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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-07-03
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188407031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840703
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840703
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-07
- Tag1884-07-03
- Monat1884-07
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.07.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. Uetikti«« u»d Lrpr-itioa gohauae«gasse SS. SPrechkunden drr Nrdactio«: vormittag« 1V—IS Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. gtr di« «ma»»», NL,N«>dt«i Mtiullcrlpt« tü R»»ciio» mcht »cr»t»ei>ch. ft« AmiaAme der f»r »te nöchfts«I,en»e Nummer »eftt««ten Inserate an Nachmittags, Kacheutaaen Ai» S Uhr an kann» «n» Festtagen früh Ai«'/ 3« dei» Filialen für Ins.-Annahme: Otto Ule««. Untderfitätlstrah« 21. Laui» Lösche, Kathanaenstraße 18, p. »nr »t» '/.» Uhr. WpMtr.TllMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auslage LS,«0«. Adonnementsprei» oiertelj. 4'/, Mk incl. Lriugrrloha 5 Mk.. durch die Post bejogeu 6 Mt. Jede eiujelne Nummer SO Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) »An» Poslbesörderung M ML Mit PostbesSrderung 48 Mt. Inserate 6gespaltene Petttzeile SV Pf. Größere Schriften laut unserem Prels- verjeichniß. Tabellarischer a. Ziffernsatz nach höher« Tarif. Nrrlamen unter dem Kedactionostrich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate sind stet« an die Sxpedittvn zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xrneuumenroii» oder durch Post, uachaahme. ^-185. Donnerstag den 3. Juli 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. NeiunmtMlhiins. In Befolgung einer unterm 9. April o. seiten« der König- lichen Krci«hauptmannschaft ergangenen Generalverordnung dringen wir andurch wiederholt zur öffentlichen Kenntniß, daß da» Königliche Ministerium de« Innern auf Anregung de« Königlichen Landes-Medicinal-Collegium» au« Rücksicht aus die öffentliche Gelundheit«pflege durch Verordnung vom 26. Oktober 1877 bestimmt hat, daß alle Leichen, an welchen deutliche Zeichen von Fäulniß wahrnehmbar sind, nicht über den 4. Tag (4 mal 24 Stunden) von der Stunde de« ein actreteneu Tode« an im Sterbebause belasten werden dürfen, sondern au« dem letzteren spätesten» mit Ablauf der gedachten Zeitfrist entfernt werden müssen, um entweder beerdigt oder den Todtcnhallen übergeben zu werden. Zuwiderhandlungen sind mit Geldstrafe bi« zu 100 Mark beziehentlich im Unvermvgen-salle mit entsprechender Hast strafe zu ahnden. Wir werden die gehörige Ausführung der gedachten An ordnung überwacben und in verkommenden ContraventionS- sällen, deren Anzeige wir den Leichenfrauen zur Pflicht gemacht haben, dagegen cinschreiten. Hiernächst haben wir aus Anregung de« Herrn Stadt» bezirkSarzleS und nach Gehör deS Gesundheits-Au-schusse«, sowie auch der Herren Stadtverordneten noch für den hiesigen Stadtbezirk bezüglich der Benutzung der Leichenhallen folgende Anordnungen getroffen: 1) Die an besonder« ansteckenden Krankheiten, namentlich an Pocken, Cholera. Diphtheriti«, Scharlach, Fleck typhus, UnterleibStvphuS, tyntm» roourrens (RücksallS- ficber), Erysipel (Rose), Ruhr und Masern ver storbenen sind spätesten- innerhalb achtzehn Stunden nach dem Eintritte des Todes au« dem Sterbehaufe ru entfernen und in die Leichenhallen zu bringen, wo für dieselben, wenn thunlich, ein von den übrigen Leichen geschiedener Raum anzuweisen ist; I) diejenigen Leichen, für deren Unterbringung ein be sonderer, zu Wohn-, Ecklaf-, Arbeit-- und WirthscbastS- zwecken nicht benutzter Raum in der betreffenden Familie oder im Sterbehaufe nicht vorhanden ist, müssen in allen Fällen, auch wenn der Tod nicht in Folge einer drr obigen Krankheiten eingetreten ist, innerhalb achtzehn Stunden nach Eintritt de« Tode- in die Leichenhallen untergebracht werden. Indem wir diese Anordnungen zur allgemeinen Nach achtung bekannt machen, bemerken wir, daß Zuwiderbandlungen gegen dieselben, soweit nicht nach dem Strafgesetzbuch- im einzelnen Falle härtere Bestrafung einzutreten hat, ebenfalls mit Geldstrafe bis zu 100 Mark, bez. mit entsprechender Haststrase geahndet werden werden, wogegen wir den Hin weis daraus, daß die Benutzung der Leichenhallen unentgeltlich ist, nicht Unterlasten wollen. Leipzig, den l8. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Bekanntmachung: Die Zinsen der Fregc'schen Stiftung zur Belohnung treuer und unbescholtener Dienstboten, welche mindestens 20 Jahre hindurch bei einer oder doch nur bei zwei Herr schaften in hiesiger Stadt im Dienste gestanden haben, sind am 30. August d. I. in Beträgen von mindesten» 30 zu verlheilen. Empfangsberechtigt sind nur wirkliche Dienstboten, b. h. solche, welche zur ausschließlichen Leistung häuslicher Dienste gedungen sind und bei der Dienstherrschaft Wohnung und Kost haben. Bewerbungen sind bi- zum 28. Juli d. I. unter Bei fügung von Zeugnissen der Dienstherrschaften bei un» anzubringen. Spätere Anmeldungen, sowie Bewerbungen von Dienstboten, welche auS obiger Stiftung bereit« einmal belobnt worden sind, können nicht berücksichtigt werden. Leipzig, den 24. Juni 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Vreiniholr-Auctiou. Mittwoch, den ». Juli oi-., sollen von Nachmittag« 3 Uhr an aus dem Mittclwaldschlage in Abth. 34 deS Forst revier« Connewitz ca. 400 Hänfen klein gemachtrS harte« Stockholz unter de» öffentlich auShängendcn Bedingungen und der üblichen Anzahlung an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Zusammenkunft: auf dem Holzschlage an der Go«»e- witzer Linie oberhalb der Rödelbrucke Leipzig, am 1. Juli 1881. DeS Rath« Horst-Deputation. In der Zeit vom lk. bis mit 30. Juni 1884 erlangten da« hiesige Bürgerrecht: Böhme, Heinrich Vlugust, Kaufmann; Brauer, Carl Friedrich Gustav. Tischlergeselle; Aden. Heinrich Johann Otto. Procurist; Mischer, Earl Wenzel, Buchbinder: ^artmann, August Friedrich Wilhelm, Stationsassistrill; ^etdrich, Earl Hermann, Scliänkwirtl); Hempel. Friedrich Franz, Restaurateur; Lehmann, Earl Gustav, Kaufmann; MaierAacher. Ludwig, Schlosser: P Earl Ludwig, Bäckermeister; r Friedrich August, Buchhalter bet dem Lredit- und Verein; ' Hermann, Restaurateur; nz OScar. Bildhauer; ll., Ludwig Wilhelm Ernst, Oberlehrer; t> Wilhelm, Lehrer; dinund, Photograph; -einrich Alber», Kaufmann; I«, Earl Ehrhardt, Selker: rmann, Gäteraustchref--' ron Johann N- E« soll die Lieferung von 1000 Stück zweisitzigen Schul» Ackaken vergeben werden. Die AnschlaqSsormulare und Be dingungen sind auf dem Bauamte (RathhauS, H. Elage, Zimmer Nr. L) zu erhalten, woselbst auch Hie Probrbänke ausgestellt sind. Die Gebote sind in geschlossenem Couvert mit der Auf schrift „Schulbänke, 8. DerirkSschule" bis Sonnabend den 5. Juli, Nachmittags 5 Uhr, aus dem Bauamtr einzu- reichen. Leipzig, den 27. Juni 1884. Die Daudeputation de« Rath«. Nachdem da« Königliche Gesammtministerium die Ver längerung der im Jahre 188t bewirkten Unterstellung der Stadt Leipzig und der Bezirks der AmtShauptmannschaft Leipzig unter die in tz. 28 Abs. 8 de« ReichSgesetzc» gegen die gemeingefä>"-':chen Bestrebungen der Socialdemokratie vom 21. October 1878 vorgesehene Anordnung aus die Dauer eine« weiteren Jahre« verfügt hat, wird da- Einsammcln von Beiträgen zu Gunsten der aus Grund dieser Anordnung auS der Sladt und dem amtShauptmannscbastlicbr» Bezirk Leipzig auSgewiesenen Personen sowie die Aufforderung zur Leistung solcher Beiträge nach tz. 16 jene« Ge setze« für den Polizei-Bezirk von Leipzig hiermit ausdrücklich verboten. Zuwiderhandlungen gegen diese- Verbot werden nach tz. 20 de« mehrgedacblen NeichSgesetzeS mit Geldstrafe bis zu 500 oder mit Gesängniß bis zu 3 Monaten bestraft. Leipzig, den 1. Juli 1884. Da« Polizeiamt der Stadt Leipzig. Bretfckneider. Hoysteld. Bekanntmachung, Generalrevtfion der Droschke« betr. Die Generairevtfiou über die Droschken und deren Gespanne soll an den Tagen de« 7. und 8. Juli d. I. vorgcnommen werden. Die conccssionirten Droschkeiibesitzer werden daher hier durch veranlaßt, ihre Droschken zu den nachbenannten Zeiten und zwar: Montag, de« 7. Juli d. I. Nr. 1—50 Vormittag« >/, S Uhr - 51—100 . »/.IO , - 101—150 . 10 - - 151—200 - »/«ll . - 201—250 Nachmittag» >/, 3 - - 251—300 - '/« 4 - * 301—350 M 4 * - 351—400 - Vi 5 - DteaStag, deu 8. Juli d. I. Nr. 401—450 Vormittag« >/, 9 Uhr 451—500 . »/«IO - auf dem Rotzplatze vor dem „Grünen Baum" vor- zusahren, bez. Vorfahren zu lasten und wird hierbei auf die pünctliche Einhaltung der festgesetzten VorsahrtSzeiten noch ganz besonders hingcwicscn. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnung werden für jeden einzelnen CcntraventionSfall mit Ordnungsstrafen bis zu Fünf Mark geahndet. Die Geschirre müssen sich genau in dem im Regulative vvrgesckricbencn Zustande befinden, widrigenfalls die Con- cessionare ihre Bestrafung', nach Befinden die Außerbetrieb setzung der betreffenden Wagen zu gewärtigen haden. Leipzig, den 2l. Juni l884. Da« Polizeiamt der Stadt Leipzig. Muhlner. Bretschneider. Im Lause der letztvergangenen drei Monate sind die nachver- zeichneten Gegenstände bei dem Unterzeichneten Amte als gesunden bez. als herrenlos abgegeben resp. angemeldet worden: Zwei Zehnmarkstücke, ein goldener Uhrschlüstel, zwei Opern gläser, drei Klemmer, drei Pferdedecken, ei» Paar ledern« Herrenschuhe und ein Paar Gurtpanioffeln, vier Handtücher, ein Talon zu einem König!. Sächs. Staatrschuldi'chna (3»i, Rente), eine Partie Perlenschmelz, zwei goldene fünf Paar Manschetten, zwei schwarze gehäkelte Tücher, eine goldene Brille, eia Schubkarren, ein Mantelkragen, ein Musterkasten mit di». Inhalt, ein Bisitenkartentäschchen mit Pfandscheinen, ei» Theil eine« goldenen Ohrringe«, ein schwarzer buntbemalter Fächer, eine goldene Uhrkette, ein neue« Lorset, ein neuer Löihkolben, ein Paar Hausschuhe und ein MannShemd«. elf neue Herren-Strohhüte, ein Badetuch und Badehose, eine silbern« Taschenuhr, ein Zwanzigmarklchein. mehrere goldene Ringe, darunter einer mit einem Brillant, mehrere Schirme, eia Kistchen, enthaltend ein Paar Hosen und ei» Hemde, ein Trag- korb mit div. Inhalt, einig!' kleine Geldbeträge, sowie eine Anzahl Portemonnaie« bez. Geldtäschchen mit Geldinhalt, endlich der EclöS für eln Füßchen mit kleinen Fischen, welche«, weil dem Verderben auSgcsetzt, inzwischen veröußert worden ist. Die unbekannten Eigenthümer der vorgedachten Gegenstände werden hierdurch ausgesordert, sich zur Empfangnahme derselben in unserem Lommissariate zu melden, andernfalls in Gemäßheit von 8 239 de« Bürgerlichen Gesetzbuch« über die Fundsache» verfügt werden wird. Leipzig, a» 1. Juli 1884. La» Poltzetamt der ktaAt Leipzig. " " . «in Bretschneider. »ras. erledigt bat sich unsere, den au« dem Georgenhause entwichenen Handarbeiter Karl Gustav Kittler von hier betreffende Bekanntmachung durch Ausgreifung de- Genannten. Leipzig, am 29. Juni 1884 Ta» P«lizei-A«t Aer Gta»t Leipzig. Bretschneider. Rsdr. Faldix. Ermatteter Anzeige ,«folge ist da« der Iva Heleue Kaßberg ou« Sirehla im Jahre 1882 von der Polizei-Berwaltung zu Berg- aieShüb-I »umstellte Dienstbuch im April diese« Jahre« in hiesiger Stadt abhanden gekommen. Wie b »ten da« Buch im A»fstndung«falle sofort an vn< abzullesern. Leipzig, am 27. Jnnl 1884. Da« Polizei-Am» Aer Stadt Leipzig. Bretschneider. S. Anzeige »nsolge ist da« für de» Keiner Max Nase Nr. 37 am 27. April 1880 vom Meldeamt« Zeitz nstduch abhanden gekommen. « Buch im A„sfindung«salle an un« abzuliesern. 7. Juni 1884. Da» Pallzri-Amt per Stadt Leipzig. Bretschneider. S. Die durch den Tod des Herrn Bürgermeister Justizrath Hase hier erledigte Stelle des Bürgermeister» hiesiger Stadt wird somit zur Bewerbung ausgeschrieben. Bewerber müssen die Prüfung als Reserendar bestanden haben. Der Bürgermeister wird vorerst auf 6 Jahre gewählt. Der jährlich« Gehalt ist aus 2700 >l festgesetzt. Mit der Lürgermeisterftelle sind die Functionen eine- Standes beamten gegen Bezug eine« JahreS-Honorar- von 750 verbunden gewesen und ist die Wiederübertraguna dieser Stelle an den neu gewählte» Bürgermeister von den städtischen Behörden nachgesucht worden. ES ist dem zu wählenden Bürgermeister im Uebrigen nicht ge stattet, die sachwalterisch« Praxis zu betreiben oder eia Nebenamt, mit welchem eia Einkommen verbunden ist, zu bekleiden. Bewerber um die Stelle eine« hiesigen Bürgermeister« wollen ihre Gesuche bi« zum 1. August d. I. bei un« einreichea. Lchmöllu, de» 1. Juli 1884. Der StadkratA. vr. Schubert. Nichtamtlicher Theil. Die Lon-oner Lonferem. Die Londoner Conserenz ist ursprünglich al« AuSkunstS- mittel Gladstone'S gedacht, um sich über die von ihm selbst verschuldeten Schwierigkeiten der Lage in Egypten hinweg, zuhelsen. Aber statt diesen Zweck zu erreichen, stieß er auf andere Schwierigkeiten, die weit bedenklicherer Natur waren, als die, welche die Conserenz beseitigen sollte. Frankreich erinnerte sich, daß r» vor zwei Jahren in seiner Hand lag. an der Seite England« in Eghpten seine Herrschaft aus zurichten und hielt die Gelegenheit für günstig, den früheren Einfluß auf da« sruchlbäre Nildelta wiederzugewinnen; Frankreich stellte deshalb den Antrag, daß die Conserenz ihr Programm von den Kinanzfragen auf die politischen Verhält nisse Egypten- auSvchnen solle. Da« war eine Lage, in welcher Gladstone seine diplomatische Geschicklichkeit zu zeigen vermochte und e« gelang ihm, die Sache so zu drehen, daß Frankreich gegen da« Linsengericht der Neutralisirung Egypten« und de« Suezcanal« aus die bisher so eifrig be anspruchte Wiederherstellung der Doppelcontrole Verzicht leistete und sich außerdem noch zu dem Versprechen herbei- lirß, jeder bewaffneten Dazwischenkunst im Nildelta ohne Zustimmung England- zu entsage» Jetzt glai'bte der schlaue Gladstone, Vra Hauptcoup auSgesübrt, Frankreich io Egvvten matt gesetzt und sich selbst in der öffentlichen Meinung Eng land« wiederzu Ehren gebracht zu haben. Aber die Fort schritte deS Mahdi im Sudan haben in. England doch tiefen Eindruck gemacht und die Majorität de- Parlament» ist deshalb in einer Weise zurückhaltend gegen Gladstone ge worden, daß sein Rncktrttt, wenn nicht unvorhergesehene Dinge eintretcn, sehr wahrscheinlich ist. Am 30. Juni sollte im Unlerhause da- Tadelsvotum gegen da« Ministerium zur Verhandlung kommen, Gladstone beantragte, die Verhand lung de- Votum« vor den übrigen Gegenständen der Tages ordnung vorzunehmcn. gestand aber zugleich zu, daß es für den Staat sehr nachtheilig sei, wenn überhaupt eine solche Berathung geschehe. Damit hatte er sich selbst al« Gegner seines Antrages enthüllt und daS HauS that ihm denn auch den Gefalle», seinen Antrag mit 190 gegen 148 Stimmen abzulchnen. TaS HauS war nur sehr mäßig besetzt, sonst hätte die Abstimmung leicht daS entgegengesetzte Er- gebniß haben können. Die Minorität der 148 wäre bereit gewesen, dem TadclSantrage zuzustimmen und daS wäre in diesem Augenblicke, da die Conserenz in London eben ihre erste Sitzung aogehalten hat, für Gladstone ein sehr kümmerlicher Sieg gewesen. Die Conserenz wird ihre Verhandlungen geheim halten, und dieses Geheimniß erstreckt sich auch aus da« Programm, über welche- bisher noch nichts Authentische» bekannt ge worden ist. Der .Observer- veröffentlicht rin Programm, welche» in der Zinsenrekuction der privilegirten und uni- ficirten egyptischen Schuld, endlich der in den Händen der englischen Regierung befindlichen Suezcanalactien, ferner in einer Steuerermäßigung um 3V, bis 4 Millionen Psv. Sterl. und in der Einräumung deS Vorrange» für daS in Aussicht genommene Achl-Millionen-Anlehen vor den übrigen Schulden Egypten« bestand. Jetzt wird von anderer Seite berichtet, daß »er englische Vorschlag sich auf die Zinfenrevuction der unificirten SLuld beschränkt, daß der Verzicht auf die Zinsen der Suezcanalactien weit mehr betragen werde, als Proc. und daß der Antrag aus Steuerermäßigung von den egyptischen Bevollmächtigten gestellt werden solle und nur die perabsehung der Grundsteuer bi» zu einer Million Pfund Sterling empfehle. Frankreich ist überhaupt gegen jegliche Zinsenrcdiiction der egyptischen Schuld, also ist e« sehr zweifelhaft, ob tiefer Antrag Englands zum Con- serenzbefchliiß erhoben wird. Frankreich wird sich schwerlich in diesem Punctc fügen und ebcr an den Conferenzsitzungen sich nicht ferner bekheiligen, als die wohlerworbenen Rechte der französischen Gläubiger EghptenS schmälern lassen. E< besieht überhaupt nur cm sebr geringe- Interesse der Bevollmächtigten an diesen Finanzsragen, die Mehrzahl der selben betrachtet die Beschäftigung mit de» Finanzfragen nur al« ein nothwendigeS Nebel, um nach Erledigung derselben mit dem eigentlichen Conserenzthema bervoru,treten. Und da« besieht in der Regelung der politischen Angelegenheiten CgYptrnS. Heber die Dauer der englischen Occupatio« muß sich di« Conserenz auSsprechen, da die Verlängerung derselben über da» Iayrl887 hinan» von der Zustimmung derMächte ab hängig gewacht werden soll. England wird sich auch anfänglich dagegen sträuben, aber schließlich wird e« nachgeben müflen. Bei Berathung dieser Frage werden die Gegensätze auseinander stoßen. Mnsnrn« Pascha wird die sofortige Räumung bean tragen und die französischen Bevollmächtigten werden vvean«- sichtlich die Neutralisirung Egypten« »nd de« Snezcanal« ans da« Tapet bringen wollen. Di« Conserenz gleicht in diesem Punrte Papagen» mit dem Schloß vor dem Mund«; gerade über da», was ihr am meisten am Herzen liegt, darüber scll sie nach dem Wunsche Gladstone'S sich Schweigen ans- erlegen. Da« ist ein unnatürlicher Zustand, welchem die Bevollmächtigte» bald genug ein Ende machen lverden, fall« die Conserenz nicht überhaupt resultatlo« verlaufen soll. Eine Angelegeiibeik. über welche sich die Theilnehmer der Consermi» n,cht Schweigen gebieten lassen werden, lst die von Viochnw im deutschen Reich-tage zur Sprache gebrachte SchiffScmckrole im Suezcaual. England selbst läns» am meisten Gefahr, wenn sich solche Fälle wie der mit den: Trans portschiff „Crocodile" wiederholen, aus welchem eine größere Anzahl Choleracrkrankungen mit tödtlichem AuSgange ge schehen waren, ohne daß dl« Eontrolbchörden in Suez n»d Port Said die Wciterfahrt de- Schisses nach Malta ver hinderten. DaS ist eine Frage, die augenblicklich weit größere Wichtigkeit hat, als alle egyptischen Finanz- und poli tischen Fragen. Selbst die Pforte ergreift alle Vorsichts maßregeln, um die Einschleppung der Seuche in die Türkei zu verhindern, also wird sich auch England nicht weigern dürfen, da» Seinige zur Abwehr der Verbreitung der Seuche beizutragen. Frankreich ist e» in erster Linie um die Neutralisirung Egyptens zu thun, aber gerade diese Angelegenheit ist voraus sichtlich die letzte, welche auf der Conserenz zur Verhandlung gelangen wird. In dieser Beziehung hat sich Gladstone aufs Beste vorgesehen» denn er hat ausdrücklich gesagt, daß diese Frage erst gegen da» Ende der Occupatio» auf die Tages ordnung gesetzt werden soll. Da» ist der Köder, durch welchen Frankreich von England verlockt worden ist, Zugeständnisse ru machen, welche die öffentliche Meinung Frankreichs verwirft. ES gewinnt allmälig den Anschein, al» ob sich auS der Lon doner Conserenz Dinge entwickeln würden, an welche ihr Urheber nicht gedacht hat und welche alle schlauen Berech nungen Gladstone'S über den Haufen werfen könnten. Gladstone hätte sich zehn Mal besinnen sollen, bevor er die europäischen Mächte selbst herbeirief, um sich in Tinge einzumischcn, welche England bi» dahin al» seine ausschließ liche Angelegenheit betrachtet hat. Heute liegen die Verhält nisse ganz ander- al« zur Zeit der Sonstantinopeler Eon- sercnz. Damals benutzte England die Gunst der augenblick lichen Umstände, um sich mit kühnem Griff Eghpten« zu be mächtigen. Al« die Kanonen de« .Invinrible- ihre vernehm liche Sprache redeten, da war kein Anlaß mehr für die Vertreter der Mächte, ihre Berathungen in Konstantinopel sortzusetzen. Heute liegt die Sache so, daß England von der Conserenz veranlaßt werden könnte, da« eroberte Land wieder herauszugeben und mit Schimpf und Schande daran» ab- stande» hat, zuziehen, weil e« nicht Vers! sein» Sieg zu benutze«. * Leipzig, S. Al« 1884. dietnden vvrAerettunge» ,»rW hl- tzvewi' »er zu Lchst- «»- beweg ung bisher wenig hervorgetrete» ist, trotzdem aber der allerentscheidendste» gehört, mit denen sich der nä Reichstag zu beschäftige» haben wird, ist die Milital frage. Da« Reichsmilitairzesetz vomIabre1880 mit siebenjährigen Feststellung der Frieden-präsenzstärke läuft am 3l. März 1888 ab. Da« vorangegangene Gesetz vom Jahr« 1874 hatte bi« zum 81. December 1881 Giltigkeit, doch wurde schon im Februar 1880, also geeanine Zeit vor Ablauf de», alten, da« neue Gesetz im Reichstag eingebracht. Me>^ wird mit Sicherheit erwarten dürfen, daß auch jetzt wieder nicht der äußerste Termin für den Ablauf de« SeptrnnatSgesetze» abgewartet werden, sondern daß der Reichstag sich, wenn auch nicht im Anfang, so doch in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode, mit der Militairfrage zu beschäftigen haben wird. Wir möchten auf diese Frage schon jetzt ganz vesonder« die Aufmerksamkeit hinlenken und ihr den hervorragenden Platz in der Wahlbewegung sichern, der ihr zukommt. Da SeptennatSgeseh vom Jahre 1880 ist durch die alte Mehrheit von Conservativen und Nationalliberalen, auf der in früheren besseren Zeiten alle großen Leistungen der ReicbSgesetzgeoung verübten, gegen den Widerspruch de» Centrum» und der Fortschrittspartei zu Stande gekommen. Damals war die Secession noch nicht ausgebrochen und eS bestand noch eine conservativ-nationalliberale Mehrheit. Seitdem hat sich die Secession zum »Freisinn- entwickelt und eS ist nacb dem Programm der neuen Partei und den alten Grund sätzen der Fortschritt-Partei al» selbstverständlich zu be trachten, daß von dieser Seite auch dem Heer gegen über konstitutionelle Zugeständnisse nicht mehr gemacht werden, sondern an dem strengen formellen Budgetrecht, der jährlichen, oder, waS noch schlimmer ist. der zwei- oder drei- lährigen Feststellung der Präsenz, festgehalten wird. Vo», Ccnlrun, oder wenigstens seinem größten Theil ist die» säst ebenso selbstverständlich; man vergesse nicht, daß der ablehnen den Haltung dieser Partei im Jahre 1880 der Zolltarif und der damit eingeleitete allgemcinpolitische Umschwung bereit« vorangegangen war. In dem gegenwärtigen Ncichslag wäre ei» Militairgesetz wie da» jetzt ailtige oder da« vorige mit Sicherheit abgrlehnt worden. Die reactionaire Mehrheit hätte versagt und eine nationale ist nicht mehr vorhanden, wie wir soeben deutlich wieder in der Postdampsersrage ge sehen haben. Wir müssen voa den bevorstehenden Wahlen boffen, daß sie wieder eine nationale Mehrheit in den Reichstag bringe». Zn diesem Zweck ist eS dringend zu empfehlen, dieCandidalen unter Anderm auch vor die bestimmte Frage zu stellen, wie sie sich einer Erneuerung de« Militair- gcsetzeS gegenüber zu Verhalten gedenken, ob sie den festen, der Wahlagitation entzogenen Bestand unsere» Heerwesens höher schätzen als da- starre formelle Budgetrecht. * Der Parteitag der hessischen National liberalen, der am Sonntag in Darmstabt abgebalten wurde, bat einstimmig eine Resolution beschlossen, welche die volle Uebrreinstimmuna mit dem Heidelberger Programm und dem H«schlusse de» Berliner Parteitag» ausspricht. „Mit freudiger Genugthuung «ntnimmt die Versammlung au« den seitdem erfolgten zahlreichen Kundgebungen den Bewei«, daß m jenen Erklärungen die politische Anschauung weitester Kreise de» deutschen Volke« zum Au-drucke gelangt ist und daß alle Angriffe von gegnerischer Seite, weit entfernt, den Muth unserer Partei und da« Vertrauen in ihre Znkunft zu schwächen, ihr vielmehr neue« Leben und erhöhte Zuvrrsicb gebracht haben." * Man hatte erwartet, daß die Frage der Erhöh der Kornzölle im Reichstag noch zur Verhandlung sei e« aus Grund eine» eigenen Antrag«, fei e« anläßl, zahlreichen Petitionen mit dieser Forderung, welch« Reichstag Vorlagen. Der Reichstag hat indessen di ivartuiig getäuscht; nicht einmal in der PetitionScomn diese Petitionen zur Verhandlung gekommen; e« s> al» ob auf allen Seiten Einverständniß herrschte, absichtlich znriickzuschieben. ES geht daran« be daß auch Conservative und Centrum Scheu trugen, di« s anzuregen, weil sie eine- günstigen Volum» de« Reich sicher waren. 1.
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