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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.08.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-08-12
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980812025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898081202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898081202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-08
- Tag1898-08-12
- Monat1898-08
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Die Einstellung der Feindseligkeiten werde wahrscheinlich am Freitag angeordnet werden. Am gleichen Tage hatte der französische Botschafter Patenötre in Madrid eine längere dauernde Besprechung mit dem Minister deS Auswärtigen Herzog Almodovar. Wie man annimmt, ist Patenötre ermächtigt worden, dem französischen Bot schafter in Washington die Genehmigung zur Unter zeichnung des Präliminar-Friedensprotokvlls zu über mitteln. Die Minister äußerten vor Beginn des gestrigen CabinetsratheS, der Friede sei gewiß. Der Act der Unter zeichnung wird nur noch als eine Formalität betrachtet. Wie „Daily Chron." aus Washington meldet, werde die Räumung Havannas durch Coinmissaire ge leitet, wie in den Fällen einer militairischen Capitulation. Spanien übernehme die cubauiscke Schuld, eS werde ihm aber die Demüthigung einer sofortigen Räumung Eubas und Puerto Ricos erspart. Die Friedens - Coinmissaire hätten nur noch über die Zukunft der Philippinen zu berathen. Long reiste vorgestern in Urlaub; Mac Kinley reist wahrscheinlich nächste Woche; die anderen Mitglieder des CabinetS verlassen dann auch Washington. Sobald die Unter händler den Friedensvertrag fertig haben, werde der Präsident eine außerordentliche Sitzung des Senates zur Ratificirung desselben einberufcn; sie werde aber erst spät im Octobcr erwartet. Alle Befehle wegen der Verstärkungen für Puerto Rico sind zurückgenommen. Miles hat nun mehr Truppen als nötbig, um die Insel zu besetzen. Wahrscheinlich werten aber weitere Truppen nach den Philippinen abgehen, um die Insurgenten zu controlliren. Folgende Kriezsmcldung ist noch zu verzeichnen: * Washington, 11. August. (Telegramm.) General Schwan meldete telegraphisch hierher, daß seine Brigade einige Meilen von Mayagüez (Westküste von Puerto Rico) entfernt mit starken spanischen Streitkräften in einen Kampf verwickelt wurde. Auf amerikanischer Seite fielen 2 Mann, 1 Lieutenant und 14 Mann wurden verwundet. Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. August. Die „Freisinnige Zeitung" ist eifrig bemüht, alle Mit- thcilungen, die über die Zusammensetzung des nächsten RcichStagSpräsidiumS auftauchen, als aus der Luft gegriffen zu bezeichnen. ES sei nicht anzunehmen, daß die Parteien die Sommerruhe durch Beratbungen über eine Etikett en - frage unterbrechen würden. Sähe die „Freisinnige Zeitung" die Besetzung des Präsidiums wirklich nur als eine Etiketten frage an, so würde sie nicht so eifrig dabei sein, ihr unbequeme Combinationen als unrichtig zu be zeichnen. Thatsächlich ist es ihr höchst unerwünscht, daß alle diese Combinationen mit dem durch die ewig denk würdige Sitzung vom 23. März 1895 geschaffenen Zustand aufräumen. Dieser Zustand muß aber unter allen Um ständen ein Ende finden, weil er zwei ganz ungehörige Combinationen enthält. Einmal ist es ungehörig, daß das Centruin von den drei Präsidcntenstellen zwei zu besetzen hat. Wie die Dinge einmal liegen, wird man sich ja damit ab finden müssen, daß das Centrum auf absehbare Zeit hinaus die Stelle des ersten Präsidenten für sich in Anspruch nimmt, und das ist vielleicht ganz gut so, denn es ist nur richtig, wenn eine bestehende Thatjache — daß nämlich das Centrum die herrschende Partei ist — auch äußerlich in die Erscheinung tritt. Vielleicht trägt gerade diese äußere Markirung derCentrumsherrschaft dazu bei, daß dieser Herrschaft eher ein Ende bereitet wird, als es der Fall wäre, wenn das Centrnm sich wie früher bei der äußeren Repräsentation mehr im Hintergründe hielte. So ist also die Besetzung der ersten Präsidcntenst-lle durch das Ccntrum in Lincm gewissen Sinne sogar erwünscht. Die Besetzung von zwei Präsidenten stellen durch Centrumsabgeordnele ging aber doch über die Bedeutung der Partei hinaus und war und ist daher unbe rechtigt. Zum Zweiten war und ist die Besetzung einer Präsidenteustelle durch die freisinnige Volkspartei nicht be rechtigt. Diese Partei nahm im vorigen Reichstage selbst zur Zeit ihres höchsten Bestandes (28 Mitglieder) noch nicht ganz den 14. Theil der GesamNitmitgliederzahl des Reichs tags ein. Diesmal ist das Verhältniß ebenso, und eS ist dabei noch zu berücksichtigen, daß von der gesammken Partei nur ein Mitglied im ersten Wahlgauge gewählt wurde. Einer Partei, die so wenig Rückhalt im Volke hat, gebührt gewiß kein Sitz im Präsidium der Volksvertretung. Es ist deshalb nur richtig, wenn im neuen Reichstage die Stelle des ersten und die des zweiten Vicepräsibenten nicht mehr durch Mitglieder der freisinnigen Vvlkspartei bezw. des Centrums besetzt werden, sondern durch Mitglieder der alten Cartell- parleien. Ob an die Stelle des ersten Vicepräsidenten ein Conservativer, an die Stelle des zweiten Vicepräsidenten ein Nationalliberaler gesetzt wird, oder umgekehrt, das ist aller dings nur eine Etikettenfrage. Daß die Mitglieder dieser drei Parteien, des Centrums, der Conservativen und der Nationalliberalen, am berufensten sind, die drei Präsidenten stellen zu besetzen — von den Svcialdemokraten kann trotz der erheblichen Zahl ihrer Mitglieder nicht die Rede sein — darüber kann kein Zweifel obwalten. Zu wünschen ist nur, daß diese Parteien ..auf das Sorgfältigste Umschau halten, welche von ihren Mitgliedern für die Präsidcntenstellen am geeignetsten sind, -amil der Reichstag wieder über ein Prä sidium verfügt,ysje st, peri besten Zeiten des deutschen Parla ments, in den siebziger Jahren. Bei der sehr schwierigen Zusammensetzung des Reichstages ist ein gutes Präsidium noch wichtiger als damals. In einer Zahlenspiclerei über die Bedeutung der socialScuiokrattschen Bethciliguna bei den Lanvtagswahlcn in Prcutzc» gefällt sich die „Sächsische Arbeiterzt g.", die überhaupt eigenthümlicherweise dieser Frage mehr Interesse entgegenbringt, als die preußischen socialistischen Blätter. Das Blatt rechnet heraus, daß in Preußen bei den Reichstagswahlen von 1893 den Socialdemokraten mehr Stimmen zugefallen sind, als bei den Landtagswahlen in demselben Jahre überhaupt Stimmen in der 3. Abtheilung abgegeben worden sind. Das Blatt schließt daraus auf die große Bedeutung der socialdemo kratischen Betheiligung bei den Landtagswahlen, wenn es auch zugiebt, daß die Zahlen der socialistischen Stimmen dabei eine bei Weitem geringere, als bei den geheimen Reichstagswahlen sein werden. ES sprechen aber noch eine ganze Reihe anderer Umstände mit, die die Schlüsse, die das socialistische Blatt aus den von ihm angegebenen Zahlen zieht, anfechtbar machen. Einmal sind schon unter den im Jahre 1893 abgegebenen Stimmen eine ganze Anzahl socialistischer Stimmen gewesen, denn das Verbot der Betheiligung an den preußischen Landtagswahlen ist keines wegs von allen „Genossen" und noch viel weniger von den Mit läufern streng befolgt worden. Zweitens sind bei den Wahlen zum preußischen Landtage nur Diejenigen wahlberechtigt, die mindestens 6 Monate in dem Bezirke wohnen, eine Bestimmung, die gerade viele Mitglieder der socialistischen Partei von den Wahlen ausschließen dürfte. Drittens aber vergessen die Social demokraten ein politisches Gesetz, daß nämlich oer Stoß auch einen Gegenstoß erzeugt. Selbst in großen Städten wie Berlin ist die Bcthciligung an den Landtagswahlen in der Regel sehr gering gewesen; wie die Dinge in Berlin einmal liegen, war an dem Siege der Fortschrittspartei nicht zu zweifeln, so gaben sich die Fortschrittler wenig Mühe, und die Gegner noch weniger. In anderen Wahlkreisen hatten wieder die Conservativen nicht nöthig, sich sonderlich anzustrengen, weil ihre Gegner von vornherein die Flinte ins Korn warfen. So darf man sagen, daß nur in einigen Dutzend Kreisen bei den preußischen Landtagswahlen so etwas wie eine Wahlbewegung vorhanden war, und selbst diese „Bewegung" war eigentlich nur dem Politiker, der sich mit der Agitation beschäftigte, er kennbar. Wenn aber die Socialdemokraten einen Vorstoß machen, so stellt sich die Sache anders; dann werden diejenigen Parteien, die sich bisher in träger Ruhe ihres Besitzes erfreuten, aufgestört. Mit anderen Worten: die Wahlbetheiligung wird dann auch bei den verschiedenen bürgerlichen Parteien eine regere als bisher, und cs ist nicht ausgeschlossen, daß dadurch das Gewicht, welches die Socialdemokratcn in die Waagschale werfen, mehr als ausgeglichen wird. So sind also die Ziffern, die die „Sächsische Arbeiterztg." anführt, in keiner Weise beweiskräftig. Es läßt sich noch gar nicht absehen, welche Bedeutung die Social demokratie als neuer Factor bei den Landtagswahlen haben wird, wem ihre Betheiligung zu gute kommen wird. Sollte die Teil nahme der Socialdemokraten an den Landtagswahlen eine allge meine regere Betheiligung zur Folge haben, so wäre das eine erfreuliche Wirkung. Denn die bisherige geringe Betheiligung bei den Landtagswahlen gab den Gegnern dieses Wahlsystems eine gewisse Berechtigung zu der Ansicht, daß der Volkswille dabei gar nicht zur Geltung komme. Daß die grostpolnischc» Volksauswieglcr auch dem Centrum nur unter der Voraussetzung und nur solange, als dieses sich zur Förderung der national-polnischen Interessen willfährig und geeignet erweist, Reverenz erzeigen, dafür hat, wie wir deS Oefteren mittheilen mußten, der letzte Wahl kampf es an beweiskräftigen Zeugnissen nicht fehlen lassen. Nach der Theorie der Führer der staatS- und deutschfeind lichen Bewegung im Osten hat das Centrum dort nur als Schleppträger des Polenthums Existenzberechtigung. Sehr lehrreich ist, waS die jenseits der Grenze er scheinende „Newa Reform»" über die w a h l p o l i t i s ch e Stellung des Polenthums zum Centrum in Ober schlesien äußert. Mit Bezugnahme auf das Anwachsen der socialdemokratischen Stimmen z. B. im Wahlkreise Kattowitz schreibt das Blatt: „ES ist das eine Sache von außer ordentlicher Bedeutung. Sie beweist, daß die oberschlesischen Arbeiter, welche mit den ihnen nicht lieben, die polnische Sprache nicht ! kennenden und ihnen oft geradezu feindlich gesinnten Candidaten deS Centrums unzufrieden sind, daher der socialistischen Agitation Gehör schenken. Was haben wir also für die Zukunft zu erwarten? Entweder das Cent rum unter läßt seine Gauklerstückchen und entscheidet sich dazu, aufrichtig polnische Candidaturen aufzustelleu, oder unsere Landsleute fassen den Muth, mit der bisherigen Politik im Joche des Centrums zu brechen und treten selbstständig auf; entgegengesetzten Falles wird der Socialiö- mus nach fünf Jahren Bresche legen und die ersten Mandate im polnischen Oberschlesien gewinnen." Das ist die Quittung für die Polenpolitik des Centrums. Ueber die Bedeutung deS Besuches König Karl'S von Rumänien am Zarenhosc schreibt die „Pol. Corr." aus Petersburg: Die Zusammenkunft des rumänischen Mon archen mit dem Zaren hat den Erfolg, auf welchen sie abzielte, unleugbar erreicht. ES ist eine der gewöhnlichen panslawistischen Uebertreibungen, wenn die Presse dieser Richtung behauptet, daß sich geradezu eine Schwenkung Rumäniens gegenüber den ihm befreundeten Dreibundstaatcn vollzogen habe und daß der Eintritt Rumäniens in den so viel genannten Balkanbund erwartet werden dürfe, wobei sie ohne jede Kenntniß der fast unübersteigbaren Schwierigkeiten sprechen, die sich der Schaffung eines solchen Bündnisses ent gegenstellen. In den amtlichen russischen Kreisen, welche weder die Ausfassung noch die Aspirationen der Panslawisten theilen, wünscht man blos, daß Rumänien, ohne deswegen die Pflege guter Beziehungen zu Oesterreich-Ungarn und zu dessen Verbündetem, Deutschland, aufzugeben, aushöre, Rußland gegenüber unfreundliche Gesinnungen zu bekunden, seinen Be festigungen den Charakter reines aggressiven Machtmittels gegenüber Rußland zu geben, letzterem Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Donauschifffahrt zu bereiten und einen irrcdentistischcn Standpunct mit Bezug auf Bessarabien ein- zunehmen, mit einem Wort, daß Rumänien in Zukunft nicht mehr durch seine Haltung eine fortwährende Be drohung für Rußland für den Fall internatio- naler Verwickelungen bilde. Sobald einmal diese Erscheinungen ihr Ende finden, wird Rußland nichts Unan genehmes darin erblicken, daß Rumänien mit den anderen Mächten, deren wohlwollende Gesinnungen es sich im Hinblick auf seine nationalen und wirthscbaftlichen Interessen sichern zu sollen glaubt, freundschaftliche Beziehungen unterhalte. Rußland wird ebensowenig Rumäniens Unabhängigkeit und ActionSfreibeit behindern wollen, wie es darauf bezüglich Serbiens, Bulgariens und Montenegros abzielt. Es will keine» der Balkanstaaten unterjochen, aber eS möchte keinen derselben als offenen oder verhüllten Feind sich gegenüber sehen und wünscht in dieser Richtung an seinen Grenzen die gleiche Sicherheit zu genießen, wie sie jedem Staat von Ruß land gewährt wird. Der spontane Besuch des Königs Karl beim russischen Hof scheint nun in den Augen Rußlands die Erfüllung dieser Wünsche mit Bezug auf Rumänien zu sym- bolisiren. Die Behauptung, daß dies gleichzeitig die Los sagung Rumäniens von Oesterreich-Ungarn und Deutschland bedeute und daß Rußland nunmehr in Rumänien an Stelle Serbiens ein Werkzeug seines Einflusses auf der Balkanhalb insel gewonnen habe, ist aus dem Hange der Panslawisten zu Hyperbeln und zu politischen Plänen entsprungen, die von den maßgebenden russischen Kreisen geradezu als absurd an gesehen werden. Man kann daher nirgends Anlaß haben, sich durch die Verbesserung der russisch rumänischen Beziehungen beunruhigt zu fühlen. Za die Anhänger des Friedens müssen diese Wendung sogar willkommen heißen, da hierdurch die Gefahr möglicher russisch rumänischer Reibungen, wie sie bei dem bisherigen Feuilleton. In der Lrandung des Lebens. 6j Roman aus dem amerikanischen Westen. Von Theodor Eicke. Nachdruck «rrbotni. Brant beantwortete die verhüllte Frage offen. „Es war sehr einfach. Ich fand Ihren Sohn in Gesellschaft eines Mannes, dessen Einfluß auf ihn ebenso groß zu sein scheint, wie er schlecht ist. Zufällig kannte ich "diesen Mann und veranlaßte ihn, Ihren Sohn nach Hause zu bringen." Der Richter lehnte sich in seinen Stuhl zurück und stieß nachdenklich die Fingerspitzen gegeneinander. „William erwähnte einen Mr. Harding, der ihn nach Hause gebracht habe", sagte er. „Ist das der Mann?" Brant bejahte es. „Dann muß der Jung« sich in einem großen Jrrthum be finden, denn er scheint diesen Harding für einen Gentleman zu halten." „Daran zweifle ich nicht; Harding wird schon darauf bedacht gewesen sein, ihn in diesem Glauben zu erhalten. Doch einerlei, Sie können mir glauben, wenn ich sage, daß es der denkbar schlechteste Gefährte für Ihren Sohn oder für irgend einen anderen jungen Mann ist." „Das ist eigenthümlich." Dem Richter entfuhren die Wort«, fast ohne daß er es wollte. Aber da er nicht fortfuhr, konnte Brant nicht wissen, daß er da mit meinte, es sei eigenthümlich, daß Brant von Harding ebenso dächte wie Harding von ihm, wenigstens nach seines Sohnes Bericht. „Eigenthümlich, daß er Ihren Sohn zu täuschen suchte, meinen Sie?" sagt« Brant. „Wer den Mann und seine Art kennt, weiß, daß nichts weniger eigenthümlich ist als das. Harding ist ein professioneller Spieler." Der Richter zog seine Schlüffe. „Sie sagten, Sie kennen ihn gut, nicht wahr?" fragte er. „Ja, ich kenne ihn seit langer Zeit und hab« seinen schlechten Einfluß an mir selbst erfahren", sagte Brant, dessen Hals noch schmerzte von dem Druck« von Harding's Fingern. „So!" Dem Richter begann es klarer zu werden. „Ver zeihen Sie, Mr. Brant, wenn ich mich etwas dumm anstelle, aber was kann einem Spieler an meinem Sohne liegen? William's Taschengeld verlohnt sich doch kaum der Mühe." „Gewiß nicht; Harding würde ihm wahrscheinlich auch eher Geld geben, als etwas von ihm nehmen. Die Sache liegt so", fuhr Brant dann fort, indem er unwillkürlich in den Jargon der Zunft verfiel, deren Vorgehen er beschrieb. „Harding spielt sich auf als — na, sagen wir, als ein gutsituirter Rentner. Er fängt sich ein Muttersöhnchen «in, das nicht gar zu dumm ist, und schlägt ein kleines Spiel zur Unterhaltung vor. Machte er die Geschichte allein, so würde auch der größte Grünschnabel Lunte riechen, aber mit Ihrem Sohne als Dritten macht sich die Sache ganz gut. Verstehen Sie?" Der Richter erhob sich und ging mit den Händen auf dem Rücken und mit gebeugtem Haupte durch das Zimmer. Als er emporschaute, war die väterliche Besorgniß in seinem Gesichte einem richterlichen Ernste gewichen. „Ja", sagte er, „ich verstehe zweierlei. Erstens, daß Sie von meinem Sohne eine viel schlechtere Meinung haben, als nach Lage der Dinge gerechtfertigt erscheint, zweitens, daß Sie eine — eine wenig beneidenswcrthe Vertrautheit mit den Methoden haben, die Sie beschrieben." Brant erkannte seinen Jrrthum, als es zu spät war, und versuchte, ihn wieder gut zu machen. „Mißverstehen Sie mich nicht, Mr. Langford; in solchem Falle kann natürlich ein junger Mnsch ohne Erfahrung ein ganz unschuldiger Spießgeselle sein. Und was mich anbetrifft, nun, man lernt Manches in der rauhen Schule des Lebens an der Grenze." Der Richter hatte die Hand auf dem Thürgriff. „Ich glaube das — verzeihen Sie mir, wenn ich zu schnell sprach. Um ganz offen mit Ihnen zu sein, will ich Ihnen gestehen, daß ich wegen Williams in großer Sorge bin. Wenn das wahr ist, was Sie mir von dem Harding erzählen, dann ist der Junge verloren." „Nicht unbedingt", warf Brant ein, „Harding hat die Stadt verlassen, und wenn Sie Ihren Sohn davon zurückhalten können, daß er wieder solchen Verkehr sucht —" „Woher wissen Sie, daß Harding fort ist?" unterbrach ibn der Richter. „Er ging auf meine Veranlassung." „Und geschah es auch auf Ihre Veranlassung, daß die Zeitungen meines Sohnes Namen in den Berichten über die Massenverhaftung der vorletzten Nacht fortließen?" » „Allerdings." Richter Langford lächelte und schüttelte den Kopf. „Sie scheinen ein mächtiger Mann zu sein, Mr. Brant; aber ich bin kein Freund von Geheimnissen, auch nicht, wenn sie wohlthätig sind. In diesem Falle jedoch bin ich Ihr Schuldner — sagen Sie mir, wenn ich etwas für Sie thun und die Rechnung aus gleichen kann." Ehe Brant noch ein Wort der Erklärung aussprechen konnte, war der Richter fort. Als er die Fragen des alten Herrn und seine Antworten mehrere Male sich im Geiste wiederholt hatte, wurde es Brant klar, wie thöricht er gehandelt hatte, und er wurde ärgerlich über seine eigene Ungeschicklichkeit. Auf den Aerger folgte eine un erträgliche Ungeduld, die ihn wegen des nicht enden wollenden Nachmittags Plagte, der ihn von einem Besuche bei Dorothy trennte. Er hatte ein« gute That vollbracht und hatte ein mensch liches Verlangen nach Anerkennung — nach Anerkennung, die nicht durch einen Verdacht getrübt war. Er hatte ein Recht darauf, und Dorothy wenigstens würde sie ihm nicht vorent halten. So glaubte er; und als der Abend kam, verlor er keine Zeit und begab sich nach dem Hause iss Altamont Terrace. Er wurde in das Empfangszimmer geführt, und nach einer Wartezeit, die ihm unendlich dünkte, öffnete sich die Thür, um nicht Dorothy, sondern ihre Mutter hereinzulassen. „Entschuldigen Sie, daß ich Sie warten ließ", sagte die Dame in einem Tone, der kalt wie Eis klang. „Ich erwartete Niemand so früh. Kann ich etwas für Sie thun, Mr. Brant?" Brant traute seinen Ohren nicht und schaute sich unwill kürlich um, ob er vielleicht in das falsch'e Haus gerathen war. „Sie — für mich — thun?" stotterte er. „O ja — sind — sind die jungen Damen vielleicht zu Hause?" „Für Sie nicht, Mr. Brant, heute nicht und auch nicht, wenn Sie jemals wieder bei uns vorsprechen sollten." Brant war so verblüfft, daß er kaum Worte finden konnte. „Aber, Mrs. Langford", brachte er endlich mit Mühe hervor, „ich verstehe dies nicht; was habe ich denn gethan?" „Fragen Sie lieber, was Sie nicht gethan haben", sagte die Dame eisig. „Aber da Sie die Frage stellen, will ich sie auch beantworten. Sie find hierher gekommen, nicht einmal, sondern oft, obwohl Sie genau wußten, daß, wenn Ihre Geschichte uns oder Mr. Antoine bekannt gewesen wäre, unsere Thür sich Ihnen nie geöffnet hätte. Wenn das noch nicht genügt, so kann ich auch noch deutlicher werden, wenn Sie es wünschen." „Beim Himmel, Madame, ich wünsche es!" rief Brant, bei dem der Zorn fast größer war als das Erstaunen. „Nun wohl, Sir — würden Sie mir vielleicht mittheilen, wo Sie die drei Jahre verbracht haben, die vor Ihrer Ankunft in Denver liegen?" „In den Ansiedelungen der Goldgräber", erwiderte Brant, der ganz gefaßt war auf Das, was kommen würde. „Und Ihre Beschäftigung war —" „Nicht die, welche sie hätte sein sollen, ich gebe es zu; aber steht in Ihrem Katechismus nicht das Wort „Reue", MrS. Langford?" „Gewiß, aber Sie haben nicht bereut — das beweisen Sie allein dadurch, daß Sie hierher kommen, ganz abgesehen von Dem, was Mr. Harding von Ihnen sagt." > „Harding!" Bei der Erwähnung des Namens erkannte Brant, was sein Feind gethan hatte, und rasende Wuth erfaßte ihn. „Wollen Sie vielleicht auf Das hören, was dieser verdammte Schurke Ihnen von mir gesagt hat?" Mrs. Langford ging zur Thür. „Sie entschuldigen, Mr. Brant, wenn ich Sie verlasse — Sie machen die Sache ja nur noch schlimmer. Ein Gentleman vergißt sich nicht so weit, daß er in Gegenwart einer Dame flucht. Ich denke, wir verstehen einander, und ich will mich ver abschieden." Als sie verschwunden war, stürzte Brant aus dem Hause heraus und trieb sich die halbe Nacht im Freien umher. Unter günstigen Bedingungen ist Selbstachtung eine Pflanze von schnellem WachSthum; aber sie ist sehr empfindlich. Während Brant bereit war, sich selbst für einen großen Sünder zu halten, und sich seine eigene Kühnheit, wieder nach einem Sitz am Tische der Tugend zu streben, zum Vorwurf machte, hörte er einen Vorwurf doch sehr ungern. Deshalb fühlte er die Stunden seiner einsamen Wanderung mit bitteren Schmähungen, die er auf di« Unbarmh«rzigkeit der Menschen im Allgemeinen und auf sociale Dogmen, wie die eben von Mrs. Langford interpretirten, im Be sonderen häufte. In einem Zustande, in dem der Zorn den Kummer bedeutend überwog, kam er endlich auf seinem Zimmer an. X Etwa vierzehn Tage nach jenem Sonntagnachmittag, an dem Harry Antoine im Zorne das Langford'sche Haus verlassen hatte, saß er wieder gegen Abend mit Isabel allein auf der Veranda. Er war fest entschlossen, heute eine endgiltige Antwort von Isabel zu fordern. Sie hatten über gleichgiltige Dinge, Tages»
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