe de« DcctorS aus sie übte, war so mächtig, daß sie sich dem-
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