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Dresdner Journal : 31.03.1867
- Erscheinungsdatum
- 1867-03-31
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186703314
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18670331
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18670331
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1867
- Monat1867-03
- Tag1867-03-31
- Monat1867-03
- Jahr1867
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- Dresdner Journal : 31.03.1867
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— -^—>— —— . —-— . .. .. - —-.- ^:- tH§ 75. ß Sonntag, den 31. März. 1867. I» -uolo»-» > tritt kvit u. 8t.mp.I- ,»»cttl»x luoiri. «ritlr- 1 „ 15 „ »00.Ui-t>: — „ 15 „ »userateupretsr: ^Nr ä.s N.om «lo.r r«»p»Iteo«l> 2eil.: 1 Ngv. vutor „Lluxs—oat" cki« 2.II«: S Nssr. Lrschrinnl: ^NUN«5, «Ul -uio.Iim« 6er 8vvo- v»6 k'eiertLx«, ttd«uä» kirr äeo kolxeockei» 1«^. DresiMkrÄmmml. VerantwoMcher Redakteur: I. G. Hartmann. -»seratetuunlahwr mtonärw! L«ix«tU: k» S»^»o,r»t>r»», ä«, I)r«,äll«r ^oorir»!,, «d.ocl»,.: H L»ar.»>, Lva», S»md«r, Vl«o-rr»»tkirrt «.N.: Nn»»»,,»i» L Voor.»»; L.rUnj ü»orrv»'»elr« iioedl»., 1t»r««»r»»'» Sore«»; Ir,»«», L. 8v»l.oi-r»; 8r.»I«a: Q. 8,.».»»',>tnlloi>-«i>dvr««n, U»»«» St 8.»»iau.v»>»; knult^uit ». N.': Luvdk.; Löt»; -to. LLo»««»;k»r1»: I>^rrir», Lvt.t.1»» t 6o., (8, kl»«« ck» I» LouiB«); kroUk'» Lu»l.ion'o Luovk.; 771.»: Xi.. Orr»l.l» Hrrnxgrbrrr Ltznlgl Lrp.äitic>o 6e« vr«,6ll«r ^oun»»I», vr.»6.o, L1»rien»tr»«»« N.. 7 Amtlicher Thril- Dretden, 30. März. Ihre Majestät die Königin Elisabeth von Preußen sind heute Nachmittag 3 Uhr nach Eharlottenburg abgereist. Bekanntmachung. Mit allerhöchster Genehmigung wird von dem 1. Mai jetzigen Jahre» an die Aushebung de- Berg amte» Altenberg und die Ueberweisung der Ge schäfte desselben an da» Bergamt Freiberg erfolgen, ohne daß dadurch in den bestehenden Revier-Einrich tungen eine Aenderung herbeigeführt werden wird. Der dieserhalb ergangene« Verfügung deS König lichen Finanz - Ministerium- gemäß wird Solche» an- durch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Freiberg, den 27. März 1867. Das Königliche Oberbergamt. Frhr. ». Beust. Nichtamtlicher TIM. «edersicht. Telegraphische Nachrichten. T»ßr»ßrschichte. Berlin: Die BerwaltungSorganisa- tton in den Elbherzogthümern. Berliner Pfandin stitut. Postenangelrgenheit. Zur luremburgschen Frage. Vom Reich»tage. — Hannover: Stadtkommandan ten penstonirt. Die Militärärzte. Freilassung u. Deti- rrirte nach Minden. — Marburg: Freisprechung. — Flrn-burg: Eidesverweigerungen bei Controlver- sammlungen. — Weimar: Militärische Erleichterungen für die thüringschen Staaten.— Wien: Zur orien talischen Frage. — Prag: LandtagSwahlen. — Tep» litz: Ehrenbürgerrecht an Baron ».Beust. — Eger: Freude über den Wahlsieg. — München: DaS Mi- litärorganisationSproject nicht in Berlin notificirt. — Stuttgart: Note deS ständischen Ausschusses betreffs de» Alltanzvertrag» mit Preußen. — Karlsruhe: Resultate der Rinderpestconferenz. Die Wahlen zur Generalsynode. — Luxemburg: Zur Situation.— Pari»: Badereise deS kaiserlichen Prinzen. Beför derung. Au« Haiti. — Florenz: König!. Dekret. 1 Vicepräfidentcnwahlen. — Madrid: Eisenbahnun- glüch. — London: ParlamentSverhandlungtn. Un- glick-sall auf de« „Great Castern." — Kopenha gen: Journal in Anklagezustand. — Stockholm: Der ConstitutionSauSschuß gegen eine Ministeranklage. — St. Petersburg: Untersuchungen. Die Polen in Sibirien. — New-Bork: Absetzungen. Ueber- schwemmungen. Die Nationalschuld. Statistik und «olttwirthschaft. Feuilet». Inserate, Tugrskaltader. vörsennach- richte». Beilage. Ernrnnnngen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Dreidner Nachrichten. Pravinzialnachrichteu. (Leipzig. Löbau.) vermischte«. Siagesaudte«. Statistik und valktwirthschaft. Inserate. Lelegraphischt Nachrichten» Wien, Freitag, LS. Märr, Abend». (W. T. B.) Der italienische Minister Gras Cibrario ist in einer besonder« Mission hier eingetroffen. Pesth, Sonnabend, 30. Mar;. (W.T.B.) Eine kaiserliche EntsHlirßung hebt die Gendarmerie Un garn» aus und überträgt die Obliegenheiten derselben aus die Lande»- und Munieipalbehörden. Da» Unterhau» »ahm in seiner heutigen Sitzung da» Siebrnundsechziger-Elaborat, betreffend die ge meinsamen Angelegenheiten, mit 257 gegen 117 Stim me» an. München, Freitag, 29. Miirz, «achmittaa». (W. T. B.) Der Ariegiminister v. Prankh hat, wie schan seit längerer Zeit erwartet, sei« Entlassung«,»sich ringrrricht; al» Grund desselben gilt die Verzögerung und Erschwerung de» Heerebrrsormgesetze« seilen der Kammer. Pari», Freitag, LV. März, Abend». (W.T.V.) In der hruttgrn Sitzung de» gesetzgebenden Körper» theiltr Graf Walew»ki mit, daß er sei» Präsidenten amt nirdrrlrgr, und verließ den Präsidentrnstuhl, der daraus von de« vieepräfidente« Schneider eingenom men wurde. E» rireuliren Gerüchte über Verände rungen im Cabinet. Da» „Avrnir national" meldet an» dem Haag da« gestrigen Tage, daß die Abtretung Luxemburg» an Frankrcich rin knit »ecompll sei. Eine Depesche an» Pari» habe den König benachrichtigt, daß der betres- sende Vertrag abgeschlossen sei. Der König habe die Abtretung atSbal» der preußischen Negierung «ati- firirt. Einer Mitthrilung der „Franrr" zufolge hatte der Prinz von Oraairn die telegraphische Benachrichti gung, daß zur Eröffnung der Ausstellung keine Feier lichkeit siattfindrn «erde, zu spat erhalten und sei in Pari» einaetroffen. Da» „Memorial diplomatique" dementirt dir Nach richten von der Sendung Froffard'S nach Luxemburg und von der Existenz einer österreichisch-preußischen Allianz Pari», Sonnabend, 30. Mär;. (W. T B.) Der heutige „Moniteur" bringt einen Vries de» Grasen WalewSki an den Kaiser, in welchem r» heißt: Per sönliche Meinung-Verschiedenheit ;wischen mir und mehrrrn Mitgliedern der Regierung veranlaßte» mich, meine Demission al» Präsident de» gesetzgebenden Körper» im Interesse der Eintracht ein;ureiche«. Brüssel, Sonnabend, 30. März. (W.T.B.) An» Pari» meldet rin Telegramm der „Jud^prndanre belge": Dir Nachricht, daß zwischen Preußen und Frankreich eine Verständigung wegen der Vereinigung Luxemburg» mit Frankreich erzielt und nur noch Ein- zrlnhritrn mit Holland zu regeln wären, ist unbe gründet. Londan, Sonnabend, 30. Marz. (W.T.B) Der ehemalige Gouverneur von Jamaica, Ehre, äst von dem FriedenSgrricht sreigesprochen wordrn. Konstantinopel, Freitag, 29. März. (W.T.B.) E» wird versichert, daß die feiten Frankreich», Rußland» und Oesterreich» projrrtirte Urbergabe einer förmlichen Eollertivnote, welche der Pforte die Abtretung Kan dis» empfiehlt, nicht ausgegrben sei, weil England den Beitritt zu derselben verweigert habe, sondern weil zwischen Frankreich und Rußland in dieser An gelegenheit Differenzen entstanden seien. Frankreich habe nämlich für den Fall, daß die Pforte Kandis abtrete, eine gemeinsame Garantie für sämmtliche unmittelbare Territorien der Pfortejfvrrlangt; an der Weigerung Rußland», diese Garantie zu leisten, sei da» Projekt einer bemeinsamen Collertivnote gescheitert. Omer Pascha übernimmt den Oberbefehl im Epirus und in Albanien; da» Hauptquartier desselben wird in Prrvrsa sein, wohin da» türkische Geschwader zehn neue Bataillone überführen wird. Der „Levante-Herold" vom 22. März meldet, die Pforte habe die Forderungen de» Birrkönig» von Aegypten abgrlrhut, worauf derselbe die Abberufung der ägyptischen Truppen von Kandis und die Ver weigerung dr» Tribut» androhte. Der Minister de» Auswärtigen de» Birrkönig», Nubar Pascha, habe Letztere» bisher nicht mitgrthrilt, in der Hoffnung, durch die Unterstützung de» französischen Gesandten die Forderungen de» Birrkönig» noch durchzusetzrn. Belgrad, Sonnabend, 30.März. (W.T.B.) Der Fürst Michael von Serbien »st heute nach Konstanti nopel abgrreist. TagesgeschichLe. Berlin, 29. März. Die „N.A.Z." schreibt: „In Hinsicht der verschiedenen durch die Zeitungen gehenden Nachrichten über die Organisation der Verwaltung in den Herzogthümern Schleswig und Holstein ist zu bemerken, daß alle die bisherigen Angaben nur auf Vermuthungen beruhen, die keinen festen Boden haben. Uebcr die definitive Organisation der dortigen Verwal tung ist ein Beschluß noch nicht gefaßt, und es wäre voreilig, aus dem gegenwärtigen Provisorium in jeder Beziehung eine Folgerung für daS künftige Definitivum zu ziehen. Und wenn in nächster Zeit, wie wir hören, dem Baron von Scheel-Plesscn wahrscheinlich ein Vice präsident beigegeben wird, so ist dadurch Wohl keine definitive Feststellung im Verwaltungsverhältnisse be dingt, ebenso wie durch die dem Präsidenten v. Möller in Kassel verliehenen Oberpräsidial-Befugnisse noch nicht über den Provinzialverband der dortigen neuen Landes- theile entschieden ist. ES ist nur eine dem System in den ältern Provinzen deS preußischen Staats ent sprechende Einrichtung, wenn für die speciellen Vcr- waltungSangelegenheiten des Regierungsbezirks neben dem Oberpräsidialchef ein Biceprästdent fungirt." — Der Magistrat hat seine Berathungen über daS pro- jectirte Berliner Psandbriefinstitut nun beendet und vorgestern da- Resultat derselben der Stadtver ordneten-Versammlung mit dem Vorschläge zugesandt, daS Elaborat durch eine aus Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung zusammengesetzte Deputation vorberathen zu lassen. Die Beschlüsse des Magistrats gehen dahin, die Grundstücke nur bis zur Hälfte de- Werthes zu beleihen. Als Werth soll die Hälfte der Summe der Feucrtare und des capitalistrten Ertrags angenommen werden. — Der geheime Postrath Stephan wird sich heute wieder nach Frankfurts. M. begeben, um als preußischer Commissar bei der Ueber- nahme deS Thurn- und Taris'schen Posteigcnthums zu fungiren. — Ueber die luremburger Angelegenheit bringt die „Köln. Ztg." aus Brüssel folgende Mitlhci- lung au» angeblich unterrichteter Quelle: „Der preu ßische Ministerpräsident war bisher zweimal in der Lage, sich französischer Diplomatie gegenüber über seine Auf fassung des etwa» unerwartet aufgetauchten luremburger Zwischenfalle- zu äußern. Die erste Antwort des Grafen v. BiSmarck sei, heißt e», in Pari» nicht ungünstig aus genommen worden, obgleich sie die eigentliche Ansicht deS Berliner CabinetS nicht enthielt, sondern nur auf die Nothwendigkeit einer vorherigen Verständigung mit dem Könige von Holland als Großherzog von Luxemburg hin- wie». Mittlerweile aber ist sicher, daß der König der Niederlande fest entschlossen ist, sich eines Besitzes zu entäußern, der ihm seiner Ansicht nach nur Ungelegen heiten verursachen könnte. Auch die» scheint in Berlin mitgetheilt worden zu sein und die zweite Bismarck'sche Antwort hervorgerufen zu haben, die zwar auch sehr ausweichend gehalten, dennoch aber ziemlich deutlich durchblicken ließ, daß für den Moment Preußen um so weniger in der Lage sei, einen strategisch so wichtigen Platz, wie die Festung Luxemburg, aufzu geben, als selbst durch eine Schleifung der Werke die natürliche Lage de» OrteS noch immer Bedenken erregend genug sei, um nicht eine äußerst vorsichtige Behandlung gerade dieser Angelegenheit zu bedingen. Diese vor etwa vier oder fünf Tagen in Paris angelangte Aus kunft hat dort natürlich einen sehr unangenehmen Ein druck hervorgcrufen " b Brrlin, 29. März. In der heutigen 2l. Sitz ung de» Reichstages wurde di« Vorderathung de» BerfasiungSentwursS, Abschnitt V (Reichstag) fortgesetzt. Die DiScussion beginnt bei Art. 22, welcher den ein zigen Satz enthält: „Die Verhandlungen des Reichstags find öffentlich." Hierzu sind folgende Anträge gestellt worden. Abg. AuS seid: dem Art. 22 binzoznsügcn: „Die Veröffentlichung and Verbreitung wahrheitsgetreuer Berichte über Verhandlungen deS Reichstage- oder über Theile derselben ist unter keinerlei Umständen strafbar." Abgg. Fries und LaSker: Art. 2r hinzuzusetzen: „Wahrheitsgetreue Berickte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstages bleiben von jeder Ver- antwortlichkeit frei." Die Debatte hierüber eröffnet Abg. Lasker: „Aus der Oesfeutlichkeit der Verhandluugen folgt der Schutz der wahrheitSgctreuco Berichte. Das ist ein unbestrittener Satz, der selbst während der Reaktion in Preußen anerkannt wurde. Das Gesetz über den Schutz wokrheits- aetreuer Berichte übet den Reichstag erlebte beim preußischen Landtage seltsame Geschicke (welch- der Redner vorführt, um zu beweisen, daß ein Gesetz, besten Annahme vom Volke für ge sichert gehalten wurde, un letzten Stadium im Herrenhause trotz dessen anfänglicher Geneigtheit für dasselbe am Widerspruch« des Grafen v. BiSmarck scheiterte). Der Reichstag Hal alle damals vom Ministerpräsidenten ausgesprochenen Befürchtungen zu Schanden gemacht. Nachdem wir gestern das allgemeine Wahl recht beschlossen haben, ist eS nothwendig, daß sämmtliche Wähler genaue Kenntniß von den Verhandlungen erhalten, um sich ein Urthetl über die Stellung der eiozeluen Mitglieder und ihr Verhalten zu bilden. Das erreicht mau nicht durch 128 Plätze auf der Tribüne, die wahre Oestenllichkeit ist auf der Tribüne, wo die Presse sitzt. Wir sind getröstet worden mit einer mil den Anwendung der Gewalt der Regierung, anzuklageu und mit Beschlag zu belegen. D>eS ist jedoch das gefährlichste Priucip; es ist die Presse mit dem Strick nm den Hals. Wenn sie aber den Berichterstattern eine (Lensur und Selbftcorrcctur auferlegen, so werden diese die gefährlichen Stellen so ein zuhüllen wissen, daß sich doch das Publicum darunter denken könnte, waS es wollte Das ist noch gefährlicher für die Re gierungen. Der Couservatismus ist iu Hanuover wcht bis zu diesem Punkte vorgeschritten, bei uns soll der Justizminister in Verbindung mit dem Minister des Innern die Staats anwälte dirigiren, bald milde bald strenge zu seio. Man bleibt milde und hoffentlich so lauge der Strom günstig ist; sobald aber der geringste Widerstand gebraucht wird, fällt der unwillig angenommene bösliche Ton. (Vielfaches Murren recht-.) Wenn der preußische Justizminister nicht eine Einwirkung auf fremde Bundesministerien ausübt, wird im Nachbarlaude eine Rede gedruckt werden dürfen, die in Preußen unterdrückt ist; sie wird eben deswegen im Auslände mit dem allergrößten Interesse gelesen werden und doch nach Preußen kommen. Das ist eine anarchische und büreaukratische Unordnung." (Bravo links.) Abg. Becker: „Ohne das Ausfeld'sche Amendement darf man auch >m Art. 22 nicht sagen, „die Verhandlungen sind öffentlich"; denn das Wort des Redners ist m dem Augenblicke veröffentlicht, wo es gesprochen ist, es wird es nicht erst durch die Veröffentlichung iu der Preffe. Es ändert im Principe nichts, wenn nicht die gesummte Nation, wie sie durch den Art. 22 eingeladea ist, aus Räumlichkcitsgründen den Ver handlungen beiwohnen kann. Man würde ohne dieses Amen dement schließlich den Drucker und Berichterstatter bestrafe«, nicht aber de« Redner, mau würde die allerfchlechteste Eenlur eiuführea, die »S gäbe, die der Buchdrucker und Buchhändler. Wir hatte« eine solche schon vor tu Jahren, als die Provin zialblatter die Reden der oppositionellen Abgeordneten nur daun abzudruckcn sich getrauten, weno sie in der „Kreuzzeituog" gestaoden hatten " Bundespräsident Graf v. Bismarck: „Die verbündeten Regierungen befürchten von der Freiheit der Veröffentlichung der Parlamentsreden keine Gefahr. Wir haben gesehen, dap Reden aus dem preußischen Abgeordnetenhaus«, wie sie wohl stärker io keiner Versammlung dieser Art gehalten waren, ver öffentlicht wurden ohne jegliche Gefahr. Die Gründe, die un» veranlaßt haben und mich bei einer ander» Gelegenheit per sönlich —, einer solchen gesetzlichen Bestimmung, wie sie hier von jener Seite (links) betmwortet wird, zu widersprechen, find andere; ich kann sie wohl bezeichnen als Gründe der Sittlich keit. Es giebt viele Dinge, die ein Staat dulden kann — er kann sie ignoriren; aber etwas Anderes ist es, sie gesetzlich z« sanctioniren. Dazu rechne ich auch das Recht, einen andern Mitbürger zu beleidigen, ohne daß dieser irgend eine Genog- thuung dafür finden könnte. Ich will von Verbrechen, die man mit Worten begehen kann, nicht reden; ich rechne gar nicht darauf, daß sie au der Stelle begangen werden würden. Ich will nur reden vom Schutze der Ehre eines jeden Bürgers, welchen Schutz das Gesetz ihm schuldig ist. Diesen Schutz ihm zu entziehen, das halte ich — ich wiederhole es — gegen die Sittlichkeit, gegen die Menschenrechte. Uuter Menschenrechte« lasse ich mir ausdrücklich diejenigen gefallen, welche in Frankrcich im Jahre NSl adoptirl wurden, und iu die Ver fassung der Republik übergegangen sind. Es heißt darin aus drücklich, und zwar in Bezug auf die Freiheit der opioiov». die Jeder aussprechen könne, daß diese Freiheit darin bestehe, Alles zu thun, was Andern nicht schadet. Diese Restriction legt selbst ein so weitgehendes Actenstück auf, wie jenes. Die Gesetzgebung anderer Staaten, auch die der allerfreiesteu, schützen wenigstens die Privatehre. Ich berufe mich darüber z. B. auf die amerikanische, deren Bestimmungen ich mir habe ausziehcu lassen aus Ksut, 6ommeot»rie» oll ^m.ric»v I»v Vvl I, 244. „Obgleich ein Mitglied des Congreffes außerhalb des Con- grefles nicht verantwortlich ist für Worte, welche es in dem- Feuilleton. K. Histhruter. Freitag, den 29. März, ging Mo- ltbre'» fünfacttge» Lustspiel „Tartüffe" zum ersten Male in der Uebrrsetzung deS Grafen Wolf Baud is st« und in Scene gesetzt vom Herrn Regisseur v. Strantz über die Brrter. Der bei seinem hohen Alter noch gei stesfrische und unermüdlich thättge Mitarbeiter Schlegel- Tieck'- hat sein an Poeten de- In- und Au-landr-, an Shake-peare und Ben Johnson, Hartmann von der Aue und Wirnt von Gravrnbrrg geübte- Uebersetzer- und Nachbildnertalent auf- Neue glänzend bewährt. Paul Lindau, welcher sich in seinem jüngst erschienenen Essay „Moli-re t« Deutschland" al» einen tüchtigen Ken ner dr» französische» ComSdiendtchter- bewährt hat, sagt über die in Rede stehende Bearbeitung der Lustspiele Molibrr'»: „Baudisfin hat durch diese Arbeit, die sich unfern besten Werken in der Uebersetzung-literatur wür dig anschlirßt, Anspruch auf den Dank aller Gebildeten erworben, vornämlich auf den Dank aller Derer, welche durch Förderung tz«, internationalen Verkehr» auf dem über alle Parteiungen erhabenen neutralen Gebiete der Geiste-arbett die politischen Dorurthetle der Nationen zu beseitigen bestrebt find. Baudisstn hat nicht nur «ine literarisch bedeutende Arbeit geliefert, er hat ein« gute «aüonal-deutsche That getha«; er hat bewiesen, daß sich auch in Deutschland ein Mann finden kann, der dem großen Fremdling ein warme« Herz, «in liebevolle» Verständniß entgegenbringt; er hat bewiese«, daß auch ein Moltöre in Deutschland mögltch ist." E« verdient daher unbedingte Anerkennung, daß unser Hoftheater die Initiative er griffen hat, diese werthv ollr schriftstel lerische Leistung für die Bühne nutzbar za machen. Die erwähnt« Abhandlung Lindau » ist ein ebenso beredter, wie beg^indrter Vorwurf gegen die Gleichgiltigkeit, mit welcher Moliöre bisher in Deutschland von dem gebil deten Publicum im Allgemeinen behandelt worden ist, und gegen die Ungerechtigkeit deS Unheil», mit welchem die deutschen Schriftsteller und Literarhistoriker gerade über „einen der größten, der wahrsten und originellsten" französischen Dichter „mit kaum erklärlicher Leichtfertig keit zu einer sehr unmotivirten Tagesordnung über gegangen sind." Der Verfasser hebt hervor, wie selbst Lessing die Moliöre'schen Dichtungen sehr oberflächlich, nur gelegentlich berührte; wie Schiller in seinen ästhe tischen Aussätzen nicht einmal Gelegenheit findet, den Namen de» großen französischen Dichter- auch nur zu nennen, und wie endlich die kritischen Verirrungen Schle gel'- „in Sachen Moliöre'S" längst gerichtet seien. Goethe macht hier allerdings «ine rühmliche Aus nahme. Ein aufrichtiger, großer Bewunderer Mo- liöre'S, nimmt er häufig Anlaß, sich al- solchen zu bekenne«. Seit 1752, bemerkt Lindau, gebe e« keine le-bare Ver deutschung Moliöre'S — al- waenende Eremprl schlechter Uebersetzer werden W. v. Lünemann und Karl Srunrrt hingrstellt — bi» auf diejenige de- Grafen Baudisfin, der mit seiner Wahl dr» reimlosen fünffüßigen Jambu» anstatt dr- franzöfischrn Alexandriner» namentlich auch den Beifall praktischer Bühnenkünstler wie Dawison und Lewinsky sich erworben hat. Bekanntlich nimmt der „Tartüffe" gleichfall» unser historische« Interesse in nicht gewöhnlichem Maße in Anspruch. Moliörr selbst schreibt in der Vorrede zu seinem Lustspiele: „Hier ist eine Comödie, mit der man viel Lärm gemacht hat, dir lang verfolgt worden ist, und die Leut«, die sie ver spottet, haben gar sehr gezeigt, daß st« in Frankreich mächtiger find, al- alle Jene, welch« ich bisher auf di« Bühne gebracht. Die Marqub», die gezierten Dame«, di« betrogene« Ehemänner und die Aerite habe« r» rnhtg htngrnommen, daß man sie dargestellt hat; sie haben sich den Anschein gegeben, sich mit aller Welt über da- konterfei zu belustigen, das man von ihnen gemacht hat. Aber die Scheinheiligen Haben keinen Spaß verstanden, sie haben sich im Vorhinein darüber empört und r- seltsam gefunden, daß ich die Kühnheit hatte, ihr« Grimassen wieder zu geben und ein Handwerk zu verschreien, mit welchem so viele rechtschaffene Männer sich abgrben; ein Verbrechen, da- sie mir nicht vergeben können, und sie haben sich denn auch mit furchtbarer Wuth gegen meine Comödie gerüstet. E» fiel ihnen nicht ein, sie von der Seite anzugreisen, die sie verletzt hat; dazu find sie zu klug, verstehen sich zu gut auf Lebens art, um de« Grund ihrer Seele zu enthüllen Nach ihrer löblichen Gewohnheit haben sie ihre Interessen unter den Schutz der Sache Gotte» gestellt und der „Tartüffe" ist, wie sie sagen, ein Stück, welche» die Frömmigkeit beleidigt. E» ist von Anfang bi» Ende voll GottrS- lästerlichkeit, man findet Nicht» darin, WaS nicht zum Feuer verdammt zu werden verdiente. Jede Sylbe darin ist gottlos, selbst die Gesten verbrecherisch und jeder Wink mit dem Auge, jede Bewegung mit dem Kopfe, jeder Schritt nach recht- oder link- verbergen Geheim nisse, die fie zu meinem Rachthril« zu erklären, Mittel genug finden." Nicht minder bezeichnend ist der Schluß: „Acht Tage, nachdem da» Stück verboten wurde, führt« man in Gegenwart d«S Hofe» rin andere- auf, und der König sagte beim Weggehen zu einem großen Fürsten: Ich wollte doch gar zu gern wissen, warum di« Leute, die an Molitre'S „Tartüffe" solch' ei« Aergrrniß neh men, kein Wort über da- eben gesehene Stück zu sagen habe«. Der Fürst antwortete darauf: Der Grund davon ist, weil diese» de» Himmel und di« Religion »erlacht, »» welch« jene Herren sich gar nicht kümmern, Moliöre'S Eomödie dagegen ste selbst, wa-stenichtvrrtragrnkönnen." 1664 »ar der „Tartüffe" vollendet; e» dauerte jedoch fünf Jahre, bi» er aufgrsührt werden durfte. Vergebens hatte der König seine Zustimmung ausgesprochen, vergeben- gab der päpstliche Legat seine Approbation, vergeben erklärte der größte Theil der französischen Prälaten seine Einwilligung; dir Urbilder deS Tartüffe unterdrückten da- Abbild. In einem eigen- gegen da- verruchte Stück abgefaßten Buche wurde demonstrirt, Moliöre verdiene nicht den Feuertod, wie andere Ketzer, sondern könne auch im Jenseils keine Gnade finden. Endlich nach zwei Bittschriften, deren eine dem Könige sogar mitten im Kriege, im Lager bei Lille, überreicht wurde, that dieser einen Machtspruch und am 5. Februar 1669 er folgte die große Wiederauferstehung de- „Tartüffe" auf der französischen Bühne. Die- ist der Stoff, welcher Gutzkow da- Süjet zu seinem „Urbild de» Tartüffe" lieferte. Eine Wiederaufnahme deS letzter« dürste ge rade jetzt höchst wünschen-werth erscheinen; denn die beiden Lustspiele würden sich gegenseitig ergänzen und ein Nebeneinander derselben wesentlich dazu beitragen, ihnen immer größere» Terrain im Publicum zu ge winnen. Eine künstlerische Intervention in dem ange- deuteten Sinne möchten wir hier vorzugsweise für ge boten erachten; denn besonder- bei ganz gelungene« Darstellungen klassischer Schauspiele au» früher» Jahr hunderten erkennt man, wie neulich von anderer Seite bemerkt wurde, am auffallendsten die tiefgreifende« Wandlungen der Zeit und di« Aenderung dr- Geschmacks auch im gebildetsten Theile de- Publicum». Wenn das selbe, trotz der allgemein ersichtliche« Befriedigung, in seinem Beifalle doch nicht recht warm werden wollt», so scheint un» die Ursache hauptsächlich in dem etwa- veralteten Charakter dr» Stücke» zu liegen. Für Mo liöre'- Zeit waren die von ihm gezeichneten Gestalte» gewitz richtig und natürlich «ad den damals herrschende« ästhetischen Bedürfnissen entsprechend. Daher auch ihre
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