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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189509025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-02
- Monat1895-09
- Jahr1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.09.1895
- Autor
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Tabellarischer und Zijfernjatz nach höherem Tarif. Ertra»vkilagkn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng » 60.—, mit Postbefördernng 70.--. Annahmeschluß für Anzeigen: (nur Wochentag») Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Mr. Marge n-Au«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet« an die Expedition »» richten. Drnck und Verlag von L Pol, in Leipzig. 423. Montag den 2. September 1895. 89. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Heute Montag, den 2. September, wird aus Anlaß der Sedan-Feier unsere Expedition von 1Ä Uhr ab geschlossen bleiben. Lxpeättion ä«8 L,elp/.lKer l'aZvdlntteZ. Gekannlmiichllitg, den Fährverkehr au, Sevanfest betreffend.^ Anläßlich der diesjährigen Sedanfeier findet Montag, den 2. September, Mittags 12 Uhr ans dem Promenadenhügel an der Ersten Bürgerschule ein Lalutschictzen mit Bollern durch dir Leipziger Schützengesellschaft statt. Tie Führer derjenigen Geschirre, welche zur fraglichen Zeit dort vorüberfahrcn, haben daher dir nöthigen BorsichtSinaßregeln anzumenLen, damit nicht durch Scheu- werden der Pferde das Publicum in Gefahr gebracht wird. Während des am gleichen Tage von Nachmittag- 2 Uhr an stattfindcnden AcftjUgS bleiben die von demselben berührte» Straßen (Mozartstraße, Carl-Tnuchiiitzsiraße. Obstmarkt, südlicher Theil der Ringstraße bis zur Post, Augnslusplatz, Grimmaische Straße, Süd-, West- uud Nordseite des Marktes, Kathacinenstraße, Brühl, Ran- stüdter Steinweg, Frankfurter Straße und Leutzscher Weg bis zum Schützenhof) für allen Fahr- und Reitverkchr gesperrt. Alle am Nachmittag und Abend des 2. September nach dein Schützenhof fahrenden Wagen haben ihren Weg vom Frankfurter Thorhaus über den Lentzfchcr Weg. die von dort nach der Stadt zurückfahrenden Äam» dagegen über den neuen Fahrweg voin Schützenhof nach dem Anhthurm zn nehmen. Dies gilt insbesondere auch für die Abends nach Beendigung des FcuerwerkS nach der Stadt fahrenden Wagen. Leipzig, am 28. August 1895. Der Rath und das Polizeiamt der Stadt Leipzig. Vr. Georgi. Bretjchneider. v. N. 4051. StadtbaumeisterstkUe. Die hiesige mit einem Gehalte von jährlich 1800 dotirte Stadt- baumeisterstelle ist spätestens am 15. October d. I. neu zu besetzen. Bewerber, welche eine der für das Hoch- und Landbaufach ge- ordneten Prüfungen bestanden haben, wollen ihre Gesuche unter Beifügung von Zeugnißabschrlsten bis 10. September dieses JahrcS bei dem Unterzeichneten Stadtrath einrrlchen. Bei zufriedenstellenden Leistungen wird Gewährung von GehaltS. zulogen in Aussicht gestellt. Stadtrath Roßwein, den 24. August 1895. Bürgermeister VUcker. Stimmen der Presse zum Sedantage. /S. Alle größeren deutschen Zeitungen, soweit sie uns vorliegen, enthalten an leitender Stelle Betrachtungen über das heutwe Nationalfest. Eine Ausnahme macht merk würdiger Weise die „Norddeutsche Allgem. Zeitung". Bielleicht hat sie sich einen Festartikel noch aufgespart; vor der Hand druckt sie an dem Platze, wo man einen solchen erwarten durfte, eine Correspondenz ans Nom ab, die das für Italien zweifellos zu jeder Jahreszeit anziehende Thema: „Ostia, der Seehafen von Rom" behandelt! Deutschen Lesern wird dieser Stoff am heutigen Tage etwas wässerig Vorkommen. Nach dieser kleinen, aber wohl nicht überflüssigen Ab schweifung beginnen wir unsere Rundschau, und zwar mit der politischen Rechten. Die „Kreuzzeitung" sieht die Bestimmung des Sedan tages darin, daß er die Erinnerung an die großen Thatrn Gottes in unserem Volke von Neuem lebendig werden lasse: „Möge der Sedantag unser deutsches Volk wieder zum Glauben führen; denn allein aus dem Glauben stießt das neue Leben, alle Tugenden entquellen ihm. Wenn wieder der rechte Glaube lebendig wird, dann wird auch Pflichttreue und Gehorsam, Zucht und Genügsamkeit wiederkebren; dann wird die Liebe zu König und Vaterland, die Ehrfurcht vor der Obrigkeit und die Achtung vor dem Gesetze neu erstehen." Der „Neicböbote" ermahnt zur Demuth: „Freuen wir unö, aber bleiben wir demüthia! Denn den Hoffartigen widerstehet Gott, aber den Demüthigen giebt er Gnade. DaS predigen uns die Ereignisse von 1870 in erschütternder Weise! Geloben wir eS beute in neuem Entschlüsse, durch unsere persönliche Tüchtigkeit, durch die Arbeit an uns selbst und in unserem Berufe, in liebevoller Hingabe und Mit arbeit an dem Wohle der ganzen Nation — aller Elasten — die Größe. Macht und Stärke des Reiches bauen zu helfen, auf daß ein Segen ausgehe von diesen festlichen Tagen zur Stärkung des Patriotismus, der Liebe und Treue gegen Gott, gegen Kaiser und Reich." Dem „Volk" will eS fast scheinen, als ob wir Deutsche im Sturm der Schlacht zwar wie Löwen kämpfen, aber im Frieden es zu sehr an der Betätigung des geistig-sitt lichen Mut hes fehle» lasten: „Das aber muß anders werden. Wie nur durch Kampf und Ringen daS Kleinod der deutschen Einheit konnte erworben werden, so wird uns dies edle Gut des socialen Glückes nur dann zufallen, wenn wir jenen anderen Erbfeind bekämpfen, der uns um unser nationales GeisleSerbe bringen will, ich meine die Gleich giltigkeit, Lauheit und geldgierige Genußsucht." Die „Tägliche Rundschau" sieht die Befürchtung, daß der Hader der Parteien und der Zank um TageS- fragen den Nachgeboreneu nicht Muße und Stimmung geben werde, um dem Wehen des Geistes einer großen Zeit zu lauschen, widerlegt: „Es muß mit Freuden bezeugt werden: überall ist daS vaterländische Empfinden in lebhaften Schwung versetzt. Freude und Dankbarkeit über DaS, was unsere Veteranen auf den Schlachtfeldern erstritten haben, drängt das Kleinliche und Häßliche weit zurück, um in frischem Krastgefühl die ruhmreichen Erinnerungen zu pflegen. Wohl stehe» auch entartete und verführte Söhne unseres Volkes grollend abseits; giftiger Hohn und widerliche Lästerung der Pflichttreue und des HrWc.i.hmnSdvrt-berkbee. Aber eben dieser mißtönende Lärm wird Manchen, den ge fährliche Lockungen sonst wohl zum Ueberläufer gemacht hätten, zur Besinnung und zur Einkehr bringen und ihn er kennen lasten, welchen Preis er für ein Trugbild zu zahlen im Begriff stand." Die „Post" betont, daß wir nicht in Ruhmredigkeit und Ueberhebung, nicht im Verlangen nach neuen Erfolgen diesen Tag begeben, daß vielmehr durch unsere ganze Feier sich daS Bekenntniß ziehe, daß der oberste Feldherr auf die KriegSdenkmünze hat prägen lassen: „Gott war mit unS; Ihm sei die Eyre!" Die „Post" schließt: „Die Feier von Sedan zieht einen Strich. Diesseits steht Alles, waS am Erinnerungstage des großen Sieges in Demuth, Dankbarkeit und berechtigtem Stolze gedenken will, jenseits sehen wir jene BeklagenSwerthen, die mit Gott auch monarchischen Sinn und Vaterland verloren haben. Ein Theil dieser Leute ist für die nationale Sache dauernd verloren, die größere Menge aber ist noch zu retten. Wir habe» keine dringendere Pflicht, als jene verirrten Brüder der gemeinsamen Sache zurückzuführen. Es kann gelingen, wenn wir mit Ernst und gutem Beispiel an die Arbeit gehen. Der äußere Feind erfordert unsere Auf merksamkeit, aber er macht unS keine Sorge; so wollen wir unsere ganze Kraft in Milde, aber auch, wo eS an gebracht ist, in Entschiedenheit gegen die innere Bedrängniß einsetzen. Dabei wird Gott mit unS sein, wenn wir nur die ernste Absicht haben, selbst zu helfen, und zu seiner Ehre können wir nichts Größeres thun, als wenn wir die Flamme der Begeisterung, welche aus den Worten „Mit Gott für König und Vaterland" spricht, anfacben und vor allen Dingen wieder in Herzen entzünden, in denen das heilige Feuer erloschen ist." Auch der „Schlesischen Zeitung" will es scheinen, daß eS eine zweischneidige Waffe sei, die gerade jetzt von der Umsturzpartei mit so maßloser Wuth gebraucht wird: „Sollte es ihr wirklich bereits ae nngeu sein, alles nationale Empfinden unter ihrer Gefolgschaft auSzumerzen? Sollte keinem unter den deutschen Socialdemokraten eine zornige Blut welle die Stirn röthen, wenn er in seinem Leiborgane liest, daß unser alter Kaiser nicht der kraft- und weisheitsvolle Heer- könig und Friedensfürst, sondern nur ein kraftloser Greis gewesen sei, sollten sie alle ruhig bleiben, wenn ihre Väter und Brüder, die für die Errettung des Vaterlandes ihr Blut verspritzt haben, als „Mordspalrioten" und Henkers knechte hingestellt werden? Wir vermögen eS nicht zu glauben. Es rollt ihnen doch Allen deutsches Blut durch die Avern, und was die anderen Volksgenossen mit Schmerz und Zorn, mit Dank und jubelnder Freude erfüllt, kann nicht ganz ohne Widerhall bleiben in ihren Herzen. Wir glauben, daß die neuesten Ausschreitungen der socialdemokratischen ,,Fübrer" keineswegs geeignet sind, ihre Herrschaft über die Plasten zu befestigen." Der „Hamburgische Correspondent" wünscht, daß der heutige Aufschwung der GemütherThaten derNächsten- liebe wirke: „Wenn Kerzenglanz und Fackelschein erlöschen und der letzte Ton der Festfanfaren verklingt, dann wirke die neu gelobte Gesinnung Thaten zum Besten des Vater landes und seiner Bewohner» die nun seit einem Viertel- iahrhundert unter den Fittichen deS Reichsadlers in Frieden Hausen. Es wäre ein schönes und verdienstvolles Werk, wenn im Jubel der Feier Staat und Gemeinde und Einzelne beschließen würden, dem 25 jährigen Bestand res schwer errungenen Reiches durch Thaten sür den gemeinen Nutzen, durch Gründungen und Stiftungen für die Armen und Nothleidenden, denen die Freude selten oder nie nahe tritt, Denkzeichen zu errichten, die den Tag überdauern. Das, dünkt uns, heißt dem Sedantage das würdigste Aedächtuiß bereiten^ Leml Herzen und Hände sich gleicherweise erheben zu Werken der Vaterlandsliebe und der Menschenliebe!" Die „Hamburger Nachrichten" begehen die heutige Feier nicht nur mit Stolz auf die Vergangenheit, sondern auch mit Zuversicht und im Vertrauen auf den guten Stern unseres Volkes: „Wir sehen heute unser Volk sich in die Erinnerung an die große Zeit versenken, die die Erfüllung aller Hoff, nungen und Wünsche brachte, welche unsere Borfahren bezüglich deutscher Einheit, Macht und Würde lange Jahre hindurch vergebens gehegt hatten. Die politische Apathie, die in den letzten Jahren aus manchen Gründen wie ein Alp auf dem nationalen Leben des deutschen Volkes gelastet hat und jede kräftige Aeußerung des VolkSgeistes unterdrücken zu wollen schien, ist in weiten Kreisen der Bevölkerung vor den starken Eindrücken der Erinnerung an die glorreichen Ereignisse von 1870/71 gewichen; sie haben erfrischend und kräftigend wie ein Stahlbad auf die erschlafften Nerven des nationalen Organismus gewirkt; starkes Nationalgefühl schwellt heute jede deutsche Brust, Freude am Baterlande erfüllt Alle, und was die Nation sonst spaltet und bedrückt, tritt zurück. Wir glauben, daß in den erfreulichen Wahrnehmungen, die jetzt das Wiedererstarken des deutschen National- gefühlS und der patriotischen, opferbereiten Gesinnung erkennen lassen, eine beruhigende Bürgschaft für die Zukunft liegt. Wir fühlen am heutigen Tage mit doppelter Stärke, daß das näm- liche Deutschland, das vor 25 Jahren die Welt durch seine Thaten in Bewunderung und Respect versetzte, trotz aller Misöre des Augenblicks sofort wieder erwachen und auf seinem Platze stehen wird, wenn die Noth eS erheischt, wenn Deutschland aufs Neue genöthigt werden sollte, zum Schwerte zu greifen und sich gegen äußere Angriffe zu wehren. Wir sind überzeugt, daß dann aller innere Streit und alle Zwietracht zwischen den Parteien ebenso vergessen sein würden, wie es vor 25 Jahren die particularen Unterschiede waren. Mit Besorgniß haben wir zwar auf die Stellungnahme der socialdemo kratischen Elemente der nationalen Sache gegenüber zu blicken, aber wir glauben doch, daß die Worte der soetaldemokratischen Presse den Gefühlen widersprechen, die in der Bevölke rung, die zu vertreten jene Presse vorgiebt, aufleben, so bald der Ruf de» Kaisers zu den Fahnen, zum Schutze des Vater landes ertönt und der Rock des Königs seine Wirkung auf die Herzen ausübt, die unter ihm schlagen. So begehen wir die heutige Feier nicht nur mit Stolz auf die Vergangenheit, sondern auch mit Zuversicht und im Vertrauen auf den guten Stern unser» Volkes, an den auch der noch unter uns weilende Repräsentant der großen heroischen Zeit unsers Volkes den Glauben nicht verloren hat trotz mancher erlebten Enttäuschung. DaS deutsche Volk steht fest wie die deutsche Armee. Da» hat sich gezeigt in den unvergeßlichen Apriltagen dieses Jahre-, wo ganz Deutschland im Sachsen waide seiner Gesinnung so erhebenden Ausdruck gab; das zeigt sich jetzt wieder, wo die Erinnerung an die gewaltigen Ereignisse von 1870/71 alle Gemüther zu patriotischer Begeisterung fortreißt. Wir fühlen uns des deutschen Schwertes sicher und dürfen daran glauben, daß der kuror Isutonious, der 1870 alles niederriß, was sich ihm entgegenstellte, auch in Zukunft seine Wirkung nicht versagen würde, wenn Deutschland aufs Neue zur Bertheidignng seiner Macht und Ehre hrrauSgesordert werden sollte." Die „Berliner Neuesten Nachrichten" erinnern an die schmerzlichen Erfahrungen, die im Laufe der letzten Jahre das deutsche Volk hat durchmachen müssen: „Tine Periode innerer Gährnng »nd Unzufriedenheit ist cnst die, »reiten der frohen Jugendschwärmere» gefolgt und schien zuweilen die dankbare Würdigung de» vor 25 Jahren Errungenen er sticken zu wollen." Aber: „Die Schatten, die so manches Jahr auf Deutschlands Gefilden gelagert, weichen heute in goldigem Strahl der neu aufsteigenden Vaterlandssonne. Heut' ist die Nation wieder in Eintracht geeint, und ver gessen ist für einen Augenblick ber alte Hader. Möge die Weihe, die in die Gemüther eingezogen ist, läuternd und reinigend auch für die Zukunft wirken und inmitten der späteren AlltagSkämpse den Gedanken von Neuem kräftigen: lieber Alles daS Vaterland!" Die Münchener „Allgemeine Zeitung" wendet sich gegen die Unterstellung, daß die Sedanfeier eine chauvinistische Ueberhebung sei: „Mehr vielleicht noch, als es bei den übrigen Gedenkfeiern des Jubeljahres der Fall gewesen ist, gilt die Sedanfeier nicht dem Kampfe an sich, nicht der kriegerischen Großthat, obwohl auch ihrer uns zu freuen wir das Recht und die Pflicht haben, sondern den Errungenschaften des Kampfes, der Vollendung deS auf den Schlachtfeldern von 1866 begonnenen und auf Frankreichs blutgetränkten Gefilden zum Abschluß gebrachten Werkes der nationalen Einigung." Die „Rheinisch-Westfälische Zeitung" erinnert daran, daß dem Werden des deutschen Reiches ein Werden deS deutschen Volkes in seinem nationalen Bewußtsein und Feirrlletoi,. Schwere Kämpfe. Roman aus dem großen Kriege. Von Earl Tanera. 1. Nachdruck verboten. Noch einige leichte Schlage, dann ließ er die Ruder fallen; daS Boot gleitete immer ruhiger auf der spiegelglatten Fläche de» SeeS dahin, dann blieb es stehen. Lieutenant Horn stützte die Ellenbogen auf die Kniee, legte den Kopf in die Hände und blickte in Gedanken versunken vor sich hin. Es war rin herrliches Stück Erde, daS sich in zauberischer Abendbeleuchtung vor ihm auSbreitete. DaS Master des Starnberger Sees erscheint gewöhnlich azurblau. Jetzt lag ein Streift» rolhflüssigen Goldeö darauf, und drüben gegen Ambach und St. Heinrich zu schattirte r- in dunkles Violett. Am Ufer selbst sah man in einer schwarzen Fläche nur hier und da ein leichte- Glitzern, wenn der Strahl der treuen Sonnenbegleiterin, der VenuS, eine Welle traf. Die Wal dungen und die mächtigen Eichen und Weißbuchen deS Parkes von Bernried silhouettirten sich an dem dunklrn Rothaold des westlichen Himmels so stark ab, daß man jeden einzelnen Zweia erkannte, und dazwischen ragte der hohe Kirchthurm de- Dorfe» mit seiner birnförmigen Spitze als da» Er innerungszeichen an daö längst verschwundene Kloster empor. Urber dem See und seinen idyllischen Ufern breitete sich nunmehr eine immer dichter werdende Dämmerung au«. Die zackigen Spitzen der im Süden vorlagernden Hochalpen leuchteten aber noch in wunderbarem Roth. Der obere Theil der Zugspitze erschien wie glühende« Erz, dir FelSgrate de« Wettrrsteiogebirge« wurden noch von den letzten Strahlen der vom See au« längst nicht mehr sichtbaren Sonne g». troffen, und die Schneerillen an den Felsabhängen de« Kar- wändel glänzten wie PboSphorstreifen auf einer dunNen Wand. Einige Zeit gab sich der junge Officier dem fesselnden Eindruck der ihn umgebenden Naturschönheiten hin. Dann senkte er den Kopf und überlegte. „Sie muß mich lieben! Es ist doch nicht möglich, daß meine Seele allein von einer so mächtigen Empfindung er griffen worden wäre, wenn nicht auch die ihrige der ge waltigen Einwirkung des unwiderstehlichen Liebeszaubers er liegen würde. Zwei Herzen müssen doch zusammen schlagen, wenn sie so für einander geschaffen sind wie die unfern!" Ob ich aber nicht doch mich selbst falsch beurtheile? Nein, gewiß nicht. Es kann nur wahre Liebe sein. Es ist die echte Liebe, die für ein ganzes Leben auSreicht, die die Grundlage sür eine dauernd glückliche Ehe bildet. Bisher habe ,ch einfacd die Cour gemacht. Die niedliche kleine Emma Raßner! Sie tanzte so nett. Und dabei war sie so schüchtern. Wie sie mir damals beim Pfänderspiel im Casino den ersten Kuß gabl Haha, das arme Dinachrn wurde so roth wie Zinnober. Später ließ sie sich doch oft genug einen Kuß stehlen, ohne besonder» zu erröthen. Und die stolz« Erna von Schwarz! Gott, empfunden habe ich für diese eigentlich nicht viel. Aber eS war mir doch ein Triumph, sie so recht verliebt in mich zu machen. Dann freilich nahm sie'» ernst. Donnerwetter, da wäre ich ohne die warnenden Rathschläge meiner Mutter doch fürchterlich rringerafselt. Na, bester so, al« wenn ich jetzt im Kreise der hohen Verwandten und Bekannten derer von Schwarz eine wenig glänzende Rolle al« bürgerlicher Ein dringling spielen würde. Rosa Becker! Ja, ja, daS war ein Wunder Punct. Ich verdankte dem Mädel schöne Stunden, und geliebt hat sie mich wirklich. Ich bin doch recht froh, daß sie jetzt einen braven Mann hat. Für mich hat die dralle Schreinermeisters frau langst aufgehört, etwas andere« zu sein, als eine nette Erinnerung an meine ersten, etwa« leichtsinnigen Officierjahre. Ich brauche mir nicht einmal einen großen Borwurf daraus zu mache». Bin ich doch rechtzeitig umgekehrt und eigentlich ein ganz ordentlicher Mensch geworden I Wer wird mich dafür tadeln, daß ich in den letzten Jahren noch manchem schönen Mädchen in allen Ehren den Hof machte? Da« wird selbst daS ge strenge Fräulein Renate Tborstraten einsehrn, daß ein junger Lieutenant nicht wie rin Eaplan in seinen vier Wänden sitzen und die einzige Erholung in der Bierkneipe suchen kann! Sie ist ia sehr streng! Wie unnahbar sie mit allen Herren verkehrt I Manchen Witz, Uber den unsere süddeutschen Damen ganz ungenirt loSlachea, übergeht sie, al« ob man «in« Un gebeuerlichkeit gesagt habe. Und wie rnergisch fl« sich gegen die Anrede mit ihrem Vornamen verwahrt«! DaS ist aber wohl nur Ungewohnheit mit unser«» Sitten. Jetzt glaube ich e« auch, daß in Hamburg ein fürchterlich steifer Ton herrschen muß. Wenn ich eine unserer Damen mit dem Zu namen anrrden wollte, z. B. „Fräulein Albwriler", „Fräulein von Schwarz" oder gar wenn ich, wie eS Fräulein Renate Thorstraten verlangt, „gnädiges Fräulein" sagen wollte, nach dem wir bereits Wochen und Monate mit einander ver kehren — ich glaube, die Kameraden würden meinen, ich sei übergeschnappt. — Und doch steckt hinter der steifen, fast ab lehnenden Form der schönen Hamburgerin rin vorzüglicher Kern. Der Blick ihrer Augen ist so warm, so zu Herzen gehend, wie ich noch nie einen sah. Sie lächelt ja selten. Thut sie e- aber, dann siebt ihr Gesichtchrn so überreizend, so himmlisch, so verführerisch aus, daß ich — Herrgott, wenn ich sie beim letzten Walzer am vergangenen Mittwoch so recht hätte an mich drücken und küssen und wieder küssen und noch mals, ja endlos weiter küssen dürfen; ich glaube, ich wäre wahnsinnig geworden vor lauter Liebe und Wonne. Bin ich denn nicht halb wahnsinnig? Ich, ein einfacher bayerischer Lieutenant, der nickt- hat als sein« magere Gage, will um die verwöhnte Tochter de» reichen Hamburger Kauf herrn werben! WaS kann ich ihr denn eigentlich bieten? Viel ist e» nicht. Und doch vielleickt mehr, al» sie je in ihrem steifen kalten Norden finden kann; rin Herz, da» ihre Anmuth, ihr echt weibliche- Wesen, ihr würdevolles Benehmen, ihr Tact, ihre stolz« Figur, kurz Alle», Alles, was sie ist und hat, in eine wahre Weißgluth von Liebe brachte. Und noch mehr. Ich biete ihr eine unwandelbare Treue, eine Treue bi» zum Tod. AuSgetobt habe ich ja genug. Von nun an soll all mein Denken, Trachten und Schaffen meinem ehelichen Weibe gehören. Dick, Renate Thorstraten, will ich aus den Händen tragen, will dich wahren und schützen al« da« Heiligste, wa« mir die Erde birgt; dein Glück soll da« Ziel meine- Leben», deine Liebe der einzige Lohn sein, den ick für all mein Mühen erstrebe. Wie thörichtl Ich stelle mir di« Zukunft vor, al- ob Renate mir schon ihr Jawort gegeben, als oo sie schon meine Verlobte wäre. — Wird sie mich erhören? — Wenn nicht, wa- dann? — Ach wa«I Ludwig Horn, sei doch nicht so ver zagt wie «in angehender SchulamtScandidat. Hast doch noch nie vor einem hubscken Mädchen Scheu gehabt, und jetzt, wo e« sich um da- höchste Ziel, um drin dauernde- LebenSglück handelt, solltest du zaghaft werden! Da« verträgt sich ja gar nicht mit dem flotten Officier, für den dich Jedermann hält. — Morgen bei dem Fest in Tutzing muß ich Klarheit erhalten. Morgen muß ich eine Gelegenheit, str allein zu sprechen, finden, und wenn ich ihre Tante direct um ihre Unterstützung bitten müßte. Die thut eS auch. Ich bin ja stets so liebenswürdig gegen sie gewesen, daß sie nicht höher schwört, als auf den Lieutenant Horn. Sie würde mich sofort mit Freuden als Schwiegerneffen begrüßen. Also morgen auf zur Attacke! Einem ordentlichen Sturm wird die schone Veste nicht mehr Stand halten, und dann soll eS alle Welt vernehmen: Beide haben gesiegt, denn der kühne Angreifer weiht sein ganzes Leben dem Dienste der holden Besiegten, der herrlichen Renate Tborstraten. Während dieses Gedankengangs des OfsicierS war daS letzte rothe Leuchten am westlichen Himmel verschwunden, VaS leichte Düster einer klaren FrühlingSnacht breitete sick über den Starnberger See und das umliegende Gefilde aus. Man schrieb den 20. Mai 1870. — Ludwig Horn ergriff nun wieder die Ruder und trieb daS Boot mit leichten Schlägen dem westlichen Ufer zu. Nach kurzer Zeit tauchte zwischen hohen Bäumen ein kleines, mit grauen Schindeln gedecktes Holzhäuschen auf. Aus einem der niederen Fenster fiel ein schwacher Lichtstrahl auf die dunkle Wasserfläche deS SeeS. Als der Lieutenant mit seinem Boote sich auf etwa 200 Meter dem Häuschen genähert hatte, ließ er einen Juchzer erschallen, so, wie ihn die Be wohner der Hochalpen bei freudigen Gelegenheiten in die Luft schmettern. Au- dem erleuchteten Zimmer des Häuschens antwortete die Stimme einer älteren Dame: „Kommst Du endlich, Ludwig? DaS Bier steht schon lange auf dem Tisch und wird ganz warm. Bitte, laß mich nicht länger warten." „Nein, Mutter. Ich bringe nur da» Boot in die Hütte. In drei Minuten bin ick bei Dir." Er verdoppelte seine Ruderschläge. In wenigen Secundcn verschwand er in einer am Ufer angebauten Schiffshütte. Kurz darauf schritt er durch den kleinen Garten und trat in da» Häuschen. „Guten Abend, Mutter. Verzeih', !daß ich so lange aus- blieb. Ich wollte erst mit mir selbst klar werden." „Wie soll ich Deine Worte verstehen?" „Du weißt e« ja, Mutter. Du kennst mich doch so genau, daß ich Dir nicht mehr zu sagen brauche, un, was c« sich bei mir handelt. Oder solltest Du nicht bemerkt baden, WaS mein Innere« Tag und Nacht beschäftigt?" „Ich habe eS bemerkt, und zwar will ich Dir gestehen, mit großer Freude" „Also mackt Renate Tborstraten auf Dich auch einen guten Eindruck?" „Den besten, Ludwig. Ich würde kein andere« Mädchen
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