Delete Search...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-04-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920411019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892041101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892041101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-04
- Tag1892-04-11
- Monat1892-04
- Jahr1892
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
P t» Havptrrveditlo» «her de» i» Stadl, lqai »>d den Vororte» errichtete» Tot» ^Lchlllc» abgeh,l«: vierteljährlich ^»4L0> K> poeimaliger täglicher Zustellung int -«t^l üchl). Durch di« Post bezoaeu sür LMschisud »ad Oesterreich: viertel, ähr! ich EL— Direct» täglich« Kreazdandseitdu»- i»t Ln»la»h: «oaattich ^4 8.—. tieRorgen-Ausgabe erscheint täglich'/,? Uhr, Ke Adend-Ansgabe Wochentags b Uhr. Lrdaction unt ErvedMoa: Iahannetgassr 8. Utirvedilion ist Wochentag» uannterbroche» ^»»et «m früh « Hit Tdeadt 1 Uhr. /Male»: Vit» «r»«'t Lorii». <«fre» dthnl UniversttätSstraß, 1. Laut« Lisch». ik-thariiinistr. Ich pan. and Ktnigtdla» 7. Morgen-Ausgabe. KWtzerLaMM Anzeiger. Organ f8r Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. JnsertiouspreiS Die 6 gespaltene Pctitzeile 20 Pfg. Reclame» unter dem Redactioir-strich it ga» U>alle») öO^. vor den Familienuachrichlei» (t> gespalten) 40^. Größere Schrillen laut unsere« Preis- verzeichaiß. Tabellarischer und Zisserusatz »ach höherem Taris. Srtra-Veilngeu (gesalzt), nur mit der Molgen-Ausgabe. ohne Poslbesörderung 60.—, mit Posibesorderuug ^4 70.-. Ännahmeschluß für Inserate: Abend-AuSgab«: Vormittag« 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Eon», und Festtags früh S Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb» Stunde früher. Inserate sind stets au dt» Erhehttiau zu richten. Druck und Verlag vou E. Pol» t» Leipzig H185. Montag den 11. April 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekanutmachung. Die Schulcasse und die Schulexpedition bleiben Montag, »e» il. »«. Mts., mge» Reinigung der Räume geschlossen. Leipzig, den 8. April 1892. Ter Rath her Stadt Leipzig. Vr. Georgi. M. Lekaantmachuug. Nachdem Herr AintSgerichtsrath Friedrich Emil Kiiiizc auS dem Üirchenvorsiand der Andreasgemeinde durch seine» Wegzug aus der Parochie ausgeschieden ist, ist au die Stelle desselben Herr Landgerichtsdirector Max Gustav Hallbaurr larch Zuwahl getreten, was wir hiermit zur össeutiichen Kenntniß dniiaen. Leipzig, den S. Aprii 1892. Trr Ntrchcnvorstand der Aiidreaügrineinde. ve. pinl. 8eiiumaoi>, Pfarrer. Lekauutmachung. Nachdem der beim Unterzeichneten Polizeiamt angestellte Herr Erimminalcominissar Tkgner sie zweite juristische Staatsprüsung mit Erfolg bestanden hat, ist demselben das Dienstprädicat „Affeffsr" beigelegt worden. Leipzig, am 9. April 1892. Ta» Paltzetam» »er Stadt Leipzig. I> 8. 1306. Brctschneider. Lekannlmachnng. Au der hiesigen ftädttschkn Grwerbeschnle ist die Tireetor- ?te»k. sür welche ein Ansangsgehalt von 6000 .« neben 1050 Sohuungsentschädigung ausgeworfen ist, zu besehen. Bewerber, miche technische Hochichulbildung nachzuweisrn vermögen und in ihrer bisherigen Thäligkeit mit den Ausgaben und der Entwickelung det Aewerbetchulwesens sich vertraut gemacht haben, wollen ihre »lewche unter Beifügung eines LebenSlauseS und ihrer Zeugnisse (in jlbschrist) bis zum 20. April diese» Jahre» bei uns rinreichen. Leipzig, am 2. April 1892. Der «ath »er Stadt Leipzig. vr. Tröadlin. Größe!. Professor Wagner über -eu Antisemitismus. * Die Gegensätze im konservativen Lager treten in Preußen immer zahlreicher und schroffer hervor. Kaum ist von dem Vorstände der cvnservativcn Fraction des Abgeordnetenhauses die Aufforderung ergangen, das Parteiprogramm in anti semitischem Sinne zu revidire», so stößt diese Aufforderung schon auf Widerspruch. Kein Anderer als Prof. A. Wagner, einst der Parteigänger Stöcker'S, hat sich, wie vor einigen Bocken bereits, so auch diesmal wieder gegen den extremen Antisemitismus ausgesprochen, der sociale Mißstände auf den Einfluß des IudentbumS zurücksührcn wolle, die lediglich auS ttr technischen Entwickelung der Neuzeit entsprungen seien. Die Darstellung, als ob Alles besser werden würde, wenn »st der Antisemitismus zur Herrschaft gelange, sei ver> weislich, unwahr und heuchlerisch. Ganz dasselbe bc biuple die Socialdemokratie von sich und ihren Bestrebungen. Die ,Freuzzeitung" bat seltsamer Weise noch nicht Ver anlassung gesunden, sich mit dem einst von ihr gefeierten -ristlich-socialen Führer abzusinden, der nach der Berliner .StaatSbürgerzeilung" in dem konservativen Verein „Blücher in einem Vortrag über „Irriges und Wahres in den socialen Bestrebungen der Gegenwart" Folgendes au-führte: „Er werde heule wohl Vieles sagen, was Manchem der Anwesende» zu hören nicht angenehm sein wird, so besonder in der Judenfrage. ES empöre seinen deutschen Sinn, daß man immer die klägliche AuSrede gebrauche, wir seien die von den Juden Verführten. Allerdings vrranlaßten ihre angeborenen und angenommenen Eigenschaften sie häufig dazu, unsere Treue und Glauben zu mißbrauchen; aber fänden sich denn dieselben Eigenschaften nicht bei »n«? Seien denn beispielsweise am Börsenspiel, da« eine der schlimmsten Seiten der socialen Frage darstcllc, nicht alle Kreise der Gesell schuft betheiligt? Die eigentlichen Ursachen der großen Krisen lägen darin, daß wir in ein andere- wirtbschaft- Iich-technisches Zeitalter getreten seien. Daran, daß der Spruch vom goldenen Boden de» Handwerks nicht mehr war sei, trüge die Hauptschuld die vervollkommnete Technik. (Zwischenruf: Die Juden I) Nein, nicht die Juden, ei sei die Dampfmaschine und im beginnenden Zeitalter die elektrische Kraft, durch welche die ganzen ProductionSmittes die Eommunicationen, der Absatz, dir Bewegung in der Be röllernng eine ungeheuere Veränderung erfahren hätten Tie Gewerbcsreibeit sei besonders den Juden zu Gute ge kommen, die Gesetzgebung sei ihnen auf den Leib ge icknillrn. (Sehr richtig.) Ja, könnten wir denn aber «ine andere Gesetzgebung haben? (Jak) Nein, die Schwierig keilen der Umgestaltung seien zu große; mit dem Groß betrieb die Jntereffen de- Handwerks zu verbinden, sei nahezu möglich. Mit ihm seien die meisten Professoren und Gelehrten der Ansicht, daß der Antisemiti-m»- nicht Recht habe und eine ungeheure Uebertreibung sei. (Wider sprnch.) WaS er noch neulich in einer Versammlung gehört habe, Laß man die ganze conservativr Bewegung in die an- tisemiliscb« überleiten müsse (Sehr gut!), se, Phrase. Die Inden zu vertreiben, sei physisch rein unmöglich. WaS er da autsnhre, höre Niemand gern; denn natürlich sei es br- anemer, zu sagen: „Der ist schuld, rau- mit ihm, dann wird Alle» besser." Aber da« „Wie" erörtere man niemals. Und wenn wir den Juden vorwerfen, sie ernteten große Gewinne ohne persönliche Arbeit, so sanctionir« za auch Staat »nd Gesellschaft ein derartige« Thun, indem man de», Lotteriespiel freiesten Raum lasse. E- sei nicht« zesähriicher im Leben, als die Dinge immer nur so zu br d»»teln, daß man weiß, die Leute schreien Beifall Da» schlimmste von allen agitatorischen Mitteln sei der Hinweis aus eine bessere Zukunft, ohne dabei anzugeben, wie dieselbe (ich gestalten solle; und er habe seine Bedenken, ob der lalisemit'Smu« nicht zu viel verspreche. Alle Verbesserungen pogrn nur langsam vor sich, und er glaubte nicht, daß jemals in der Welt ein Zustand allgemeiner Zufriedenheit rintreten werde. Bei allen extremen Parteien sei die Neigung vorhanden, auzuncdmcu, daß bei Aenderuuz der materiellen Verhältnisse die Menschen besser würden; die Weltgeschichte beweise da- Geaentheil. Weder die Vertreibung der Inden, noch der Socialstaat werde die erhoffte Glückseligkeit bringen. Es gebe eben keinen Himmel auf Erde» " Politische Tagesschau. * Leipzig, ll. April. Heber dir Blutthat in KoScielec liegen neue Nach richten von Belang nicht vor. Ma» darf daraus schließen,daß die Behörden mit berechtigter Strenge für die Geheimhaltung aller Befunde sorgen, deren vorzeitiges Bckannlwerten den Gang der weiteren Untersuchungen erschwere» könnte. Mit dieser berechtigten Annahme müssen sich Wißbegier und Neugier vorläufig trösten. Einstweilen bleibt ihnen als interessantes und lehrreiche« Studium Li: Lectüre der soci aide mol ra tschen Blätter. Darüber waren „Alte" und „Junge" biS- ber völlig einer Meinung, daß die „Dyuainilkrachcrei" in Frankreich, Spanien, Italien u. s. w., daö Vorachen der Anarchisten, die „zur Verhaftung gleich ikrcn Fcld- ugSplan schwarz auf weiß mitbriugcii", ans Polizeiwache nrück.usUhrcn sei. ES sei alles nur dazu gemacht, um die Fesseln, welche auf dem arbeiienden Volk laste», ver- tärken und schärfer anzieben" zu können. ES kam nun daraus an, ob die Socialdemokratie de» „Lockspitzeln" auch zutranen würde, daß sic gleich zu Vieren das Leben dran geben möchten, um den Staat zu einer Fesselung „des arbeitenden Volkes" den von ihnen verlangten Anlaß zu gebe». Auch das ist der Fall. Im Organ teS Herrn Lieb knecht werden die Meldungen über den Raubanfall von KoScielec mit dem Vermerk cingrleitct, daß sie „ciiieiu längst gefühlten Bedürfniß abbelsen zu sollen scheine» und von uns Ger Redaction des „Vorwärts") ein verständuißvolleS Endlich! entlockten." Einstweilen mag dies genügen. Mit Bezug auf die Nachrichten über eine in naher Zeit in Aussicht genommene Umwälzung in den Webr- pslichtgcsetzcn wird den „Bert. Polit. Nachr." von mili- tairischcr Seite versichert, daß nirgendswo neuerdings etwas cingetreten sei. WaS diese Kundgebungen veranlaßt babeu könnte, i»r Gcgeuthril halten ßch offenbar die maßgebenden Stellen seit der bekannten Erklärung des Reichskanzlers vom 27. November 1891 hinsichtlich einer durchgreifenden Armce- rcsorm vollständige Zurückhaltung auferlcgt, und die Gründe biersür seien einleuchtend sür Jeden, der de» etwa in Frage »ebenden Plänen sachkundige Aufmerksamkeit gewidmet habe. Weiter beißt es dann: „Wenn hierbei jetzt schon aus die Resolutionen des Reichstages hingewteicn wird, wonach derselbe sich gegen eine stärkere Anspannung der Wehrkraft ausgesprochen hat, so muß doch daran) ausmertsain gemacht werden, daß mit den bekannten praktischen Versuchen mit der zweijährigen AusbildungSperiode znnächst der öffentlichen Meinung eine Concrffio» gemacht ist, durch welche dir Bereitwilligkeit zu einer Reform dargethan sein dürste. Aber seitdem ist erst ein halbes Jahr verflossen und die Ergebnisse des Versuchs könnten sich erst nach Verlaus von zwei Jahren — vom 1. Lctober 1891 an gerechnet — mit relativer Sicherheit über- sehen lassen. Hieraus dürste schon die Bersrühtheit der bezüglichen Erörterungen erhellen. Was nun die Reform selbst betrifft, so sollte doch die Uederzcugung vorausgesetzt werden dürfen, daß auch in Regierungskreisen das Bestreben vorhanden ist, nichts zu fordern, was da- Land nicht leisten kann. Freilich wirken hierbei die Ausstellungen mit, welche Generalslab nnd Kriegsiniiiisteriiim gemacht habe», um den Anstrengungen unserer Nachbarn gegenüber nicht in- Hintertreffen zu kommen. Tenn mit einer Armee, welch« zu schwach für ihre Ausgabe ist. könnte wohl Niemandem gedient sein. Ls ist ja kein Hehl daraus gemacht, daß rin Plan sür ein« Reform aus Grund der zweijährigen Dienstzeit bereits seit dem Ministerium Brrdy insofern ausgearbeilet vorhanden ist, um sich ei» Bild von den »itlitairischen nnd finanziellen Folgen machen zu können und eventuell mit wohlerwogenen Vorlagen vor die gesetzgebenden Körperschaften zu treten. Allein dies ist bisher nur eine Maßnahme der Administration. Zwar dürste im Allgemeinen die Stellung- nahm« der einzelnen Bundesstaaten zu einer lolche» Reform an der maßgebenden Stelle bereits bekannt sein, aber die administrative Ausstellung ist bisher nicht einmal Gegenstand formeller Erörterungen im Bundesrath gewesen und außerdem hat der Kaiser — wie wir zu wissen glauben — sich seine Aller höchste Entscheidung Vorbehalten. Daß diese zu Gunsten der Verdy'schrn Unterlog» erfolgen kann, soll nicht als unmöglich hin- gestellt werden, allein nichts dentet daraus hin, baß das Stadium derBersuch», Vorarbeiten nnd Bo rbcratk» n gen bereit» überwunden ist. Bor Januar 1893 ist jedenfalls kaum daran zu denken, daß die Heeresrewrin in «in ocluelles Stadium treten wird. Wenn aber dem Verlangen nach der zweijährigen Dienstzeit ftattgegeben werden sollte, so kann cS niemals unlcr dem Gesichtspunct einer militairischen Krasteinbuße gegen jetzt geschehe». Wenn andererseits politische Parteien eine Reform wün>chen, so inllßten sie auch die Mittel billige». Das Eine ohne das Andere läßt sich aber nicht ausführen." Die einmüthige Opfcrsreudigkeit der polnischen Reicks- tagSfraction gegenüber der Corvcttr li ,st dadurch in etwa« eigenartige Beleuchtung gerückt, daß der „Goniec Wirlkopol-ki" mit der Belehrung nachfolgtc, es seien die Namen der abwesenden Polen ohne deren Mitwisscn den Unterschriften de» Antrags auf Bewilligung der Eorvctte zugefügt worden. In der That scheint seither im polnischen Lager nicht alle« mehr zu klappen. Bei «inen, AbschicdSesscn der Fraction waren auch einige der in Berlin noch an wesenden Polen nicht zugegen, weil sie nicht an einer de», Herrn von Ko«ciel»ki zugedachten Ovation bctheiligt sein wollten. Wohl aber verwahrten sie sich nachher dagegen, al« man diese« herkömmliche AdschiedScsscn in der Presse als ein Namens der Fraction dem Herrn von KoScielSki ver anstaltete« Festessen bezeichnte. Die Taktik der Polen ist also jedenfalls eine zwiespältige, ob absichtlich, mag dabin gestellt bleiben. Einer oder der Andere im polnische» Lager wird wobl zu finden sein, der mit Denen „um KoScielSki" überzeugt ist. daß es die gegenwärtige europäische Lage und ihre Aussichten für abseh bare Zeit dem Polentdum zur Pflicht macken, an der mög lichsten Stärkung de« Dreibünde« tbrilzunehmcn. Wenn die« bei den Deutschen eia Ausfluß de« lauteren Patriotismus ist, so ist cS bei de» Polen natürlich nur berechnender Egois mus-, wenigstens möchten wir deren Eintreten sür gewisse Forderungen der HccrcS und Marincverwatlling böker nickt bcwcrthcn Daß die Pole» im Stande sei» sollte», zu höhere» Regungen teS deutsch-nationalen Eiiipsinkcns sich aufziischwingcn, als die EenlrnniSpartci, die geschlossen gegen die Kreuzercorvette lv gestimmt hat, will uns dock »ickl in den Sin». Die Wortführer teS Polc„lhumS i» der Presse nackcn ja gar kein Hehl daraus, daß ihrem Empsindcn dieses Maß von Opfersreildigkcit. wie es bei Herr» von KoScielSki ich beobachten läßt, in tiefster Seele durckaus widerwärtig ist. daß sie viel lieber zweimal Nein sagen, wo daS Eenlrum einmal Nein sagt, statt Ja z» sagen, wo letzteres »ock Nein age» kan». Und die eigentlichen Diplomaten des Polen- thiimS verralben auch die letzte» Gedanken, von denen ihre Annäherung au die Regierung des Deutschen Reiches beeinflußt ist. Herr v.Mnciclüki ansKobhicpolc l-ciPosc» hat jüngst einen „Osfencn Brief" au die dcutsckcn Einwohner der ehemals poiuisckcii LandeStbcile veröffentlicht, der reckt lehrreich in dieser Hinsickt ist. I» einem Satze stickt er den Deutschen Sand in die Auge» zu streuen und versichert, daß cS den Deutschen »nbenomiucn sein soll, die Polen „zu guten Staats bürger» zu mache»" Er versichert grcßmiitbig, von pol nischer Seile seien Hindernisse hiergegen nicht zu erwarten; die Denlschen möchte» also vo» de» Vcsürcklungcn ablaffcn, mit teile» sie der polcnfrciiiidlichen Schwenkung der preu ßischen Regierung begegneten. I» den anderen Sätze» rückt er dann mit der Offenbarung heraus, daß man „die Polen als solche", in ihrer nationale» Sonderung belassen müsse, daß cS auch ganz unmöglich wäre, „in einer Zeit der natio nale» Wiedergeburt so vieler Völker" das Polentkiii» dein Dcnlschtlmm zu assimiiiren „Den Traum nach einem freie» Vaierlaiidc können und wolle» wir niemals aufgeben". Vom Slandpiinct des Herrn v. MncielSki auS wäre das auch verkehrt, da er zuversichtlich hofft, „daß die Verwirklichung diescrJkcc nicht gegen Dcntschlank, aber i>» Gcgcntheil im Eiuverstänkniß mit Deutschland und unlcr Mitwirkung Deutschlands stalt- siiidcu wird". Denn der Bestand eines freien PvleuS als Bollwerks gegen die asiatische Barbarei wird nach der Uebcr- zcugung des Herrn vou Myciclski ein über kürz ober lang zur Geltung kommendes Bedürfniß der civilisirteu Welt sein. Darum also die Bereitwilligkeit, dem Deutsche» Reiche Soldaten und Schiffe zu bewilligen. Die deutsche Politik wird gut bc- rathcu sein, wen» sic auch mit jener Zeit rechnet, in der sich die Polen in ihren ZukuustStraumen bitter eiilläusckt scbcn, was ja unauöbleibiich. Etwas erheiternde- bat cs zuletzt, weil» Herr vo» MucielSki bemerkt, er wolle über die terri toriale Ausdehnung und Begrenzung dcö neuen Polens heute noch nicht riScutirc». Daö beißt: cS wird allerdings dis- cutirt, nur h:lt er eS noch nicht sür die Druckerschwärze reis nnd dafür hat er gewiß die triftigste» Gründe. Wir Deutsche sind nun einmal sonderbare Schwärmer nnd könnten zu einer sehr klaren Auffassung Uber de» Nutzen der „polcnsreund- lichen Schwenkung" gelangen, wen» uns Herr vo» MyciclSki ans der Landkarte seine ZukunstSaedanken etwas näher anScinandersetzen würde, und er weiß auch sonst, warum cr ticS bleiben läßt. DcrZug Einiii'ö »achWadelai wird besonders dadurch von Werth, weil i» jener Provinz eine Masse Elfenbein aus- gespcickcrt liegen soll, das eine» hohen Preis bat. Unter diesen Umständen wird eine Nachricht wcrthvoll, die au« Brüssel flammt und anstatt neues Licht über die Vorgänge im Innern des Sudan zu verbreiten, nur neue Zweifel und Fragen auswcist. Es hatte nämlich der Eongoagenl Duvivier während seiner Dienstzeit am Eongo eö gut verstanden, den Negern ihr Elfenbein im Jnicrcssc dcö Staates abziliichmen, das Elfenbein erbrachte der SlaatScasse 230 000 Frcö. und Dnvivier erhielt als Belohnung für diesen Dienst iO «»00 FreS. überwiese». Herr Dnvivier, welcher am 2. d. MtS. init der Anlisclavereicxpcdilion nach Zanzibar abgcgangcn ist, hal nun »ach der „Jnkep. bclgc" die besondere Mission, die in Wadelai vorhandenen Elfcnbeinschätze, die mehrere Millionen an Werth haben, anszuspürc» und sie durch 600 in Zanzibar angenommene Träger nach der Küste zu be fördern. In wessen Austrage und für wessen Rechnung diese- Unternehmen erfolgt nnd wie gar der in Wadela, weilende Emin selbst dazu steht, »iclrct das Blatt nicht. Unter diesen Umständen verdienen zwei andere Vorgänge Beachtung. I» der letzten Versammlung der belgische» A»ii- sclavercigescllschaft wurde dein Könige ein Dank votirt, weil er den größten Theil der Kosten der Antisclavcreicxpcditicn auö seiner Tasche bestreitet. Zugleich berichten die Anlwerpcner Zeitungen, daß die Eongvregierung eifrigst danach strebe, den gesammle» Elsenbcinhanbel in ihre Hände zu bekommen, daß sie den Eiugedorencn bei Strafandrohung besohlen habe, nur ke» staatliche» Eongoagenlcn ihr Elfenbein zu verkaufe», baß sie ein wahres Monopol trotz der im Eoiigobecke» gewähr leisteten Handelsfreiheit erstrebe und heimlich sür den Eongo- slaat in Liverpool, Hamburg und Bremen Elfenbein verlausen lasse. Da die belgische Deputirtenkainmer jetzt tt Millionen Francs Zuschuß dem Eongostaale bewilligen soll, so sind die AiXwerpener Deputirte» entschlossen, diese Zustände und eongostaatlichcn Unternehmungen zur Sprache zu dringen und Garantien sür die Aufrechlhaltung der Handelssreiheit im Eongobccken zu fordern. schwuntcn, dafür sind vier Vertreter der katholischen Kircke in den Schulrath berufen worden und sechs vom LandeS- AuSschussc zu telegirentc Mitglieder. ES dürfte also den Klerikalen nicht schwer fallen, im Landcsschulratbe die Mehr heit zu bekommen Wenn die Liberalen trotz schwerer Bc- tcnkcn sür das Gesetz stimmten, so geschah das offenbar darum, weil die Klerikalen taü Scbulaussichisgcsetz mit dem Gesetze über die Rechtsverhältnisse der Lehrer verquickt Hallen und das letztere »ickt ohne das crstcrc wollten zu Stande kommen lassen LiberalerseitS hatte man aber den lebhaften Wunsch, endlich de» trostlosen Verhältnissen der Lehrer abzuhelsen. Der Inhalt des dieser Tage im Tiroler Landtage angenommenen Schulgese tzeö kann zwar die Liberalen nicht befriedigen, alle,» cS ist ein Trost für sie, daß auch die Klerikalen nicht zufrieden sind. E» ist ein Eompromißgesetz, da- aber doch einen gewissen Wasscnstillstaiio herbeisührl nnd dadurch zu anderen fruchtbareren Arbeiten Zeit und Ver ständigung schafft. TaS Gesetz beläßt der Notbschule ihre ganz besonderen Einrichtungen. E« können an dieser Lehrer sür iliibestiinmle Zeit und gegen eine cinmonatliche Kündigung angcstcllt werten. Ter Kirchenvorstand kann gegen >ebe Er Nennung Einsprache erbeben, wenn mit der Lcdrerstclle Kirchen dienste verbunden sein sollten. Betreffs der Schulaufsicht sind nicht alle klerikalen Forderungen erfüllt. Die staatliche Schulaufsicht bleibt ausrecht, wenngleich den Organen der Kirche eine erweiterte Eompctenz, eine weit größere Aus sichisbesuaniß cingcräumt worden ist. Die wichtigste Eon cession betrifft die Zusammensetzung des LandeSschnl rathe». Da« Vetorecht der Vertreter der Kirche ist ver- Aus Ostindien. Dem Privatbriese eines Freundes unseres Blattes, der seit etwa 6 Monaten i» Ostindien weilt, entnehmen wir folgende sarbenfrischc Schilderungen, die unseren Lesern, denen cs nicht vergönnt ist, jenes wunderbare Tropenlanv und die dortige» Verhältnisse aus eigener Anschauung kennen zu lernen, nickt unwilltoinincn sein dürsten, da dieselben die dortigen Verhältnisse in ungclünsteller, objcctiver Weise schildern. Unser Freund schreibt: „TaS Lebe» ist hier — Bombay — was Wohnung und Lebens- initiei anbk!a»gt, sür alleinstehende Leute ziemlich billig, so zahle ich z. B. snr vollständige Beköstigung, bestehend a»S drei warmen Mahlzeiten, zweimal Kaffee, einmal Thce, einschließlich Zimmer, Be- leuchtung, Bad ,c.. nionaliich 160.« oder etwa« mehr als 5>t pro Tag. TaS sieht gewiß sehr billig auS und »lanchcr Europäer könnte sich vcrantaßt suhlen, angcsichlS dieser ick>cinbar billigen Ledensweii« gen Indien zu ziehen. Wer aber halbwegs eine durstige Seele Hot und tagsüber einige Gläser Whisky und Soda oder gar Bier trinkt, der wird am Ende des Monat« wohl etwas tiefer in die Tasche greisen müsse», als er geahnt hat. Reines Wasser zu trinken, ist mir von verschiedenen Seite» entschieden adgeralhen worden, und so trink« ich den» zum Lunch »nd zum Diner eine Flasche Soda mit Whisky gemischt. Wenn ich viel im Bazar gearbeitet und geschwitzt habe, dann werde» es auch öfter« drei Flasche», und da sich der Preis aus etwa 70 ^ die Flasche und Whisky stellt, so habe ich, al« inaßiger Trinker, täglich eine Ausgabe vo» etwa 2 »i sür Getränke, »ach unseren Begriffen gewiß zu viel. Dan» kommt, als weitere schwere Ausgabe, Wäsche und Kleidungsstücke. Ich habe mir zwei weiße Jaqucianzüge ä 30 ./s, 1 Tutzeud Kragen 6 ^l, 1 Dutzend Manschetten 9 .St n. dergl. in. anschaffen müssen, so daß 1t»0 .St weg sind im Haiidunidrehe». Da heißt es arbeiten und Geschäfte mache», »ni all die Spesen wieder herauszubolen. Ei» wahrer Segen ist es, daß die Eigarren hier so billig sind, da man den ganzen Tag rauche» muß, denn ohne Cigarre wäre es sür uns Europäer in den BazarS und Eingeborenenvierteln effeciiv nicht anszuhaltcn, außerdem soll nach Aursage alter Praktiker der Tabak ein gutes Mittel gegen Ansteckung allerlei Krankheiten sein. Elend gicbt eS zur Genüge, und ich glaube, so viele Miß- und Janiinrrgestalten, wie unter den hiesigen Eingeborenen, bekommt man »irgend« in der Welt zu sehen. Anfangs fühlt man Mitleid init diele» Geschöpfe», wen» sie sich aber alle Tage wieder heran- drängcln und betteln, so kriegt man die Baiide satt, und man speist sie, statt mit Geld, mit gerade nicht jalonmäßigen Redens- arten ab. Am Sonntag, den 1. November, feierten die Hindus ihr Neu- jahrssest, dasjenige von alle» Hinduseslen, welches in der groß- artigste» Weise begangen wird. ES ist Sitte, daß Europäer, die mit Hliidu-Uansleute» arbeiten, ihre» Kunden in der Neujahrsnacht einen Besuch abstatten, und so machic denn auch ich mich in Begleitung eines Salesma», der zur Seele der Parsees gehört, aus, um meinen Verpflichtungen als gebildeter Europäer »achzukomme» und mir gleichzeitig dieses Volksfest anzuschauen. Wir bestiegen vom Holet an» ui» 8 Uhr Abends »ine Droschke nnd fuhren den Bazars zu, die ungesähr 20 Minuten von unserem Hotel cntsernt liegen. Wenn wir aber glaubten, innerhalb dieser Zeit an unserem Bestimmungsorte zu sein, so irrten wir un». In alle» »ach den Bazars führenden Straßen »varen endlos« Wagen reihen, da gab cS Vierspänner, Ein- und Zweispänner, mit vier, drei »nd einem Bedienten, Wagen mit elektrischer Beleuchtung, elektrische Glühlampe» aus de» Köpfen der Pferde, auch Ochsen gespanne gab es i» Hülle und Fülle in den unendlichen Wagenreihcu, dazu die unendlich vielen schwarzen Policen««» zu Pierbe und zu Fuß, Pserdebahnwagen, Reiter und Fußgänger in de» denkbar verschiedensten An- und Auszügen. Endlich nach ' »lO Uhr kamen wir in die Bazars und da bot sich dann ein herrliches Bild. Sämnttliche Häuser in diese» enge» Straßen waren mit tausend »nd aberlaniende» von blluten Lampen, Lauipions re. iUuminirl, alle Läden offen, mit Teppichen ausgelegt und feenhaft erlenchtct, in de» Straßen kolossale Menschenmasse» aller Gattungen, so daß man mit dem Wage» nicht vorwärts komme» konnte. Ter Empsang bei unsere» Kunden war ein überaus herzlicher. Tic Leute betrachten eö als gute Vorbedeutung, wen» ihnen Euro päer am Neujahrstagc die Ehre ihre« Besuches erweisen, und nicht selten »lachen sie clwaigc zulüiislige Geschäfte hiervon abhängig. Wen» eS uns an Geschäftslagen nur gestattet ist, den kleinen schiniitzige» Luden zu betreten, so machte man diesmal eine Aus nahme, und sühne ,,„s in das in der ersten Etage gelegene Aller- heiligste, die sugenaniile „gute Stube". Tische und Stühle giebt eS darin nicht, das Zimmer ist oiisgelegt mit Teppichen lind rings herum a» der Wand befinden sich Kissen, auf die man sich noch türkischer Art ntcdersetzl. Nach der Begrüßung wurde »ns von einem Mitglied« der Familie eine Blunicnkette um de» Hals gehängt, i» die Hand ei» großes Blumenbouquet gegeben, und dann wurde» wir über und über init Regenwasscr besprengt. Hernmgegeben wurden Eigarren, Süßigkeiten und eine aus grünen Blätter», Körnern, »nd andere» unbekaiinlen Zuthaten begebende Speise, die der Wissenschaft halber mil Todesverachtung gekostet und gegessen oder wieder ansgespuckt wurde. Aus dem Boden liegen die neuen Ge schäftsbücher, mit wunderbaren Bildern bemalt »nd über und über mit einer rothen Masse bestreut. A» den Wänden hängen Bilder pkiaittaslischer Art, sehr oft auch von de» Eingeborenen verserligtc Handstickereien in ganz gediegener Aussührnng. Ta« Hauptgewicht aber legen di« Leute aus eine möglichst Helle Beleuchtung; je mehr Licht, desto mehr Glück ini Hause. In einem Zimmer, so groß wie in Leipzig die gewöhnlichen zweifenstrigen Wohnzimmer, habe ich drei sechsarmige, reich mit Prismen behängen« Kronleuchter, vier Wandarmc »nd zwei Ocllampen gezählt. Tie Nacht gegen '/,1L Uhr waren wir mit nnseren Visiten fertig, nnd aus großen Umwege», um den, noch immer starke» -Rtgen- verkehr auszuweichen, ging'« »ach Hauie. Die Anzahl der in dieser Nacht ans den Bazar» sich unterwegs befindlichen Equipagen und anderen Vehikel« schätzt man aus 6 bis 8t)00. Ti« Festlichkeiten haben vom Sonnabend bis Mittag gedauert. Heule zeige» die Bazar« wieder ihr alles Gesicht, Handeln und Schachern in schmutzigen Straßen mit schmutzigen Kerl« in »och schmutzigeren Läden. Heul« bi» ich wieder ans der Rattenjagd gewesen und Hobe bei dieser Gelegenheit di« Entdeckung gemacht, daß ich in meinem Zimmer auper diesen Gästen noch Eidechsen und große Molche be herberge, die an den Wänden und der Decke heriimspaziercil. Diese Reptilien zu tödte», ist mir adgeralhen worden, weil sie die so lästigen Mosquiio« wegfangen. Große Käser, Motte« von
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview
First Page
Back 10 Pages
Previous Page