Delete Search...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 31.07.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-07-31
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188907313
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18890731
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18890731
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1889
- Monat1889-07
- Tag1889-07-31
- Monat1889-07
- Jahr1889
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 31.07.1889
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Mittwoch, 31. Mi 1889. 9. Jahrgang. , an jedem Wochentag Abend (mit dem nlnin des svlgcnden Tages) zur Ver bildung gelangende nupaeteiische Zcnimg „Sächsischer Landeö-Arueiger" mit täglich einem Exlra-Veiblatt: 1. Meine Botschaft s. Sächsischer Erzähler s. Sächsische ltzerichtözeitttna 4. Sächsisches Allerlei v. Jllnstr. ttnterhaltnngsblatt 6. SormtanSvlatt 7. LnsrigeS Bilderbuch tostet bei den Ausgabestelle» inouatli'ch 70 Pfg., bei den Post-Anstalten 7ö Pfg. Sächsische* «selgkr Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen» Die Hanptblätter des „Säckst. LandeS-NnzeigerS" erscheinen (ohne dessen Extra-Beiblätter) ailch in einer billigeren Sonder-AuSgabe alsi „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 30 Pf.fee! ins Hans; außerhalb Chemnitz vierteljährlich 130 Pf. mit Zntragen. PostjtgSpreiSliste: Nr-1377 (9. Nachtrag). Der SSchs. LandeS-Anzeiger ist elngetraaea in der Post-ZeilungS-Preisliste: Nr. 61W. MAbonnentenerscheintjeeinmaltmJahrr " ' ei. ei. ea. Eommer-EisenbahiisahriilLiihrst für Sach S!nter-Eisenbah»sahr>ilallheit für Sach Jllustr. Kalender deS Sächsischen Landbo JllustririerZahresbnch des LandeS-Anjei-ers. Berlags-Anstalt: Alexander Wiede Ehemnitz, Theaterstraße Nr. K. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. Telegr.-Adr.: Lander-Anzeiger, Chemnitz. A»zriac»>>c:-: !Han», einer ,'Linolen CorvnSzeile lö Psg. — Bevorzugte Stelle (lspaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle man den Eimüllri > kl euag lin ,!>si»a>lnO brüligen lje N Silben CvrpuSl'chrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können mir bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Die Anzeigen nudcn ob»e Pecisansschlag gleichzeitig Berbrcilnng durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauptblätter des „Sächsischen Landes - Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter. Trahtirachrichtcu imseres Anzeigers. , Vom 30. Juli. Paris. Bis jetzt sind 1421 Wahlergebnisse ans 1429 Orte» bekannt. Gewählt sind hiernach: 751 Republikaner, 497 Conscrvative. Boulangcr ist 12 Rial gewählt. Es sind 161 Stichwahlen erfor derlich. Die Republikaner verlieren 27 Sitze. — Der Schah von Persien ist in Cherbnrg cingetrosfen. Wie». (Privatnachricht.) Die „Wiener Allgemeine Ztg.'^ erfährt aus angeblich bester Quelle, i» den letzten 14 Tagen sei zwischen Frankreich und Rußland ei» Defensiv-Bündniß abgeschlossen worden. Die Zeitung erklärt, sie kenne die Richtigkeit der Nachricht Verbürgen. Belgrad. (Privatnachricht.) Exkönig Milan reist am 15. August ab nach Paris. Königin Natalie trifft Ende August hier ein. Paris. (Privatnachricht.) Eine in der Redaction der Zeitung „La Presse" vorgenommene Haussuchung verlief resultatlos. PoMische Nundscha«. Chemnitz, 30. Juli. Deutsches Reich. Die Kaiserin Augnsta Victoria ist am Sonntag Abend 9V? Uhr in Wilhelmshaven angekommen und begab sich sofort an Bord der „Hohciizollern". Znr Begrüßung der hohen Frau hatten Coeporationen und Vereine ans dem Wilhclmsplatze Ausstellung genommen und begrüßten die Kaiserin mit lebhaften Hochrufen. — Am Montag empfing der Kaiser den Grafen Herbert Bismarck, sowie General von Mecrscheidt-Hüllcssc»,. Bei schönstem Wetter wurde die dem im vorigen Jahre errichteten zweiten Sec- bataillone vom Kaiser verliehene Fahne geweiht. Die Feier begann in Gegenwart der kaiserlichen Majestäten um 12 Uhr im Sations gebände mit der Nagelung, dann folgte vor dem Gebäude il der Adnlbertstraßc die kirchliche Weihe. Zuvor hielt der Kaiser, welcher die Uniform des 2. Sccbataillons trug, an die Truppen eine kurze und kernige Ansprache. Der Weihercdc des Marinc-Psarrcrs Lang- leld ans Kiel folgte die Parade, darauf ein Festmahl im Offizicr- HMino, bei welchem der Kaiser aus die deutsche Marine trank. .Me Majestäten wurde» bei der An- und Abfahrt von der dicht gedrängten Menschenmenge begeistert begrüßt. Die Stadt Prangte im herrlichsten Festschmnck. Der Kaiser empfing auch den Ober- Präsidenten von Bennigsen ans Hannover und zog ihn zur Frühstückstafel. — Vorbereitungen für den Besuch des Zare»? Wie das „Kreisblatt" i» Swincmünde meldet, ist au den Besitzer des dortigen König-Wilhelm - Bades vom Berliner Hofmarschallamt eine Anfrage dahingehend gerichtet worden, ob bis zu einer gewissen und in welcher kürzesten Zeit die Villa Bellevue i» Swineiuünde von innen neu restanrirt werden könnte. — Wie die Durchstechereien in der Marine entdeckt wurden, theilt die „Kreuzztg." mit: „Als der in Minden verhaftete und nach Berlin übergcfühcte Grvnkanfmann in Concurs gcricth, wurden seine -Bücher dem Cvncarsverwalter übergeben. Aus den Büchern ergab sich nun, welche Summen der Kaufmann zur Bestechung der Beamten verwendet Halle und an wen dieselben gezahlt waren. Dcr Concnrs- verwalter erstattete pjtichtgen äß Anzeige, Hanssuchmigcii ergaben daun das Weitere. Die Unter>nchuagen werden eifrig fortgesetzt." — In Sachen der deutschen Kolvnialgesellschast für Südwest afrika erhält die „Kreuzztg." eine beglaubigte Zuschrift des Herrn von Lilienttal-Elberfeld, in welcher auf Grund des Protokolls der letzten Generalversammlung der Gesellschaft mitgctheilt wird, daß der Vor stand mit 6 gegen 1 Stimme ermächtigt ist, einen Theil des Besitzes zu verkaufen. An der Sitzung nahmen Theil: Or. gur. Georg von Bleichrödcr, Freiherr von Eckardstein, Graf von Fraiikenberg, Bank- director Funck, Commerzienrath Heimann, Baukdirectvr Holländer, Commcrzienrath Neubauer. I» der Versammlnng wurde auch fest gestellt, baß das Vermögen der Gesellschaft nur noch 60,000 Mark beträgt. Der in England lebende Unternehmer Groll, mit welchem die Verkaufsverhandlungen gepflogen werden, ist ein gcborcucrHolländer. Herr Groll'befindet sich gegenwärtig i» Berlin, woraus sich schließen läßt, daß man einem baldigen Abschlüsse der Sache cntgcgensah. — Reich-commissar Wißmann hat eine Belohnung von 2000 Rupien ans den Kopf des Araberfützrers Bnschiri ansgcsctzt. Der au-S der Station Mpwapwa entkommene Leulnant Gicse meldet, Bnschiri habe seinen Gefährten Nielsen mit eigener Hand gelobtet. Bon den Missionaren in der genannten Station ist seit der Abreise Giescs keine Nachricht cingelaufen. — Das Urcheik in Sachen des Pcters'schcn Dampfer „Neära" wird binnen Wvchensrist gefällt. — Zu der Angelegenheit schreibt man der „Köln. Zg.": „Die Frage der Herausgabe des von den Engländern gekaperten Dampfers „Neära" ist nicht etwa dadurch ge löst, daß das englische Prftenzericht denselben dem Hanptmann Wiß mann jür seine Truppentransporte vecmicthet hat. Da Wißmann das Schiss nur gegen Sicherheitsleistung erhalten hat, so hat das englische Priscngericht die Ansprüche der Engländer auf ihren Fang durchaus nicht in Frage gestellt. Eine wirkliche Zurnckerstattung des Dampsers an einen deutschen Bevollmächtigten hätte bedingungslos erfolgen müssen. Der unerträgliche Zustand der Angelegenheit dauert also fort. Aotjilfe ist nur möglich durch förmlichen und bedingungs losen Verzicht der Engländer auf die „Neära" und ihre Ladung »nd genügende» Schadenersatz." Lesterrcich-Uttgarn. In Wien hat sich der dcntschlibcrale Ncichsraths-Avgeordnete Klinkosch wegen großer Börsenverlnste, die er erlitten, mittels eines Dolches selbst das Leben genommen. Die Höhe seiner Verluste ist noch unbekannt. Schweiz. I» Bern fand ein großes Fest der Schweizer Offiziere statt. Es hat einen sehr guten Eindruck gemacht, daß die deutsche Botschaft geflaggt halte und der deutsche Militär-Attaches, Major von Funcke, dem Feste als Ehrengast beiwohnte. — Die Antwort des Reichskanzlers auf die letzte BundesrathS-Note ist in Bern eingctrofsen und soll sehr ruhig abgefaßt sein, aber auch an den be kannte» Forderungen sesthaUeii. Italien. Ans Abessynien berichtet der offizielle italienische Telegraph: Der Häuptling DebeS, welcher auf eigene Faust in die Provinz Tigre eingerückt war und eine Zusammenkunft mit Rasman Pascha angenommen hatte, wurde von Letzterem verrathen und ge fangen. Im entstandenen Kampfe wurde Ras Alula getödtet, worauf die Mehrzahl von Debebs Soldaten zu König Mcnelik von Schon überging, der damit unbestrittener Herrscher von ganz Abessynien ge worden sein dürft-. Menelik ist ein Freund der Italiener. — Folgende Mittheilcmg des Londoner „Standard" giebt die „N. A. Z." an hervorragender Stelle wieder: „Ich bin in der Lage, vom Vatikan aus zu erklären, daß einer der Hauptgründe, welche den Papst ver anlaßt haben, ein geheimes Consistorium zusammenzurufen, der war, daß ihm von Frankreich Mittheilungen zugcgangen waren, welche in ihn drangen, Nom zn verlassen, und ihm einen Wohnsitz in irgend einer von ihm zn wählenden französischen Stadt zur Verfügung stellten. Gleichzeitig enthielten dieselben das Versprechen, daß Frank reich die zeitliche Macht des Papstes in Rom wiederherstellen würde. Der Papst erklärte den versammelten Cardinälen, er weigere sich, den französischen Antrag anzunehme», denn er wolle Rom nur im letzten Augenblick verlassen, im Falle eines Krieges, in den Italien verwickelt sei, und welcher folglich seine eigene Person einer Gefahr aussctzen würde; unter keinen Umständen will der Papst von Nom fortgehcn, wenn seine Abreise von Frankreich als ein Vorwand, Italien den Krieg zu erklären, benutzt werden sollte, denn er wünscht Italien von ganzem Herzen nur Gutes; „mein Wunsch," so sagte er, „geht vor allen Dingen dahin, daß der Friede erhallen bleiben möge." Frankreich. Bei den am Sonnlag staltgchabten Generalraths- wahlcn sind auch der Kammerpräsident Melinc, sowie die Minister Ronvier und Spullcr gewählt. In Paris waren große Menschen- massen a» der Druckerei de» boncipartistischen Journals „La Presse" in der Nahe des Opcrnplatzes versammelt, wo etwa 300 Polizei- beamte znr Aufrechtcrhattung der Ordnung stationirt waren. Eine vom Montmartre heravkommende Menschcnmasse wurde durch herbei- gecnfene Abtheilnngc» der republikanischen Garde zerstreut. Die Polizei räumie darauf den Opernplatz und den anstoßenden Boule vard des EapnzineS, wobei 40 Personen wegen Widerstands ver hasst wurden. Was die Wahl selbst anbetrisst, so haben die Repu blikaner die Mehrheit behauptet, Boulangcr hat eine Niederlage er litten, denn er ist nur einige zwanzig Mal gewählt, während er sich ans 80 Mandate gefaßt gemacht hatte, hingegen haben auch die Monarchisten ihren Besitzstand voll behauptet. Die Wahlen Bvulangers sind selbstverständlich ungiftig, die Stichwahlen werden einfach kajsirt. Die republikanischen Zeilungcn triuniphiren über Boulangcr- Schlappe »nd sind nur verdrießlich über den Widerstand der Monarchisten. Die bvulangistischcn Blätter bestreiten natürlich ihre Niederlage und vertrösten sich ans die großen Wahlen. Die Monarchisten scheinen also für die Republik gefährlicher, als Bonlanger, sie haben sogar noch einige 20 Sitze gewonnen. Die Ruhe ist i» den Provinzen nirgends gestört. — Die „Cocarde" setzt die Veröffentlichung des an- der Senatsdruckerei gestohlenen Zcugenverhvrs fort. Neue Be schlagnahmen und Verhaftungen haben slaltgefundcn. — Die öffent liche Vorladung Boulangers vor das Sencusgcricht ersvlgle Sonntag Vormittag. Ein Gcrichtsbeamter erschien mit einem Trompeter vor seinem Hause, der Trompeter blies zweimal, der Beamte verlas die Vorladung und klebte sie sodann an die Hausmauer. Eine zihlreiche Menge beobachtete den Vorgang mit großer Heiterkeit. — Dem „National" wird aus Petersburg geschrieben, der ruspsche Kricg-s- minister von Wannowski und der französische General Mlribcl (incht der französische Kriegsministcr) hätten i» Bad Vichy eine längere Unterredung gehabt. In der Znschrist heißt es: „Ohne im Nathe der Götter zu sitzen, dacs man doch behaupte», daß beide Generale wichtige Fragen erörtert und zusammen gewisse Evcntnalitälcn erwogen haben, welche durch die „Treibereien" des Dreibundes immer wahr scheinlicher geworden sind!" Wo wohl in Europa die meisten „Trei bereien" stactfinden mögen? Orient. Eine ganz merkwürdige Demonstration melden fran zösische Blätter aus der »ivutenegrinischen Hauptstadt Cellinje. Es fand große Tafel zu Eyren des Großfürsten Peter von Rußland statt. Der Fürst trank auf den Zare», den Großfürsten Nikolaus, das Heer und die Heere der Verbündeten. Bei den letzten Worten wandce er sich zum französische» Gesandten Gcrard. Alle Gäste, be sonders der Großfürst Peter, riefen Beifall. Der französische Ge sandte trank ans das russische Heer, wvranf ihm der Großfürst die Hand reichte und rief: „Wir trinken ans Frankreich!" Da ist doch wohl ctivas Geflunker dabei. Afrika. General Wodehouse meldet aus Südcgypten, daß die Derwische ihr Lager abgebrochen und den Weitcnnarjch nach Norden angctretcn haben. Die englische» Truppen in Assuan haben nnn- mchr Befehl erhalte», den Vormarsch gegen die Sudanesen anzutreten. Der britische Befehlshaber verfügt über eine europäische und zwei cgyptische Brigaden. Eine Schlacht wird stündlich erwartet. — Joyce Bcy, ein englischer Offizier im Dienst der Suez-Kanal Gesell schaft, wurde in seinem Hause in Port Said crnwcdet anfgefnndcn. Vom VLI. deutscher» Turnfeste iu München. Am Sonntag Nachmittag fand ein Mnsterturnen der ans- lättdischcn Turner statt, woran sich besonders die Londoner und rumänischen Turner bclheiliglen. Bei dem am Abend staltgehablen Monstre-Konzcrte wirkten 500 Sänger von Münchener Gesangver einen mit. Der Vorsitzende der Münchener Sänger überreichte dem Vorsitzenden der Turner mit patriotischen Worten einen Ehrenkranz. — Der Montag brachte den großen Festzng. Wie die „M. N. N." miithcilcn, zeigte der Himmel an dem genannten Tage ein etwas frcnndlichcrcs Aussehen, als an den beiden vorigen Fclttagcn. Ein kräftiger Wind a>S Nordwcsten hatte die immerhin noch drohenden Wolken zerstreut. Schon am frühen Morgen zeigte» deshalb die Straßen der Stadt ein äußerst reges Lebe». Die Turner zogen, nachdem der Weckruf sic ans dem Schlafe ge rüttelt, von ihren Quartieren zn den Sammelplätze», »m von dort in geschlossener Kolonne nach dem allen NaiyhanS zn marjchirc», ihre Fahne» und Banner für den Festzng in Empfang zn nehmen. Auch die Einwohnerschaft war schon früh am Morgen ans den Beinen und schon gegen 7 Uhr herrschte i» der Stadt ein reges Leben »nd Treibe». Auf den Straßen und Plätzen, durch welche der Festzng kommen sollte, bildeten sich schon mehrere Stunden vor Beginn des« selben Gruppen von Menschen, welche sich zeitig ein gutes Plätzchen sichern wollten. In letzter Stunde „och hatten die Bewohner Münchens den Schmuck der Häuser, der von der Ungunst der Witterung arg mit genommen war, verbessert und erneuert, so daß die Straßen ein äußerst prächtiges, farbenreiches Bild zeigten. Mehrere Häuser in der Altstadt waren mit Blumen geradezu übersät, die zahlreichen Fahnen, Wappen und Embleme gaben dem Ganzen ein äußerst wohlthuen- des festliches Gepräge. Besonders reichen, herrlichen Schmuck hatten die Ludwigsstraße, die Theatiner-, Wein-, Residenz- und Dienerstraße, sowie die Kaufinger- und Neuhanserstraße, der Karlsplatz, die Quar tiere am Bahnhof, sowie die Schwanthalerstraße angelegt. Groß artig nahm sich vor Allem der Marienplatz aus, wo der herrliche Fahnen- und Blumenschmuck von den alten Gebäuden herrlich ab stach. Ueberall hörte man über die Prächtig geschmückte Feststadt ein Lob. Als gegen 9 Uhr die Sonne durch die dichten Wolken hervorbrach, wurden die Menschenmassen auf den Straßen und Plätzen immer dichter. Gegen halb 10 Uhr konnte man in den Hauptstraßen, durch die der Zug ging, nur mit Mühe mehr sich durchzwängen. Dank der großen Ausdehnung des Zuges und der vortrefflichen Anordnungen war es aber leicht möglich, die unendliche Meuschenmasse auf den Straße» zu postiren, so daß Alles iu Ruhe und Ordnung vor sich ging. Die Straßen selbst wurden für den Verkehr während der Vor mittagsstunden ganz abgesperrt. Hunderte von Zuschauern hatten Bänke und Stühle mitgebracht, ans welche sie beim Hcrannahen des Zuges Hinausstiegen, vor vielen Häusern waren Tribünen errichtet, die dicht besetzt waren. Auch die großen Tribünen wimmelten von Zuschauer». Sogar die Gerüste der zahlreichen Bauten waren von Menschen überfüllt und selbst auf den Dächern der Häuser bemerkte man zahlreiche Zuschauer. Die Fenster der Häuser waren dicht an- gcfüllt. Kurz kein Fleckchen, von dem aus der Zug zu erspähen war, blieb unbesetzt. In musterhafter Ordnung erwartete das zahlreiche Publikum, welches auf weit über 150,000 Köpfe geschätzt wurde, das Hcrannahen des Jestznges. Zahlreiche Damen hatten in Körbchen und Händen prächtige Sträußchen und Kränze, welche sie den Turnern im Fcst- zuge spenden wollten. Auch auf den Gesimsen der Fenster waren ganze Blnmenlager aufgcstapelt. Die meisten Geschäfte der Stadt halten ihre Läden geschlossen um dem Personale die Besichtigung des Festznges zu ermöglichen Auch die Mittelschulen feierten. Eine festliche, fröhliche Stimmung herrschte aller Orten» wozu die allmählich sich bessernde Witterung nicht wenig beitrug. Punkt 10 Uhr setzte sich der aus 8 Abteilungen bestehende Festzng in Bewegung, eröffnet von drei Gendarme». Diesen svlgte eine Abtheilnng Feuerwehrmänner, und auf diese die hundert Trommler, welche eine» ungemein originellen Anblick gewährte», da sie in anfsteigender Grüße geordnet, vom kleinen Knaben bi.-znm über sechs Fuß hohen Manu dahermarschict kamen. Hinter ihnen ritten Standartcnträger und »nn folgten dir Turner, Gau auf Gau, Verein auf Verein, in schier endloser Reihe. Von den anwesenden 21,000 Turnern hatten elwa 12,000 am Zuge theilgenommen; gegen 1000 Fahnen, 20 Musikkapelle.!, 2 prachtvolle Festwagen, 3 altrömische Gespanne und mehrere Kostümgruppen befanden geh im Zuge, der beim Hoftycaicr rcchls abbog, um längs der Resioenz Hinmarschirend cem allerhöchsten Protektor des Festes, dem Prinz-Regenten, die Huldigung darzubringen, So oft ein Verein das Parterresenster der Residenz, an welchem der Prinz-Regent stand, pajjirtc, erscholl ans Turncrmnnd ein dreifaches, donnerndes „Gut Heil", die Hüte wurden geschwenkt, die Fahnen zum ehrerbietigen Ginge gesenkt. Ans jede dieser Ovationen dankte der hohe Herr mit freundlichem Lächeln und Neigen de» Haupte- vdec mit Winken der Hano. Ein besonders stürmisches „Gut Heil" brachten die Berliner Turner aus, welche in großer 'Anzahl und stramm mititürisch im Zuge marschirten. Die Nc-einländer benützte» die bei einer so riesig langen Mcujchenkctte unvcrnieidl che Stockung zum Vortrag einiger patriotischer Lieder, wofür itziien der Dank des Pubftknms in kraf- tigen Hochrufen ansgedrückt wurde. Der Festzng selbst »ahm, begünstigt von gutem Wetter, eine» herrlichen Verlauf. Der Vorbeimarsch der Turner allein nahm über 2 Stunden iu Anspruch. ES wor ein prächtiges, reiches Bild, das der Vorbeimarsch der deutschen Tnrnerschaft bvt. Der Willkomm, der den Turnern von Seilen der Bevölkerung geboten wncde, war äußerst herzlich. Mit Tüchcrschwcnken, Hoch- und Gut Heil Rufen wurden die wackeren Schaarcn überall änderst sympathisch begrüßt. Der Zug wurde mit Blumen geradezu überschüttet. Die Turner dankten mit stürmischen, begeisterten Gut Heil-Rufen. An verschiedenen Orten erhielten die Turner Erfrischungen. Am Nachmittag fand ein großes Festmahl statt, bei welchem begeisterte Hochs auf den Kaiser und den Prinzen Luitpold ansge- gevracht und HnldigungSgrüße aogcsandt wurden. Sächsisches. — Verleih» ngeii. Geh. Hofralh Professor 1)r. Emil Fricd- berg in Leipzig erhielt von dem Könige von Rumänien dar Kom- mandcnrkrcuz der Rumänischen Krone. — Dein Kirchschullehrcr Cantvr Ernst Eduard Menzel in Leubnitz wurde das Vccdicnslkceuz ver liehen. — Der Kammcrlakai Julius Schäfer erhielt vvn dem Grvßherzvg von Sachsen-Weimar die silberne Eioil-Berdienstmedaille. — Einer neueren Verordnung zufolge darf fernerhin bei An zeigen von Concertcn der Militärkapellen nicht mehr de» Name des Dirigenten, sondern nur die Kapelle des betreffende» TciippenthcileS genannt werde». — Wenn Eisenbahn-Unglücksfälle nicht durch Einfluß elementarer Ereignisse geschehen, auch nicht durch unausklärbare Stör ung des Betriebsmaterials, sondern wenn notorisch die Schuld der Verwaltung oder einzelnen Beamten znfällt, so ist die Bahnverwalt ung, bei Staatscisenbahnen also der Staat, verpflichtet, bei, Verun glückten, bez. den Hinterlassenen, eine Entschädigung zu zahle», sei eS in Form einer einmaligen Zahlung oder einer Rente. Dem Ver nehmen nach wird die bayrische Staatsverwaltung einer dnrch da-
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview