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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-30
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920330021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892033002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892033002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-30
- Monat1892-03
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Ab»m»e«e«t-Yr«i- I» dl» tzoLpterpedttto, oö« den ku Etnd» betttt »»d de» Boiottki, errichteten Au«- ß«deft»8«n «bgetzolt: »t»rte>jödrltch^l4^0, btt »wetmaltz« täglicher ZnsteUnng tn« -aut b.üO. Dur» die Bost bezoqcn für Deutjchlaud und Oesterreich: Vieri,iiädrlich 6.—. Direct» tägliche Kreuzbandjendullg in» Ausland: m»u<Ultch 4l . Abcnd.Ausgabe. Die «argen-Nutgabe erschein« ttiglich '/,7Uhe, dt» »deud.»ut«»d» Wochentag« b lltzr. ROacfion ««H Lrpe-itiou: J-tzanursgast« S. Dieikxdedition ist Wochentag« an unterbrochen geSssutt »«, frlch 8 bt« Abend« 7 Uhr. Filiale«: vtt« Me««'« Lertt«. (Alfre» Eah«), Untnersttütlftr-t« d, kaui» L»s«e. Sachorinenstr. 14, pnrt. nnd <Sntg«pI->» 7. EMr.TllMM Anzeiger. Organ für Politik, LocalgesWte, ßandelsHeschaftsverW- ^-164. Mittwoch den 30. Mär, I8S2. Die Kgejpaltme Petitzeile 20 Pf^, Reklamen unter dem Redactionsstrich (4g»e spalten) 504. vor den Familirnaochrichteit (d gejpaitea) 40-ch. , Gröbere Schriften tont unsere» PeeR- verjeichniß. 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In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtlicheZcitungsspediteure, sowie die Hanptexpedition: Johmlnedgasse 8, ^ ^ die Filiale«: Katharineustratze 14, Kömgsplatz V u»d >8^ - aba-h-it w-rd°n: Ferner kann in nachfolgenden Ausgabestellen das Leipziger Tageblatt — zum Preise von 4 Mk. 50 PM' 1"r oa - . Buchbinderei. Arndtftrafte 3L Herr L. v. Llttel, Colonialwaarenhandlung. Petcrskirchhof 5 Herr ^Velior, Colonialwaarenhandlung. nftrafte 1 Herr HieoÄ. keter, Colonialwaarenhandlung. Pfaffeudorfer Tttafte L . ^ . xi^Nsr, Colonialwaarenhandlung. Ranftsches («atzchen « -vcrr i .. Colonialwaarenhandlung. C°l°malwa-r°nh-ndlung. Beethovenstrnste 1 Herr HieoN. Leier, Colonialwaarenhandlung. Brühl 80 (Ecke Goethestrake) Herr üerm. Ae88ke, Colonialwaarenhandlung. Frankfurter Strafte 11 Herr Lrnst 1lro8, Colonialwaarenhandlung. Löhrstrafte IS Herr Lüuarä Letter, Colonialwaarenhandlung. Marschnerstrafte 0 Herr kaul 8ekrv!dvr, Drogengeschäft. —,, . ^ Nürnberger Strafte 4S Herr L. Udreodt, Colonialwaarenhandlung. »Aorkstrafte 32 (Ecke Zeitzer Strafte 35 Herr V. LMer, Cigacrenhandlnng. Lisenbabnstraße 5. in AngeErottendorf Herr Lodert «reiner, Zweinaundorfer Straße 18. m Neustadt Herr L. > ^chochersche Straße 7». - Connewitz Frau Ll8elier, Hermannstratze 23. 1. Etage. - Plagw'tz Herr A. " M^U^abc 1 . Gohlis Herr Id. LrI1r8e>,e. Mittelstraße 5. - Reudnitz Herr >V. b uxman», Marschau ß Leipziger Straße 6 . Lindenau Herr LU. L. Aüller, Wettiner Straße 51. - - Herr Lornd. weder, Mutzenge,chast, leipziger tz-rraye b. in Thonberg Herr R. Lllnt8«d, Neitzenhainer Straße 58. Jur Lage. * Man schreibt un« von parlanirntarischcr Seite aus Berlin: Die politischen Wogen, welche die Ministerkrise aufgeworfen, wollen sich noch immer nicht glätten und es „kriselt" noch nach. In parlamentarische« Kreisen erhält sich dir Auffassung, daß in Kürze noch weitere Veränderungen im Staatsministerium bevorstehe». Herr von Boetticher verbleibt allerdings in seinen Aemtern als Bicepräsident deö Staatsministerium« und als Staat-secretair de« ReichS- amtS des Innern und entspricht damit einem dringenden Wunsche de« Kaiser«, dessen hervorragender Lieb ling er ist. Herr von Boetticher ist übrigen- auch bei allen parlamentarischen Parteien beliebt, und es wäre nicht leicht, für ihn einen ErsaN zu schaffen, sofern er überhaupt im ganzen Umfange seiner Tbatigkeit zu ersetzen wäre. Herr v. Boetticher ist allein noch auS dem Cabinet Bismarck, dessen treuer Gehilfe und Schüler er länger als zehn Jahre gewesen, in einer Ministerstellung tbatig. Allgemein bekannt ,st seine Arbeitskraft und seine Fähigkeit, sich in schwierige, besonder« socialpolitische Materien schnell rinzuarbeiten. Dazu kommt sein rubige« und von aller persönlichen Gereiztheit freie« Wesen, seine liebenswürdige Art de« politischen Verkehr«, sein gute« Gedachlniß, seine Redegewandtheit und seine Vertraut heit mit Personen im Parlament und bei Hofe, in den Reichs und Staatsbehörden. Zn allen politischen Kreisen, soweit sic ein Unheil haben, ist man mit Genuglhuung darüber erfüllt. daß Herr von Boetticher im Amte verbleibt. Der Kaiser hat ihm übrigens heute wieder einen Beweis seiner Wcrthschätzung gegeben, indem er ibm heute Nackimittaz eine» Besuch ab- stattcte und längere Zeit in seiner Wobnung verweilte. DaS Gerückt, daß der LantwirthschaftSniinister v. Heyden demnächst zurücktreten würde, findet wenig Glauben. Es ist auch unwahrscheinlich, bah der Abschied des Grafen Zedlitz ihn dazu veranlassen könnte, da vr Bosse, der Nachfolge^ de» letzteren, ebenso positiv reliaiö- und konservativ ist wie dieser. An Stelle de« I)r. Bosse ist heute der langjäbrigr Director im Reich-justizanit, Herr Hanauer, zum StaatSsecretair dicse« Amtes ernannt worden. Herr Hanauer, ein geborener Bayer, ist als tüchtige Arbeitskraft hoch geschätzt und verdankt seine Ernennung zu dem hoben Amte vornehmlich der warmen Empfehlung seine« früheren Chefs, de« jetzigen CultuöministerS Ilr. Bosse. Die Bekannt machung der Ernennung durch den „ReichSanzciger" steht unmittelbar bevor. Graf Zedlitz reist morgen Mittwoch nach Tannenwald« zum Besuch seine« Schwager«, de- Herrn v. Rohr. Das Debüt des neue» Ministerpräsidenten, des Grafen Eulenburg, hat bei keiner Partei befriedigt. Geschickter war tzaS Auftreten de« neuen CultuSmiuistrr l>r. Bosse im Herrenhause, welcher dort sogar von dem reaclionaircn Herrn v. Kleift-Retzow sich Beifall einzubolen verstand, obgleich er Stöcker'sche Engherzigkeit und dessen Fanatismus weit von sich wir«. Im Reichstage drängt e« mächtig zum Schluß. Heute wurde in einer fast achtstündigen Sitzung der Etat zum Abschluß gebracht. Daß da» Centrum keine b'«ck>t,gte pol t,sche Parte' ist, bewies e« beute durch ,e,ne fanatische Rachsucht. Den Fall des Schulgesetze« kann e« nicht verwinden, und so wurde d e Corvette li aus Gründen, die e« vordem nicht kannte, heute vom Centrnm abgrlehnt. Wir brauchen nicht zu sagen, daß Herr Eugen Richter große Freude darüber empfand - er macht es den Polen zum groben Vorwurf, daß sie die deutschen militairischcn und maritimen Forderungen ata be rechtigt anerkennen und bei ihrer Abstimmung mehr Patrio tismus beweisen als die „Deutsche-Freisinnigen. > * Die „Na tiona lliberale Correspo ndenz" schreibt: Di- BolkSschulgescygebuiig wird nun wohl nach zwei verunglückten Anläufen und nach den kritischen Vorgängen, die da» Scheitern de» letzten Versuchs bezcichnete». znm Mindesten für die gegenwärtige Legislaturperiode zum Still stand kommen. Mit einer Volksvertretung, deren Mandat im nächsten Jahre zu Ende geht und die nun schon zweimal durch denselben Gegenstand in die tiefgehendste Erregung versetzt worden ist, kann man mit Aussicht auf günstigen Er folg die« Gesetzgebung-Werk nicht noch einmal versuchen. Wo wären auch »ur die geringsten Aussichten auf eine Ver ständigung über die großen Prinzipienfragen, wenn man sich nicht etwa auf ein DotationSgesetz beschränken will, wa« vielleicht da« Ratbsamste wäre! Ob und in welchem Geist das Werk vielleicht später wieder einmal in Angriff genommen wird, darauf werden die nächsten Landtagswahlen von wird sich zeigen, ob die die bi«her konservative Ab entscheidendem Einfluß sein. E» ganze Wählerschaft im Lande, di geordnete gewählt hat. damit dir ödeste und unduldsamste Rcaction im Sinne der „Kreuzzeitung" mitmachen und den Kampf gegen die Regierung beginnen wollte, al« diese nicht die einseitigste psässtsch-junkerliche Politik treiben mochte. DaS höbnischc Lachen und Zischen, womit von den Bänken der Conscrvativen und de« CentrumS dir erst« Kundgebung der neuen Regierung begleitet wurde, wird den Rraction»- parteien nicht vergessen werden. Es liegt wohl schwerlich im Plane, neue Wahlen vor dem naturgemäßen Ablauf de» Mandats vorzunebine»; wir können auch warten, »nd e« hat gewiß auch fein Bedenkliche«, die ohnehin schon herrschende starke Aufregung ohne ganz zwingende Gründe noch mehr zu steigern. Mögen die Wahlen früher oder später kommen, davon sind wir fest überzeugt, die konservative Partei hat nach ihren Leistungen bei den, VolkSschulgesrtz und der Land- gemeindcordnung mehr Anlaß, davor besorgt zu sei«, al« da« liberale Bürgerthum. * Berlin, 29. März. Auswärtigen Blattern wird von hier gemeldet, daß der bisherige Director im ReichSjustizamtc, Wirklicher Geheimer Rath Hanauer, zum Nachfolger de« 1)r. Bosse als StaatSsecretair au-ersehen sei. Erkundigungen zufolge, so bemerkt die „Kreuzzeitung", dürfte sich da« be stätigen. Diese Ernennung erfolgt hauptsächlich mit Rücksicht auf das bürgerliche Gesetzbuch, dessen weitere Revision m dem bisherigen Gange nur gesördert werden kann, wen» an Fe«illetsn. Li» unfreiwilliger Aprilscherz. von I. Osterloh. NeNdre» »ettttn,. Lachend und plaudernd saßen nach beendetem MiltagS- mahle die Gäste einer der größten Pensionen de« beliebten WintercurorteS X. beim duftenden Mokka zusammen. Man batte heute zum ersten Male gewagt, die lauschigen Plätzchen zwischen den immergrünen Hecken zu längerem Ver weilen aufzusnchen, und zwanglos vertbeilten sich die Gruppen, vald mit jugendlicher Lust einem Schmetter linge nacheilrnd, der neckisch von Zweig zu Zweig flatterte, um den zusasseudrn Händen im entscheidenden Augenblicke immer wieder zu entschlüpfen, bald mit Iubelrus eine schwellende RosenknoSpe oder auch ein Veilchen, welche« im Verborgenen ein stille«, nngeabote« Dasein führen wollte, an« grelle Sonnenlicht sehend. Für eine andere Gruppe wieder bildete der Stand de« arometrr« eine große Anziehung-kraft: man stritt sich in lieben«wllrdig«r Weise, »b die kleine Senkung der Nadel nach abwärts ans eine Wiederholung der Regentage, die man so gern al« überwundenen Standpunct betrachtet, bin- deute, oder ob sie in Einklang zu oringen sei mit den weißen, wehenden Schleiern am blauen Firmament, den Vorboten de« Sirocco, de« Kerkermeister« so mancher Lungenkranken. Der ältere und an rin behagliche« Genießen de« Kaffeestündchrn« gewöhnte Theil der Gesellschaft aber er örterte auf« Gründlichste solche Fragen, die sich auf da« geistige und leiblich« Wohl der Menschheit im Allgemeinen und auf ihre Personen im Einzelnen bezogen. Man vertraute sich mit geheimnißvolle» Mienen an, welchen Platz man am geeignetsten zum Ausbewabreu der Reisecaffe halte, und r« kamen Verstecke zum Vorschein, di« selbst der rafsinirteste Langfinger nicht ausfindig gemacht hätte. Dann erzählte man sich mit gerechtem Stolze, wie dir fürstliche Frau, welche vor einigen Tagen die Pension verlasse», um sich südlicher zu wenden, dem Koch ihr ganz besondere« Lob habe au«fprechrn lassen, »nd all' die kleinen Aussiellunaen, die man an fernen Leistungen gehabt, zerflossen vor solch hoher Anerkennung wir Butter an der Sonne. Ja, man fand e« ganz unerhört, daß der junge Fürst von R. gewagt batte, diesem ausgezeichneten Koch täg lich besonder« Vorschriften hinsichtlich der Zubereitung der Speisen zu machen. Am Allerlebhastesten aber entbrannte da« Wortgefecht in einem Kreise junger Mädchen und Frauen, deren elegant«, h«ll« LoileUe» sich in farbenreich«« »bw«chs«lu»g mit den hechtgrauen Uniformen der dem Gotte Amor ebenso eifrig al« dem Mar« dienenden Kaiserjäger mischten. Der außergewöhnlich rauhe und lange Winter, der ein Ausstiegen in« Freie selten gestattet, batte ein desto engere«Zusammenleben in der Pension selbst zu Stande gebracht; man musicirte zusammen, gab kleine Concerte, spielte Theater. riSkirte auch häufig ein kleine« Tänzchen, wenn der gestrenge Curarzt nicht in Sicht war, nnd der Heber und Leger aller dieser kleinen Unternehmungen, der Veu8 ex maeliin» der heiteren Gesellschaft war der stattliche Rittmeister Graf P., ein Mann in jenen Jahren, die so lange al- die besten gelten, als man selbst ihnen noch fern steht. Gut und liebenswürdig war dieser Graf, unermüdlich bereit, gefällig zu sein, unverwundbar gegen alle kleinen Neckereien, ebenso unverwundbar aber auch gegen die Pfeile, die aus schönen Frauenaugen auf sein noch unbesiegte« Herz abflogen. Nur einmal, und zwar vor Jahresfrist, hatte man geglaubt, seine woblverwahrte Herzensfestung werde doch endlich capituliren müssen, weil eine junge, reiche Wiltwr, Baronin R., eine energische Belagerung derselben unternommen. Man zweifelte nicht an ihrem Erfolge und batte täglich erwartet, daß der Eommandant dieser HerzenSsestung ihr endlich den Schlüssel zu derselben auSlicfern und sich ihr auf Gnade und Un gnade übergeben werde. Doch zur allgemeinen Ent täuschung war keine Verlobung erfolgt. Die Baronin N. war olme triftigen Grund plötzlich mit einer ganz merk lichen Verstimmung abgcreist und man hatte nicht» wieder von ihr gehört, obwohl sie auch für diese» Winter ibr Wiederkommen in Aussicht gestellt hatte. Der Rittmeister Graf P. aber hatte seinen gewohnten Winteraufenthalt hier wieder genommen, ob in Erwartung, der Baronin zu begegnen, konnte man nicht ergründen, da er im vergangenen Iabre und auch jetzt da« tiefste Stillschweigen über da- so plötzlich abgebrochene Berhältniß beobachtete... In begreiflichem Tact- gefühle hatte man ihn auch nicht mit Fragen bestürmt, aber man merkte ihm an, daß er ernster geworden, und ein elegischer Zug überflog zuweilen sein offene« Gesicht. Da befand sich nun aber seit einigen Tagen ein weib liches sogenanntes onkant t«rridl« in vorgerückten Iabre» in der Gesellschaft, welche« in brwundernSwertber Unbefangen heit gerade imnier die Saiten zu berühren wußte, welche nicht erklingen sollten. Alle kinderlosen Ehepaare wurden mit unsebl- barrr Sicherheit von ihr nach derZahl der lieben Kleinen gefragt, oder sie suchte sich ihr Opfer in Gestalt eine« auf der Hoch- ^eit«reisr befindlichen jungen Ehemann»« au«, welchen sie in egrnwart seiner eifersüchtigen Frau nack» der berühmten K .... Cvloratorsängeriu fragte, der er vor Zeiten so gebuldigt, und schloß «it der beruhigenden Versicherung, daß au« den flottesten Lebemännern die solidesten Ehemänner würden, wie Figura zeige. Unser Graf nun war seit ihrer vor Kurzem erfolgten Ankunft sofort der Gegenstand ihrer slbarfstnnigsten Beobacktungen geworden. Ein so gewandter, licbenSwürdiger Cavalier, vermögend, von altem angesehenen Adel und noch unverbeiralhet — da- ging nicht mit rechten Dingen zu; hier mußte sorgfältig die Sonde eingeführt und scharf ergründet werden, wo der Sitz des Herzleiden« sei, ob Herzerweiterung oder Versckrnmpfung oder gar der EbelosigkeitSbacillus den Grasen befallen habe. Der heutige herrliche Tag, da« Erwarben deS FrüblingS war so reckt geeignet, die Herzen der Menschen zu öffne» und ihre Zungen zu lösen, und war sie denn nicht eine alte Freundin der Mutter de» Grasen, kannte sie ihn nickt von klein auf? Sie liebte auch die großen Umschweife gar nicht und ging gern direct auf ibr Ziel lcS. Darum platzte sie ganz unvermittelt mit der Frage heraus: „Herr Graf, lesen Sie oft in der Bibel?" Der Gras stutzte und wußte im Augenblick wirklich nicht, wo binauS die Fraaerin wollte. „Manchmal wohl, Gnädige, aber leider nicht so oft. wie ich möchte. Es gicbt in unserem dienstlichen und gesellige» Leben aar (o viel Abhaltungen." „Ick mochte nur die Stelle l. Buch MoseS Cap. 2 ihrer gan» besonderen Aufmerksamkeit empfehlen, denn da steht geschrieben: E« ist nicht gut. daß der Mensch allein sei — noch immer vermisse ich den Trauring an Ihrem Finger und die Lebensgefährtin an Ihrer Seite. — Meinen voriahrigen Beobachtungen zufolge glaubte ich Sie doch so nahe am Ziele!" .dunkles Roth überflog einen Augenblick da- Gesicht des Grafen und er griff nach einem Streichhölzchen, um sich «ne neue C.garrr mit ziemlicher Umständlichkeit an,»zünden. ^ gesunden, seiner Erregung Herr zu werden und lächelnd wendete er sich an die Fragerivu „Ja, gnädiges Fräulein, wohl war ich dem Hielt aan, nabe^ aber noch rechtzeitig erkannte ich meinen Irrtbum'" cm- 22" 'lt da« möglich? - Sie Beide schienen doch wie für einander arschaffcn! Ich hasse zwar ^ud'»creti°n. diesmal aber kann ick mir die Bitte an ve.rsagen. mir Aufklärung zu verschaffen!" H°S"n und °nr M'barem Widerstreben Graf der Bitte seiner Drängerin und begann bub«" scharf und richtig beobachtet, e« ^U- °°'- 2abr««fr.st nur da. erlösend« Wort meinerseits und vre bejahende Antwort von Seiten der Dame die in«., liebte, um mich zumGlücklichen derSterblichen zu machen Sie ermnern sich wohl noch der Partie, welch, ei» U.il A Gesellschaft unserer Pension in mehreren Wagen nach dem nahcgelegenen Schwestercurort M. machte. Sie, Gnädige, waren ja damals infolge der Influenza leider verhindert, daran theilzunehmen." DaS alternde Fräulein erinnerte sich dieser Partie recht wohl nnd zugleich auch ihre« Unmuthr«, damal« zu Hause bleiben zu müssen, wo doch gerade so viel Interessantes im Werke war. da man allgemein glaubte, eine Verlobung d«S Grasen und der Baronin als Resultat derselben zu be grüßen. Auf ihr bejahende« Nicken fuhr der Graf in seiner --- rzählung fort: „Ich leugne nicht, daß mir an diesem Tage Alle« von der cn Vorbedeutung für meine Wünsche erschien. Da» etter war herrlich, meine Stimmung heiter und fast über- mülhig, denn ich hatte das Glück, meiner Angebeteten während der mehrstündigen Fahrt gegenüber zu sitzen. Auch in ihren Blicken glaubte ich zu lesen, baß ihr meine Nähe nicht unangenehm sei. Heute, da« fühlte ich, mußte der entscheidende Schritt für» Leben gethan werden; aus eine Gelegenheit dazu im Lause de« Tage« durste ich gewiß mit Bestimmtheit rechnen. Glücklich langten wir in M. an und verabredeten, im Curhaus« «in gemeinschaftliches Mittagsmahl einzunehnieo. Bis ru dieser Zeit wollte ein Jede« seinen Angelegenheiten oachgeyen, Besuche machen, Ein käufe mache» rc., und so sah auch ich mich meinem Schicksale überlassen. Neugierig, was der alte Ort wohl bieten werde, schleuderte ich durch die schmale», steinigen Gaffen, hier einen kühn vorspringenden Erker, dort ein alte« Portal, ein uralte- Wappen eine« längst erloschenen Geschlecht«« betrachtend. Dann wieder fesselte mich die originelle, farbenreiche Tracht der Landbewohner, welche zum heutige» Markte in Massen von den Bergen herabgrkomme» waren, und endlich de« Trubels und Treiben«, das in der inneren Stadt herrschte, müde, flüchtete ich mich hinaus in die herrlichen Anlagen entlang de« munteren Bergwaffer«, wo ich von einem ganz besonder« romantisch gelegenen Plätzchen dem Spiele der Wellen zusah. Langsam zog ich wich nach und nach dem Curhause, unserem verabredeten ZusammenkunstS- orte, zu. Da erblickte ich in einem Blumenladen, in welchem auch Obst undGemüsefeilgeboten wurde, ganz wunderschöne, große Veilchen. Veilchen, meine LiebliogSblumen und, wie ich wußte, auck die LieblinaSblume der Baronin, welche keine Gelegenheit vorübrrgeheu ließ, sich und ihreZimmerdamit zu schmücken. Bot sich nun wohl für mich eine bessere Gelegenheit als diese, der Baronin mit den duftenden Kindern de« Frühling« «ine kleine Freude zu machen, und konnten dieselben nicht vielleicht ein beredter Fürsprecher für Mich bei «hr werden? Hocherfreut trat ich in d«a Lad«» «in,
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