Delete Search...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.01.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-01-05
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920105023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892010502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892010502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-01
- Tag1892-01-05
- Monat1892-01
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
EIS vnn km entöprel ö tz, her Hauptexpedition oder den Im Stadt- bejirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich.^I4ä)0. bei zweimaliger täglicher Ziiskelluiig in« Hau» ^ ü.üü. Tnrch die Post bezogen für Leutlchland und Oesterreich: vierteljährlich -l ü—. Direct» tägliche Kreuzdandjrndung in- Ausland: monatlich ,/ll 8.—. Die Morgen-Ausgabe erichetnt täglich '/,? Uhr, die Sldend-Ausgabe Wochentags b Uhr. LeLaclion und Lr-edition: Iotzannesgaffr 8. Di« lkrvediüon ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: ktt« klr««'s Esrtim. (Alfred Hatz»)» Universitütsslroße 1, e-ni» Lösche. Katharinrustr. 14, part. und Köaigsplatz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Jnsertton-preiS Tie 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf^ . Reklamen unter dem Redactionssirich (4ge» ivalten» üO-^. vor den Familiennachrichke» ^6 gespalten) 40^,. Gröbere «christen laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsotz nach höherem Tarif. (-rtra-Vetlanrn (geialzt), nur mit der Morgen-Ausgade, ohne Poslbeförderung 60.—, mlt Postbesorderuag 70.—. ^nnalfmeschlub für Inserate: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtags sriib 8 Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen ,« ein» halbe Stunde früher. Inserate find stets an die Trnetzttta» zu richten. Druck »nd Verlag von E. Polz tu LeipztH ^-8. Dienstag den 5. Januar 1892. ^ 86. Jahrgang Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpcdition ist morgen Mittwoch, d.6.Jarmar18VS, Vormittags nur bis N Ithr f,ei>sjllct. I,Xf»c(Ull<m (los iFbisi/iLsr '?NT«I)Irrtte8. Leipzig, 5. Januar. * Im Präsidium de» Reichstag- besteht im Einvernehmen mit der Regierung die feste Absicht, die RcickStagsscssion, wenn irgend möalich, vor Ostern zu Ende zu bringen, und die Ausführbarkeit diese- Vorhaben- erscheint, zumal nach der raschen Erledigung der Handelsverträge, nicht aus geschlossen. Die wichtigsten der noch in Behandlung be griffenen Vorlagen, der Reich-Hau-Halt und da- Kranken- cassengesetz, werden verhältnißmäßig rasch erledigt werden können. Bei verschiedenen anderen Borlagen, deren Ein bringung bisher als wahrscheinlich bezeichnet war, scheint die Ausführung dieser Absicht für die gegenwärtige Reick-tagS- session wieder aufgegebcn zu sein, so daß sich der ArbeitSstoff nicht mehr allzu stark erweitern dürfte. Je rascher man diesmal mit den RcichStagSarbeiten fertig ru werden hofft, um so mehr wird sich voraussichtlich die Session de» preußi schen Landtags in die Länge ziehen. * Ueber die Frage, ob neue strafrechtliche Bestimmungen -egen da- Zuhälterwesen noch in dieser Tagung de- Neich-tageS cinaebracht werden sollen, sind widersprechende Nachrichten verbreitet. Wie die „Magdcb. Ztg." mit Be stimmtheit erfährt, ist allerdings im Augenblick eine letzte Ent- jchcidnna darüber noch nicht getroffen. ES spricht indessen die größere Wahrscheinlichkeit für die Einbringung einer bezüglichen Vorlage. Thatsächlich liegt diese Angelegenheit wie folgt: Da bekannte kaiserliche Schreiben,in Anlebnungan den Proceß Heinze, batte zunächst die preußische Regierung und auf deren An legung die ReichSregierung veranlaßt, der Frage näher zu treten. Es fehlte hier, ebenso wie gegenüber dem Drängen aus Abänderung der Börsengesetzgebung, nicht an Stimmen, welche davor warnten, übereilt Gesetze zu machen, indessen kielt man e- doch für notwendig, etwa- zu thun und so wird wahrscheinlich die Absicht, die Lösung der Frage einer allgemeine» Durchsicht des Strafgesetzbuches vorzubehalten, in den Hintergrund treten müssen. Die Entscheidung wird in Kurzem erfolgen. * Bon Seiten de- EentrumS, dessen Presse überhaupt gegenwärtig in allen kritischen Fragen eine an die Langeweile streifende Zurückhaltung beobachtet, liegt noch keinerlei Aeußcrung vor, wie sich die Partei zu dein deutschfreisinnigen Diätenantrag stellen wird, der in der zweiten EtatS- bcrathung zum Etat de- ReicbStagS vorliegt und glcick» in der ersten Sitzung nach Wiederausnahine der Arbeiten zur Ver handlung kommen Wirt. Und doch ist die Haltung de- EentrumS hierfür, wie für die meisten im Reichstag zur Entscheidung konimenden Fragen, ausschlaggebend. Auf nationalliberaler und konservativer Seite findet der Antrag wenig Beifall. Man hält hier, wenn sich auch principiell Manche- für die Diatengewahrung geltend machen läßt, doch den gegenwärtigen Augenblick für sehr ungeeignet, an einer wichtigen Bestimmung der Verfassung zu rütteln, welche ei» Eompromiß gegenüber dem weitreichenden Zugcständniß des allgemeinen Wahlrecht- darstellen sollte. Durch Gewäh rung von Diäten wird das berusSmäßig« Abgeordnetenthum befördert; da« allgemeine Wahlrecht bedarf mehr als jede» andere einer gcwiiscn Schrankt durch die an die persönliche Stellnng, die wirthschafliiche Lage, das sociale Ansehen der Abgeordneten gestellte» Anforderungen. Eine Erweiterung dieses nahezu schrankenlose» Wahlrecht- hat sich wahrhaftig nicht al» Bedürsniß erwiesen. Wenn man die chronische Beschlußunfähigkeit de- Reichstags, die allerdings in aus fallendem Gegensatz zu den fast immer gut besuchten Sitzungen der Landtage in de» Bundesstaaten stebt, auf die Diätenlosiakeit der Reich-Vertretung zurücksührt, so heißt daS Loch die Würde und das Pflichtgefühl der NeicbSIagSabaeordneten mit einem recht kleinlichen und geringschätzigen Maßslab messen. Die gegenwärtige Finanzlage, wo uns von allen Seite» „Sparen!" entgegenschallt, ist auch nicht geeignet, eine neue Ausgabe von vielleicht 2 Millionen Mark für die Abgeordneten selbst zu schaffen. Wir baden nirgend- bemerkt, daß man sich in der Wählerschaft sehr für diese Maßregel erwärmt batte; auch daß irgend eine Partei, einschließlich der Socialvemokraten, aus Geldmangel keine Candivaten hätte finden können, haben wir nicht wahrgenommen. Der Reichstag hat allerdings in früheren Jahren wiederholt den Diätenantrag angenommen, vom BundeSrath aber ist er stet- zurückgewiesen worden, und eS ist nicht die geringste Aussicht, die-mal einen besseren Er folg zu erzielen. Wozu also die praktisch doch nutzlose Auf- wühlung einer alten Streitfrage, deren Lösung, auch wenn man ein Freund von Diäten ist, doch gewiß nicht als eine dring liche, durch große Ucbclstänve gebieterisch geforderte Aufgabe bezeichnet werben kann? Man wird abwarten müssen, ob nicht auch im Eentrum diese Gesichtspunkte gegenwärtig An erkennung finden. Gegen Verfassungsänderungen hat sich da- Eentrum wiederholt ,n neuerer Zeit, so ;. B. bei der Im- munität-fragc, sehr bestimmt ausgesprochen. Man wird noch bezweifeln dürfen, ob die Partei es im gegenwärtigen Auaen- bltck für zweckmäßig hält, einer dcutschfreisinnig-socialdemokra- tischen Liebhaberei zu Gefallen sich in einen starken Gegensatz zur Regierung zu stellen. * Gestern hat im Reichstagswahlkreise HildeS- heim die Stichwahl zwischen dem naticnalliberalcn Candi- taten Sander und dem ultramontan-welsischen Bauermeistcr stattgefunden. Wie uns am Vorabend der Wahl von dort berichtet wird und die telegraphische Meldung im Morgen blatt über die bis jetzt vorliegenden Wadlresuitate bestätigt, ist an dem Sieg des nationalliberalen Eanbidaten kaum mehr zu zweifeln. * Die Versammlung von Mitgliedern der positiven Union, die am 29. December in Berlin zu dem Zwecke stattsanb, um Stellung zu den Vorstand-Wahlen in der Generalsynode zu nehmen, batte Geheimhaltung ihrer Verhandlungen beschlossen, eS wird indessen jetzt bekannt, daß sie sich gegen die Bildung einer neuen Fraction erklärt hat; man dürfe den Bestand der Fraction nicht schwächen oder deren Spaltung berbcisübren. Ter vielfach gemeldete Plan der Gründung einer neue» kirchlichen „Partei Stöcker" außer halb der „positiven Union" ist demnach gescheitert. * Den „Hamburger Nachrichten" geht von einem „Veteranen der nativnalliberalen Partei" in Leipzig, der „zwar ein Freund der Handelsverträge, aber vor Allem deutscher Patriot ist", folgende Zuschrift zu: „Ich hatte mich für berechtigt und fühle mich gedrungen, gegen die Art und Weife zu proteftiren, wie gewisse Btätter, theil» aus blindem Haß gegen den Fürsten BiSmarck, IheilS in schmeichlerischer llmwcrbuiig der Vertreter de» „neuen CurseS", vielleicht auch in der stillen Hoffnung, dieselben dadurch in ihr eigene- Fahrwasser hinüberzulenke», zwischen den Leistungen des neuen und denen de alten Kanzler- Vergleichungen anzustrllen, die durchaus nur zu Gunsten des Erster«» und zu Ungunslcn de« Letzteren ausfallen. Wenn beispielsweise die „Magdeburger Zeitung" sagt: „Die von dem Geucral mit Fciedensiverken errungene Be- lohuung erscheint uns nicht mürber werthvoll, alS die, welche dem Ltaatsmaune und Diplomaten für den glücklichen Abschluß eine», wenn auch nothwendigen, doch schmerzlichen Krieges zu Theil geworden ist". so sollte man wirklich meinen, «S handle sich hier um irgend einen Krieg, der trotz alledem besser vermieden worden wäre, und nicht um einen Krieg, der einen glorreichen Wendepunct in der Geschichte Deutschlands und Europa» darstellt, ohne den eS kein Deutsche» Reich und kein« deutsch« Einheit gäbe. Und wenn vollends der „Börsrn-Eouricr'' sich so äußert: „Wir dürfen sagen, daß eS uns lieber ist, wenn ein Grasentitet so erworben wird, wie der jetzige Reichskanzler ihn erworben har, aiS wenn er durch Schlachten gewonnen wird, selbst wenn es Ander« sind, wetche die Schlachten schlagen". . so kommt in diesem Ausspruch zu der Frivolität, womit hier von „Schlachten" schlechthin gesprochen wird, noch die Gehässigkeit, die darin liegt, daß dem Fürsten BiSmarck womöglich auch da« Verdienst um die Herbeisüdrung jener weltgeschichtliche» Wendung in unseren Geschicken abgesprochen werden soll, weil er nicht selbst >ene Schlach- ten geschlagen, wohl aber Alles getda» hat, um mit diesen Schlach ten als Mittel seine gewaltigen welthistorische» Resultate zu erreiche». Und wenn ein drittes Vlatt, die ultramonlan« „Kölnische Bolkszeitung", durch den Abschluß der Handelsverträge den „Beunruhigungsbacillus" ertödtet und den Beweis geführt wähnt, „daß es auch so gehl, >a, daß eS Keffer so geht", wa« offenbar heißen soll „ohne BiSmarck", so vergißt das Blatt, daß eine große und gerade wegen ihrer Größe von vielen Seiten gehaßte, angeseindete, ja offen bedrohte Ration wie die deutsche nicht dlo« von Handelsverträgen lebt, sondern daß bei ihr noch ganz andere, näher tiegcade und dringlichere Interessen — der Macht stellung. der Sicherheit, ja unter Umständen der Existenz alt Groß- macht — in Frage stehen und daß man davon, ob eS „auch so geht und bester so geht", erst dann sprechen kann, wenn man nicht blo« die Hoffnung, sonder» die Gewißheit hat, daß auch diese obersten Lebens,nteressen nach alle» Seiten hin gewahrt sind. ES ist traurig und bekundet einen bkdenklichkn Niedergang unsere« öffentlichen Geiste«, wenn Blätter, welche Organe dieses Geistes sein wollen, sich solchergestalt an den unvergleichlichen Erfolgen der Jahre 1866 und 1870/71 und an denen, welchen die Nation dafür allzeit unwandelbar dankbar sein müßte, iu kleinlicher Ge- hässigkeit vergreifen. Leider muß man, angesichts solcher Er- schcinungen, immer wieder sagen: So etwas könnt« in Ländern mit gereistem Nationalgefühl, in England oder Frankreich, nicht Vorkommen!" * Man schreibt aus Berlin: „Es war ausgefallen, daß in einer der letzten Plenarsitzungen de» BundeSrath- vor der WeibnachtSpausr die Beschlußfassung über den von den Ausschüssen vorberatbenen Gesetzentwurf über die Bekämpfung der Trunksucht von der Tagesordnung abgesetzt worden war, und e« wurde vielfach die Ansicht laut, daß materielle Gründe, d h. durch den Inhalt des Entwurfs hervorgerusene Schwierigkeiten, hierzu Anlaß gegeben batten Gutem Vcr- ncainen nach sind diese Bermuthungen unbegründet; der Auf schub der Plenarberathung ist erfolgt, weil der Referent bayerischer Bevollmächtigter Landinann, erkrankt war. Der selbe ist inzwischen wieder hergestcllt, und die Vorlage für den Reichstag wird »ach den Vorschlägen der Ausschüsse, durch welche »auientlich die gewerbercchtlichen Vorschriften des Entwurfs abgcmilterl worden sind, in einer der nächsten Plenarsitzungen sestgestellt werden. * Auö Kiel wird gemeldet: Wir tbeilten vor einiger Zeit mit, daß die Absicht bestehe, anläßlich der Wirren in Brasilien die Krcuzcr-Eorvcltc „Princcß Wilhelm" dort hin ru entsenden. Seitdem ist die Nachricht von dein am L. November ersolglen Tode de« Hauplmanns Freiherr«, von Gravenreuth cingetroffcn, und oic Marine-Vcrwal tung dar neuerdings angeorvncl, das, da» genannte Schiff auf der Ausfahrt »ach der südainerikaniscken/Ltalion zunächst Kamerun anlausen soll, um eine Züchtigung der Buea- Leutc svoni Bakwiri Stamme) vorzunehuicn. Die „Princeß Wilhelm" ist zu diesem Zwecke entsprechend ausgerüstet Die Armirung, welche au« vierzehn l?> cm-Geschütze» besteht, ist durch zwei BootS- und Landungsgeschütze, durch Revolvcr- und Schnellladekanoncn vervollständigt: die Besatzung zählt 92» Köpfe. Am 2. d. hat daS Schiff eine Probcsabrk unter nommen; am 3. d. soll die Ausreise nach Wcstasrika erfolgen. Für die Reise ist emc Dauer von sechs Monaten vorgesehen. * Auf Antrag der Rheinisch-Westfälischen Gefängniß- Gesellschaft hat der preußische Minister des Innern ge stattet, daß Gefangene weiblichen Geschlecht» von Damen, die bessernd aus sie einwirkcn wollen, regelmäßig besucht werden Nicht »nr BerusSarbciterinncn der inneren Mission ist diese Erlaubniß gewährt, sondern jede anständige, gebildete Krau darf zu den bestraften Matchen und Frauen Zutritt haben. In der Rbeinprovinz ist schon ein Anfang in der beschriebenen Richtung gemacht. In mehreren Stätten haben Damen regelmäßig die Frauenzclle» der Gesängnissc besucht, und eS sind in mannigfacher Beziehung heilsame Erfolge, dagegen in keinem Falle ncnnenSwerlhc Mißstände beobachtet worden. * AuS Unterfranken wird unS geschrieben: Gleichwie die Stadtvertrrtungen von Bamberg, Schweinfurt, Würz burg und Aschaffcnbura hat auch die Handels nnd Gewerbc- kammer für Untersranken und Aschaffcnburg dein Prinzen Ludwig für seine warme VertheidigungSrctc bezüglich der Maincanalisation de» wärmsten Danl ausgesprochen. Von wohlunterrichteter Seite wird der „N. W. Ztg." ans München geschrieben: Während einerseits infolge der jüngsten Reform- red« de» Prinzen Ludwig im RcichSralb die zuständigen Mi nisterien Kostcnvoranschlägcn und Prüfung der technischen Fragen arbeiten, ladet der künftige König Ludwig III. die unterfränkischen LandtagSabgeordncten zu sich, um über dir Frage derMaincanalisation Bcratbung zu pflegen. Die Chancen für eine totale Maincanalisation sind indcß keine besonders günstigen und verhehlt sich auch der königliche Parlamentarier die Schwierigkeiten derselben nicht. Infolgedessen strebt Prinz Ludwig zunächst die Kctlen- legung bis Bamberg an nnd bat der Agitation hierfür seinen kräftigen und wirksamen hoben Schutz zugesichert. * Der Großhcrzog von Baden eröffnetc beute die Eisen bahn zwischen Kehl, Licktenau und Buol im Beisein brr badischen Minister Elstacttcr und Eiscnlohr, des StaatS- secrctairS für Elsaß-Lothringen von Pultkamcr, de- Untcr- staat-secretair- von Schrant, de» commandirenden General- Fruilletsn. Das geflügelte Rad. >P Roman von Hermann Heinrich »erdete». (Fortsetzung.: Da- Ungethüm glich der Vorderansicht einer Locomotive, nur erschien e« belebt, dämonisch, wild. „Das geflügelte Rad", dachte Gustav mit Entsetzen. Robert mühte sich, eS mit einer Kette zu fesseln, aber seine schwache Kraft kämpfte vergeblich gegen die Ricsenmacht de- Untbier«. Schon hatte es ihn zu Boden gerissen, und im nächsten Augenblick mußte es zer malmend über ihn hinweggehen. Gustav sab den angstvoll flehenden Blick Robert -, er wollte ihm zu Hilfe eilen, aber er süblte sich an den Boden gefesselt: er wollte rufen, aber die Stimme versagte ihm. Da raffte er seine ganze Kraft zusammen, und mit übermenschlicher Anstrengung ries er au- stockenker Kehle: „Hilfe! Hilfe! Hilfe!" „Gustav!" ES war Trndchen - Stimme, die an Gustav s Ohr schlug. Er war aufgcsahren und sab sich plötzlich »m Bett. Die Stirn war naß von Schweiß. „Gustav, wa- ist Dir?" „Ach. Du bist es, Trudchen! Gott sei Dank! Ich habe einen schweren Traum gehabt." „Tu riefst um Hilfe." „Ja Wie spät mag e- sein?" Er stand aus, zündete Licht an und iah nach der Uhr. Er war zwischen drei und vier. „Wenn die Nacht erst vorbei wäre!" „Sck'las, Guftao, schlaf!" Er ging einige Mal im Zimmer auf und ad Wind und Regen hatten noch immer ibr tolle- Spiet. „Wa- ist da-? dachte er, über seinen Traum nachbenkend. „Wa- ba> da zu bedeuten?" Doch gleich darauf schalt er sieb wegen seine« Aberglaubens. „Als ob da- Alle- gleich etwa- bedeuten sollte!" meinte er. Er batte sich für gewöhnlich eine- sehr gesunden, traumlosen Schlafes erfreut, und nun auf einmal sing er an zu träumen wie ein nervöses Weid „Das macht die Sorge um Robert; und davon kommen die Ahnungen »nd all der tolle Spuk Aberglaube, nicht» al-Aberglaube!" Mit diesen Dorten suchte er (ich zu bernhigen und ging aufs Nene ins Bett Schnell schlief er «»», und er schlief ohne Unter brechung bi- an den Hellen Morgen „Warum hast Dn mich so lange schlafen lassen?" sagte er beim Erwachen. „Tu hast ja die halbe Nackt nicht geschlafen. Das bischen Morgenruhe war Dir zu gönnen " „Ist ein Bote dagewescn?" „Von wem?" „Bon Robert oder Anna." „Nein. -Dir haben ja Alle- verabredet." Gustav kleidete sich schnell an. „Warte mit dem Kaffee noch ein Weilchen. Ich muß erst einmal auf einen Augen blick zu ihnen." Ohne die Antwort seiner Frau abzuwarten, eilte er hinab. Die wenigen Schritte von der Bülow- zur Tennewitzstraße hatte er bald zurückgclcgt. Klopfenden Herzen» stieg er die vier Treppen hinan. Er lauschte an der Thür. Drinnen war Alle-still. Doch nein, ein leise« Weinen glaubte er zu hören, ein schwache- Wimmern, wie e- sich nach heftigen, lauten Aeußerungen de- Schmerze- einzustellen pflegt. Er öffnete die Tbür. Bleich wie der Tod, mit tbränengebadetem Gefickt saß Anna aus einem Stuhl, nnd ihr gegenüber saßen auf der Kante de- BettgrstellS die Ellern Robert ». Au« ihrem Munde kam ba- leise Weinen, während Anna in stummem Schmerze dasaß. AIS Gustav eintrat, erhoben sich die Stimmen der beiden Alten zu lauter Klage; Anna aber bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Gustav blieb wie angewurzelt sieben. Ter Morgengruß erstarb ihm aus der Lippe „Ilm GotlcSwillen!" stammelte er. „Da — da!" flüsterte Anna. Auf dem guten Sopha unter dem Oelbilde lag eine lang ausgestreckte unk mit einem Tucke verdeckte Menschengestalt. Gustav trat hinzu und hob da- Tuch aus dem Kopfende. Mit eine», Schrei de- Entsetzen« wankte er zurück. Das bleiche Todtcnangesickt, da- ihm cntgegensah, war caS schincrzenlsttllte Gesicht Robert'-. Gustav süblte sich nach dem Kops, al» glaubte er seiner Sinne nicht inäckttg zu sein, al» sei die« nur die Fortsetzung seine» aufregenden Traume». Ter Freund, der noch vor wenig Stunden leben-warm an seiner Brust gelegen batte, dessen Stimme an sein Ohr getönt hatte, dessen munteres Pseifen ibn beruhigt batte, lag vor ihm, ein entseelter Leich nam. Da» geflügelte Nab. da« Sinnbild seines Glücke», batte Robert zermalmt Diese Brust, diese Arme, diese Glieder! Er ergriff die tote-kalte Hand des Freunde- und machte seinem Herzen in schmerzlichen Klagen Lust. „Mein lieber Freund", rief er in plattdeutscher Mundart, in welcher er sich mit Robert so ost unterhalten batte, „Du bist un« entrissen — auf rwia! Tu wirst nickt mehr mit un« essen und trinken, Du wirst Dich nicht mehr mit un» freuen Du bist tvdt, o, mein Gott, tobt! Hättest Du aus mich gehört! Mein Ueber Freund!" Plötzlich fühlte Gustav seinen lurkra Arm umklammert. Anna stand neben ihm und sah ihn mit verzweifeltem Gesicht an. „Was soll ick thun! Ich verzweifle!" Während Gustav noch nach einem Trostwort suchte, erscholl die Stimme de- Alten. „Der Herr hat'- gegeben — der Herr hat - genommen —" aber er kam nicht weiter. Statt de- Schlußworte- drang ein schmerzliche- Schluchzen au- seiner Brust. „Mein Robert, mein lieber Robert!" rief Anna. Sie sank an dem Tobten nieder und zog seinen Oberkörper au ihre Brust, als wollte sic ihm neue» Leben einflößen. Endlich hatte Gustav seine Fassung wieder erlangt. Er zog Anna zurück, bedeckte den Freund wieder mit dem Tucke unv sagte: „Anna, ick möcktc so gern etwa- thun zu Ihrem Tröste. Den da kann Ihnen Niemanv ersetzen Ür ist un» Allen genommen. Aber wa» gute Freundschaft tlmn kann, da» will ick thun Denken Sie, ich sei Ihr Bruder und meine Frau Ihre Schwester. Sie haben ein Reckt, bei unS zu sein, so oft Sic wollen und so lange Sic wolle». Wa» unS gehört, gehört Ihnen. Anna, weinen Sic nicht!" Anna drückte ihm die Hand. „Ich will versuchen, ob ich leben kan» ohne ibn." In ähnlicher Weise tröstete Gustav die alten Elter», und dann ging er, da» Nöthige zum Begräbniß zu besorgen. Der Schmerz um den Verunglückten war bei Allen, die ibn gekannt hatten, wahr und groß, und erhöbt wurde die Tbeitnabme nock durch den Umstand, daß er am Tage vor seiner Hochzeit den Scinigen entrissen worden war. Anna ließ ibn nicht nack der Leichenhalle schaffen. Er sollte wenigsten« die drei Tage in seinem eigenen Heim schlummern. Ein gelber, schön gearbeiteter Sarg mit Metallgriffcn und Florsckmuck umschloß den Hkliebten Tobten, und am Tage Le« Begräbnisse» wurde der «arg mit blühenden Kränzen über- deckt. Die Arbeiter de» BabnboseS batte» einen Palmenzwcig gebracht und die Frau Oberstlieutenant einen großen Lorbeer kranz mit weißer AtlaSsckleise übersandt. „Er liegt da wie ein Prinz", flüsterten sich die Trauergäste zu. Die Begräbniß- stätte war der Kirckbof der Zwöffapostcl-Gemeinde in der Eolonnenstraßc in Sckönebcrg. Ergreifende und tröstliche Worte sprach der Geistliche am offenen Grade. Ader während Alle« tief gerührt seinen Worten lauschte, stand Gustav ,n Gedanken verloren unter der Menjze Ein Entschluß reiste in seiner Brust, der sein ganze- spätere» Leben bestimmte. Ein Denkmal wollte er dem Freunde weihen, wir c» noch keinem Fürsten, so lange dir Erde siebt, gesetzt worden war Es war im November. Die Frau Oberstlieutenant von Breidenbach seierte ihre» Geburtstag. Helles Licht er füllte die reich und vornehm au-gestatteten Raume, nnd Alle, die das Glück hatten, der ausgezeichneten Frau verwandt schaftlich oder gesellschaftlich nahe zu stehen, waren erschienen, ibr ihre Glückwünsche darzubringen und einen Abend in ibrer Gesellschaft zu verleben. Frau von Breidenbach war alS junge», achtzehnjährige« Mädchen die Gattin eine« OfficicrS geworden, der trotz seiner fünfziger Jahre ein schöner und stattlicher Mann war und durch sein ritterliche« Wesen, sowie dnrck gewinnende HcrzenSgüte die Frauenwelt entzückte. AmalieSnlvester batlekaum daSPcnsionat verlassen und war kaum in die Gesellschaft eingetrctcn, als sic »ach der Meinung aller einsichtigen »nd lcbcn-ersabrcncn Matronen da« Glück hatte, die Aufmerksamkeit de« Herrn vo» Brcitcn- dach zu erregen. Sie fühlte die Schmeichelei, die in dieser Bevorzugung lag, so aut, wie jede andere Dame sic gefühlt hätte. ES that ihrer Eitelkeit Wohl, noch so jung und schon so beachtet zu sei», und ohne sich weitere Gedanken zu machen, reichte sic dem Manne, der um ihre Liebe warb, die Hand. Den Irrthum dieser Verbindung erkannte sie erst später. Obgleich sic von ihrem Gcmabl aus Händen ge tragen wurde, süblte sic doch, daß ihr etwa» Wesentliche« zu ihrem Glücke fehle. Eine stille Sehnsucht lebte in ihrem Herzen, die durch die Fülle de» Reicktbums, durch die glänzenke gesellschaftliche Stellung nicht gestillt werden konnte. Dessen ungeachtet war sie ihrem Gemahl in Treue ergeben, und Niemanden ließ sie erratben, welche Stimmen zuweilen in ihrem Innern laut wurden. Die Ehe war »ach dem Unheil aller musterhaft, und wenn der Oberstlieutenant von Breidenbach versicherte, baß seine Amalie der gute Engel seine- Lebens sei, so durste man ihm dies aufs Wort glauben. Da erlitt er durch einen Sturz vom Pferde eine» plötzlichen Tod. Amalie betrauerte ihn von Herzen, verzichtete zu Gunsten armer Invaliden auf die Wiilwenpcnsion, da sie derselben wegen ihre» ReichthuinS nicht bedurfte, und öffnete erst nack Ablaus de» Trauerjahre» ihre SalonS wieder der Gesellschaft. Daß sic sich wieder vermählen würde, schien selbstverständlich, und ebenso natürlich war e», daß alte nnd junge Herren keine Gelegenheit Vorbeigehen ließen, der schöne» und reichen Dillwe ibrc Huldigungen darzubringc». Und auch deshalb glichen ibrc Zimmer beute einem präch tigen Blumengarten. WaS die Kunstgärtnercien der Haupt stadt Schöne» zu bieten im Stande waren, hatte sich hier ver einigt, um den« Geburt-tagc Amaliens die festliche Weibe z;r geben. Hier merkte man nicht» davon, daß der rauhe Winter die Herrschaft angetreten und die Erde bereit» mit einer dichten Schneedecke überzogen hatte; hier herrschte der Früh ling mit seiner ganzen Bliitbcnpracht. Rosen in allen Farben unk Gestalten verbreiteten ihre würzigen Düste; glutbrctbc Eamelien leuchteten auS dunklem Blätlergrün hervor; rotb, weiß und blau hoben auS grünem Moose Hyacinlbcn ihre stolzen Häupter, und die duftigen Dolden de« weißen Flieder- breiteten sich lick» au« neben de» Büschen dunkelrotber Azaleen. In ebenso gläuzcudem Gewände wie die festlich geschmückten
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview