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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.11.1899
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-15
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18991115012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1899111501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1899111501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1899
- Monat1899-11
- Tag1899-11-15
- Monat1899-11
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Die Morgen-AuSgabr erscheint um '/-? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Filialen: ?tto Klemm'S Sortim. (Alfred Hahn), Universitätsstraßr 3 (Paulinum), LoniS Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und Königsplatz 7. Le-action und Lrpedition: IohanniSgasse 8. Die Expeditton ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Bezugs-Preis der Hauptrxpedition oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^>4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Laus ö.bO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung Ins Ausland: monatlich 7.bO. M orgen - Ausgab e. Anzeiger. Ättttskkatt -es Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes un- Nalizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Auzeigen-PreiS die (-gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redaction-strich (4gs- spalten) bO/>z, vor den Familiennachrichtra (6 gespalten) 40-H. Größere Schriften laut unserem PreiS- verzrichniß. Tabellarischer und Zifferasatz nach höherem Tarif. vrtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. ——cz,»>> AnnahMschluß für Anzeigern Abend-AuSgab«: LormittagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ei« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Erpedtttsa zu richten. » a—»- Druck und Berlag von E. Pol- in Leipzig. S3. Jahrgang, Mittwoch den 15. November 1899. Zeitgemäßes zum Urheberrecht. Bon Robert VoigtlLnder, Verlagsbuchhändler in Leipzig. Nachdruck »erboten. I. Das „Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Compositionen und dramatischen Werken" vom 11. Juni 1870, das erste für das ganze deutsche Reich geltende, soll bald einem neuen Gesetze Platz machen- Von uns Buchhändlern werden viele ungern von dem alten Gesetze scheiden; es war zum vertrauten Freunde geworden, mit dem sich's gut leben ließ. Aber inmitten der durch eine fast dreißigjährige Gesetzgebung im Reiche aufgeführten stattlichen Neubauten, be sonders neben dem Palast des Bürgerlichen Gesetzbuches, erschien es den Rechtskundigen wie «in altes Haus in einer neuen Straße, und gar den Schriftstellern war es schon lange zu enge geworden. Auf ihre Wünsche wird denn auch in dem Entwürfe des neuen Gesetzes*) ganz besonders Rücksicht genommen, ganz der „Neu zeit gemäß", denn über die Grundrechte der Schriftsteller und Künstler ist in neuer, neuerer und neuester Zeit viel gedacht, geredet und geschrieben worden- Schriftsteller-Vereine und Schriftsteller-Äage haben Beschlüsse gefaßt; die in allen Kultur ländern sich zu Gast ladende, von Victor Hugo angeregte ^880- eiation titterairs et srtisticiue ist gegründet worden; hervor- :ag«nde Rechtslehrer haben die scharfsinnigsten Lehrgebäude auf gestellt. Welch' ein Unterschied Mischen dem im Jahre 1819 im Auftrage des Bundestages ausgearbeiteten Entwürfe des Freiherrn von Berg, der Nachdruckvcrbore, Verlagsrecht und Bücherpreise gleichzeitig regeln wollte, und zwischen dem fein verästelten Ausbau der modernen Urhöberrechtslehre! Aber diese ist der Gefahr nicht entgangen, .sich in der Sack gasse der Einseitigkeit zu verfangen, wie man sich auch daran ge wöhnt hat, schlechthin vom Rechte der geistigen Arbeit zu reden, während die Bannung von Gedanken auf bedruckles Papier nur eine von vielen Formen geistiger Arbeit ist. Die Ehrfurcht vor Druckerschwärze steckt uns tief im Blute. Das Ergebniß aller jener Bestrebungen zur Ausgestaltung der Rechte der Verfasser**)läßt sich kurz in dieSätze zusammenfassen: Dem Verfasser („Urheber") allein steht das Recht zu, sein Werk zu veröffentlichen, zu vervielfältigen, zu verbreiten, aufzuführen, vorzutragen, vor Allem: zu verwerthen. Ueber- trägt er diese Recht« einem Anderen (Verleger, ConrertUnter nehmer, Bühne), so hat dieser ein durch Vertrag und Verkehrs gewohnheit näher zu bestimmendes abgeleitetes Recht. Diese Sätze scheinen so einfach, klar und folgerichtig, daß man sich nur wundert, wie Jahrtausende, oder seit Erfindung der Druckkunst Jahrhunderte vergehen konnten, ehe sie sich durchge rungen haben. Aber so unanfechtbar die Grundsätze sind, sie theilen mit vielen Grundsätzen den Fehler, daß sie nicht in allen Folgerungen durchgesiihrt weiden können, daß sie verwunden, wo man sie zu scharf in das Leben einzuführen versucht, daß das Leben mächtiger ist als die Lehre. Beispiele? Der Tondichter hat die alleinige Verfügung über seine Lieder; soll ihm der Wanderbursche zollen, der sie singt? Ist der Dichter um Erlaubniß zu fragen, «he man seine Ballade in der Schule vorträgt? Ist es strafbar, wenn das verliehene Buch von Zehn gelesen, aber nur von Einem bezahlt wird? — Kann man alles Das hindern oder bestrafen? So weit gehen nicht selbst die Heißsporne der Verfasser-Vertreter; sie gestehen zu, daß das Leben seine Rechte, das Recht des Verfassers seine Grenze *) Entwurf eines Gesches, betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst. Berlin (Juli) 1899. **) Unter Verfasser seien hier, im Einklang mit dem Ent würfe, auch bildende Künstler und Tonsetzer verstanden. sehr gute, sehr nützliche Bücher sein. Die große Masse aller Schriftwerke, vom Kochbuch und Liebesbriefsteller an bis hoch hinauf, bittet nichts als Umformungen längst bekannter Dinge zu irgend einem praktischen Zwecke; die Thätigkeit und das Ver dienst des Verfassers besteht in Beherrschung des Stoffes, in dessen zweckmäßiger Sichtung und Gestaltung. Und selbst die am meisten schöpferische Thätigkeit, die des Dichters, steht dann am Höchsten und erreicht ihre größten Erfolge, wenn sie die höchste Weise der künstlerischen Form dem giebt, was mit dem Dichier zugleich sein Volk denkt und fühlt. Und nicht einmal die Form ist ganz des Dichters Eigenthum, denn die Form liefert „die ge bildete Sprache, die für Dich dichtet und denkt", und die Man chem, der sich Dichter dünkt, mehr als die Form, die ihm auch Gedanken oder deren Schein leiht. Kurz, der Schriftsteller und Künstler steht mit seinem Wissen und Können inmitten und auf de: Kulturarbeit von Jahrtausenden. Goethe, auf einer einsamen Insel aufgewachsen, wäre nicht Goethe geworden. Ist aber Je mand mit Geistesgaben so begnadet, daß er die Kulturarbeit der Menschheit um einen Schritt hat weiter bringen können, weil er an das von den Vorfahren Geleifieie anknüpfen durfte, dann ist es nicht mehr als billig, daß sein Werk zur gegebenen Zeit wieder Anderen zu zwanglosem Gebrauche dien«, nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form. Von Deinem Volke hast Du's ge nommen, Deinem Volke soll es wieder werden! Mit diesem schließlichenHeimsallsrecht muß es s-lbstberständlich vereinbar sein, daß der in Form von Schrift-, Bild- und Ton werken g«leisteten geistigen Arbeit in geeigneterWeisedie ungestörte, wirthschaftlichc Berwerthung ermöglicht werde. Wie aber jedes Recht des Einzelnen durch das Anderer begrenzt wird, wie Eigen- chum enteignet werden kann, so darf auch die Berwerthung von Verfasserrechten nicht so scharfe Formen annehmen, daß Andere dadurch in einer zu dem wirchschaftlichen Vortheil des Berech tigten im MißverhältNiß sichenden Weise belästigt werden. Wenn in den letzten Jahren, und besonders jetzt, wo das Gesetz neu gestaltet werden soll, Meinungsverschiedenheiten über den Schutz von Verfafferrechten verhandelt werden, so zieht Niemand diese Rechte selbst in Frage. Ueber den Kern dieser Dinge herrscht volle Einmüthigkeit. Streitig sind nur hier und da die Grenzen, das Maß der Einschränkung der Verfasserrechte zu nächst in Rücksicht auf bas Gemeinwohl, sodann in Rücksicht aus die Natur des Verhältnisses der Verfasser zu Denen, die die Berwerthung von Verfasserrechten berufsmäßig ausüben: zu den Buchhändlern, Conrcrtunternchmern und Bühnen. Den Buchhändlern gebührt ein Hauptvecdienst daran, daß überhaupt die Verfasserrechte in dem jetzigen Umfange an erkannt werden. Der Börsenverein der deutschen Buchhändler entstand als Einrichtung zur gänzlichen Unterdrückung des freilich schon 'halb anstch selbst gestorbenen Nachdruckunwesens. Mit zäher Ausdauer hat sodann der Verein ein allgemeines deutsches Gesetz über Urheberrecht erstrebt, und d«r berühmte ^,Börsenvcreins- entwurf" von Jahre 1857 hat der ganzen neueren Gesetzgebung Steine und Mörtel gegeben, auch dem Gesetze vom Jahre 1870. Dies entsprich: noch jetzt im großen Ganzen den Bedürfnissen des Buchhandels. Erst als die Anzeichen sich mehrten, daß ein neues Gesetz kommen werde, ging der Börsenverein daran, auch anerkannt worden; auch der Entwurf betont es stärker, als das alte Gesetz, ja zu stark. Wenn dem Erwerber eines Werkes unter sagt wird, an dem Werke selbst, an dessen Titel und an der Be zeichnung des Urhebers ohne dessen Genehmigung Zusätze, Weglassungen oder sonstige Aenderungen vor zunehmen, so ist das nicht mehr, als ein im Buchhandel längst anerkanntes Gewohnheitsrecht, gegen das selten gefehlt wird. Dagegen ist es für Zeitungen und Zeitschriften geradezu eine Nothwendigleit, die aus aller Welt bei dem Leiter zusammen kommenden Beiträge entsprechend zu verarbeiten. Sofern deren Verfasser ungenannt bleibt, kann von einer Verletzung seiner Per sönlichkeit auch gar nicht die Rebe sein, denn nicht der Verfasser des Beitrages, sondern der Leiter des Blattes gilt der Leserwekt als Verfasser. Wie kommt nun der Entwurf dazu, Aenderungen eines Werkes mit der Strafe schwerer Beleidigungen, mit 1000 Geldbuße, in Unvermögensfall mit drei Monaten Gefängniß zu bedrohen? Noch sonderbarer ist eine andere Folgerung, die sich aus dem Entwürfe ergiebt. „Urheber eines Werkes ist dessen Verfasser", so beginnt der 8 2. Unter Verfassern sind auch verstanden: „die Urheber solcher Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, welche nicht ihrem Hauptzwecke nach als Kunstwerke zu be trachten sind" (8 1, Ziffer 3). Das betrifft das ganze Heer jener Personen, die als Zeichner, Lithographen, Kupferstecher u.f.w. im Dienste gewerblicher Unternehmungen stehen. Läßt sich also Jemand künftig von «in«: Steindruckkr«i eine Fabrikansicht Herstellen, so soll der Angestellte der Druckerei das Urheberrecht an dem Bildchen behalten, d. h. Niemand, auch der Fabrikeigenthümer nicht, soll es ändern lassen dürfen. Das heißt doch, die Verhältnisse auf den Kopf stellen. Der Sinn des Dienstvertrages des in festem Gehalte stehenden Zeichners ist, daß seine auf Grund des Dienstvertrages angefertigten Arbeiten — von außerdienstlichen ist natürlich nicht die Rede — <dem Arbeit geber gehören. Das bestimmt auch das Gesetz vom 11. Juni 1876, betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen (8 2). Warum soll das Buchgewerbe, das eine solche Bestimmung am nöthigsten hätte, ihrer entbehren? Verträge sind „so austzulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitt« es er fordern", sagt das Bürgerliche Gesetzbuch- Ein rechtmäßiger wirchschaftlicher Nutzen kann jenen Angestellten nicht aus der Zu- sprechung von Urheberrechten erwachsen. Aber bei Zwistigkeiten Mischen Unternehmern und Angestellten geltend gemacht, würden sie eine neue Waffe zur Schürung socialen Unfriedens werden. Dieses Verhältnis von Auftrag und Ausführung erzeugt überhaupt eine Klasse von Fällen, auf die der Hauptgrundsatz des Urheberrechts ohne Wirrnisse nicht anwendbar ist, daß der Urheber allein sein Werk zu veröffentlichen, zu vervielfältigen, zu verbreiten, zu verwerthen u. s. w- berechtigt sei. Schon die Bezeichnung des Beauftragten als Urhebers führt da irre. Ist der Beauftragte denn „Urheber"? Fuchs sagt in seinem etymo- habe, vor Allem eine Grenze der Zeit. Zwar findet auch das ewig währende Urheberrecht seine Fürsprecher, aber wohin will das? Wo sind die Rechtsnachfolger Walther's von der Vogeliweide? Wer wünscht sich den griechischen Fiscus als Verwalter der herrenlosen Hinterlassenschaft Homer'S? Es sind aber keineswegs nur Gründe der Zweckmäßigkeit, welche die Verfasserrechte einschränken, sondern viel tiefere. Kein! Mensch schafft seine Gedankenwelt allein aus sich selbst heraus, j Er erbaut sie sich auf dem, was Andere vor ihm oder mit ihm j *) Beiträge zum Urheberrecht. Beschlüsse des außerordent lichen Ausschusses für Revision der Gesche über Urheberrecht, nebst Begründung. (Publikationen des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Band IX). Leipzig, 1896. **) Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel 1899, 249. seine Wünsch« anzumelden*). Jetzt sieht sich der Buchhandel in der sor/oeubaren Lage, für die Berücksichtigung fast aller dieser Wünsche in dem Entwürfe des neuen Gesetzes dankbar sein, sich aber entschieden gegen eine Anzahl ganz neuer Bestimmungen aussprechen zu müssen, die nach seiner Ansicht unzweckmäßig oder schädlich sind**). Bei der Beurtheilung des Entwurfes, überhaupt bei allen ur heberrechtlichen Erörterungen sind zu trennen das Recht deS Ver- - . fassers auf Unverletzlichkeit seines Werkes gegen Ein ¬ gedacht, gesagt, geschrieben haben. Dann erst, im besten Falle, be-j llrsfft Anderer (Individualrecht) und sein Recht auf wirth- ginnt seine ureigene Schöpfung. Dicke Bücher enthalten an ' 1 H l r ch e Nutzung jerner Werke. Die Unverletzlichkeir Eigenem des Verfassers ost nur wenige Seiten und können doch f Werkes ist neuerdings mehr als früher als em Verfasserrecht logischenWörterbuch: „Urheber: der zuerst aufhebt und so ins Da sein ruft." Der Thäter ist nicht immer Ser Urheber. Das nun einmal in die Rechtssprache eingeführte Wort Urheber, das ist Autor, Verfasser, ist also enger aufzufassen als im gemeineit Sprachgebrauch. Es ist das namentlich im Verlagsrecht nicht gleichgiltig, denn das Rechrsverhältniß zwischen Verfasser und Verleger ist von Grund aus verschieden, je nachdem der Verfasser wirklichen Urheber, d. i. der Planer und Ausführer, »der nur der Ausführer eines verlegerischen Planes ist. Die Unverletzlichkeit des Verfasserwerkes ist in dem Gesetz- Entwürfe noch in anderen Beziehungen kräftig gewahrt. So sollen Entlehnungen in Zeitungen, Zeitschriften nur noch ohne wesentliche Aenderungen, in Sammelwerken, in wissenschaft lichen Arbeiten nur noch ohne jede Aenderung erlaubt sein. Da ist jetzt schon Pflicht des Anstandes- Wird die Anstandspflicht Gesetz, so kann ihre Verletzung künftig sehr empfindlich gestraft werden; denn wer z. B. eine seinem eigenen Werke einverleibte fremde Entlehnung ändert, wird als Nachdrucker behandelt, sein ganzes Buch kann beschlagnahmt werden u. s. w. Eine ganz neue Folgerung aus dem Rechte der Persönlichkeit zieht der Gesetzentwurf durch das Verbot der unbefugten öffent lichen Mittheilung von solchen Privatbriefen, Tage büchern oder persönlichen Aufzeichnungen, an denen kein geschütztes Verfasserrecht besteht und die noch nicht erlaubter Weife veröffentlicht worden sind. Ausgenommen soll der Gebrauch der artiger Schriften zur Widerlegung einer öffentlich aufgestellten Behauptung oder zur Wahrnehmung berechtigter Belangen sein, oder wenn seit dem Tode des Verfassers zehn Jahre abgelaufen sind. Dem Zwecke kann man nur zustimmen, und hoffentlich wird davon wenigstens etwas im Reichstag« zum Ziel gebrach: Es wirs genug Unheil angerichtet mit dem unbefugten Abdruck fremder Papiere, besonders von Briefen, gar von gestohlenen. Aber freilich, das Verbot würde den Sitten noch evwas voraus- eilen und Manchen in empfindliche Strafe bringen (bis zu 1500c/( Geldstrafe oder drei Monaten Gefängniß), der bestehenden Gewohnheiten gemäß in gutem Glauben gehandelt hat. Die Juristen wenden zudem ein, daß Briefen ohne Weiteres über haupt kein Urheberrecht zuzugestehen sei, die Sache daher gar nicht in dieses Gesetz gehöre. Das ausschließliche Veröffentlichungsrecht des Verfassers wird in dem Entwürfe auch sonst schärfer denn bisher hervorgehoben, ist aber schon längst geltendes Recht. — Nach dem Tode des Verfassers geht, auch im Wesentlichen wie bisher, das Recht zur Wahrung der Unverletzlichkeit seiner Werke auf die Erben über. - - Ganz einschneidende Neuerungen zur Wahrung theils der per sönlichen, theils der wirilhschaftlichen Versasserrechte bring: der Gesetzentwurf fürZeitungen und Zeitschriften. Zu dem unentbehrlichen Handwerkszeug eines Zeitungs mannes hat man bisher, außer Geist und Allwissenheit, vor Allem Scheere und Kleister gerechner, und manches liebe Winkel blättchen hat mit trockenem Tintenfaß ganz gut jahraus jahrein gewirlhschaftet. In diese Idyll« fährt der Gesetzentwurf mir rauher Faust hinein. Kein Fischtzug mehr in den großen Zeitungen, weder über noch unterm Strich; keine Anekdötlein und Witz« aus Meggenoorser und aus den „Fliegenden", rein gar nichts darf mehr aus anderen Blättern entnommen w«rd«n, auch nicht mit Quellenangabe. Freigegeben sind noch tatsächliche Mit- theilungen, die zu d«n Tagesneuigkeiten oder vermischten Nach richten gehören, und bei Zeitungen (nicht bei Zeitschriften) ein zelne Artikel, deren Nachdruck nicht ausdrücklich verboten ist. Da bedeutet für einen Theil der kleinen Blätter, auch für manche große, die völlige Umstülpung alles Herkommens, das ja nicht sehr zu loben ist. Aber so ist's ganz recht und auch nicht so schlimm, wie es aussieht. Ganz schnell werden die jetzt schon zahlreich bestehenden Zeitungsstoff-Lieferanten sich auf die neue Lage ein richten, auch ganz billig« Preis« stellen, und dann: Die Diamantengruben von Kimberley. Von Wilhelm Freege (Altona). Nachdruck verboten. Von den Städten d«s englischen Gebietes, in das gegenwärtig die Boeren «inen Vorstoß unternommen hybrn, ist Kimberley diejenige von der höchsten Bedeutung, nicht sowohl wegen seiner Größe, denn es zählt nur etwas über 30 000 Einwohner, sondern wegen des Reichthums seiner unmittelbaren Umgebung an den eoclsten der Edelstein«, an den gleißenden, feuersprühenoen Dia manten. Während noch vor dreißig Jahren Indien und Brasilien die Hauptbezugsqnellen für Diamanten waren, sind sie jetzt gegen di: südafrikanischen Diamantendistricte vollständig zurück geblieben, und von der gesammten Production an kxn soge nannten kapsteinen liefern wiederum neun Zehntel die Gruben um Kimberley. Die ersten Diamanten Südafrikas wurden bekanntlich im Orcmjefluß und Vaalfluß gefunden, wo man sie aus dem Geröll der Flußbetten in den river ckiggiuizs,. den Flußwäschereien, gewann. Mehrere Jahre hindurch ahnte Niemand, daß auch außerhalb dieser Flußgebiet« Diamanten anzutreffen wären. Erst im December des JahreS 1870 fand man zufällig auf der Farm des Boeren Du Toit auf dem Plateau zwischen dem Vaal und dem Modder einige Diamanten, und hier entstand nun als bald die erste der vier bedeutendsten Gruben Kimberleys, di« Du Toit-Grube. Nicht lange darauf wurde di« zweite Fundstelle auf der Farm Vooruikgigt des Boeren d« Beer entdeckt, di« nur einen Kilometer von der ersten Grube entfernt war und Bult- fonwin-Grube benannt wunde. Auf derselben Farm wurde dann die dritte, nördlich gelegen« de Boers-Grube angelegt, und unweit d:esrr, etwas mehr nach Westen, traf man auf die vierte Fund stelle, wo die Colesberg-Kopje-Grube entstand. Zwischen den beiden letzten Gruben wurde von den herbeigeströmten Digger- schaaren die Stadt Kimberley gegründet. In Folg« dessen erhielt später die Colesberg-Kopje-Grube den Namen Kimberley-Grube. Sie wurde die ertragreichste von allen. In den folgenden Jahren wurde noch an sechs anderen Stellen im weiteren Um kreis von Kimberley diamantführende Ablagerungen entdeckt, die aber an Ertragfähigkeit die vier ersten Gruben nicht entfernt erreichen. Die Umgebung von Kimberley zeigt, wie auch sonst die Karru- wüste, an ihrer Oberfläche eine dünn« Lage von rothem Thon, unter dem sich stärker« Schichten von Kalktusf hinzi«h«n. Unter dem Kalktuff findet sich das sogenannte Riff vor, das aus grün lich-grauen Schilfern besteht. Dieses Riff nun wird an den Puncten, wo die Gruben liegen, von kraterförmigsn Canälen durchbrochen, derenAusfüllungsmasse sich scharf von den Schiefern abhebt. Die bläulich-graue Ausfüllungsmasse, der blaue Grund nach der Sprache der Diamantengräber, macht im Wesentlichen den Eindruck getrockneten Schlammes, der zahlreiche Bruchstücke eines grün- oder blau-schwarzen, serpentinartigen Gesteins mit einander verkittet. Der blaue Grund nun bildet die Lagerstätte der Diamanten. Aeußerlich machten sich die trichterförmigen Canäle, bevor sie abgebaut wurden, kenntlich durch kleine Er hebungen, die von den umwohnenden Boeren als Kopse, Köpf chen, bezeichnet wurden. Der Durchmesser der Canäle beläuft sich auf 200 bis 300 Meter. Die Tiefe der Canäle hat noch nicht festgestellt werden können. In der Kimberley-Grube, der tiefsten von allen, ist man bis 1300 englische Fuß vorgedrungen, ohne damit daS Ende der diamantsührenden Gesteinsschichten zu erreichen. Anfänglich betrieben die Diamantgräber in den diamant haltigen Canälen einen bloßen Raubbau. Die Gruben wurden in Parzellen von »twaS über 80 Quadratmeter, dir Claim-, ein- getheilt, in denen ein jeder Digger mit einigen gemietheten Koffern auf seine Faust arbeitet«. De Beers zählt« 591, Bult- fontein 886, du ToitS Pan 1430 und di« Kimberley-Grub« 331 Claims. Di« Auswahl unter den noch freien Claims stand einem jeden Digger frei. Für jeden Claim waren dem Grundeigen tümer wöchentlich 10 Schilling Entschädigung zu zahlen. Das Gestein wunde mit der Spitzhacke losgelöst, von den Koffern in Fellsäcken herauSgetrayen, mit hölzernen Keulen zerkleinert und mehrfach gesiebt. Der Rückstand von mittlerem Korn wurde darauf in einer dünnen Schicht auf einem Tisch ausgebreitet und nach Diamanten durchsucht. Im Laufe der Zeit vertieften sich die Claims immer mehr und zwar in einem recht verschiedenen Maße, da nicht in allen gleichmäßig gearbeitet wurde. So bildete bald ein stark bearbeiteter Claim eine quadratisch« Vertiefung mit mehr oder weniger senkrcchien hohen Wänden, von denen sich fort während Stücke ablösten und heruntersielen, während langsam bearbeitete Claims als hohe Säulen stehen blieben, die dann zu weilen einstllrzten und die Nachbarschaft überschütteten. In oer zuletzt angebauten Kimberley-Grube ging man allerdings etwas umsichtiger zu Werke. Man ließ hier zwischen den Claimreihen Verbindungswege bestehen, die wenigstens die Fortschaffung der ansgel«senen Gesteinsmassen auf Karren ermöglichten. Da sich ober die Claims auf beiden Seiten der Verbindungswege mehr und mehr vertieften, so ragten diese bald als hohe Mauern auf, die nun abermals mit der Gefahr d«s Einstürzens drohten. Zudem war das Gestein der Verbindungsweg« ebenfalls dia- mantenführend. Man fing daher später an, auch die Ver bindungswege abzubauen und errichtet« nun rings am Rande der Grube hohe Holzgerüstc mit Winden, mit denen an Drahtseilen die Eimer, die mit dem Gestein gefüllt waren, heraufgezogen wurden. Di« Grube bot zu dieser Zeit einen Anblick, als ob sie mit einem Netz von Spinnenfäden überzogen wäre. Aber auch dieser Zustand war von keiner Dauer. In Folge des regellosen Betriebes rutschten groß« Gesteinsmassen vom Rande der Gruben in die Claims, beispielsweise im Jahre 1882 bei der Kimberl«y-Grube «in Riffstllct im Gewicht von WO Mil lionen Kilogramm, Grubenwässer stellten sich ein, und mit der zunehmenden Tief« wurde die Herausschaffung des blauen Grundes immer schwieriger. Der Bewältigung derartiger Hinder nisse war der «inzelne Claimbesitzer nicht gewachsen. Allmählich wurden mehr und mehr Claims in den Händen kapitalkräftiger Digger vereint, di«s« schlossen sich wiederum zusammen, und aus solchen Vereinigungen bildeten sich allmählich Aktiengesellschaften. Die Führung dieser Aktiengesellschaften übernahm bald die Gesellschaft do 8eor8 Cansolidnted stlw08 lümited. Wie einflußreich diese Gesellschaft gegenwärtig ist, geht daraus hervor, daß von den 2 415 655 Karat Diamanten, die im Jahre 1890 gewonnen wurden, 2195112 Karat im Wertste von über 67 Millionen Mark ihr allein zufielen. Mit der Bildung der Actiengesellschaften begann die Aera des bergmännischen Abbaus und des Maschinenbetriebes, wi« er jetzt auf den vier Haupt gruben üblich ist. In den blauen Grund werden gegenwärtig Schächte getrieben, von denen die Stollen abgehen. Dir Gruben, in denen di: fast nackten, schweißtriefenden Kaffern daS Gestein mit der Spitzhack« ablösen, sind elektrisch beleuchtet, Dampf maschinen bewegen di« Förderwagen auf Schienen, Dampf maschinen heben die Behälter mit dem blauen Grund zu Tage und Dampfmaschinen setzen die Apparate in Bewegung, in denen di: Gesteinsmassen gewaschen werden, um di« Diamanten freizu geben. Jedoch sind zu diesem letzteren Proceß nicht alle Gesteins massen sofort verwendbar. Aus einigen Gruben muß das ge förderte diamvntenführend« Gestein erst einem Aufbereitungs verfahren unterworfen werden. Zu diesem Zweck wird das Ge stein in großen gepflasterten und umzäunten Feldstrecken aus gebreitet und der Einwirkung der Witterung überlassen. Unter Umständen vergehen bis zu neun Monaten, «he es so mürbe ge worden ist, daß es verwaschen werden kann. Der Werth der Diamanten macht eS erklärlich, daß die ein geborenen Arbeiter, trotzdem sie fast nackt gehen und fortgesetzt bewacht werden, dennoch zahlreiche Diebstähle begehen. Um dies, zu verhindern, hat man neuerdings das sogenannte Compound- System eingesührt. Man hält die farbigen Arbeiter während ihres dreimonatigen Kontraktes in hohen, mehrere Morgen großen Gehegen, die von einem Drahtnetz überspannen find und sorgfältig bewacht werden. In den Gehegen befinden sich die Hütten der Kaffern, aber auch DerkaufSstände mit Nahrungs mitteln, Schulhäuser, Kirche und Badeanstalten. Die Farbigen kommen ausschließlich mit Beamten der Gesellschaften in Be rührung und verlassen die Gehege nur, um zur Arbeit in den Gruben zu gehen. Am Schluffe deS Contract«S werden sie vor ihrer Entlassung nicht nur genau untersucht, sondern sie erhalten auch sehr kräftig wirkende — Laxiere, um etwa verschluckte Diamanten an das Tageslicht zu befördern! Die Eingeborenen fühlen sich bei dieser Behandlung ganz wohl, so daß fle häufig ihre Contracte erneuern. Di« Erfahrung hat gelehrt, daß gegenwärtig die Welt im Jahre ungefähr für 80 Millionen Mark Diamanten zu Schmuck steinen und zum technischen Gebrauch zu kaufen pflegt. Um den Preis nicht zu drücken, baut inan daher in Kimberley jährlich nur 3 Millionen Karat Diamanten im Gewicht von 600 Kilo gramm ab. Die Gesammtmenge der seit 1867 gewonnenen Steine beträgt 51 Millionen Karat oder 210 Tentnrr. Sie würden eine Kiste füllen, die 5 Fuß lang und breit und 6 Fuß hoch ist, und einen Werth haben würde von 1252 Mil lionen Mark.
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