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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920328021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892032802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892032802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-28
- Monat1892-03
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ß, t« Ha»pt«rp»diKoa oder de» kn Stadt- tqirk iiiid den Vororte» errichteten An«, »abeftellen abgetzolt: »trrtrljLhrltch^4H0, ki zweimaliger täglicher Zustellung tn» hau« ^ LchlI Du.ch dt« Post bezogen für Deuljchlaud »ud Oesterreich: vi,riet,äbr>ich ^4 «,—. Direct« täglich« Kreuzbandjendung tn« AnSlanb: mouatUch v —. DK Morgen-Susgab« erscheint täglich '/,7 Uhr. bk Lben^Ansgab« Wochentags b Uhr. Nedartio« und Lrpettti»»: I»tzn»»e«g«ffr 8. Dk krpedition ist Wochentag« ununterbrochen E»et van srüh 8 bi» «benb» 7 Uhr. Filiale»: Ott» «r»m« Lartinr. (Alsreb chittz». Universiläl« strah» 1, kent« Sb,che. »atharinrnstr. 14» »art. und DSnigkrlah 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels' «nd Geschäftsverkehr. JirsertiorrspreiS Dir 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Nectamen unter dem Redaction«strich (4ga- spalten) b0->j, vor den ffamiltennachrichtr» <4 gespalten) 40>ch. GrSßerr Schrillen laut unsere» Preis- verzeichuiß. 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Es ist nicht unsere Absicht, aus die Reden darüber einzugrhen, wir möchten nur die Ansicht vertreten, daß die neu getroffene Einrichtung aus den früheren Erfah rungen heraus doch nicht als absolut ungangbar zu bezeichnen ist. Wen» man auf den Versuch Bezug uimmt, der im Jahre 1873 io dieser Beziehung gemacht wurde, so ist tabei zu erwägen, daß zu jener Zeit da- preußische Ministerium mehr heterogene Elemente in sich barg als heutzutage. Zwischen dem Ministerpräsidenten Grafen Roon und seinen Eollegen walteten, abgesehen von persön lichen Beziehungen, weitgehende principielle Meinungs verschiedenheiten auf politischem Gebiete ob. Roon und Camphausen, der nächst ihm wohl der bedeutendste Minister de- damaligen CabinetS war, gehörten zwei Richtungen an, zwischen denen seit Jahrzehnten unvermeidliche Kämpfe im Innern geführt worden waren. Roon war konservativ, Camphausen liberal, und die Form, in welcher der Verkehr bkider Ressort«, de- Kriegs und der der Finanzen, geführt wurde, trug nicht« zur Ueberwindung der Gegensätze bei. Man kann durchaus nicht sagen, daß der damalige Versuch an Schwierigkeiten und Differenzen gescheitert wäre, die wischen dem preußischen Ministerpräsidenten und dem ReichS- anzler stattgefunden hätten. Beide waren nach wie vor unter sich vollkommen einig, da Graf Roon den Versuchen reaclionairer Heißsporne, Beide zu entzweien, dauernd wider stand, wie seine kürzlich veröffentlichte Correspondcnz aus da« Unzweideutigste beweist. Die Friktionen hatten innerhalb de« preußischen Ministerium« selbst ihre Wurzel. DaS Collegium vertrug sich nicht mit seinem Vorsitzenden, und Letzterer, ohnehin leidend und müde, verzweifelte schließlich an der Möglichkeit, gegen diese Verstimmung länger mit Erfolg anzukanipsrn. Wenn man sich ein preußische« Ministerium denkt, da« über- einstimmt und durch persönliche« Wohlwollen unter sich ver bunden ist, so halten wir den Beweis, daß die Trennung der ReichSkanzlerschast von dem preußischen Ministerprästdium unthunlich sei, für noch nicht geführt, und müssen der Er fahrung, die darüber drvvrsteht, die Entscheidung de» Streite« anheimgebcn. Nur liegt kein Grund vor, in dem jetzigen preußischen Ministerium mit dem Grafen Botho Eulenburg an der Spitze Uneinigkeiten vorauSznsrtze», deren Beilegung dem geschäftskundigen und formgewandten Präsidenten nicht gelingen sollte. Er steht nach seiner ganzen Vergangenheit seinen Eollegen viel weniger fern wie seiner Zeit Graf Roon den hervorragenderen Mitgliedern de« CabinetS, und seine Höflichkeit verläßt ihn auch in erregten Di-cussionen nicht. Man kann von der neue» Einrichtung sagen, daß sie da« Princip de« CartelS zwischen Conservativen und National- liberalen auf die Regierungsorgane überträgt. Das alt- conservative Element findet durch den Reichskanzler, der moderirte ConservatiSmuS durch den Ministerpräsidenten, der Nationalliberalismus durch den Finanzminister und vielleicht anderweit Vertretung. Außerdem schwebt über diesem ministeriellen Cartrl die monarchische Gewalt unmittelbar und wirksam al« zusammenhaltender Factor, während das Zu sammengehen der di-paraten ministeriellen Bestanblheile im Jahre 1873 nicht durch direkte Einwirkung des Kaiser« und Königs, sondern nur durch die vermittelnde des damaligen Reichskanzler geübt werden konnte. Wir glauben auch nicht, daß Fürst BiSmarck in seiner mehrfach angezogenen 1877er Rede die jetzt getroffene Einrichtung principiell und für alle Zukunft für ungangbar hat erklären wollen, sondern nur unter dem Eindruck gesprochen bat, daß e« angebrachtermaße» 1873 unmöglich gewesen war, die Regierung-Maschine unter diesen Umständen in Gang zu halten. Die Wahl der Minister und die Gestaltung der Ministerien ist übrigens heutzutage nicht mehr so wichtig, wie unter Kaiser Wilhelm I., weil der jetzige Monarch der Ausgabe, die er sich gestellt hat, sein eigener Kanzler zu sein, gerecht wird und eS somit nicht daraus a»kon»nen kann, daß und wie eine Anzahl leitender Männer sich in die Gewalten »heilt. Aus der Thatsacke, daß der Kaiser und König die Politik selbst leitet, beruht auch die Hoffnung, daß er »einerseits ei» politisches AuSeinandergehea des Reichskanzler« und deS preußischen Ministerpräsidenten nicht dulden und verhindern wird, daß der StaalSwagen aus dem Geleise kommt. * Nach den Antecedentien des Grafen Eulenburg ist zu vermuthen, daß er den Liberalen näber steht al« Gras Caprivi. Bei den hervorragendsten Gorkommnisseii seine« früheren Ministeriums hat er sich ans der liberalen Seite deS Conseils, wenn man sie so nennen kann, befunden. Er bat nach dem Nobiling'schcn Attentate gegen die Auslosung deS Reichstages sich erklärt, für welche Frage damals im Ministerratbe seitens deS Kronprinzen al« Stellvertreter seines verhinderten Vater« die Entscheidung getroffen wurde. Im zweiten Falle, der das Ausscheiden de« Grafen zur Folge batte, war sein Standpunkt auch der liberalere. Der Ministerpräsident hatte an dem königlichen Rechte der Beaufsichtigung der Landräthc und Gemeinden festgehalten, Graf Eulenburg sie gewählten Vertretern übertragen wollen. Wir lasten die Richtigkeit der einen oder anderen Ansicht hier uuerörtert, jedenfalls geht daran« bervor, daß der Con servatiSmuS de« Grasen Eulenburg nicht bi« zum Stand- punct der Herren von Hammerstei» und Genossen reicht, und man kann von dem neuen Ministerpräsidenten wie früher einen modrrirenden Einfluß auf den ConservatiSmuS erwarten. * Die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Ucber daß Schicksal de« Schulgesetzes kann nach Lage der Sache eine formale Entscheidung kaum bereit- getroffen sein, jepoch wird angenommen, das Gesetz werde nicht förmlich zurückgezogen werden, sondern zu den unerledigt bleibenden Resten der Session gehören." Ob das VolkSschul-Gesetz förmlich zurückgezogen wird oder ob eS al« unerledigt bleibender Rest der Session ein stilles BegrLbniß findet, da« wird sich in der Hauptsache ziemlich gleich bleiben. * Herr Miquel, den zu feiern eine Zeit lang für die ultramontanen und conservativen Blätter eine Art Sport war, obgleich er so lange an der Spitze der nationalliberalen Partei gestanden hatte, hat eS jetzt mit dem schwarzen Cartet gründlich verdorben. Man kann ihm nicht gerade etwas Böses nachsagen, aber man hat das dunkle Gefühl, daß er bei der unerwünschten Wendung der Dinge seine Hände in hervorragender Weise im Spiele gehabt hat. Die „Ger mania" drängt sich denn auch gleich au den neuen Minister präsidenten von Eulenburg heran und giebt ihm den wohl gemeinte» Rath, doch den Minister deS Innern oder noch lieber den Minister der Finanzen von ihren Ministersesseln yerabzustvße» und sich selbst darauf zu setzen. * Die noch immer im Tranergewand einber.zebenbe .Kreuzzeitung" schreibt heule am Schlüsse eine« Artikels: »Wir glauben nicht, daß wir die Dinge düsterer färben, al« sie sind. Wollten mir dir Zuschriften veröffentlichen, die unS in den letzten Tagen zuae,fangen sind, so würde sich zeigen, daß wir mit rii>se»-en Schilderungen hinter der Stim mung, wie sie wirklich ist, erheblich zurückbleibe». Werden dem Liberalismus keine weiteren Zugeständnisse gemacht, so bezweifeln wir nicht, daß sich u»l der Zeit wieder eine gewisse Beruhigung einstellen wird. Aber daS schöne Ber- trauen. da« wir in der letzten Zeit, aller unerfreulichen Erlebnisse des IabreS I89l zum Trotz, wieder aufsprieße» sahen, diese« Vertrauen, da« uns lehrte, wie der Mensch denn doch nickt »vom Brod allein lebe", das ist dahin »nd kann nickt von einem Tage zum anderen wieder erweckt werden. Wir haben keine Freude daran, die Schwarzseberci zu pflegen, wie die Gegner behaupten, noch den „BennruhigungsdacilluS" zu züchten, wie sie eS selber »nanshörlich lhuu. Die Wahr heit aber muß hier gesagt werden, weil obne Erkcnntniß der Sachlage, die der Liberalismus zu bekannten Zwecken gröblich geflitscht hat, eine ernsthafte Wendung zum Besseren unmöglich ist." Leipzig, 28. Marz. * lieber den Zusammenstoß zwischen den Abgeordneten Graf Kanitz und von Bennigsen in der letzten Sitzung deS Reichstage» sagt die „Nat.-Ztg": „Die Plumpheit wird in dem Bunde des CentruiuS und der Hochconservativen den letzteren überlasst», und man muß sagen, der Herr Gras Kanitz hat in diesem Fache gestern daS Höchste geleistet. So eben ist unter allgemeiner Entrüstung der Conservativen der königliche Beamte Graf Limdurg-Stirnm diSciplinirt worden; soeben ist der königliche Beamte von Rauchhaupt monatelang verstimmt vom Aozeordnetenhause serngeblieben, weil sein Verhalten bei der Landgemeindcordniing für ihn unerfreuliche Folgen gehabt; soeben standen königliche Beamte, die Herren von Heydcbrandt, von Buch rc., an der Spitze der Aktion für dcn Schulgcsetzentwurs, bei dessen weiterer Bertheidiqung sie nun sehr leicht in Gegensatz zur Regierung kommen können — und rin Consrrvativer wie Gras Kanitz begebt die Kopflosigkeit, Herrn von Bennigsen, weil er activer Staatsbeamter sei, einen Vorwurf an« seiner Stellung nahme in der jüngsten Zeit zu machen! Thöricktcr konnte der Wuth über di« Niederlage der Conservativ-Ortbodoxen überhaupt nickt Ausdruck gegeben, ungeschickter nicht da große Verdienst coastatirt werden, welches Herr v. Bennigsen »ich durch seinen Ausruf an die liberalgestuntrn Volksclassrn beim Beginn der Verhandlungen über den VolkSschulgefry- entwurs um die endliche Beseitigung desselben erworben hat. Graf Kanitz provocirte über die Pflicht gegen Krone und Land, in kritischcn Augenblicken laut die Wahrheit zu sagen, «ine Darlegung deS Herrn von Bennigsen, die vielen Leuten scharf in die Ohren klingen wird. Als dem Ritter Kanitz Herr Stöcker als Schildknappe zur Deckung herbrieilte, wurden beide von dem Prinzen Schönaich-Carolath so wirk sam abgesertigt, daß Herr von Bennigsen sich nicht nochmal« mit ihnen zu befassen brauchte." * Di« »Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt schein Fe«iHetsn. Schloß Erlenhof. 17s Roma» von O. B a ch. «-»dm« endet«», (Fortsetzung.) »Fräulein Förster ist Ihnen treu ergeben?" fragte er leise. »Wie eine Schwester", antwortete Hertha befremdet. »So wäre eS gut, wenn Sie für kurze Zeit, schon von diesem Abende an, die Gastfreundschaft der jungen Dame in Anspruch nehmen könnten; Sie würden mir dadurch eine Be ruhigung gewähren", setzte er liebreich binzu. »Sie furchten für mich?" klang e« leise zurück. »O, lieber Freund, wa- kann mir denn jetzt noch Schlimme« geschehen? Ich bin frei aus verhaßten Banden; der Gedanke ist mir noch so neu, ich kann den Zusammenhang nicht fassen, aber ich weiß, daß Sie mein Retter geworden und ich e« Ihnen verdanke, daß ich Ulrich angehören darf." »Nicht mir", entgegnete er ernst, »ich allein hätte e« nicht vermocht, Sie vor den Plänen Ihrer Verwandten zu schützt». Fräulein Schirmer verdanken Sie eS nächst Gott, dessen Wege wunderbar sind, und der jenes edle Mädchen zu Ihrem Br,- sland hergeführt hat. Erfüllen Sie meine Bitte, Hertha", bat er dringender, »ich fürchte den Haß Nora'«, die Rache des alten BaronS, den Wahnsinn Arabella Gternau'S, den man gegen Sie, Hertha, benützen könnte." »Else Förster war auf einen leisen Wink Hertha'« rasch naher gekommen. Riedel blickte freundlich in da« rosige Gesicht Else'«, indem er leise sagte: »Nebmen Sie Baronesse Dornstedt für kurze Zeit unter Ihren Schutz, Fräulein. Die Krankheit der Baronin, die schwerer ist, al« sie scheint, bietet die beste Ent schuldigung, deren eS übrigen« nicht bedarf, wenn ich von dem Baron die Erlaubniß fordere, bi« zu Ihrer Vermählung mit dem Grafen Bredow im Nachbarhause leben zu dürfen. Sie machen bald Hochzeit, wie ich gehört", fuhr er fort, indem er herzlich die Hand de- errotheten Mädchen« drückte: »Hertha wird Sie begleite»; rin liebende« Mädchen stört niemal« eia liebende« Paar." Else umschlang zärtlich den Hak« der Freundin. »Herr Pfarrer, Sie stad rin himmlischer Mensch", jauchzte sie, „Du kommst zu uu«; Mama wird Dich al« zweite« Töchtrrchrn verhätscheln. na, und mein Otto? Der betet Dich ja an, »ud wen» ich nicht seiner so sicher wäre, dann —" „Aber Else", klang »« dicht dahinter, und da« neckend« Gesicht Baumann'S tauchte auf, „eifersüchtig, drei Tage vor der Hochzeit? Bitte, Herr Pfarrer, sagen Sie meiner Braut, daß dir Eifersucht eine schwer wiegende Sünde ist, die ich nach unserer Hochzeit nie verzeihen werde, denn, wenn selbst Sie, Baronesse, da« zweite „Ich" meiner kleinen Braut nicht sicher vor ihrer Eifersucht sind, Sir, die Verlobte de« liebens würdigen Manne«, dann, ja dann ist eben Else unbeilbar und meine Treue nützt eigentlich so wenig, daß ich —" „Unterstehe Dich nur, Anderen den Hof zu machen!" lachte Else auf. „Auf jeden Fall ist der Gedanke de« Herrn Pfarrer« köstlich, und ,ch nehme Dich gleich mit mir, ohne erst die Erlaubniß Deine« Onkel« abzuwarten. Du, Hertha, die Ueberraschung hätte ich nicht erwartet. Wer hätte den» dem Rudolf, der so harmlo« anSsirht und so ehrlich thun kann, solche Streiche zngetraut!" Eine glühende Rötbe flog über Hertha'« Antlitz. — Wa« ihr heute geschehen, welcher Gefahr sie entkommen war» wurde ihr erst in diesem Momente ganz klar. In ihrem Glücks- gesiihl halte sie noch nicht zu fassen vermocht, wie verbreche risch Rudolf an ibr gehandelt hatte, zu welchen Mitteln ihre Verwandten gegriffen, »m sie von ihnen abhängig zu machen. In ihrer bolde» Unschuld ahnte sie auch jetzt noch nicht, wel che« Schicksal sie bedroht, wenn der Plan Nora'« gelungen, und sie «ine Ehe mit Rudolf ringcgangrn, die vom Gesetz nicht sauctionirt werden durfte. Und dock mußten wichtige, schwerwiegende Gründe geltend gemacht worden sein, um den alten Baron zu einer Hand lung zu bewegen, die ihn und seine Familie in ein so sonder bare« Licht stellte. Sie hielt e» daher nicht für recht passend, da« Hau« ihrer Berwaodten nach jenem Auftritt plötzlich zu verlassen und dadurch der Klatschsucht, die heute schon viel Nahrung erhal ten, neuen Stoff zu geben, obgleich sie die Unmöglichkeit fühlte, nach dem Geschehenen mit jenen Leuten freundlich und Harm lo« zu verkehren, wenn sie auch nicht die Furcht und Besorg niffe Riedel « theilte, der für sie eine Gefahr witterte» au d»e Hertha in ihrer Harmlosigkeit nickt dachte Sie blickte ziemlich rathlo« umher» ehe sie auf Else'« zärt licke Bitte eine entscheidende Antwort gab, allein, ein schnell ausgrfangeoer Blick Nora«, der sie wie ein Dolchstich traf, der den ganzenalühenden Haß, die Rachsucht verrieth, welche die Seele de« Mädchen« bewegte, ließ sie zu einem Entschlüsse gelangen. Wie von einer unfaßbaren Angst befallen, ergriff sie hastig den Arm Else«, und sich zu ihr neigend, flüsterte sie: „Nora flößt mir Furcht rin; ich folge dem Nathe de« Freunde«, ich komme mit Dir." Weder sie, noch Else, noch Riedel batten in ihrer Aus reguug bemerkt, daß Graf Bredow mit Rudolf Eternau in «tue» kurzen, leis« geführte« Wortwechsel gerathen war, der damit endete, daß der Graf, sich kühl vor dem jungen Baron verbeugend, sagte: „Ich erwarte morgen Ihre Bestimmungen", woraus Rudolf, die Lippen fest zusammeupresseud, uur mit einer Verbeugung antwortete. Gleich daran» trat der Graf in den Tleinen befreundeten Krei-, der ebenso, wie die anderen Gäste, sich zum Aufbruch rüstete. Mit einer zärtlichen Hast ergriff der junge Man» vie Hand seiner Verlobten, dir er innig an seine Lippen führte, indem er ihr zuflüstert«: .Hertha, mir bangt um Dich, warum habe ich nicht schon da« Recht, Dich zu schützen, vor Gefahren zu behüten?" Sic lächelte ihn, zärtlich zu: »Fürchte nicht«, Geliebter, ich meide die Gefahr, deren Nahe ich fühle." Sich »u ihm neigend, raunte sie ihm zu, daß sie den Ent schluß gefaßt habe, sich unter den Schutz der ihr so innig befreundeten Familie Förster zu stellen. Paula Schirmer und Felicie Sternau batten heimlich, kurz nach dem Souper, an dem sie nur scheinbar Thcil ge nommen, die Villa Sternau verlassen Hertha hatte mit Paula ei» paar herzliche Worte gewechselt, wobei sie die Bitte ausgesprochen, ihr Nähere« über ihr Leben mitzuthcilcn: mit Felicien balle sie nur rin paar flüchtige Worte, eine» forschen den Blick getauscht, der aber genügt hatte, um gegenseitige Sympathie zu erwecken, die auch Else Förster für Felicie empfand, obgleich eS ihr vorkam. als ob ihr Otto gar zu oft und viel zu bewundernd zu der schönen, jungen Frau hinüber geblickt, um die er sich, nach ElSchen'S Meinung, gar nicht zu kümmern habe. Der Aufbruch der letzten Gaste, zu denen Else, Bredow, Baumann und Pfarrer Riedel gehörten, geschah sehr schnell; die Atmosphäre erschien Allen drückend, und Nora wie ihr Vater atbmeten wie von einer tödtlichen Last befreit auf, al« die Schritte deS letzten Gaste- auf den Marmorfliesen deS Vestibül- verhallten und der Riegel vor die eiserne Eingangs pforte deS Vorgartens geschoben wurde. Vater und Tochter befanden sich allein in den weilen, noch im hellsten Lichlerglanz strahlenden Gemächern. Rudolf halte, auf einen furchtbaren Sturm gefaßt, wohlweislich daS Feld schleunigst geräumt, und mit einem sonderbaren Blick, der etwa« Tobte«, MedusenhafteS hatte, starrte Nora die Gestalt de» Vater« an, die, zum Tode erschöpft, bleich uod kraftlos in dem Sessel lehnte. Mit einem eisigen Lackeln schloß sie die Thür, die au« dem jetzt doppelt öde erscheinenden Salon in die anderen GescllschaftSräume führte, in welchen die Dienerschaft damit beschäftigt war, die Ordnung herzustellen. Mechanisch zog sie die schweren Sammetportiären, die den Schall der Stimmen dämpften, zusammen, dann trat sie dicht an den alten Baron heran, und die dunkeln, finster blickenden Augen fest, fast drohend auf ihn heftend, Nang e« leise, bebend vor bar ossiciöS: Aus dem Wege über London wird an- Rom gemeldet: Die französische Regierung habe bei Italien gegen die Ernennung re» Grasen Taverna zum Botschafter in Berlin protestirt. In dieser Form dürfte eine französische Kundgebung kaum erfolg! sein. Im Uebrigcn bleibt tue Bestätigung der Meldung, von der hier bisher nicht« bekannt ist, überhaupt noch zu erwarten. * Au« Halle a,S. wird uns vom 27. März geschrieben: Der Nationatliberalr Verein der Stadt Halle a,'S. und deS SaalkreiseS feierte das Lüjahrige Besiedln der national« liberalen Partei am Sniiabend Abend in den „Kaisersitten". Er« Sssnet wurde die gut besuchte Festlichkeit durch den seiten« einer Musikcapelle ausgesuhrten Mcperbeer'schen Krünunqsmarsch, dem da« Weihetied „Sind wir vereint zur gute» Stunde", gesungen von der Fesrversomintung, folgte. Nach der Jubrl-Ouverture von Earl Maria von Weber ergriff der BerelnrvorslNende, Herr Rechtsanwalt Elze, das Wort zur Begrüßung der Erichieuenrn und Bekanntgabe de« Zioecke« der Zujouiineiikunst. In daS am Schluss« der Aniprache ausgebrachte Hoch aus Se. Majestät den Kaiser stimmte Alle« drei« mal begeistert ein. Die Festrede hielt der Generaljecreiatr der Partei, Herr Pätzig. Redner warf eine» Rückblick aus dt« verflossenen 2ö Jahre, hob die Thaligkcit der Natioiialtiberaien Partei tm patt« tischen Leben hervor »nd ermahnte die Anwesend«», auch fürderhin treu zur Partei zu holten. Auf die mit großem Beifall aus« genommen« Rede folgte der Gesang mehrerer patriotischer Lieder, woraus Herr De. Ntemcyer aus da« Baterland und Herr Rechts« anwalt Itr Keil aus den Fürsten Bismarck toastete». Den Lhetl- nehmer» am FcstcommerS wird derselbe gewiß noch lange tu an» geuehmer Erinnerung bleiben. * Wiener parlamentarische Lkreisr halten da« Verbleiben deS dcutschliberalrn Ministers Grafen Khuenburg nach der Erklärung de« SladthalterS von Bödmen, welche dcn Wortbruch bcS Feudaladels beschönigt, für ausgeschlossen, zumal versichert wird, Gras Khuenburg habe die erwähnte Erkläruug ohne Befragen der Führer der drutschlibrralru Partei gutgebcißcn. * Im oöhmischen Landtage kam «S zu einer stürmi schen Demonstration gegen den Unterrichtsminister Gautsch. Bei der Begründung seine- Anträge« wegen Regelung der Rechtsverhältnisse der Lehrer besprach der Iungczeche Herold das Verbot der Comeniusfeirr durch den Unter richt-minister und sagte: „Au der Spitze der UnterrichtS- verwaltung steht ein Mann, der eS gewagt hat, da- Andenken des größten Pädagogen der Well zu verunglimpfen. (Rufe auf den Bänken der Iuugczechcn: „Schmach ihml") Diese kleinlichen Epigonen beflecken in zwergbaster Verwegenheit die Ehre von Männern, welche die ganze Wett hochhätt. (Beifallssturm der Junaczrchen.) AuderSW» würde ein solcher Minister nicht 24 Stunden im Amte bleiben. Nur in Oesterreich, wo dir Wiege de« Comeuiu« stand, ist e« möglich, daß ein solcher Parvenü sich gegen Comeniu« ungehindert erheben darf." (Beifallssturm im Saale und auf der Galerie.) Der Obrrstlaodmarschall: „Der Redner gebrauchte vom Minister den Lu«druck Parvenü " (Rufe der Iungczechcn: -Der gebührt ihm auch!" „Gautsch ist nicht« andere«.") Obrrsttandmarschall: „Ich erkläre, daß ich den Ausdruck nicht für anständig halte." Iungczeche Graf Kaunitz: „Dieser Ausdruck ist noch zu gut für deo Minister Gautsch." (Anhaltende Bewegung.) * Au« Pari« wird vom 26. März gemeldet: Die Sitzung der Deputirtenkammer, in welcher vie Interpellation Drlahaye« über dir Vorgänge in der Kirche Saint Merry zur Verhandlung kam, war ziemlich erregt. Der Prälat Abg. d'Hulet, welcher seine erste Rede hielt, setzte au-ein- Zorn über ihre farblosen Lwven: „WaS nun? Welcher Macht bist Du unterlegen? Wa« weiß der Pfarrer, wa« weiß jene- Weib von Dir, da« sich wie da« verkörperte Un glück an unsere Fersen heftet? Warum hast Du Felicie in unseren Kreisen als zu un« ge hörend anerkannt und un« damit zum Gespött« der Welt gemacht, Rudolf zum Verbrecher an Ehre und Recht ge stempelt. ihn für unsere Gesellschaft unmöglich gemacht? Wodurch ist bei der Mutter beim Anblick jene» schrecklichen Mädchen« der Wahnsinn zum vollständigen Ausbruch ge kommen? Du schweigst! Gut, so will ich e« Dir sagen, ich. Dein eigene« Kind, daS den Fluch, den die Unlhat der Eltern auf die Häupter ihrer Kinder wälzt, mit sich hrrumschlepprn muß, weil" — sie neigte sich dicht an da» Ohr deS Vater«, der keine« Wortes, keiner Bewegung mächtig war — ^weil Du den tödlichen Schuß aus — Onkel Heldberg aerichtrt. weil Du, um Dein Verbrechen zu verbergen, den Zündstoff geschleudert in das Haus, in dem Du Dcmen Todfeind ver- mutbetest, — weil", ihr Athen, wurde keuchender, ihr Antlitz bleicher und bleicher, „jenes Mädchen, da« damals auf dem Schlosse de» Onkels gelebt, Zeugin Deine« Verbrechen« ge worden und Dich beute durch die Mitwissenschast Deiner Unikaten zn ihrem Sclavrn gemacht bat." Nora war furchtbar in ibrer Anklage. Die langen Haare hatten sich gelöst und sielen wie eio dunkler Mantel über ihre halb entblößte» Schultern; die Augen glühten unbeimlich; in einem wilden Feuer blitzten sie unter den zusammengezogenen Brauen hervor; der blaffe Muud war von einem herben, bösen Lächeln verzerrt, drohend, wie eine Racheaöttin die Hände zusamineiigeballt, stand sie vor dem alten Manne, der bei den entsetzlichen Worten seine« eigenen Kinde«, da« einzige Wesen, da» er wirklich geliebt, zusammengeznckt war, al« trasr ihn jede- ihrer Worte wir rin Dolchstoß; den Koos aus die Brust gesenkt, da« Auge starr vor sich hin geheftet. Kein Wort, kein Ton entrang sich der grauältri« Brust de« Manne«. Er wagte nicht, den Blicken Nora « zu begegnen: er wagte nicht mehr zu leugnen, nicht von Neuem da« frevelhafte Spiel zu beginnen, da» er unternommen, um Hertha'« Willen dem seinigen zu unterwerfen. Der Schleier, der so lange über jenem Verbrechen gelegen, war gelüstet; man hatte ihn beute «n dem Momente» wo die böse Saat d«e erwünschten Früchte bringen sollte, vor seinen Augen weggezogrn, ihm bewiesen, daß e« einen richtenden und strafenden, einen gütigen und beschützenden Gott giebt, der die Schuldigen findet und die Unschuldige» behütet in den Momenten der größten Gefahr. Einige Secunden blickte da« Mädchen stumm und w»rtlo« auf den alten Manu, dessen schreckliche« Schweigen bewir«, daß ihre Worte wuchtig da« Herz de« Vater« -«troffen hatte»; «in leiser, ächzender Laut rotraa- sich de, wogende» Vruft
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