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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.04.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-04-04
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070404012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907040401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907040401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-04
- Tag1907-04-04
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BezuaS-PreiS A«Heiqe«.PreiS Morgen-Ausgabe 8. WiM TagckM Handelszeitung Amtsblatt -es Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig Donnerstag 4. April 1W7. Istl. Jahrgang für Lripzla »ad Bororte durch uuserrTrLg« und GpeNIeorr in« -au« gebracht: Ä,s- gab» T <uur morgen«) viertelst,l,rsich 3 monatlich 1 R.: «»«gab» v imorgen« und adendrl viertelrädrlich 4 80 M., monatlich I M Bl, Durch die Poft bezogen (1 mal tiglicki inneivalb DeuiichlandS und der deutschen itolowen »ierteljSbrtrck 3 M., monatlich l M. auSschl. Posibestellgeld, für Oeperreich-Ungar« vierteljSdrlich 8 L 45 d. tlbonuement-Aunahme: Angnstu«platz 8, bet unseren Trüger». Filiale«. Spediteuren und Lnaahmesielleu. sowie Postämtern uud Briefträgern. Die edrzelne Nummer kostet 10 Vs». Uedattton »no SrnedMonr Jodanui«gatse 8. Tel«>doo Nr. lL^ dir. ÄS, ll7S> Berliner Nevattious-Vureau-. Lerlin XV. 7, Prinz Loui« Ferdnrand- Straße 1. Telephon l. Nr. 8L7L. für Inserat« au« Leipzig u. Umgebung die 6gespaltene Petttzeil« 88 Pf, finanzielle An- »eigen 30 Pf., Reklamen 75Pß; von auswärts 30 Ps.. Rrklamea 1 M.; vom Ausland 80 Ps-.finanz Anzeige» 78 Pf.. Reklamen l.hO M. Inserate v.Behörden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagrgrbüdr 4 M. p. Tausend exkl. Post gebühr. Geschäst-anzeigen an beoorzogler Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Tarn Aesterteilte Aufträge löaven nicht zurück gezogen werben. Mr das Ericheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeige». Annahme: Augustusplaft 8. bet sämtlichen Filialen «. allen Annoucen- Elpeditionen des In« und Ausiaabes. vauvt-Ftltale Berlin CariDuucker.-erzgl.Bavr.-osbuchbandlg.. Lützowslraße lO (Tel. Vl, 4603. Ailtal-tzrrvedrtiotu Dresden, Pi arie ni r.3t. Var iviÄllgrte vom läge. * Der Feldzug gegen Simon Köpper, den Kapi« tän der Jranzman-Hottentotten, muß noch weiter fortgesetzt werden, da Köpper das Ver sprechen, sich zu unterwerfen, nicht gehalten hat. sS. Dtschs. R.) * Der bayrische Prinz-Regent Luitpold hat den Rücktritt des Ministers Grafen Feilitzsch genehmigt und den Regierungspräsidenten der Oberpfalz von Brett reich zum Minister des Innern ernannt. sS. Dtschs. R-j * Die gestrige Generalversammlung deS Ar beitgeberverbandes für das Holzgewerbe sprach sich für die scharfe Durchführung der Aussperrung aus. lS. Dtschs. R.) * Dor dem vereinigten zweiten und dritten Strafsenat des Reichsgerichts kommt am 10 April der Spio - uageprozeß gegen den ehemaligen österreichischen Ober- leväant Paul Bortman« zur Verhandlung. lS. Ge- richtSsaal.) — * Nach einem Madrider Telegramm wurde auf den Azoren ein heftiger Erdstoß verspürt. San Mi guel und Villafrauca sollen zerstört sein. lS. Letzte Dep.) * Di« Universität von Tientsin, die führende Hoch schule im Norden von China, hat erklärt, daß sie von jetzt an daS deutsche Sprachstudium abschaffe. Als Grund wird angebliche Geldknappheit angegeben. * Auf der Zeche Preußen I lzu Harpen gehörig) ist gestern ei» Förderkorb, auf dem sich sieben Berg leute befanden, in die Tiefe gestürzt. Sie baden sämtlich ihr Leben «ingebüßt. lS. Neues a. a. W.) * Im Pr,!x 2agra»«e s4S000 FrcS.), der gestern in Marsons-Lasfitte gelaufen wurde, siegte CH Childs „Albina". lS. Sport.) ver „recbtr Weg" für äie Staatsbeamten. Der preaßische Minister des Innern hat, wie wir schon kurz berichteten, den preußischen Staatsbeamten ein äußerst charakteristisches Ostergeschenk gemacht, das ein grelles Licht auf die Rechtsverhältnisse der Beamten wirft. Während es jedem Staatsbürger unbenommen ist. besondere Anliegen einem Landtagsabgeordneten vorzutragen und ihn für eine angemessene Vertretung derselben im Parlament zu inter essieren, untersagt ein eben erschienener Erlaß des Ministers diesen Weg allen Staatsbeamten strengstens. Weder schrift lich, noch mündlich, noch auf anderem Wege — vielleicht ist hiermit die gütige Vermittelung der vierten Dimension ge- meint? — darf ein Staatsbeamter sich direkt an Abgeord nete wenden. Im Falle des Zuwiderhandelns werden ihm disziplinäre Maßnahmen in Aussicht gestellt. Dagegen ist der Minister so entgegenkommend, den Beamten das allen Preußen nach Artikel 32 der preußischen Verfassung gewähr- leistete Petitionsrecht nicht abzuerkennen. Ferner wird den Beamten die Erwartung ausgesprochen, daß sie sich ver trauensvoll an ihre vorgesetzten Behörden wenden sollen, die ihre „berechtigten" Wünsche und Anliegen stets eingehend prüfen, wohlwollend beurteilen und „nach Möglichkeit" be rücksichtigen werden. Jeder, der die Verhältnisse im Beamtenleben aus prak tischer Erfahrung und nicht nur vom grünen Tisch einer fernen Zentralstelle kennt, wird wissen, daß mit diesem Er- laß tatsächlich eine Knebelung deS Beamtentums vollzogen ist, daß ihm hier wiederum ein wertvolles Recht entzogen wurde, dessen sich jeder freie deutsche resp. preußische Staatsbürger erfreut. Man Wird sich nicht wundern dürfen, wenn im Beamtentum sich mebr und mehr das niederdrückeude Gefühl herausbildet, ein Staatsbeamter sei ein Staatsbürger zweiter Klasse, und wenn dieses Gefühl, sehr zum Schaden des An lehens des DeamtenftandeS, auch im Publikum an Boden ge winnt. Warum wird den Beamten jede Verständigung mit Ab geordneten verboten? Hierfür gibt es nur eine Erklärung: weil auf diese Weise die Regierung darüber im Unklaren ist. welche.Persönlichkeit die Angelegenheit anregte, von wem dem Abgeordneten die nötigen Einblicke in die ganze Situation, in die vorliegenden Verhältnisse gewährt wurden. Wir wollen hier gänzlich unerörtert lassen, warum man so großen Wert auf die Kenntnis der betreffenden Person legt: in eingeweibten Kreisen weiß man es ohnedies, und andere Kreise werden es ahnen. Wir wollen nur das eine betonen: wie sollen die Abgeordneten, di« die Interessen der Allge meinheit zu vertreten haben, ihre verantwortungsschwere Pflicht gerecht erfüllen, wenn es ausgeschlossen ist, Informa tionen über die Verhältnisse der Staatsbeamten direkt von diesen zu erhalten? Selbstverständlich wird die Regierung sagen: dazu sind wir da, diese Informationen zu erteilen! Mit Verlaub: „Eines Mannes Rede ist keine Rede, man soll sie hören alle beede!" Wir behaupten: die Beamten wissen doch noch besser, wo sie der Schub drückt, als di« Regierung es weiß, trotz der so wunderbar bequemen Theorie vom „be schränkte» Untertanenverstande". Die Beamten können sich allerdings gegen einen solchen Erlaß nicht zur Wehre setzen: I wir meinen aber, daß es Pflicht der Abgeordneten ist, gegen I diese Beschränkung sich energisch zur Wehre zu setzen, da! ihnen durch sic jeder Kontakt mit der Gesamtheit des Staatsbeamtenstandes unmöglich gemacht ist. Oder fürchtet der Staat gefährliche Indiskretionen? DaS nehmen wir nicht an: ebensowenig glauben wir, daß noch Neigung zur „Nebenregierung" unter Abgeordneten be- steht. Ja, aber den Beamten ist doch daS Petitionsrecht unbe- nomme» geblieben: sie haben also doch die Möglichkeit, ihre Wünsche an das Parlament heranzutragen, wird entgegnet Gewiß: wir haben aber bereits betont, daß aus diesem Wege die Namen der Antragsteller bekannt werden, und daS sagt alles. Welcher Beamte wird es wagen auf diele Weise etwa vorhandene Mißstände aufzudecken? WaS würden für ihn die Folgen sein? Darum soll er sich eben vertrauensvoll an seine vorgesetzte Behörde wenden, dekretiert der Erlaß. Wie gerne würde die Beamtenschaft daS immer tun Wir glauben ja. daß im Ministerium daS Wohlwollen für die Beamten vorhanden ist, ihre „berechtigten" Wünsche wohlwollend zu prüfen und „nach Möglichkeit" zu berück- sichtigen. Aber bekanntlich darf ein Beamter nicht direkt an seine oberste Behörde schreiben, er muß den dornenvolle» „Instanzenweg" errsschlagen und muß gewärtigen, daß bereits die erste oder zweite Instanz sich ablehnend verhält und die Weitergabe des Gesuches ablehnt. Besteht der Beamte ans Weitergabe, 'o erhält das Gesuch eine angemessene Note, die ihm obne weiteres den Todesstoß versetzt. Wir wollen selbstverständlich annehmen daß die sich so ab. lehnend verhaltende Instanz stets nach bestem Gewissen Han. delt. Aber „irren ist menschlich", und auch Vorgesetzte können in ihren Entscheidungen, die oft tief und schmerzlich in das Leben der Beamten eingreisen, gründlich danebenhauen. Dill also der Minister, daß die Beamten zu dem Instanzen. Wege daS volle Vertrauen haben, das ihm entgegenaebracht werd«« soll, so muß «r dessen schwere Mißstände beseitigen. Dan« werden auch von leihst unliebsame Erörterungen mit Abgeordneten aufhören. Mit banaew Gefühl begrüßen die Reichsbeamten den Er- laß des preußischen Ministers: denn sie fürchten wohl nicht mit Unrecht, daß auch sie baldigst mit einer ähnlichen Gabe beglückt werde». Uud doch genügt schon ein Blick iu daS Reichsbeamtenaesetz, um zu zeigen, wie sie bereits jetzt in ihrer Bewegungsfreiheit anderen ReichSangehörigen gegen über gefesselt sind. Wir meinen, daß das deutsche Beamten- tum, aus das wir im allgemeinen stolz sein können, es ver- dient, die gleichen Freiheiten zu genießen, die jedem im Besitz der Ehrenrechte befindlicheu Deutschen gewährleistet sind. 6« rmtiänirckm VMrier über Oie Sauern«« rüden. Ein Leipziger Herr hat uns in dankenswerter Weise den Brief eines Offiziers der König!. Rumänischen Armee zur Verfügung gestellt, welcher bei der Unterdrückung der immer noch nicht ganz beendigten Unruhen selber mitgewirkt hat. Wir lassen das Schreiben seinem Wortlaute nach folgen: Bukarest, 29. März 1907. Mein lieber Freund. Auf einige Stunden zurückgekehrt aus der oberen Mol dau. sende ich Dir einige Zeilen, schon deshalb, um Dich zu ersuchen, dazu bcizutragen, daß man in der deutschen Presse nicht falschen Gerüchten Ohr schenkt. — Ich bin seit 8 Tagen mit meinem mobilisierten Regiment in der Moldau, um die Bauernrevolte in der mir zugeteilten Gegend zu beschwich tigen, und — da ich schon vor 2 Jahren eine gleiche Aufgabe batte, ist es mir auch schneller gelungen, als meinen anderen Kameraden. — Der Aufstand war kolossal, und die Armee hat mehr, als zu erwarten war, die Pflicht erfüllt — denn wir hatten an fangs direkten Befehl, nicht scharf zu schießen und kein Blut zu vergießen! — Was waren die Folgen? Man zer brach den armen Soldaten von weitem mit Steinen die Köpfe, und die Truppe hatte das Los, zerprügelt zu werden, ohne eine tüchtige Salve in die Kerle senden zu dürfen. Da durch haben sich die Bauern ermutigt und sind zu Tausenden nicht nur auf Juden loSgegangen, sondern auf alle Guts besitzer. — Da gab man Order, einfach drein zu schießen — die Folgen blieben nicht aus — einige Hundert Bauern fielen in jedem Distrikt, und nun ist die Moldau so ziemlich in Ruhe. — Offiziere und Soldaten haben sich brav benommen. Du kennst mich gut genug, um zu glauben, daß ich verstehe, was Mut heißt, und den hatten un sere Leute, da wir oft lOOfach mehr Gegner hatten, die zwar nicht durchwegs Schiebwaffen hatten, aber Revolver, Pistolen, Jagdgewehre, Sensen, Hacken, und mit Keulen großartig zu schleudern verstehen! — Da nun aus der un teren Walachei viel Truppen genommen wurden, um sie nach der Moldau zu senden, haben sich dort Banden von ^—10000 Bauern gebildet, die vandalisch geplündert haben und Mil lionen Schaden angerichtet und gebrandstiftet. Da war kein Antisemitismus! — Um schnell ein Ende zu schaffen, hat man die Banden und deren Dörfer bombardiert. Heute ist es schon besser. In den Zeitungen lese ich gewisse. Kritikartikel! Run, es ist leicht, 25 auf den Rücken anderer zu dekretiere», aber Gott bewahre Euer Deutschland vor solchem Ausstand! — ES sind so»ialistische Aufwiegler au« Rußland und Oester reich auch daran schuld. In den Städten haben die Kerle nicht arbeiten könne» und haben die etwa- gedrückte Stel lung deS Bauern benutzt, um ibn aufzuwiegel», und da nie mand unsere» sonst ruhigen Bauern so «ine Wildheit zu traute, gelang e« ihueu, unbemerkt ihr gemeines Werk zu vollbringen. Nun ist es ja wahr, daß einige Großjuden kolossale Trust Pachtungen, 5—600 000 Hektare, über nommen haben und dem Bauern das Doppelte der ver gangenen Jahre als Pachtschilling abforderten und ihn dazu zwangen, da er durch den Trust bei niemandem billige fand! — Z. B. einen Hektar nimmt der Jude mit 30—40 Francs in Pacht und verpachtet ihn mit 80—100 Francs an den Bauer — dieser muß aber mindestens durch Arbeit abzahlen, und seine Aroeit wird noch wie vor 20 Jahren bezahlt. — Dann muß er für jein Vieh kolossale Abgaben geben. Kurz — er ist unmenschlich exploidiert, ob schon ihn das nicht berechtigt, auf so brutale Art seine Rechte zu erlangen. — Tie Konservativen sind vom Ruder gefallen, und der König persönlich hat ein Edikt erlassen, in dem er verschiedene Aendcrungen anbefiehlt, die den Bauern sehr zugunsten kommen werden! — Die Trusts werden ab geschafft. — Tie Besitzer, die verpachten, werden stark be steuert im Rapport zur Verpachtung. — Die Pächter dür fen die Wiederverpachtung nur mit 10—15 Francs Gewinn pro Hektar iüber ihren Pachtschilling) geben. — Der Bauer darf anbauen, was er will. — Ein Hektar Wald wird mit IM Francs Gewinn an den Bauern verkauft usw. — Jedenfalls müssen die anderen Staaten nicht zu laut kritisieren, es könnte ihnen auch eines Tages schlecht ergehen, uud dann ist guter Rat auch billiger als Tat. Das wollte ich Dir gerne mitteilen. Heute abend kehre ich zu meinem Regiment zurück und hoffe, daß in einigen Tagen die Schanerkomödie ein Ende nehmen wrd. Mt bestem Gruß verbleibe ich Dein aufrichtiger Freund. O Die Berliner rumänische Gesandtschaft hat folgendes Telegramm des rumänischen Ministerpräsidenten Demeter Sturdza erhallen: Tie bereits gemeldete allgemeine Be ruhigung in der Walachei macht weitere Fortschritte, und es sind seitdem keinerlei Unruhen oder Zusammenstöße mit der bewaffneten Macht vorgekommen. Die Präsekten fahren fort in ihren Bemühungen, zwischen den Gutsbesitzern und Pächtern und den Dauern im Sinne einer gütlichen Verständigung zu vermitteln. So sind vielfach die bisherigen drückenden Bedingungen der länd lichen Arbeitsv-rträge durch Entgegenkommen der Guts besitzer und Pächter erheblich gemildert worden, was die Wiederaufnahme der Feldarbeit erleichtert. An verschiede nen Orten bringen die Bauern freiwillig den Eigentümern das geraubte Gut und Vieh zurück. Aus dem Distrikt Vlaschca wird gemeldet, daß dort die Bauern bei der Wieder ausrichtung der zerstörten Baulichkeiten behilflich sind. Es stellt sich immer mehr heraus, daß die Anstiftungen bös artiger Elemente die Aufstände von langer Hand geschürt haben. In den Landgemeinden sind revolutionäre Pro klamationen gefunden worden, die nicht von Bauern her stammen, und in denen diesen eingeredet wird, nur diejenigen würden Land erhalten, die sich erheben. Bei Haussuchungen in Giuraiu wurde ein Depot anarchistischer Schriften ent deckt. Eine Anzahl früherer russischer Matrosen des Kriegsschiffes „Potemkin", die in Rumänien geblieben und als Arbeiter auf den Petroleumfeldern im Distrikt Prahova deschäfiigr waren, haben sich als gefährliches Gärungsele ment erwiesen, das beseitigt werden muß. Die Unter suchungen werden mit größtem Eifer fortgesetzt. Nachdem letzt nach erfolgter Beruhigung die Schäden besser übersehen werden können, gewinnt man den Eindruck, daß die Verluste an zerstörtem Gut doch nicht einen solchen Umfang ange nommen haben, wie man ursprünglich befürchtet hatte. von venttin über tlie Scdlacbttelüer Oer Manttcbnrei. Reisebriefe eines deutschen Offiziers.* **) ) I. .Können Sie mir darüber Auskunft geben, ob es möglich ist, bei Mngkou fSLdmantschurei, Hafenplatz von Niutschwang, au der Mündung des Liaoho gelegen) Pferde über den Liaoho zu setzen?" Di« Frage war an einen Herrn gerichtet, der während des russisch-japanischen Krieges eine Anzahl von Pserdelransporten für die kriegführenden Par teien von Tientsin nach der Mantschurei gebracht hatte. „Bei Aingkou?" kam die Frage skeptisch zurück, ,chas glaube uh nicht, denn erstens sind keine Fähren da, und dann ist der Fluß sehr breit und reißend, und schließlich die Einwirkung von Ebbe und Flut . . . Wenn Ebbe ist, können Sie die Pferde gar nicht durch den Uferschlamm bis ans Wasser bringen: ist dagegen Flut, dann ist das Unternehme» sehr ge fährlich, denn ein Pferd auf einem kleinen Sampan . . . daS ist doch nicht zu riskieren; na, und dann überhaupt vre Japaner, die ihre Militäradministration immer noch in Aingkou haben." Und damit begann das Klagelied, das man hier draußen immer wieder und wieder von denen hört, die geschäftlich mit dem aufstrebenden Jnselvolke zu tun haben und dessen wachsende Konkurrenz mit besorgten Blicken verfolgen. Die Antwort klang also wenig tröstlich, paßte aber zu dem, was wir auch schon anderwärts gehört hatten, nämlich daß ein Uebersetzen von Pferden bei Ningkou fo gut wie aus geschlossen sei. wenn man nickt lange Zeit hienür opstrn oder di« Hilfe der japanischen Militärverwaltung in Anspruch nehmen wolle. Bei einem Blick auf die Karte") erscheint einem dieser Mangel einer ausreichenden Verkehrsvcrbindung als kaum denkbar, denn auf dem rechten Ufer des Liaoho. — dicht am Flusse — liegt die Endstation der Nordchinesischen Eisen- bahn, während am linken Ufer sich der Handelsplatz Aingkou ausdebnt. Hier befindet sich ein Stück stromauf ein zweiter Bahnhof, von dem aus die lapanische Strecke beginnt, die ihren Anschluß bei Tafchikiau an die große Südmantschurei dahn — Wladiwostok-Port Arthur — gewinnt. Man müßte *) Wir beginnen heute mit dem Abdruck einer Serie von Reisebriefen aus der Feder des Herrn Petri, Leutnants und Transportoffiziers beim Stab« des ostasiatischen T«tach«. ment-, **) An Kartenmaterial standen zur Verfügung: die Marschroutenkarte der Provinz Mukden. Süd- liche Mantschurei 1 :168 000, 1:84 000, Halbinsel Liantung 1:42 000, Karten zum Beiheft des „Militor-Wochenblattes". Schlacht bei Mukden, Karte zum Werke deS Major« Bron- sart voa Schellendorf: 6 Monate be»m japanisch«« Feldheer.) also annehmcn, daß die Verbindung zweier solcher Verkehrs adern über den Fluß weiter keine Schwierigkeiten auf sich haben könne. Daß dies aber in der Praxis tatsächlich anders ist, wird vielfach den Japanern, dem Karnickel in Ostasien. in die Schuhe geschoben. Tenn daß Japan den Handel in der Mantschurei vollkommen an sich reißen möchte, liegt klar aus der Hand. Daß es demnach nicht fremden Kaufleuten, die Wege nach der Mantschurei ebnet, ist bei feinem ziel- bewußten Vorgehen ebenso klar. Die kurze Zeit, da ihm noch die militärische Macht auf Grund des Fricocnsvertrages in der Mantschurei zur Seite steht*) muß iür ) in» ''-'äuc an genutzt werden. Folglich werden den Europäern Schwierig- leiten aller Art in den Weg gelegt, von denen die fehlende Verbindung über den Liaoho eine Probe zu sein scheint. Ich habe dies Beispiel angeführt, um zu zeigen, daß man bei seinen Neisevorbereitungen in China eine gewisse Vor sicht walten lassen muß, weil man selbst da plötzlich eine Ucberraschung und unliebsame Unterbrechung seiner Pläne erleben kann, wo man es am wenigsten erwartet hätte. Von der Mitnahme von Pferden oder Ponys auf unsere geplante Reise konnten wir aber auf keinen Fall Abstand nehmen; denn wenn das Studium der Schlachtfelder über haupt lohnend sein soll, so erfordert ihre gewaltige Aus- dehnung es unbedingt, daß der Besucher beritten ist. Es blieb uns also nichts weiter übrig, als von Tientsin aus zu nächst schriftlich die Hilfe des neu errichteten deutschen Kon sulates in Ainkou lieht in Mukden) in Anspruch zu nehmen. In bereitwilligster Weise half uns dieses über alle die Schwierigkeiten hinweg, die unserer Reise gleich im Anfang einen unfreiwilligen Aufenthalt bereitet hatten. Wir er hielten nach.ca. 8 Tagen japanische Pässe zugeschickt, sowie die Nachricht, daß die japanische Militärverwaltung i» liebenswürdigem Entgegenkommen unsere Ponys über den Liaoho befördern würde. Damit war das Haupthindernis aus dem Wege geräumt und wir konnten uns den weiteren Reisevorbereitunoen widmen. Hierzu gehörte in erster Linie die Auswahl der Ponys. Tie kräftigsten Tiere wurden ausgesucht, denn eS stand ihnen eine anstrengende Zeit bevor, in der sie auf keinen Stall während der Nacht zu rechnen hatten. Der Chinese läßt sein Pony Sommer und Winter, selbst bei strengster Kälte, im Freien stehen, so daß wir höchstens Schutzdächer für unsere an gute europäische Pflege gewöhnten Tiere zu finden hofften. An Gepäck und Dienerschaft wurde die möglichste Be schränkung geübt. Einerseits deshalb, weil uns schon be kannt war, daß die Gepäckbeförderung den japanischen Bahn- beamten die erwünschteste Gelegenheit bietet, den Reisenden alle erdenklichen Schwierigkeiten zu bereiten, dann aber auch des Geldpunktes wegen. Was diesen anbetrifft, hört« man von allen Reisenden, die aus der Mantschurei zurück kamen, den einstimmigen Klageschrei: „Geld, Geld und nv»l^ mals Geld", obgleich ja doch dieses nach der historischen lleberlieferung eigentlich nur zum Krregfübren gehören sollte. Es dauerte nicht lange, dann sollten wir unsere eige- nen Erfahrungen auf diesem Gebiete machen. An Lebensmitteln wurden reichlich Konserven verpackt, sowie 2 große Säcke Kommißbrote mitgenommen, die sich während der 14 Tage vorzüglich gehalten hoben. Zur Ausrüstung gehörten auch noch die Pistolen, wegen der Chunchusen, die auf Grund der sich dauernd wiederholenden Ueberfälle der letzt vergangenen Wochen nicht ganz außer Acht gelassen werden durfte. — Am 24. September 1906 versammelten sich die Teilnehmer auf dem Babnhof Tientsin. 9 Herren, 7 Pserdepfleaer, 8 chinesische Diener (Boys oder Malus) darunter unsere Perle, der wir das leibliche Wob! der Reisegesellschaft anver trauen wollten, ein fetter „Chinesenkoch". Die 17 Pony« und ein Pferd waren bereits verladen und steckten ibre Körsse schnuppernd über die Wände des offenen Wagens. Sie stan- den dicht gedrängt und es schien ihnen zunächst etwas unbe haglich. Dock haben sie sich während der folgenden drei tägigen Eisenbabnfahrt an diesen Zustand gewöhnt. Trotz aller Einschränkung hatte das Gepäck mit seine» Verpslegunaskssten, den Koffern, den Kisten mit Sattelzeug und den Bündeln der Cbinesenbegleitung einen beträcht lichen Umfang erreicht und wir konnten schon im Voraus die Freude der japanischen Bahnbeamten ermessen. Als wichtigster Bestandteil des Gepäckes war aber ein Sack mit 500 Silberdollar anzusehen, die uns in der Man tschurei überall dort, wo keine Kriegsnoten angenommen würden, durckhelsen sollten Es würde das unqefäbr dem entsprechen, wenn man in Deutschland auf Reisen ginge mit einem Beutel von 1200 Markstücken, einer angenehmen Last, die aber zu bewachen in Deutschland schließlich leichter ist als auf einem Ritt in der Mantschurei. Die Regenzeit war vorüber, der Herbst, die schönste Jahreszeit in Nordchina setzte ein. Das Ziel der Reise mit seinen Stätten, auf denen zwei Völker in erbitterten Schlach ten gerungen batten, das so blutig umstrittene Land der Mantschurei selbst mit seinen Bewohnern, die augenblicklich dort herrschenden politischen und wirtschaftlichen Zustände, die Schwierigkeiten, die sich auf der Reise notwendigerweise cinstellen mußten, das alles belebte die Erwartung und hob die Stimmung. Und nun „einsteigen!" Den Sack mit den 500 Mexi- kanischen hübsch in eine Ecke des Waaenabteils gelegt und sich selbst mit breiter Front davorgesetzt. Es ist 11 Uhr 17 Min. vormittags Abfahrt nach Schanhaikwau, dem Reise- ziel des ersten Tages. Deutsches Deich. Leipzig, 4. April. * Tcutsch-amertkantsche HentzelSdeztehnngen. Die Ame rican Association of Commerce and Trabe in Berlin teilt offiziös folgende« mit: «Die deutsche Regierung wird voraus sichtlich bald nach der am 10. April stattfiadenden Wieder eröffnung des Reichstages die Verlängerung des proviio- rischen Abkommens mit den Bereinigten Staatrn aus ein weiteres Jahr vom 30. Juni ab beantragen. Das Auswärtige Amt will noch die formelle An nahme deS vorläufigen Abkommens abwarlen, das im Januar zwischen den amerikanischen und den deutschen Delegierten vereinbart wurde. Dieses Abkommen soll nach Eintreffen der Annabmeerklarung seitens der amerikanischen Regierung dem Wirtschaftlichen Ausschuß unterbreitet werden, einer Körperschaft, die au« maßgebenden Persönlichkeiten *) Die Truppen sind inzwischen zurückgezogen worden.
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