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Dresdner Journal : 29.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-29
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188007293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800729
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800729
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-07
- Tag1880-07-29
- Monat1880-07
- Jahr1880
- Titel
- Dresdner Journal : 29.07.1880
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-V174 DmncrÄag, den W. Juli. 1880. I» 4»a4»eU»» U«teU»: öLdrlieK: . . 18 Ksrtr. )Ldrtied: 4 80 kk. küvr«Il>«!^lliiimeri>: lv?k. L»»»«rluUd äesäeatsckea Keieke» tritt ?«t- uoä öt^mpelruicüla^ tüoio. luserutvnprelser k>ür «len kLllw einer ^espilltenen ketitreil« 20 kk. voter „Lü»bo«mät" ctis Lei!« bv kk. rr,eliel»«u, UHlicd mit An,n»km« «ler 8onn- nn«i keiertL^e ^benäs tür äen sot^enäen 1»^. ZrcMcrMmtml Verantwonliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. l»»er»tena»ni»liine an»vkrt»i LetpitL: n. L^amLitetter, Cuuimw-x-oiir äs» Oresäner ^ourn^t»; S»n>darU - LerUo Vl»» L»»»I - Nr,»I»u kränkln rt ». » ! Laaienrtein t ^v^/er,' L-rUo Vi«n-S»md«u-^- kr^-l-eipliu ^"»ktlirt ». U. Uiillvd«»: >»rlt»: <8. Lärmet, /««all «irnitant, Lr«w»n: L Leitte / Nr«,I»n: L. §ta»»Ae»,'« Lürvau; 0k»nuul,: Lr. I^siAt; kr»L^turt ». 8l.: L ^aeAr^soüv u. t,'. ^/rrrma»»»»- »cüe Uuckk»väIuaS> 0örUt»: t/ Lküttrr S»LL,vr: 6 i8c?iia,u/', / L«rU» rr»nKknrr » U. Stntt^»r4: La«8« L (,»., LEd«rU! L/eitäAS», a1«i. Ä einer. 8 « r » u s x v d » r: ÜSnisl. Lrpeäitioo äs» Oresüner lonriuü«, I1rs«äen, ^vivkierstr»»»« l^o. 20. Wachbeftessungen auf das „Dresdner Journal" für die Monate Angust und September werden zum Preise von 3 M. angenommen für Dresden bei der un terzeichneten Expedition (Zwingerstraße Nr. 20), fnr »SmärtS bei den betreffenden Post anstalten. Rönigl. Expedition des Dresdner Journals. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Freiberg betreffend. Dem Stadtrache zu Freiberg ist zu der im Ein- verständniß mit den Stadtverordneten beschlossenen An leihe im Betrage von Fünf Hundert Taufend Mark — Pf. (500,000 M. — Pf.) gegen Ausgabe von auf den Inhaber lautenden und planmäßig auSzuloosenden oder zu kündigenden, bis dahin aber mit Vier (4) vom Hundert zu verzinfenden Schuldscheinen, nach Maßgabe deS vorgelegten Anleihe- plane-, sowie der Schuldscheine nebst Zinsleisten und ZinSscheinen, die Genehmigung ertheilt, demselben auch auf Grund Art. 10, Absatz 2 deS Gesetzes über den Urkundenstempel vom 13. November 1876 die Ver wendung der für die einzelnen Schuldverschreibungen sich berechnenden Stempelbeträge anstatt zu den ein zelnen Urkunden in ungetrennter Summe gestattet worden. Solches wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 12. Juli 1880. Die Ministerien des Innern und der Finanzen. von Nostitz-Wallwitz. Für den Minister: Götz. Münckner. Nichtamtlicher Theil. u e b e r s i ch t. telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Temps. Journal deS D^batS. Russische St. Petersburger Zeitung. Deutsche St. Peters burger Zeitung.) Lagetgesckichte. (Dresden. Berlin. München. Ko- burg. Rom. London.) Zur orientalischen Frage. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Frohburg. Chemnitz. Glauchau. Annaberg. Meißen.) Vermischtes. Statistik und LolkSwirthschaft. EingesandteS. Feuilleton. Sörsennachrichten. Telegraphische WitterungSbrrickte. TageSkalender. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Paris, DienStag, 27. Juli, Abends. (Corr.- Bur.) Dem „TempS" zufolge wird daS Kommando über die Alotteudrmonstration zwischen Frankreich Feuilleton. Nedigir« von Otto Banck. Literarische Revue. (Schluß zu Nr. 178.) Im Gebiete der Literatur und Lulturgeschichte gab soeben in der BerlagShandlung von I. I. Weber in Leipzig I. I. Honegger ein neue- Buch heraus: »Russische Literatur und Cultur". Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben. In demselben Berlage erschien schon früher von diesem Verfasser »Literatur und Cultur deS neunzehn ten Jahrhunderts-, und ferner »Grundsteine einer all gemeinen Lulturgeschichte der neuesten Zett", denen dann natürlich auch sehr bald der unvermeidliche: »Katechis- mu» der Lulturgeschichte" solgte. Wir wollen die Art und Weise der Honegger'schen Schriften, ihre oft aus gesprochenen Vorzüge und Begrenzungen als in den engern Kreisen bekannt vorauSseken, welche sich mit umfassendem BildungSbedürfniß für ein Buch über: »Rufsifche Literatur und Lultur" interessiren. Das Material über Ruhland ist reich, durch neue Werke, die steil,ch ost einem Patteistandpunkte dienen, sehr vermehrt, doch keinesfalls bequem zur Hand. Der Fürst Dolgorucki sagt: Rußland ist ein ungeheure» Gebäude mit europäischem Aeußrrn, aber im Innern nach asiatischer Art möblirt und verwaltet. Die sehr aroße Anzahl der StaatSangestellten, oft in europäische Lostume gesteckt, verfahren in Ausübung ihrer Func- tionen doch al» Tataren Kein Land der Welt ist und England grthrilt und die Entsendung fran zösischer Offiziere nach Griechenland vertagt. London, DienStag, 27. Juli, Abends. (W T. B.) In der heutigen Sitzung deS Oberhauses wurde die irische PächterrntschädigungSbill in erster Lesung angenommen; die zweite Lesung wurde auf nächsten Montag anberaumt. Earl Grey kündigte an, daß er dir Ablehnung der Vorlage beantragen werde. Bukarest, DienStag, 27. Juli, AbendS. (Lorr.-Bur.) Heute fand dir erste Generalver sammlung der Aktionäre der rumänischen National bank behufs Wahl der Direktoren und Censoren Statt. Bratiano stellte den neuernanntrn Bank gouverneur Campineano vor. Konstantinopel, DienStag, 27. Juli, Nach mittags. (Lorr. - Bur.) Die Antwort der Pforte auf die Collrrtivnote der Mächte ist heute den Botschaftern überreicht worden. Die Antwort der Pforte auf die Collectivnote hebt hervor die Unverträgl'chkett deS Wunsches des Con- gresseS mit dem Conferenzbeschluß, erörtert die Frage vom strategischen und Racengesichtspunkte, erklärt die Unmöglichkeit der Abtretung von Janina, Larissa und Mezzowo, constatirt die Geneigtheit der Pforte, Griechen land Concessionen zu machen, und bittet die Mächte, ihre Botschafter in Konstantinopel zu ermächtigen, sich mit der Pforte wegen Festsitzung einer definitiven Linie ins Einvernehmen zu setzen. Dresden, 28. Juli. Die Orientpolitik Frankreichs hat neuerdings wieder eine entschiedene Schwenkung gemacht. Frank reich hat sich in die bedenkliche Bahn der Politik Mr. Gladstone's nicht mit hereinziehen lassen und scheint zu finden, daß die deutsch-österreichische Politik weit mehr seinen Interessen entspricht. Es ist daher zum Grundsatz der völligen Nichteinmischung zurück gekehrt, und in diesem Sinne ist die telegraphisch sig- nalisirte, vom »Temps" gemeldete Nachricht, wonach die Entsendung französischer Offiziere nach Griechen land ausgeschoben ist, wohl auszufassen. Dasselbe Blatt enthält in feiner neuesten, uns vorliegenden Nummer erne hochbedeutsame Kundgebung im Sinne der deutschen Politik, welche wir unseren Lesern nicht vorenthalten zu dürfen glauben. »Die Bewegung, welche die Entfendung preußischer Beamter nach Konstantinopel verursacht hat, steht außer Verhält- niß zu der Bedeutung der Thatsache und bezeugt außerdem eine große Unkenntniß der Tendenzen der deutschen Politik." Mit dieser Einleitung beginnt der im Organ des Ministeriums des auswärtigen Amts enthaltene Artikel. Das Blatt begründet diese seine Auffassung der vielbesprochenen Angelegenheit in fol gender Weife: »Man ging fo weit, in der Sendung des Hrn. Mettendorf ein neues Abenteuer deS Fürsten Bismarck zu erblicken. Der Staatsmann, der ehedem erklärte, daß er für Interessen, die Deutschland so fern liegen wie diejenigen des Orients, nicht die Knochen eines einzigen pommerfchen Grenadiers daran fetzen werde, hätte mit einem Male feine Anschauungen geändert. Er würde die Gelegenheit günstig gefunden haben, auf eigene Rechnung in der Türkei zu interveniren, und unter den Prätendenten den Ausschlag dadurch gegeben haben, daß er die Krallen des deutschen Adlers auf Konstantinopel legte. Die Wahrheit ist, daß Hr. v. Bismarck in seinem Leben fo viel unerwartete Dinge gethan und so oft die öffentliche Meinung irre- geführt hat, daß man immer bereit ist, ihm die un wahrscheinlichsten Projekte zuzuschreiben. Die sichere und strenge Logik seiner Handlungen entzog sich der vulgären Erkenntniß; man ist dahin gekommen, ihn reicher an Gesetzen, Verordnungen und Reglements; der russische Codex umfaßt tausend Seiten und erhält alljährlich Ergänzungen, doch der erste Artikel, welcher die Absolutie und die Willkür ihres Willens über alle Gesetze stellt, macht die gesammten Bände zu einem schlechten Scherz. In solchen absprechenden Uriheilen, wie das Dolgorucki'sche, die ebenfalls eine europäische Außenseite und innerlich viel tatarische Ungründlich keit haben, sind die modernen Anschauungen über Ruß land geläufig geworden, aber zwischen diesen oft fehr treffenden Raisonnements und dem Erfassen des Kerns der Sache liegt noch eine weite Kluft. Eine Analyse und Diagnose über Rußland könnte nur ein Auslän der geben, der die Geschichte des Reiches und Volkes, verbreitet durch Wissen und eminentes Talent, ein halbes Menschenleben hindurch an Ott und Stelle studirt hätte, ohne doch russisches Brod verspeisen zu müssen. Doch wem eS nicht nothwendig ist, dies in Rußland zu verdienen, wird sich solchen Opfern nicht aussetzen, und fo müssen wir uns immer nur mit dem Urtheil von Reisenden, mit dem Patteigeschwätz der Diplomaten, mit der Theorie und StubenweiShett nach Möglichkeit unterrichteter Professoren begnügen, bis sich aus dieser Summe von Urtheilen ein der Wahrheit näher kommender Extrakt objektiv herausschälen läßt. Ergiebiger noch ist eS, über die rufsifche Literatur als über die Cultur zu sprechen, soweit man eine Trennung beider Materien ins Auge faßt. Freilich ist eS zu einem gründlichen Urtheil nothwendlg, der russischen Sprach« ganz und gar mächtig zu fein, nicht bloS um diejenigen Werke lesen zu können, welche »rotz ihres Gewichtes keine Uebrrsetzung gefunden haben, sondern um überhaupt den literarischen und poetischen KemuS einer Unternehmung fähig zu halten, die sich außer halb der rationellen Conjecturen befindet. Wir wollen nicht sagen, daß die deutsche Mission nach Konstanti nopel gar keine Bedeutung habe. DaS hieße, in ein anderes Extrem fallen und in anderer Gestalt völlig das Genie einer Politik verkennen, die selten ohne be stimmte Absichten handelt. Man muß die gegebenen Thatsachen zu Rathe ziehen, anstatt sich zuerst in die volle und reine Hypothese zu begeben. Ein Wiener Blatt sagte neulich, der Schritt deS Hrn. v. Bismarck in Konstantinopel sei eine Signatur der deutsch-österreichischen Allianz. Dieses ist der Gedanke, dem wir unsererseits beizutreten versucht sein würden. Der Orientfrage gegen- über giebt es heute zweierlei Politik: eine aggressive und abenteuerliche Politik, welche England mit Unbe sonnenheit (etouräsrie) ergriffen hat und in welcher Rußland ihm folgt und es mit schlecht verhülltem Eifer antreibt; und eine ronfervative Politik, die etwas länger den Vertrag von Berlin aufrechterhalten und das ottomanische Reich fo gut, als es geht (taut bisu que mal), noch einige Jahre erhalten möchte, um ge wissen, noch nicht reisen Fragen Zeit zur Lösung zu geben. Diese letztere ist die Politik des östei reichlichen Kaiserreichs, welche Deutschland zu der seinigen machte, welcher es seine Mitwirkung durch daS denkwürdige, zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Grasen An- drassy zu Wien geschlossene Uebereinkommen gesichert hat. Ist es wohl sehr kühn, die nach Konstantinopel entsendete Mission mit diesem halb geheimen, halb öffentlichen Vertrage in Verbindung zu bringen? Sind wir nicht berechtigt, hierin im Gegensatz zu der ein wenig verwirrenden (brouiUvune) Initiative deS Mr. Gladstone eine bedeutsame Manifestation der deutschen und österreichischen Anschauungen zu sehen? Scheint es nicht, daß Hr. v. Bismarck durch seine unerwartete Einmischung in die türkischen Angelegenheiten zwei Dinge in Erinnerung bringen wollte: ein Mal, daß hinter diesem Oesterreich, welchem gegenüber der eng lische Minister sich den Anschein giebt, es so billig zu veranschlagen, eine andere weit stärkere Macht steht; dann, daß die beiden Reiche von Deutschland und Oesterreich keineswegs geneigt sind, die Erbfolge deS Sultans bereits von heute an als offen zu behan deln. Aus diese Ziele zurückgefühtt, erscheint die deutsche Mission nicht im Widerspruch mit dem An. »heil, welchen Deutschland an einer Flottendemoiistra- tion in den türkischen Gewässern zu nehmen erklärt hat. Soll nicht auch Oesterreich bei dieser Kundgebung figuriren? Und kann man unterstellen, daß, wenn eS sich dazu hergiebt, es zugleich die Verpflichtung über nimmt, mit England und Rußland bis zum Ziel zu gehen ? Ist es im Gegentheil nicht ganz selbstverständ lich, daß an dem Tage, an welchem Mr. Gladstone die Demonstration in Zmangsmaßregeln, welche eine Zer stückelung des türkischen Reichs bezwecken, umwandeln wollte, Oesterreich aufhören würde, in das Abenteuer zu folgen, ja, daß es sogar suchen würde, dasselbe zu durchkreuzen. Wohlan, wenn Oesterreich sich nicht bin det (der Gladstone'schen Politik gegenüber), indem eS einige Schiffe zum Kreuzen an die Küsten Albaniens oder in daS ägäische Meer schickt, so bindet sich Deutschland nicht vielmehr, indem es das Gleiche thut; eS kann, ohne sich zu widersprechen, die Absicht kundgeben, der Türkei zu helfen, indem es ihre Verwaltung und ihre Finanzen wiederherstellen Hilst. Deutschland zum Ueberfluß ist, wie wir erfahren, einem Einwurf zuvorgekommen. Es hat selbst den Anschein einer zweideutigen Haltung vermeiden wollen. Die Mission, welche sich nach Kon stantinopel begeben sollte, wird warten, bis die gegen wärtige Krisis ein Ende genommen hat. Hr. v. BiS- marck hat selbst Sorge getragen, die Mächte von seiner Entschließung in Kenntniß zu setzen, einen Schritt zu vertagen, welcher falsch verstanden werden könnte. ES fällt also das ganze Gerüst von Unterstellungen über der russischen Prosa und Dichterwerke gerecht werden zu können. Es ist sehr zu beklagen daß der verstor bene Wilhelm Wolfsohn seine hier ganz ausreichende Capacttät nicht dazu benutzt hat oder wegen Zeitrück sichten nicht dazu benutzen konnte, eine umfassende rus sischen Literaturgeschichte zu schreiben. Sein Tod hat auch hierin eine empfindliche Lücke gerissen; was man fo bei gewöhnlichen Autoren Kenntniß des Russischen nennt, pflegt nur eine fehr mangelhafte praklifche Sprachkenntniß zu fein, die ein tieferes Eindringen m den Geist der Sache auSschließt. Honegger hat sich eben, feinem vielfeitigen geistigen Interesse folgend, aufgefordert gefühlt, auch über Ruß land und dessen Literatur sein Urtheil abzugeben, um dadurch seine culturgeschichtlichen »Bausteine" zu com- pletiren. Da er sich dabei mit allgemeinen Studien, kurz angelaufenen Vorbereitungen und einigen spät er worbenen, ihn flüchtig orientirenden Sprachkenntnissen begnügen mußte, so ist eS zwar nicht völlig zu be greifen, warum er an ein solches Unternehmen heran trat, aber doch zu verwundern, daß seine fleißige Arbeit sich mit der Sache hin und wieder theoretisch und ge schickt raisonnirend abfindet und manche recht dankenS- wetthe Bespiegelung russischer Fragen und Zustände selbst giebt oder nach anderer Meinung zusammen arbeitet. Im Ganzen scheint eS mir jedoch die wür digste Bethätigung, daß man sein Kriterium lieber be schränkt, um es nur Objecten zuzuwenden, die man gründlich kennen gelernt ha». Der Verfasser spricht sich in diesem Buche über vierzehn russische Schriftsteller au», die ihm ungefähr al» die wichtigsten erschienen sind. Da« Best« bringt rr dabei üb«r Turgenjew zusammen, dessen Wirken aller- eine Separatattion, über eine große orientalische Unter nehmung Deutschlands zusammen; was von der Sache bleibt und was man nicht vergessen muß, das ist das Jndicium einer der Aufrechterhaltung des Berliner Ver trages günstigen deutsch-österreichischen Politik." — Der stille Zweck dieses Artikels war zugleich wohl der, auf daS Aufgeben der griechisch-französischen Mission vorzubereiten, welche Entschließung das Blatt, wie oben bereits gemeldet, gestern Abend verkündete. Nicht min der verdient die scharfe Sprache, welche der Artikel England gegenüber führt, bemerkt zu werden. ES ist sicher gleichfalls nicht ohne Absicht, wenn das neueste »Journal des Debats" einen von Francis Charme unterzeichneten Artikel veröffentlicht, welcher eine ein gehende Kritik und scharfe Verurtheilung der Orient- Politik des CabinetS Gladstone enthält. „Frankreich", sagt Francis Charmes, „hat im Orient kein anderes Jnteresse, als den Frieden herzustellen und zu consoli- diren. Wir wollen bei der Etappe halten bleiben, die der Berliner Vertrag geschaffen hat." Die jetzigen Schwierigkeiten seien hauptsächlich dadurch entstanden, daß eS Gladstone nicht gelungen ist, seine doctrinären Ansichten über die Türkei, die er in der Opposition mit so unkluger Heftigkeit laut werden ließ, mit den Nothwendigkelten einer praktischen Politik in Einklang zu bringen. Was Frankreich angeht, so hat eS ein großes Interesse für Griechenland an den Tag gelegt, aber man darf darum nicht an das Wiedererwachen des alten PhilhellenenthumS glauben. Um der Griechen willen die europäische Politik in Gefahr zu bringen, wäre reiner Wahnsinn. „Wir haben", fahren die „DebatS" fort, „den Frieden gewünscht und nicht den Krieg, und wenn wir dem Kriege begegneten, würden wir hartnäckig biS zum Frieden zurückweichen. Diese Ge sinnungen sind in Frankreich so allgemein verbreitet, daß die Nachricht non der Abreise des Generals Thomassin und einiger Offiziere nach Griechenland einen ziemlich lebhaften Eindruck hervorgerufen hat. . . Man hat diese Reise erklären, abschwächen, beinahe auf Nichts zurückführen müssen. Wir sind froh darüber. Frankreich muß sich sorgfältig jedes Schrittes enthalten, den es nicht im Verein mit Europa thun würde. So sehr wir eine Politik der vereinzelten Enthaltung tadeln würden, so sehr und noch mehr würden wir eine Politik der ver einzelten Action, gleichviel unter welcher Form, tadeln. Mit Europa kann man Vorgehen und kann man, wenn der Augenblick gekommen, sich mit Ehren zurückziehen. Wenn man allein handelt, ist es anders. Der kleine Finger, der ins Räderwerk gesteckt wird, zwingt den ganzen Leib, hmdurchzugehen. Im Orient aber »st das Räderwerk immer bereit, sich zu drehen und Alles zu zermalmen, wenn man ihm nicht den zähen Körper darbietet, der sich ganz Europa nennt. Die Ueberein stimmung Europas hat sich nur sür zwei bestimmte Punkte: die Regelung der montenegrinischen und der griechischen Frage, vollzogen und kann nur hierfür erhalten bleiben. Alles Uebrige ist Zufall, und des wegen müssen wir Acht geben, hier stehen bleiben und uns nicht in Abenteuer einlassen." Die Ermordung der Frau Skobelew in Ost rum elien, über welche wir in der Rubrik „Zur orlrn< wlischen Frage" ausführlich berichten, hat m St. Pe tersburg alle übrigen Tagesfragen fast gänzlich in den Hintergrund gedrängt und absorbirt das gesammte In teresse der russischen Tagesblätter. In Betreff der Nationalität des Mörders, die aus dem Namen nicht leicht zu erkennen ist, sind alle Blätter fast ausnahms los darin einig, daß sie den Mörder als Russen be zeichnen; nur die „Gaseta" betont, daß er ein „Nicht russe" sei. „Die ursprüngliche Nationalität", sagt die russische „St. Petersburger Zeitung", »ist übrigens irrelevant. Uzatis hat in Rußland eine höhere Bildung empfangen, hat in der russischen Armee ge fochten, und es ist natürlich, daß seine entmenschte dings auch am offensten, am vielbesprochensten daliegt. Mißlich ist das Urtheil über solche Dichter, die in ge bundener Rede schrieben. Form, Inhalt und der Werth künstlerischer Individualität und Berechtigung fließen bei ihnen fo in Eins zusammen, bedingen einander so sehr, daß Der, welcher in ihrer Sprache nur nach der Grammatik stümpern gelernt hat, nicht über diese Dich ter schreiben kann, ohne sich diejenigen Blößen zu geben, welche hervortreten, wenn ein gutgemeinter sittlicher Rigorismus genöthigt ist, die Schulpedanterie und deren kleines Schlußvermögen zu Hilse zu rufen. Der Kunst- werth Puschkm'scher Dichtungen (nicht zu verwechseln mit dem moralischen) kann durch solche Betrachtung klein werden wie die Kugeln in BoSko'S Hand; endlich in die Luft geworfen, kommen sie gar nicht wieder herunter. Wenn uns diese ästhetische Verschlossenheit, um nicht zu sagen Unzulänglichkeit, seit lange schon in seinen rasch und oft kraus geordneten, trotzdem aber energischen Arbeiten auffällt, so erfreut dagegen immer wieder sein mannhaftes Auftreten für die Tüchtigkeit der gesunden Sitte, der bürgerlichen Ehre der Gesellschaft, der nativ- nalen Entwicklung deS Individuum». Wer diese Fac- toren im Auge behält, zeigt wenigstens nach einem edlen Ziele hin, wenn er eS auch nur ausnahmsweise erreicht oder feinen Lesern nahe rückt. Sehr verdienst lich wäre eS, wenn Honegger ein Mal ein kleinere» aber heimische» Thema behandelte, welche» er ordentlich beherrscht. Otto Banck. * In Nr. 210 der »Dresdner Nachrichten" findet sich die Angab«, das au» d«n Mitteln der Proell- Heuer-Stiftung und d«» Fonds der königl. Somm-
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