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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.12.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-12-24
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041224015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904122401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904122401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-12
- Tag1904-12-24
- Monat1904-12
- Jahr1904
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BezilgS-VreiS m p« »d« »«, stelle» av««h,l»: »k«ttljSprttch ll.—, bei zwetmaltg« täglich« 8»fi»tt»,ß in» Hau» 8.7b. Durch di, B--be^g« für De»tsch- laud ». Oesterreich vierteljährlich 44iV, für die übrigen Länder laut Zettnngtpretrliste. Diese «nnnnrr t»fir« auf allen Batzuhvfru und I »I I bet den ZettuugS-Batäuf«» i * «ebatti», m»» Gr»e»M«v 153 Ferns prech« 2LL Zohanuiggass» L. ch«U>t»Atll«ie Dre»»«: Marienstratze 84 (Ferusprech« Amt I Nr. 1718. Haupt-FUt«le Berit«: TarID«»cker,H«zaUBayrHost»uchdaLdk^ Lüyinvstraß« 10 (Fernsprech« Ami VI Nr. 40031 Morgen-Ausgabe. UchMr. Tageblatt Anzeiger. Amtskkatt des LSuigltche« Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-VretS die 6 gespaltene Petrtzerle 2V Sieklame» ant« bei» NedaMuuSftrtch (Laespatteu) 7Ü nach de» Faurilieunach- richte» <6grspalt«s bü — Do dell arisch« »ud Zissernsay w«dea entsprechend bdher be rechnet. — Gebühre» für Nachweiju»gen und Ossrrte»annahmr 25 Anuahmrschlutz für Au,ei»eu: Abead-AnSgabe: vormittag« tO Uhr. I Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. I Anzeigen ftud stet» au dteLipevittoa »»richt«. Errru-BettLOea !»»r mit d« «arge». Ausgabe) »ach besonder« Beretubaruug. Die Expedition ist Wochentag» anuulerdrocheu geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. » Druck und ««lag von G. Pelz tu Leipzig (Zuh. Ur. «, R. L W. LltukhardU Nr. 654. Sonnabend den 24. Dezember 1904. 98. Jahrgang. Vas lvichtlgrte vom läge. * Gräfia Montignoso ist von Leipzig wieder abge- reist und befindet sich bereits in der Nähe derSchwei - zer Grenz«. (S. Sowderartikel.) * Die österreichischen Bevollmächtigten für die Handelsvertragsverhandlungen begeben sich am Freitag abend für die Weihnachtsfeiertagc in die Heimat. (S. Deutsches Reich.) * Der Reichskanzler empfing am Donnerstag abend Hauptmann Franke von der Schutztruppe für Südwestafrika. * Ein neuer Truppentransport ging am Freitag auf dem Dampfer „Prinzregent" nach Südweft- afrika ab. (S. Aufst. i. Südwestafr.) * SamuelMahareroist nach Betschuana-Land. also auf britisches Gebiet, übergetreten und wird dort mit seinen Anhängern entwaffnet. (S. Aufst. in Südwestafrika.) * Der wegen Ermordung der Lucie Berlin angeklagte Handelsmann Theodor Berger wurde vom Berliner Schwurgericht nach neuntägiger Verhand lung wogen Totschlags und S i t t l i ch k e i ts- verbrechens zu fünfzehn Jahren Zucht haus verurteilt. Außerdem wurde auf zehn Jahre Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht erkannt. (S. u. Gerichtssaal.) * Die französische Abgeordnetenkammer begründet eine Pensionskasse für ehemalige Depu tierte, ihre Witwen und die von ihnen hinter lassenen minderjährigen Kinder. <S. Ausland.) * Da die Pforte eine Vermehrung der Gen darmerieoffiziere nur für Oesterreich und Rußland zugestand, lehnten die Mächte soli- da risch diese Antwort ab. (S. Ausland.) * Der amerikanische Kriegssekretär Noot hat er- klärt, wolle eine europäische Macht von einem zentral, oder südamerikanischen Territorium Be' ib er greifen, sei -er Kriegsfall gegeben. (S. Aus land.) Var brMirche gerchmaaer «»0 asr Zcdickrzal von Port Arthur. Elf Monate währt nun der Krieg im fernen Osten, und von den zahlreichen Sensationen, welche die europä ische Öffentlichkeit ihm bereits verdankt, nabt nun die spannendste — die entscheidende. Auf seiner Fahrt nach der Peripherie des asiatischen Erdteils ist das baltische Geschwader bereits weit hineingelangt in den indischen Ozcan, und die imposante maritime Macht Japans legt bereits die leUc .Hand an die Vorbereitungen, welche dem Feinde einen heißen Empfang im chinesischen Meere sickern sollen. Oder soll der B e g r ü ß u n g s a k t schon früher erfolgen? Die Nachricht, daß ein Teil der japa nischen Flotte nach Singapore in See gegangen sei, ist bekannt. Welcher Teil, darüber wird wohlweislich tiefes Schweigen bewahrt, wie denn Admiral Togo cs über haupt so prächtig versteht, seine Pläne mit dein Schleier deS strategischen Lakonismus zu verhüllen, daß äußerste Vorsicht all dem gegenüber angebracht ist was über seine „voraussichtlichen Maßnahmen" „durchsickert". Sollte Uriu wirklich mit einem leichten Kreuzcrgeschwader nach Singapore gegangen sein? Es will uns das nicht recht plausibel erscheinen! Denn was vermöchte ein solches Kreuzergeschwader gegen die russischen Panzer, und kann man Togo zutrauen, daß er seine Kräfte ohne zwingenden Grund leichtsinnig zersplittert? Viel eher könnte man noch an weit vorgeschobene Torpedobootsunterneh- mungcn glauben, auf deren Möglichkeit auch jüngst ein bekannter deutscher Marineschriststeller hingewiesen bat. Aber für solche würde man schwerlich Singapore als Ausgangspunkt gewählt haben, viel eher die Fischerinseln oder eine diesen benachbarte Gruppe. Möglich nun, daß Urius Schiffe einen solchen Plan verschleiern sollen und nur nach Süden abgedampft sind, um alsbald wieder in unauffälliger Weise zurückzukehren, möglich auch, daß die ganze Nachricht überhaupt eine Finte ist, dazu bestimmt, die Nervosität der russischen Flottenbefehlshaber zu er höhen. Diese werden ohnehin sehr vorsichtig fahren müssen, denn ganz abgesehen von etwaigen Unternehmungen des Feindes könnte schon eine sonst harmlose Havarie ver- hängniSvoll werden, angesichts des Umstandes, daß die feindlichen Flotten an Stärke ziemlich gleich sind und größere Reparaturarbeiten in einem neutralen Hafen vorzunehmen für die Russen nicht möglich ist. Haben doch die Japaner, aufs höchste gereizt durch das angeb liche Entgegenkommen der Neutralen gegenüber dem rus sischen Geschwader bereits gedroht, in jeden neutralen Hafen einzubrechen, der die Russen für länger als 24 Stunden beherberge, ohne sie zum Abrüsten zu zwingen. Es ist danach auch höchst univahrsclicinlich, daß die san guinischen Hoffnungen der Garnison von Port Arthur sich erfüllen werden, welche daS Entsatzgeschwader noch in diesem Jahre erwartet. Selbst die vollständige Passivität Togos vorausgesetzt, würde die baltische Flotte bei Be obachtung der unumgänglichen Vorsichtsmaßregeln nun- bestens noch zwanzig Tage brauchen, um Port Arthur zu erreichen. Daß sich Togo aber nicht passiv verhalten wird, darüber ist kein Wort zu verlieren. Ter japanische Admiral dürfte sich vielmehr völlig darüber klar sein, daß an seinen Erfolg die wichtigste Entscheidung des ganzen Krieges geknüpft ist. Am Schahs ist gegenwärtig die Position der Russen zweifellos günstiger als die der Ja paner, die Port Arthur cernierendc Armee aber muß, selbst wenn man die in den lebten Wochen gemeldeten Verluste dividiert, derart au Mannschaften eingebüßt haben, daß sic in Erschöpfung verfällt, wenn sie nicht einen raschen Sieg zu erringen vermag. Aus den Mitteilungen Stössels, die jetzt aus Port Arthur in der russischen Hauptstadt eingetroffen sind, muß man entnehmen, daß die Russen die Festung zum mindesten werden halten können, bis eine Entscheidung zur See gefallen ist. In einer solchen ist das baltische Geschwader nun zwar völlig auf sich selbst gestellt, denn die Port Arthurflotte ist in einem Zustande, welcher eine Bewachung des .Hafens durch armierte Kauffahrer als völlig ausreichend erscheinen läßt, unö auch den übrig- gebliebenen Wladiwostokkrsuzern wird man mehr als eine Verteidigung ihres .Hafens kaum mehr zutrauen dürfen. Aber gerade der Umstand, daß die Japaner einen fast wahnwitzigen Einsatz an die Eroberung einer Höhe gewagt haben, oeren Bedeutung mit der Möglich keit einer wirksamen Beschießung der noch vorhandenen russischen Schiffe begrenzt war, der Umstand, daß sie auf die völlige Vernichtung der Schiffe den größten Wert legten, beweist, daß sie an einen erfolgreichen .Hand- streich nicht mehr glauben, der sie in öen Besitz öer Festung und damit der Schiffe setzen könnte. Denn sonst hätte ihnen ja im Gegenteil daran gelegen sein müssen, die Schiffe möglichst intakt oder doch reparaturfähig vorzufinden. Man kann also die Lage wohl dahin zusammenfasscn, daß, wenn das baltische Geschwader die Flotte Togos zu schlagen vermag, Port Arthur den Russen erhalten bleiben, ja. daß darüber hinaus der ganze Krieg dann eine andere Wendung nehmen wird. Tenn die Be gründung der russischen Uebermacbt zur See würde auch die japanische Mantschureiarmee in eine äußerst schwie rige Lage bringen. Erfährt man indes in Port Arthur, daß das baltische Geschwader ebenfalls geschlagen worden sei, und muß man damit dort die lebte Hoffnung auf Entsatz in absehbarer Zeit begraben, dann wird damit der letzte Ansporn zum Widerstande entfallen, und das stolze Außenfort den Japanern als beißersehntsr Preis in die Hände fallen, ein Erfolg, der allerdings noch der Ergänzung durch einen Landsieg bedürfte, welcher selbst unter Zuhlllfenahme der jetzt vor Port Arthur ge bundenen Truppen kaum leicht zu erringen sein würde. So würde zwar ein entscheidender Sieg des balti schen Geschwaders über Togo eine Entscheidung des ganzen Krieges zu Gunsten Rußlands in unmittelbare Nähe rücken, das Gegenteil aber für die Japaner nur den Besitz Port Arthurs, nickst die endgültige Nieder- werfung des Gegners bedeuten, die nur vor den Mauern Eharbins, und selbst dort noch unvollständig, erreicht werden kann. Auf alle Fälle aber rückt der Zeiger der ernsten Schicksalsstunde entgegen, und schon die ersten Tage des neuen Jahres werden den Höhepunkt in dein imposanten Ringen der beiden Rassen anzeigen. S. L. N. Vie SrSkin Montignoso. Die Gräfin Montignoso Hal Leipzig wieder verlassen. Zur Zett, wenn Niese» Blatt in Nie Hände unserer Leser gelangt, befindet sic sich bereit» in der Nähe der Schweizer Grenze. Damit hat die neueste peinliche Episode in dem Unglück« lseigen Drama ihren Abschluß gefunden. Hoffentlich bewahrt da» Geschick die königliche Familie wie das Land hinfort vor ähnlichen Ueberraschungen. Eine Erklärung -er Regierung. Die beiden sächsischen Regierungsblätter schreiben unterm 23. Dezember: „Es ist bekannt, daß die Frau Gräfin Montignoso sich gestern kurze Zeit in Dresden ausgehalten bat. Dieser Besuch hat nach den uns gewordenen zuverlässigen Mit teilungen den ausgesprochenen Zweck gehabt, eine Zu sammenkunft mit Sr. Majestät dem Könige, sowie mit Ihren König!. Hoheiten den jugendlichen Prinzen und Prinzessinnen zu erreichen. Nachdem Frau Gräfin Montignoso durch eiuen Bevollmächtigten Sr. Majestät de» Königs darüber aufgeklärt worden war, daß die ge wünschte Zusammenkunft untunlich sei und sie sich defseu selbst beschiede« hatte, hat Frau Gräfin Montignoso in den zeitigen RachmittagSstunden Dresden in Begleitung ihres Rechtsanwaltes, Dr. Zehme aus Leipzig, wieder verlassen." Bemerkenswert an dieser Erklärung ist die Betonung des Wunsches der Gräfin, auch eine Zusammenkunft mit dem König herbeizufübren. Denn bisher hieß eS nur, die Gräfin habe ausschließlich ihre Kinder sehen wollen. vor vukstatzd iti Ziicllvertskrilra. Newer Lr«ppetttra«»p»rt Mit dem Dampfer „Prinzregent" verließ am Frei tag nachmittag 4 Uhr ein Truppentransport, bestehend aus 24 Offizieren, 680 Unteroffizieren und Mannschaften, sowie 92 Pferden, den Hamburger Hafen. Die Ver abschiedung erfolgte durch den kommandierenden General v. Bock und Polach in der üblichen Weise. Zur Verab schiedung seines Sohnes, der sich als Offizier mit nach Südwestafrika begibt, war der Präsident des Reichs- Militärgerichts v. Massow mit Gemahlin erschienen. Die Verteilung der Liebesgaben des Senats wurde in der gewohnte» Weise durch die Hamburger Kolonne des Roten Kreuzes vorgenommen. Sainuel Maherero ans netttralem Gebiet. Ter deutsche Generalkonsul in Kapstadt meldet, daß nach einer amtlichen Mitteilung Samuel Maherero nach Betschuanaland übertrat und die Erlaub- nis zum Verbleiben auf britischem Territorium nach suchte. Ter Magistrat für Ngami-Land erhielt Instruk tion. daß die aus deutschen, Gebiet kommenden Flücht linge von dem Uebertritt auf englisches Gebiet tunlichst abgehalten und, falls sie es gleichwohl tun, unverzüglich entwaffnet und verhindert werden, auf deutsches Gebiet zuriickzukehren, um weiteren Anteil an den Feindselig keiten zu nehmen. Sie sollen in genügender Entfernung von der Grenze festgehalten und es sollen legitimierte deutsche Beamte bei der Feststellung des Viehs, dessen Diebstahl angenommen wird, unterstützt werden. Samuel Maherero wird benachrichtigt werden, daß er mit einer beschränkten Anzahl seiner Genossen nur unter den gleichen Bedingungen wie die anderen Flüchtlinge aus britischem Gebiet bleiben kann. Verlttftliste. Nach einem amtlichen Telegramm aus Windhuk sind bei der Erstürmung von Koes am 1L. Dezember gefallen: Gefreiter -Hermann Koehn, geb. am l7. März >885 zu Moisling, früöer Infanterie-Regiment Nr. 85- Reiter August Schmeitzer, geb. am 5. Januar t880 zu Elberfeld, sriiber Feldartillerie-Regiment Nr. 15; leicht verwundet: Ser geant Wilbelm Mueller, geb. am 3. Februar l874 zu Pirna, früher Infanterie-Regiment Nr. 76, Schuß in die rechte Hüfte; Gefreiter Ludwig Mausberg, geb. am lk. Februar 1880 zu Düneldvrf, früher Feldartillerie-Regi- ment Nr. 23, Schuß in den rechten Unterarm; Reiter Richard Friedling, geb. am 15. Februar 1884 zu Steuden, früher Ulanen-Regiment Nr. 14, Schuß in den linken Unterschenkel. Ein weiteres Telegramm aus Windhuk meldet: An Typhus gestorben: Sergeant Oskar Kügler, geb. am 8. Mai 1876 zu Rodsirben, früher 1. Leib-Husarenregiment Nr. l, am 21. Dezember in Okakandja; Gefreiter Rudolf Köplin, geb. am 23. Juli 1880 zu Wusfeken, früher Grenadierregi- ment Nr. 5, am 21. Dezember in Windhuk. vei rittrircb-japamrche Flieg. Die zerstreute russische Oftseeslstte. Wie die „Taily Mail" erfährt, soll es in der Absicht der Japaner liegen, die zerstreute russische Lstseeflotte anzugreifcn, ehe sie sich vereinigen kann. Tas Geschwader unter Admiral Fölkersain, das aus zwei Schlachtschiffen, zwei geschützten Kreuzern und sieben Torpodobootszerstörcrn besteht, schwebt nach einer Mel dung der „Voss. Ztg." angeblich in großer Gefahr. Es hat erst vor wenigen Tagen den französischen Hafen Dtchibuti (gegenüber Aden am südlichen Ausgang des Roten Meeres) verlassen. Von der Armee Oku». Wie der Berichterstatter des „Tailp Telegraph" bei der Armee Okus ohne nähere Angabe des Datums mel- det, verwenden die Russen angeblich Chinesen zur Zer - störung der japanischen Verbindungs linien. Ihr Bestreben geht dahin, die japanischen Vorräte in Liao fang zu verbrennen. Eine Depesche aus Samotse bezeichnet alle Gerüchte, daß die russischen Truppen in der Mantschurei an Lebens mitteln Mangel leiden, als durchaus unbegründet. Die Javaner machen angeblich gar keinen Versuch vorzugchen und beschränken ihre ganzen Anstrengungen darauf, festen Fuß zwischen den Flüssen Hun und Liao zu fasten Deutsches Keich. Leipzig 23. Dezember. * „vcipz. V-lkSztg." eoutr» „Vorwärts" oder Mehring oontr» Eisner. Der Streit um den „Sauherdca" - Artikel der „Leipz. VolkSztg." hat bereits zu den liebreichsten Ausein andersetzungen innerhalb der Sozialdemokratie geführt. Mebring bat seinen allen Protektor der sinnentstellenden „Korrektur" des ReichstagSstenogramms beschuldigt, Bebel hat von „Menschlichkeiten" in der Redaktion der Bolk-zeitung geredet» und was der schönen Dinge mehr sind. Heute bat der genossenmörderischc Kampf zu einigen neuen Mehringichen Enthüllungen in seinem Leipziger Organ ge führt. Die Spezialvorgefchichte dieser neuen Attaque ist die: Als Bebel seinen Gegnern seine „Menschlichkeiten" versetzt hatte, fing Mehring an, aus der Schule zu schwatzen. Der «chimpf-Artikel stamme vom Genosse» Jaeckh, ver überarbeitet sei. Bebel habe selbst anerkannt, daß e» notwendig scheine, Zaeckh zu beurlauben, um ibn vor dem Schicksal Scboenlanks zu bewahren. Schoenlank starb bekanntlich in geistiger Um nachtung. Das seien die sog. „Menschlichkeiten". Bald darauf schrieb ParvuS seinen Berteidigunasartikel für Iatckh und die „Leip;. Vvlksztg.", seinen Artikel vom rauhen Ton, vom Pestathem :c. Auch dieser Artikel fand keine Gnade vor ¬ dem „Vorwärts", vielmehr schrieb dies Blatt, in gleicher Weise gegen Parvus wie Jaeckh gewendet, folgendes: Wogegen wir uns wenden ist vielmehr einzig und allein jenes Kraftmeiertum, jenes Athleteutum mit Worten, daS nicht gefährlich ist, weil es mit starken Ausdrücken kämpft, sonderu des halb, weil es durch inhaltslose Phrasenbaftigkeit den sozialistischen Kampf abschwächt! Bom Erhabenen zum Lächerlichen ist immer nur noch ein Sprung! Das nun bringt Mehring zu einem neuen Griff in seine Pandorabüchse. Er packt also aus unter dem Mytto: „Gebet hier das Trauerstück der kalten Bosheit" (Shakespeare, Richard lll): llnd wer ist nun der Ankläger? Ein Blatt, das durch feine blöden Sensationen «, la Krupp und Kaiferinsel die Partei aufs äußerste bloßgestellt hat, Sensationen, die ihm nur deshalb ungenossen iungerochen?) hinginge», weil das halb tölpelhafte, halb aber auch raffiniert schlaue Einschreiten der Polizei und Staats anwaltschaft und anderer Unterdrückungsorgane den übrigen Partei blättern ein sehr unwillkommenes Schweigen anierlegle. Ein Blatt, dessen „leitender" Redakteur, nachdem ihm dergleichen Mossi« aden gelegt worden sind, damit in die Broschürenliteratur flüchtet und in dem Titelbilde zu der Lieferungsschrift üb« den Königsberger Prozeß „kalte und triviale Schimpfereien", ,Fraft- meiertum" rc. klassisch illustriert, im Stil eines ästhetischen Botokuden. Ein Blatt rc. Diese niedlichen Enthüllungen richten sich in erster Linie gegen den Genossen Eisner, den leitenden politischen Redakteur des „Vorwärts". Es wird auch noch ausdrücklich gesagt, daß sieben Eisner kein siebentel von Jaeckh auswiegen könnten. Man erinnert sich vielleicht, daß die großen Qualitäten Elsners seinerzeit in Dresden von Bebel über den grünen Klee gelobt wurden. Man erinnert sich aber ferner auch noch, daß die gesamte sozialdemokratische Presse dem „Vorwärts" nicht entgegentrat, als er feine Giftpfeile auf Krupp ablchoß, auch dann nicht, als der „Vorwärts" den Tod dieses Mannes auf dem Gewissen hatte. Man erinnert sich ferner wohl, daß der Unsinn von ber Bnrg mit Wall und Graben auf der Kaiserinsel Pichelswerder von ter sozialdemokratischen Presse nicht desavouiert wurde, ja daß er sogar im Parlament von den Genossen bis auss äußerste verteidigt wurde. Und jetzt erfahrt man von Mehring, daß die sozialdemokratischen Führer selbst nicht an den Unsinn glaubten und daß sie auch die Scheußlichkeit des „Vorwärts" mit seinen Krapp-Artikeln mißbilligten. D. b. woblgemerkt: sic mißbilligten sie, weil sic die Partei blvßstellte; von elhiichen Motiven ist jedenfalls in dem Mehringschen Artikel nicht die Rede. Unt woher nun plötzlich diese Ge ständnisse Mehrings? Persönliche Gründe, rein persön liche Zwistigkeiten sind eS, denen man die Wahrheit ver- danlt. Um ter Sache willen, um der Gerechtigkeit willen wäre kein Ton über die Lippen der Genoffen gekommen. Da hätten sämtliche Zeitgenoffen alte Leute werden können, ohne daß sie von der Mißbilligung der Partei etwas erfahren hätten, und die verhetzende Wirkung dieser Skrupellosigkeiten hätte ruhig weiter wüten lönueu, Das Motto vom „Trauerstück der kalten Bosheit" ist gut gewählt. Es paßt auf den „Vor wärts", es paßt aber auch auf die „Leipziger Volkszeitung". Für Herrn Mehring ist wegen seiner Enthüllungen vielleicht neuerdings ein anderes noch nebenbei am Platze: Erne Komödie der hitzigen Torheit. * Berit«, 23. Dezember. * Die deutsch - österreichischen Handelst»crtragSverhand- lungen. Botschafter v. Szögyeny und die österreichisch ungarischen Handelsveriragsdelegierten ballen, wie schon gemeldet, bald nach der Ankunft am Mittwoch nachmittag eine Besprechung mit dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Erne weitere Besprechung, die nahezu 5 Stunden dauerte, sand laut „Nordk. Allg. Ztg." unter Beteiligung des Botschafters und Staatssekretärs Grafen Posadowsky gestern gleichfalls bei dem Staatssekretär v. Richthofen statt. Heute mittag traten die Herren wiederum zusammen. Heute abend begeben sich die Delegierten für die Weidnachlstage nach Wien und Pest zurück. Das bisherige Ergebnis der Verhandlungen wird dem „B. T." von unterrichteter Seite als nicht ungünstig bezeichnet. * Tic neuen Handelsverträge. In wohl unterrichteten politischen Kreisen Berlins wird nach anscheinend inspirierter Mitteilung mit der Möglichkeit gerechnet, daß die neuen Handelsverträge erst Ende Januar oder Anfang Februar dem Reichstage vorgelegt werden, weil die Bundesregierungen Gewicht darauf legen dürften, sich mit allen Einzelheiten dec Verträge vertraut zu machen, ehe sie ihr zustimmendes Votum im Bundesräte abgebcn lassen. Die Verabschiedüng der Verträge ist schwerlich vor Mitte März zu erwarten, da nach dem Vorgänge von 1891/92 eine eingehende Kom- inisslonsberatung slattsinden wird und für jeden Vertrag drei Lesungen notwendig sind, ganz abgesehen von Zwischenfällen und Verzögerungen, wie solche bei der Beratung des Zoll tarifs erlebt worden sink. * Ans dem Nctchsamt »e» Innern. Untcrstaatsfekretär des Reichsamts res Innern, Kopf, ist bei seinem Ausscheiden aus dem Reichsdienst der Charaiter als Wirkt. Geheimer Rat mit dem Prädikat Exzellenz verlieben worden. Der Direktor des Reichsamts des Innern Wermuth, ist zum Unterstaarssekretär de« Reichsamts des Innern und Geheimer OberregierungSrat des Reichsamts des Innern von Jon- qniöres ist zum Direktor des Reichsamts de« Innern mit dem Range eines Rate- erster Klaffe ernannt worden. * Brauftenern»»efie. Wegen Staffelung derBran- steucr >m Gebiete der norddeutschen Brausteuergemeioschaft finden noch immer zwischen den beteiligten Regierungsstellen Verhandlungen statt. Nach deren Abschluß sollen Sach verständige des Brauereigcwerbe» gehört werde». * Kel»ni«lpcis»ualicu. Der erste Referent beim kaiser lichen Gouvernement Kamerun, RegierungSrat Ebermaier, früher in Ostafrika, der zuletzt annähernd ein Jahr laug , während der Abwesenheit deS Gouverneur« v. Puttkammer I die Geschäfte kes Gouvernements in Kamerun führte, und »sich dabei auch m schwierigen Lagen bewährte, ist zur Ber- I tretung des Referenten für Kamerun und Togo in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amte« einberufeu worde«.
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