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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-08
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030908019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903090801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903090801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-09
- Tag1903-09-08
- Monat1903-09
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Reklamen unter dem Redaktion»ftrich (»gespalten) 75 vor den Familienuach« richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnaanahme L5 L, (exrl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbesSrdrrung SO.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. Iiunahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag vou L. Potz in Leipzig. Nr. 458. Dienstag den 8. September 1903. 97. Jahrgang. Ein englischer Minister über kaufmännische Lildung. Auch in Deutschland werden die Verdienste dcS kürzlich verstorbenen Lord Salisbury um das englische Staats wesen unumwunden anerkannt. Unzählige Nachrufe aus allen Parteirtchtungen sind über ihn erschienen, die seine Tätigkeit und seine Erfolge als Politiker und Staatsmann eingehend beleuchten. Wie er namentlich als Leiter der englischen Regierungsgeschäfte sein Augenmerk auf die Entwickelung der inneren Handelspolitik richtete, so hat er auch dem kaufmännischen BilduugSwesen ein weitgehen des Interesse entgcgengebracht und diese» auch häufig in der Oeffentlichkeit bekundet. Eine seiner hervorragendsten Reden über die moderne Bildung des Kaufmanns ist die, welche er zu Anfang des Jahres 1901 gelegentlich eines Bankettes der vereinigten Londoner Handelskammern ge halten hat. Es sind diese Ausführungen auch heute noch um so interessanter, als sie sich eingehend mit den Ver hältnissen in Deutschland beschäftigen und insbesondere die Stellung des deutschen Kaufmanns auf dem Weltmärkte erörtern. Besonders aus dem Vergleiche zwischen dem kaufmännischen Berufe der englischen und der deutschen Nation lassen sich praktische Lehren für die Zukunft, für die Erziehung des kaufmännischem Nachwuchses ziehen. Den eigentlichen Ausgangspunkt seiner Rede bildete der südafrikanische Krieg, den England damals mit dem Bauernvolke, den Boeren, führte. Er betonte, daß die britische Nation an Ansehen nach außen hin und an Einig, kett nach innen nichts eingebttßt habe und daß sie aus diesem Kampfe doch siegreich hervvrgehen müsse. Jetzt, wo die Geschichte ihr Urteil über diesen unseligen Krieg bereits gesprochen hat, denkt man vielleicht auch in Eng land über die erzielten Erfolge anders. Lord Salisbury meinte damals allerdings, daß dem modernen England weit gefährlichere Feinde als die Boeren gegenübcrstän- ben. Gefährlicher als diese seien die beiden großen Kon kurrenten auf dem Weltmärkte: Amerika und Deutschland. Besonders letzteres habe durch seinen ungeheueren Auf schwung tm Innern des Reiches und durch die rasche Aus- dcynuug seiner HandelSbeztchungan nach allen Teilen der Erbe den Glauben aufkommen lassen, es werbe für die Entwickelung des britischen Handels immer mehr eine Gefahr bilden. Hier und da habe man schon von einem Handelsgespenst Deutschlands gesprochen. Wenm aber auch eine Rivalität zwischen den beiden großen Handels nationen vorhanden sei, so dürfe man sich doch von Heber- tretbungen nicht irresühren lassen. Die WelthanbelSmacht Englands sei noch immer im Wachstum begriffen, und wenn auch die Monopolherrschaft, die England ehemals besessen habe, ihm -um teil streitig gemacht werde, so werde es doch seine Stellung auf dem Weltmärkte, die es jahr- hunbertelang besessen, auch fernerhin behaupten. Die Konkurrenz auf dem Weltmärkte werde die britische Nation sicher bestehen, obwohl ihr eine solche nicht bloß auf dem europäischen Kontinent in dem aufstrebenden Deutschland, sondern auch auf dem neuen Erdteile in den rüstig vor- wärtsschreitenden UankeeS gegenüberstehe. Gerade in letzteren haben sich eine so fabelhafte Beweglichkeit und ein so glücklicher Unternehmungsgeist bekundet, daß man eher noch von einer amerikanischen Gefahr sprechen könne. Aber auch das sei in Wirklichkeit eine bloße Uebertreibung. Deutschland habe auf dem Weltmärkte unstreitig große Erfolge errungen. Das fei aber hauptsächlich dem Um- stände zu danken, daß hier in den letzten Jahrzehnten Be strebungen sich geltend gemacht hätten, die auf eine ent- sprechende Ausbildung des Kaufmanns gerichtet wären. Denn unter kleinen Verhältnissen bedurfte es nur eines einfachen Unterrichtes, unter dem Eindrücke llnternatio- naler Beziehungen jedoch sei eine erweiterte Schulung notwendig. Diesem Umstande suche Deutschland durch die weitgehende Pflege und einen zeitgemäßen Ausbau deS kaufmännischen Unterrichtswesens, in letzter Zeit auch durch die Errichtung von Handelshochschulen, Rechnung zu tragen. Sein rasches Vordringen auf den verschie- densten Handelsgebietcn verdanke der deutsche Kaufmann seiner intensiven Vertrautheit mit den Verhältnissen des Geschäftslebcns und feinem Sinne für das Spezielle. England habe früher das Monopol der großen Stapel artikel auf dem Weltmärkte besessen und darin eine mächtige Stütze feine Handelsmacht erblickt. Der deutsche Kaufmann dagegen habe sich für die kleinen und kleinsten Handelsartikel verwendet und sei auf diese Weise immer weiter auf den verschiedensten Absatzgebieten vorge- brungen. Außerdem habe er durch seine geschäftliche An- passungSfähigkeit an die Hanbelsverhältntfle der fremden Länder rascher und sicherer auch in den kleinsten Absatz gebieten Erfolg gehabt. ES wäre daher verfehlt, auf den bereits errungenen Erfolgen auSruhen zu wollen, noch dazu in einer Zeit, in der zwei so mächtige Konkurrenten auf beiden Seiten England gcgenüberstehcn. Deshalb müßte in der nächsten Zeit, in der die wich tigsten Handelstntereffen der Nation auf dem Spiele ständen, die Aufmerksamkeit der Negierung auf die Handelspolitik gerichtet sein. Kein Kulturstaat könne ohne sie mehr auskommen. Denn was bezwecke man mit der Vermehrung der Handelsflotte, mit der Vergrößerung des Landheeres und nicht zuletzt auch mit den kolonialen Be- strebungen anderes, als Mittel und Wege für die Handels- Politik zu schaffen? Nur dadurch könne die Stellung einer Nation auf dem Weltmärkte gewährt und gesichert werden. Immer mehr werde man sich darüber klar, -aß die auS- wärtige Politik rein kaufmännische Ziele zu verfolgen habe und deshalb ihr Vorgehen in der Regel ein praktisches und geschäftliches sei. Dafür sei ein Beweis tu dem Kon- flickte englischer und russischer Truppen um eine Schienen- legung, anderseits auch im Kampfe mit den Chinesen vor- Händen. Denn der Kampf mit China bedeute nichts anderes als die Erweiterung der Handelsbeziehungen mit dem Lande des Zopfes. Fast alle Verhandlungen der aus wärtigen Politik seien deshalb handelspolitischer Natur. Diesen Tatsachen dürfe man sich aber auch im Innern des Landes nicht verschließen. Deutschland habe sich in den letzten Jahren eifrig bemüht, einen Nach wuchs zu schaffen, der diesen veränderten Verhältnissen nach innen und außen vollauf gewachsen sei. Di« bisher befolgten Grundsätze der kaufmännischen Bildung seien veraltet und müßten heute Lurch neue, zeitentsprechend« ersetzt werden. Denn was durch «ine sogenannte Ge- schäftSroutine erzielt werde, reiche vielleicht für den Klein kaufmann hin, für den Vertreter des Handels, der so wichtige nationale Interessen zu verfolgen habe, genügen sie indessen nicht mebr. Wie man in Deutschland in rich tiger Erkenntnis der veränderten Verhältnisse die kauf männische Fachbildung zu erweitern und nach dieser Rich tung hin umzugestalten suche, so müsse auch in England eine Reform des kommerziellen Bildungswesens platz- greifen. Diese Reform müsse sich in der Weise vollziehen, daß man eine ausgedehntere kaufmännische Schulung mit einem politisch-staatsmännischen Wissen zu vereinigen suche. Denn der Staatsmann und Politiker müsse heute mehr als ehedem kaufmännische Grundsätze verfolgen, der Großkaufmann dagegen müsse bei seinem zunehmenden Einfluß auf die Gestaltung des Handels im Auslande politisch geschult sein. Einen Anfang zu dieser Reform des kaufmännischen Bildungswesens in dem angedeuteten Sinne habe man nun bereits in England gemacht. In Loudon fei vor einigen Jahren (1895) die Hoch, schule für ökonomische und politische Wissenschaften (London School of Economics and Political Science) errichtet worden, welche in ihrem groß angelegten Bildungsprogramm auch außerhalb Les britischen Reiches, namentlich in Deutsch land, Anerkennung und Nachahmung gefunden habe. Worin besteht nun Las Unterricht sw efen. Las an Liefer Hochschule gepflegt wird? Die enge Verbindung von Politik und Volkswirtschaft, von Staatswesen und Handel soll einen tieferen Einblick in die Gestattungsformen Les sozialen und des wirtschaftlichen Lebens gewähren und dem Kaufmann die Möglichkeit bieten, sich ein sicheres Urteil über die sozialen Kragen der Zeit zu bilden. Die Ein richtung der Londoner Handelshochschule ist derart, daß -^Bildungsbedürfnisse der einzelnen Berufe nachMöglich. kett berücksichtigt werden. Es bestehen daher für die ein zelnen Zweige des praktischen Lebens Departements oder Abteilungen, so das Departement of Bankers, Las der speziellen Ausbildung von Bankbeamten dient, das Com- mercial Departement, das im Stil« einer Hochschule für die Erziehung von Kaufleuten bestimmt ist. Der vor einiger Zeit erschienen« dreijährige Bericht weist auf den speziellen Zweck dieser Einrichtung noch besonders hin. Es konnte danach eine höhere kaufmännische Erziehung nur ein System vermitteln, welches in demselben Verhält nis zum Leben und Beruf des Fabrikherrn, des Kauf manns und anderer Geschäftszweige steht, wie die medizi nische Fakultät zum Leben und Beruf des praktischen Arztes. Dieses System sollte einem wissenschaftlichen Un- terricht in -em Ausbau und -er Organisation der moder nen Jndustri« und des Handels, ferner in Len allgemeinen Ursachen und Merkmalen des Volkswohlstandes be zwecken, wie Liese durch die Politik und die praktische Er fahrung des britischen Reiches und üer fremden Staaten beleuchtet und erklärt werden. In dem Berichte kommt ferner der Gedanke zum Ausdruck, daß die verschiedenen Zweige des Handels und des Geschäftslebens praktisch ge- trennte und auch sonst verschieden« Berufe seien und des halb auch jeder eine besondere Art der Vorbildung ver lange. Eine Teilung und Spezialisierung sei also in erster Linie notwendig. Wenn man die London School of Economics and Political Science an einer ähnlichen Einrichtung in Deutschland erläutern will, so kann man nur die Akademie für Sozial, und Handelswissenschasten in Frankfurt a. M. als Vergleich heranziehen. Auch sie soll bekanntlich nicht bloß der Ausbildung des Kaufmanns dienen, sondern ist auch zur Vorbereitung in anderen Berufen bestimmt. Namentlich sollen der Techniker und der Verwaltungs beamte genau so wie der Vertreter des Handels sich in die großen Fragen des sozialen Lebens vertiefen und sich mit kaufmännischen Usancen vertraut machen. Die Grundlage deS Unterichts ist also hier dieselbe wie die des Commer- cial Departements an der Londoner Hochschul«, der Zweck dagegen ist «in verschiedener. Während man in England besonderen Wert ans eine Spezialisierung des Unterrichts legt, strebt gerade Li« Frankfurter Anstalt ein« Bereinigung der Berufe un- der BerufSinteveffen an. Di« Vertreter der verschiedenen Berufe sollen ihre Ausbildung zusammen erhalten, damit sie sich in ihren geistigen und sozialen Be- -ürfniflen besser verstehen lernen. Durch «ine solche ge- meinsame Pflege geistiger Interessen glaubt man nament. lich den gesellschaftlichen Zwiespalt zwischen Len verschieL«. nen Berufen ausgleichen zu können. Aber trotz aller Spezialisierung weist Las Commercial Departement der Londoner Hochschule ein überaus reichhaltiges Programm auf. Es umfaßt Volkswirtschaft, Statistik, Paläographie, Diplomatik, die gesamten politischen Wissenschaften, die Finanzwiflenschaft, die Wirtschafts, und Handelsgcschichte, das Eisenbahnwesen, LaS Bankwesen und die Handels- künde. Dagegen werden die praktischen Fächer, wie Buch, führung, Arithmetik, auch Handelsrecht und die modernen Handelssprachen nicht aevfleat. Nicht mit Unrecht wies daher auch Lord Salisbury in seiner Ansprach« darauf hin, daß gerade die Kenntnis fremder Sprachen viel zur Erweiterung der HandelSbe- ziehungen beitrage. Er hob dabei die Erfolge hervor, die -er deutsche Kaufmann gerade infolge seiner ausgedehn ten Sprachkenntniffe sich errungen habe. Es sei daher ge. miß ein Mangel, daß der Engländer deS im Verkehre mit den Handelsnationen so wichtigen Bindemittels, wie es die Feuilleton. Letzte Llüten. Von T. Holste 1 n (Leipzig). via<l k>r»(- verboten. Der deutsche Herbst ist farbenreich. Die Landschaft ist in ihm schöner, als im Sommer. Wenn die Nächte kühler werden, weicht das eintönige Grün aus den Wäldern. Die Laubbäumc verfärben sich und hüllen sich in bunt« Mäntel. Da leuchten die schwefelgelben -Birken, die roten Buchen, und reckenhaft heben sich aus ihrer Mitte die knorrigen Eichen ab. Im Sonneibglanz ist dann unser Herbstwald wunderschön, ein dankbarer Vorwurf für den Maler; denn jetzt erst scheint tausendfältiges Leben in ihm eingezogen zu sein. Jeder Baum wird zu einer Charakter- gestalt, die sich scharf von den andern abhebt. Tritt noch tm gemischten Wald das Grün der Tannen, Fichten und Kiefern hinzu, dann sind die Kontraste so mannigfaltig, der Farbenreichtum so grob, Laß wir unter fallendem Laub an die Pracht d«r tropischen Wälder erinnert werden. In diesem letzten Gruß, den un- die scheidende schöne Jahreszeit entbietet, icuu aoer der Blumenflor. Die Sommerblumen, die noch ihre verspäteten Knospen öffnen, werden schwächer und unansehnlicher, und der Herbst zeitigt bei uns in Wald und Au keine neuen Blüten. Nur auf feuchten Wiesen schimmert es von den lilafarben«» oder auch rosaroten Blüten der Herbstzeitlose. Die letzte Blume des Jahres kann so spät erscheinen, denn sie ist be. sonders gegen den Frost gerüstet. Ihre Zwiebel und ihr Fruchtknoten stecken tief in der Erde. Nachdem die Be- fruchtung im Herbste «rsolgt ist, wartet die Pflanze bi» zum nächsten Frühling, um ihren Samen zu reisen. So erscheinen bet ihr im Laufe eines Jahres im Gegensatz zu andern Pflanzen zuerst die Früchte und dann die Blüten. anto pntrom, der Sohn vor dem Vater, hat man darum scherzweise die Herbstzeitlose genannt. Sie ist außerdem auch «in zuverlässige» Bodcnthermometcr für Len Winter: denn ihre Zwiebeln liegen bald weniger, bald mehr tief in der Erde, stet- aber in der Schicht, bis zu welcher der Frost nicht mehr vordringt. Aber die interessante letzte Blllt« des beimischen Herbste» ist keine Ltebltngsblum« Le» Menschen; Lena alle» an ihr ist giftig, Zwiebel, Samen, Blätter un- Blüte! Selbst LaS Vieh macht sie krank auf Ler Weide. Ein mit ihren lila Blüten gestickter Wiesengrund erfreut darum durchaus nicht da» Auge des Landwirts. Er sucht >Lie Herbstzeitlose auszurotten, so aut er «S eben kann. In unfern Gärten haben wir aber einen reichen Flor an herbstlichen Blumen. Die meisten von ihnen und die wichtigsten sind Fremdlinge, und unser» Vorfahren waren sie nicht bekannt; denn sie sind erst vor nicht langer Zeit nach Deutschland einaekübrt worden. Da sind zuerst die Astern zu nennen. Es gibt auch in Europa «inhetmtsche Astern. So z. B. die niedlichen Alpen- astern mit gelben Scheiben und hellblauen Strahlen, aber sie sind keine Herbstblumen: in unsern Gärten blühen sie schon im Mai. Am Meercsstrande und in der Nähe von Salinen gedeiht die salzliebende Strandaster. „Stell auf den Tisch die duftenden Reseden, Die letzten roten Astern trag herbei. Und laß uns wieder von der Liebe reden, Wie einst im Mai . . Diese letzten Astern, die uns im Herbst an den Früh ling erinnern, sind über das Meer aus fremden Weltteilen .zu uns gekommen. Amerika sandte uns die großblumigen Staudenastern, die einige Jabre anSdauern und sich durch Teilung vermehren lassen. Die einjährigen aber, die wir im März und April in Mistbeete und Töpfe auSsäen und dann im Garten auspflanzen, sind Chinesinnen. Der erste „chinesische Schönkranz", wie die Blume früher ge nannt wurde, kam tm Jahre 1782 nach Europa und blühte zum ersten Male in dem ^»räin cion plant«« in Paris. Die einzige hat viele, zahllose Schwestern und Nachfolgerinnen gefunden. Selbst in dem einfachen Bauerngärtchen fehlt heute die Aster nicht, und die Gärtner überbieten sich im Heranziehcn neuer Varietäten. Man kennt bereit» Tausende von Sorten, von denen bald die eine, bald die andere sich einer größeren Beliebtheit erfreut. Dankbar sind sie aber alle. Mit bewundernswerter Ausdauer widerstehen sie der Unbill der Witterung de» Spätherbstes, trotzen dem Nebel und kalten Regenschauern, überdauern selbst die ersten Nachtfröste und l«uchten noch auf Beeten und Rabatten, wenn andere Blumen schon längst verwelkt sind. Bei alledem ist die Aster bescheiden, sie drängt sich nicht vor. Biel anspruchsvoller, glänzender tritt «ine Herbst» blua» unserer Gärten Hervorr Li« Dahlie oder Li« Georgine. Auf ihren Blüten, die über dem saftigen Grün ihrer Blätter leuchten, liegt ein Abglanz Ler Sonnenglut, und was die Rose im Sommer ist. Las will die Dahlie im Herbste fein. Hermann von Gilm hat sie besungen: „Warum so spät erst, Georgine? DaS Rosenmarchen ist erzählt. Und honigsatt hat sich die Biene Ihr Bett zum Schlummer schon gewählt. Sind nicht zu kalt dir diese Nächte? Wie lebst du diese Tage hin? Wenn ich dir jetzt den Frühling brächte, Du feuergelbe Träumerin; Wenn ich mit Maitau dich benetzte. Begösse dich mit Junilicht? Doch ach, dann wärst du nicht die letzte, Die stolze, einzige auch nicht." Heute ist die Dahlie eine moderne Blume; sie prangt in neuer Gestalt als Göcldahlie auf den Gartenbeeten un massenhaft als Schnittblume in unfern Sträußen. Eine einzige der Prachtblüten genügt als reizender Schmuck. Und trotz alledem ist sie nicht volkstümlich. Sie hat nicht vermocht, sich die Liebe Les Voltes zu erringen. Vor einer Reihe von Jahren sagte cs Woenig in seinen Plaudereien: „Ihre wunderbare Farbenpracht, welche di« ganze Farbenskala, ausschließlich des Blau, in den feinsten und zartesten Nuancen und kräftigsten, wirksamsten Tön«n durchläuft, kann uns wohl zur Bewunderung hinrcißen, vermag uns aber nicht zu erwärmen und für sie zu be geistern." Mit Lenaus Versen verurteilte er die Georgine: „Ein rastlo» Drängen, Schaffen, Schwellen, Trachten In allen Adern; doch wo bleibt da» Herz?" Aber nicht alle urteilen so. Wie hätte sich die Dahlie oder Georgine sonst länger als ein Jahrhundert bei unö behaupten können? Wie könnte sie sonst -en Gegenstand ausgcdehnter Zucht, einen begehrten Handelsartikel bil den. Jahraus, jahrein veranstaltet man für sie in Deutsch land und in andern Ländern sogar besondere Aus stellungen. Ihre Heimat ist Meriko. Bon dort gelangte sie im Jahre 1789 in den botanischen Garten zu Madrid, wo sie im Jahre 1791 zum ersten Male blühte. Nach Deutschland wurden Samen und Knollen der Georgine gerade vor hundert Jahren (1806) L«ch Alexander von Humboldt eingeführt. Ursprünglich war die Georgine eine etwa anderthalb Meter hohe Pflanze mit großen roten oder lilafarbenen Scheibenblüten, aber wie kaum eine andere Pflanze verändert sie sich unter neuen klimatischen Ver hältnissen und besonderen Kulturbedingungen. Wenn man den Samen einer und derselben Samenkapsel aus sät, so gehen aus ihm oft ganz verschieden geformte un gefärbte Blumen hervor. So wurden in unsere Gärten mehrere Tausend Spielarten der Dahlie gezogen. In -er ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschte in Europa sogar eine Geovginenmanie. Für neue seltene Varietäten wurden oft Preise von mehreren Hunderten und Tausen den Mark bezahlt, und in Paris kaufte ein Blumen liebhaber im Jahre 1888 ein Georgtnenbeet für die Summe von 70 000 Damals schwärmte man für die gefüllten Sorten. Allmählich wurde aber die Georgine den Blumen freunden langweilig; sie war ihnen zu steif und paßte nicht für die Gärten, die nach einer neuen Geschmacksrichtung mit Blumenpart«rren geschmückt wurden oocr mehr einen landschaftlichen Charakter erhielten. Aber die „Veränder liche" sollte sich auch den Anforderungen -er Modernen anpasicn. Man lieb die gefüllten Georginen mehr und mehr fallen und wandte sich der Zucht einfach blühender Sorten zu, die man unter der n«u klingenden Bezeichnung Dahlie segeln ließ. Es gelang, wieder eine neue Klasse, die Kaktusdahlien, zu schaffen, und durch Liese ist die „moderne Edeldahlie" zum Ansehen gelangt. Eine Mode pflanze war die Georgine, eine Modcblum« ist die Dahli«, und sie wird sich nicht so leicht aus unsern Gärten ver- drängen lassen; denn Lank ihrer Veränderlichkeit kann si« sich verschiedensten Moüerichtungen anpassen. Und das ist erfreulich; denn sic ist in der Tat die prächtigste unserer Herbstblumen. So ist der herbstliche Farbenschmuck in unferm Garten zum großen Teile fremden Ursprungs; denn die Erdteile tauschen seit lange ihre Güter und Schönheiten unter ein ander aus, und auch der wilde Wein, der im Herbst HauS und Lauben, an denen er emporrankt, in glühenden Scharlach hüllt, ist ein Amerikaner. AuS Kanada ist er zu uns herübergewandert, von den großen Seen, an deren Ufern sich Baum und Busch lebhafter verfärben als b«t uns, wo e» den buntesten, leuchtendsten H«rbft üer Welt gibt. —
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