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Dresdner Journal : 11.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188210111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18821011
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18821011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-11
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Dresdner Journal : 11.10.1882
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Mittwoch, de« tt. October. W2»7 1882 Li»onooiuent«i»r«t»r Iw ck«ul»ek«o L-ied«: ^Lkrlied: .... 18 LI»rIl. ^Mbrlicti: 4 Uurll 00?s. Linrslo« Huwwvrn: ivkf. L»««rd»Id -le, äeuticbsn ksictis« tritt?o»t- uo6 8temp«lru»cbllt^ dioru. Insvrateiiprelser kür 6sn k»um einer ^e«p»Itvv«n kstitrsils S0 ?s. Oster „Lin^eennät" 6io Leite KV kk. Lei l'nkstten- uuä Litssrn»»tr St) H Xuksobl»^. Drcs-ntrZmnMl. Io8«r»1ea»oo»km« »G»^Lrt»r Fr. Lra»»li«t«tter, Oomlniiionkir äs, I>re«äner äournnl,; L»»d»rx I«rUo-Vi«» - >»»«l >r„I»« kr»»)l1vrt ». >.: //aaien^e,« <L k»A/rr, NerUo -Vt«» U»wdarU. kr»U- l^jpNtss -kr^tktarf N. Hävedi» - /luä Lis««,' >«U»i /irutiäenäant/ 8r«m«ae F Lc/i/ott«, >-»,!»«: F StanAen'» Lureas <Lmit Fabat/»-,- ?r»nktart ». ». r L ^»«Aer'eeks LvoklisoUIun^; ovrltt«: Li. L/ükter; Siucovr: 0. §c)»Ä«i«r, k»rt, L,rU» -rr»»tt»rr ». >.- St»tlss»rt: DanL« 6o., L^mdar^: Fck. §t«n«r. Lrsedvlneur l'Lxlieb mit Xu»nnl>m« äer 8onn- unä keierts^s Lt-snä, kür ä«n tsl^soäe» 1'n^. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. I! « r » u « x « d e r r Lüni«!. kxpeäition äs* vre,äoer äonriuU», Dreeäso, LvingerutrL«« tio SV. Änitlichcr Tlieil. Dresden, 9. October. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die Nachgenannten die von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen ihnen verliehenen OrdenSdecorationen, und zwar: der Oberhosmarschall Freiherr von Koenneritz da- Großtreuz des Rothen Adlerorden», der Kämmerer undOberhosmeister von Lüttichau den Rothe» Adlerorden I. Klasse mit dem Emaille- bande, der Oberstallmeister von Ehren st ein und der Hof- morschall Freiherr von Gutschmid den Kronenorden II. Klasse mit dem Siern, der Ceremonienmeister, Kammerherr Alfred von Miltitz und der Kammerherr, Rittmeister d. R. Max von Arnim den Kronenorden II. Klasse annehmen und tragen. Dresden, 6. October. Se. Majestät der König haben dem Pfarrer Martin Theodor Leuchte in Hänichen das Ritterkreuz I. Klasse vom AlbrechtSorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu geneh migen geruht, daß der Bürgerschuldirector Moritz Heger in Dresden den ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser verliehenen Preußischen Kronenorden Hl. Klasse annehme und trage. Nichtamtlicher Theil. uedersicht: Telegraphische Nachrichten. Zeituugsschau. (Journal des Dekali. New-Kork H rald. Allgemeine Zeitung.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Darmstadt. Wien. Prag. Buda Pest. Gens. Rom. London. St. Peters burg. Belgrad. Bukarest. Konstantinopel. Kairo. Alexandrien.) BetriebSergebniffe der königl. StaatSeiseubahnen. (Kohlentransport.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Borna. Chemnitz. Schellenberg. Wolkenstein. Zwickau. Großenhain. Bautzen.) Vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft. Feuilleton. Telegraphische WitterungSberichte. Tageskalender. Inserate. Beilage. Börsennachrichteu. Telegraphische Nachrichten. Konstantinopel» Dienötag, 1V. October. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Antwort des Lords Dufferin auf dir Note der Pforte vom 25. Sep tember weist ferner darauf hin, daß, abgesehen von der bereits erfolgten theilweisen Räumung Aegyptens, da eine ägyptische Armee nicht vor handen ist, der englischen Regierung die Verpflich tung obliege, die Occupatio» zu verlängern, bis die militärischen Streitkräfte AegyptrnS neuorga- uifirt seien und der Khedive die Erklärung abge Feuilleton. Redigirt von -vtto Banck. Wandlungen. Novelle von F. L. Reimar. (TvNsetzung.) Sie wollte etwas erwidern, aber die Schwelle des Saales war bereit- überschritten und in demselben Augenblicke hatte sie auch schon für den Gruß eine» Herrn zu danken, der rasch an ihre Seite trat — e» war Oskar. — Nachdem derselbe von Virginien eine Abweisung erfahren, hatte er keine andere Gefährtin erwählt, sondern sich — und die» vielleicht zum Miß vergnügen manches jungen Mädchen» — zum Führer einer Anzahl von älteren Damen, unter denen sich auch die Commerzienräthin befand und welche zum Schutz der jüngeren die Tour in einem bedcckten Schlitten mitmachten, aufgeworfen und sich bi»her damit begnügt, nur diesen seine Dienste zu widmen; dafür war ober jetzt eine geunsse Erregtheit in seiner Stimme zu be- merten, al» er Virginie anredete. „Wie Sie wissen, soll gleich getanzt werden," sagte er, .und da Hermann kein Tänzer ist, so darf ich vielleicht hoffen, daß Sie meine Hand nicht verschmähen; e» sei denn," fügte er in noch gereizterm Tone hinzu, „daß Sie sich in diesem Augenblick erinnerten, schon früher Jemandem diesen ersten oder vielleicht auch jeden folgenden Tanz versprochen zu haben." .Warum nicht garl" lachte sie. .Eher hätte ich diesem .Jemand" gesagt, ich glaube von Ihnen en- gogirt zu sein, OSkar!" geben habe, daß er die Mittel besitze, für die all- gemeine Sicherheit rinzuftrhev. Kairo, Montag, 9. October, Nachmittag». (W. T. B.) Die UntersuchungScommisfioa unter dem Vorsitz JSmail Pascha» und EjubS war heute mit der Vernehmung von Zeugen beschäftigt; da» Ergrbniß der Vernehmung war indeß von sehr geringem Belang. Ganbeel, der während der am 11. Juni gegen vir Europäer begangenen Gewalt- thaten den Posten al» Gtadtpräfect bekleidete, stellte auf da» Bestimmteste in Abrede, Stöcke unter die Araber vertheilt zu haben. Auch in Tantah ist eine Uvtersuchung»com- Mission eingesetzt, die Verhandlungen derselben er folgen aber unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. Nach Tell-el-Kebir ist dehuf» Instandsetzung der Gräber der gefallenen Soldaten eine Truppen- abtheilung abgegangen. Nrw-Dork, Montag, S. Oktober, Nachmittags. (W. T. B.) Der Hamburg-amerikanische Post dampfer „Herder" litt heute früh 2 Uhr wäh rend starken Nebels bei Cap Race Schiffbruch. Die Passagiere und Mannschaften, sowie die Post- stücke wrrdtn durch tinrn besonder« Dampfer nach St. John» gebracht und der Fürsorge deS dor- tigra deutschen Consul» anvertraut werden. Lon der übrigen Ladung deS Schiffes fürchtet mau, daß sie total verloren sei. Dresden, 10. October. In Frankreich bereitet sich Alles auf die nächste parlamentarische Session vor. Minen und Gegen minen werden von den verschiedenen Parteien gegraben, so daß man meinen sollte, e» handle sich um eme be vorstehende Kriegführung feindlicher Mächte weit eher, al» um ein gemeinsame» Wirken zum Besten de» Vaterlande». Die Mittel, deren man sich bedient, seine politischen Gegner zu breintiächtigen, lassen erkennen, daß die Parteien unter der augenblicklichen Zuspitzung des gegenseitigen Kampfe» schwerlich noch lange neben einander bestehen können. Wenn e» auch noch zweifel haft ist, auf welcher Seite der Erfolg sein wird, so dürfte doch in nicht zu langer Z-ü an die Regierung die Frage herantreten, ob sie sich dem Ansturm von allen Seiten gewachsen fühlt. DaS .Journal de» D^bat»" findet den letzten parlamentarischen Ferien monat noch unerquicklicher, als sonst, weil da» jetzige Ministerium mit seinen Erklärungen über seine Politik mehr, al» nüchtern sei und sich provisorisch mit dem Credit, welcher Leuten von ehrlichem Aussehen ge schenkt werde, zufrieden zeige. Dieses kluge Still schweigen könne ihm Niemand übelnehmen und am allerwenigsten eine Kammer, die selbst wohl gesagt habe, wa» sie nicht wolle, aber keineswegs und mit gutem Grunde, was sie wolle. Leider sei aber da» Stillschweigen kein dauernde» RegierungSmittel, und das vom Premier ausgesprochene Wort .Versöhnung", sowie daS voreilig und vielleicht unklug fallen ge lassene der .Auflösung" seien eben nur Worte, Von Thaten und Entschlüssen sei Nicht» zu sehen. Der Justizmlnister .studire" die Mittel, da» Gerichtswesen zu reformiren oder vielmehr zu militarisiren; der Finanzminister suche die Budget» seiner Vorgänger Say und Allain-Targä zu versöhnen: Nicht», al- Probleme und wachsende Ungewißheiten, welchen die Regierung ein baldige- Ziel setzen sollte, nicht durch osficiöse Noten oder durch halbprivate Vertraulichkeiten, sondern durch beschleunigte Einberufung deS Parla ments. Man dürfe also den Gerüchten, wonach die Regierung die Herbstsession später, al» üblich eröffnen wolle, keinen Glauben schenken, denn da» Cadmet würde damit vielleicht seiner eigenen Bescheidenheit „Wirklich?" fragte der junge Mann sichtlich erfreut. .Nun ja," entgegnete sie unbefangen; .e» wäre ganz natürlich für mich gewesen, denn wir haben den ersten Tanz so oft mit einander getanzt, daß e» zwi schen un» zur Gewohnheit geworden ist." .Ach so," sagte er verletzt, .Sie schlagen e» mir nur wegen der Gewohnheit nicht ad, wenn ich Sie um eine Gunst bitte!" Heiter, wie sie war, lachte sie wieder hell auf. .Nein, auch darum nicht, weil Sie ein fo guter Tänzer sind. Wirklich, OSkar, Sie tanzen sehr gutl" fügte sie mit Nachdruck hinzu .Da Sie eS natürlich selbst wissen, darf ich eS Ihnen sagen!" schloß sie, dem jungen Mann dabei neckend in da» Gesicht blickend. Hatte sie demselben jedoch in ihrer guten Laune ein CompUment gönnen wollen, so schien sie diese Ab sicht nicht erreicht zu haben, denn Oskar sah empfind- sicher au», al» zuvor; er würde wohl auch eine miß vergnügte Antwort gegeben haben, wenn in diesem Augenblicke die Unterhaltung nicht von anderer Seite her unterbrochen worden wäre. .Guten Tag, liebe Virginie!" sagte eine sanfte Stimme, und alle erkannten die Commerzienräthin, die unbemerkt an die Gruppe herongetreten war. Virginie trat der alten Dame rasch den letzten Schritt entgegen, ergriff ihre Hand, die sie mit unser- stellte! kindlicher Ehrfurcht an die Lippen drückte, und rief lebhaft: .Ach, Frau Commerzienräthin, e» war unartig von mir, daß ich mit Ihrem Sohne sprach, bevor ich Eie begrüßt hatte; tadeln S.e mich nur!" ,Jm Gegrntheil, mein Kind," sagte die Lom- werzienräthin, „ich bin Ihnen dankbar, daß Sie ihn folgen, aber dem öffentlichen Int»resse keinen Dienst erweisen. Am willkommensten ist die wachsende Uneinigkeit der republikanischen Gruppen den Monarchisten, welche bereit» die zuversichtliche Erwartung aussprechen, daß ihnen schließlich die Leitung der Dinge wieder in die Hand fallen müsse, insofern dir Mosse der franzö sischen Landbevölkerung, allen Symptomen zufolge, der unsicheren inneren Verhältnisse bi» zum Ueberdruß satt ist. Diesen Punkt berührt auch der bekannte spanische Republikaner Castelar, welcher sich im .New-Kork Herold" über da» gegenwärtige Frankreich, wie folgt, vernehmen läßt: .Kein Elend gleicht dem, in welchem sich da» arme Frankeich befindet, mit einer Kammer von republikanischen Volksvertretern, die den spanischen CorteS deS JahreS 1873 ähnlich ist, unregierbar, unnachgiebig, in unduldsame und einander bekämpfende Fraktionen ge spalten, von den katholischen und monarchischen Par teien bedrängt, die der Wiedergewinnung der Macht entgegensehen, vertheidigt von einem deSorganisirten Heere, von verdrossenen Generälen, von einer unzu friedenen Obrigkeit, von einer Bürgerschaft und von einer leitenden Klasse, die voller Befürchtungen ist beim Anblick eine» Theiles des StadtratheS von Pari». Große Nationen wie Frankreich können nicht ganz gleichgilsig bleiben bei ihrer äußern Politik, besonders in dem Augenblicke, wo sich eine gute Gelegenheit für die lateinische Race deS Mittelmeere- zeigt, ihr Recht darauf zu betonen, daß sie in den Angelegenheiten deS Orient» und Aegypten- gehört werden. Ich erinnere mich, daß der Einfluß Gambetta'-, seine Ränke, sein Ehrgeiz, seine offenen und heimlichen Hilfsquellen die Ursache gewesen sind zu dem Falle de» Ministerium- Freycinet und zu der Ersetzung desselben durch ein Cabinet, über welche« die europäische Diplomatie lächelt und daS die Staatsmänner sehr besorgt macht für dar arme Frankreich. Die Jrrthümer und die republikanische Unduldsamkeit bedrohen die dritte fran- »ösische Republik ebenso sehr, wie dieselben Fehler die spanische bedrohten, und die französischen Demokaten können zufrieden fein, daß kein Prätendent genügenden Einfluß besitzt, um einen Staatsstreich auSzuführen." Die Chancen der monarchischen Parteien rn Frank reich werden auch von einem Pariser Correspondenten der Münchner .Allgemeinen Zeitung" in einem Artikel besprochen, der unS um so bemerkenSwerther erscheint, als der Verfasser nicht verhehlt, daß er .Achtung" fühle für die .chevalereSke und feurige Hin gebung " der französischen Monarchisten, was ihn aller dings nicht hindert, deren Sache für eine verlorene anzusehen. Er mögen hier die interessantesten Stellen dieser Correspondenz folgen: .Wir leben in Frankeich und in einer Zeit, wo, wie man sagt, tout' »rrivs «t pent arriver. Unser Jahrhundert weist zu viele Re volutionen und Wechselfälle, zu viele Zusammenbrüche und unvorhergesehene Wiedererhebungen auf, als daß man da» Recht hätte, daS Unwahrscheinliche auch al- unmöglich zu betrachten. Immerhin jedoch ist eS schwer, eine wirkliche ernsthafte Bedeutung den dynastischen Combinationen beizulegen, welche in den letzten Tagen von mehreren Blättern geheimnißvoll angekündigt worden sind und die zum Zwecke haben sollen, be stehende Spaltungen, Differenzen und Hindernisse inner halb der Familien der Thronprätendenten zu beseitigen. So spricht man von der Abdankung deS Grasen v. Pari- aus seine eventuellen Thronrechte zu Gunsten seine- jungen Sohne- und behauptet, daß die- die definitive Fusion der beiden Zweige de» Hause» Bourbon besiegeln würde. Aber ist denn diese Fusion nicht bereit- geschehen durch die bekannte Versöhnung der Prinzen v. Orlean- mit dem Grafen v. Chambord? WaS könnte denn hierzu die Abdankung des Grasen v. Parr- zu Gunsten seine- Sohne- noch hinzufügen? E- ließe sich be greifen, wenn man aus die Abdankung deS Grasen für den Kummer, den Sie ihm kaum erst bereiteten, entschädigen wollen! — wie ich Ihnen ja auch daiür dankbar bin," fügte sie nach einer momentanen Zöge rung hinzu, .daß Sie meinen ältesten Sohn au» sei ner Einsiedelei hervorgelockt haben. Ohne Ihr Ver- langen würde er jetzt nicht unter un» sein." .O, danken Sie mir nicht!" rief Virginie lebhaft, .eS war ja nicht um ihn — ich selbst — —" Sie stockte. .Die Fahrt war eine so herrliche!" schloß sie in ihrer Verwirrung. .Mich freut e«, daß sie Ihnen Freude gewährte," nahm die Commerzienräthin freundlich wieder daS Wort auf; .ich bezweifelte do» aber auch nicht, denn solche Schlittentouren haben für die junge Welt ja immer einen besondern Reiz; zugleich aber hoffe ich für Sie, liebe Virginie, daß ein Vergnügen nur auf hörte, um einem andern, gleich großen, Platz zu ma chen, denn der Tanz — nicht wahr, er bleibt doch Ihre eigentliche Leidenschaft?" .Ja," rief da» junge Mädchen, dessen Augen blitzten, al» in diesem Moment die ersten Töne der au» der Stadt mitgebrachten Musik erklangen, „wenn ich tanzen kann, so ist mir für den Augenblick, al» gäbe e» nicht» Schönere» in der Welt!" Die Commerzienräthin erhob freilich bei dem leb- hatten Ausbruch de» Mädchen» warnend den Finger, konnte jedoch dabei ein zufriedene» Lächeln nicht unter drücken, und Oskar rief mit wieder gewonnener und etwa» triumphirender Heiterkeit au»: .Armer Hermann, von diesem Schönsten in der Welt bist Du ausgeschlossen!" Betroffen — sie hotte in dem Augenblick an nicht», v. Chambord hinarbeitete, damit dieser seine Thron- rechte den Erben LouiS Philipp'» übertrüge und so nach der Legitimität, von der da» Land nicht» hören will, den OrleaniSmuS substituirte, der zweifellos populärer ist. Doch so lange der Gras v Ehambord seine Rechte aufrecht hält, wozu kann da etwa» nützen, wa» sich auch immer unter den Mitgliedern der jüngern Linie hinsichtlich dynastischer Combinationen vollzieht? Abdanken ist ein gar feierliche» Wort. Eine Abdankung setzt eine effektive Herrschaft vorau», und bi» jetzt schwebt der Thron, über den die Einen und die Anderen platonisch verfügen, noch in weiter nebelhafter Ferne. E» heißt die» also gewisselmaßen die Haut de» Bären verkaufen, ehe man denselben er legt hat Worauf de» Weitern gründen denn die Urheber jener tiefen Combinationen ihre Hoffnungen de» Erfolge»? Auf wa» rechnen sie, um dem Grafen v. Chambord oder dem Sohne de» Grasen v. Pari» da» Scepter wieder zu übergeben? Auf die Mitwirkung der Kammern? Eine solche Möglichkeit hat sich einmal darbieten können, allein die Zeiten der Nationalversamm lung von 1873 sind vorüber. Heute bilden die Royalisten nur noch eine ohnmächtige, stet» schwächer werdende Minderheit im Parlament. Auf die Unterstützung der Armee, wie vielleicht am 18. Brumaire und am 2. December? Sind sie Herren derselben und können sie ,hr Befehle ertheilen? Und nicht zu vergessen, die heutige Armee, in der alle Bürger al» Soldaten dienen, ist nicht mehr die Süldnertruppe von ehedem. Wo sind sonach die Kräfte, über welche die Partisane einer monarchischen Restauration verfügen könnten? Selbst die Vendäe dürfte heute wenig geneigt sein, wieder den Bürgerkrieg zu beginnen. Die materiellen Mittel zu einem Staatsstreich fehlen somit vollständig. Und schließlich ein Appell an da» allgemeine Stimm recht, an die Wähler? Können die Royalisten im Ernste sich etwa- davon versprechen? Da» allgemeine Stimmrecht ist an sich und nothwrndig demokratisch und republikanisch; dasselbe wird niemals die Monar chie gründen oder wieder Herstellen. W nn vielmehr jemals durch eine sonstige Wendung der Geschicke die Monarchie in Frankreich wieder ersteht, und wenn diese da» allgemeine Stimmrecht deck hielte, so würde die Monarchie schon damit ihren eigenen Todtengräber von Neuem bestellt haben. In den dynastischen Tom- binationen, von denen gegenwärtig viel die Rede ist, lassen sich daher wohl manche Aspirationen wie ochtung»- werthe Ueberzeugungen erkennen, allein für die Chancen de» Gelingen» hat die Stunde sicherlich noch nicht geschlagen, wenn überhaupt eine solche noch schlagen wird." Jedenfalls beruhen die Hoffnungen der Royalisten auf weit gründlicherer Basi», al» die Chimären deS BonapartiSmuS, von welchem die Republik nichts zu befürchten hat. Namentlich die Legitimisten Keten neuerdings mit ihrer Agitation in den Vordergrund. ES steht fest, daß am letzten Geburtstage de» Grasen v. Chambord, am 29. September, 150 Messen ge lesen und 84 Festbankett gefeiert wurden, denen nach unbestrittenen Angaben 160000 Personen beigewohnt haben. Vorgestern waren, wie man der. Franks. Ztg." au» Marseille telegrophirt, 3000 Legitimisten auf der Insel Camargue an der Rhönemündung zu einem Banket unter freiem Himmel versammelt. Die Depu- tirten und Senatoren Boyer, Baragnon und de Mun hielten aufrührerische Reden gegen die Republik. Auf gereizte Demonstranten rissen von dem Balcon der Unterpräfectur in Arle» die Tncolore herunter, welche sie durch eine Liliensahne ersetzten. Die Republikaner machten Gegendemonstrationen, die schließlich in eine Prügelei au-arteten, so daß die Gendarmerie einschreiten mußte. In Lyon und Toulouse haben vorgestern eben falls Royalistendankete stattgefunden, deren jede» mehr, al- 2000 Theilnehmer zählte. als an ihre eigene Tanzlust gedockt — sah Virginie zu dem jungen Arzt auf. .Ach, ich vergaß ganz — tanzen Sic wirklich gar nicht, Hermann?" .Nein, Virginie," sagte er lächelnd; .für mich geigen die Geiger umsonst!" Sie war plötzlich ganz ernsthaft geworden, und e» sah au», als würde ein bedauernd.» Wort auf ihre Lippen kommen, Oskar jedoch hinderte sie an dem Au»sprechen desselben, indem er sie nach ihrem Ver langen wegen der Auswahl der Tänze fragte, da er sich bei der ihm als Festordner zustehenden Anordnung nach demselben richten wolle. — Sie enthielt ihm ihre Wünsche nicht vor, aber e» schien doch, al» sei ihre frühere Lust und Lebendigkeit jetzt etwa» gedämpft, und mehrmals sah sie während der Unterhaltung nach Hermann hinüber, als läge ihr daran, einem Blick von ihm zu begegnen. Nachdem OSkar sie verlassen hatte, um die empfan genen Ordre» weiter zu geben, und auch die Com- merzienräthin zu einem Gespräch nr»t Anderen über gegangen war, trat sie noch ein Mal rasch an Her mann heran und sagte hastig: .War ich sehr thö icht?" .Wann?" fragte er verwundert zurück. „Nun, vorhin — al» ich vom Tanzen sprach! Nicht wahr, Sie tadeln da» oberflächliche Vergnügen?" Ein au» Ueberraschung und Rührung gemischter Ausdruck glitt über feine Züg-. .Rein, gewß nicht, Virginie! Halten Sie mich für keinen prdantisch.n Moralisten! Der Jugend ihr volle» Recht! — Ich werde mich Ihrer Fröhlichkeit freuen.'
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