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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010521012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901052101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901052101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-21
- Monat1901-05
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Ämtsölatt des Königlichen Land- und Änüsgerichles Leipzig, -es Mathes und Molizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Anzeigen »Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclameu unter dem NedamonSstrich (»gespalten) 78 H, vor den Famtliennach- richten (6 gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Ziffernsay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertcnannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbejörderung 60.—, mit Postbesörderung .»> 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 255. Dienstag den 21. Mai 1901. 95. Jahrgang. Frankreich und die Machte in Marokko. Man schreibt uns: Vor einem Jahre lenkte sich die Aufmerksamkeit der politischen Welt für kurze Zeit nach dem Norden Afrikas. Die Franzosen hatten in ihrer Sahara-Expedition — im Grunde ein Feldzug zur Eroberung der Tuat-Oasen — so bedeutende Fortschritte gemacht, daß der benachbarte Sultan von Marokko ernstlich be sorgt um seine Herrschaft wurde und Widerstand zu leisten sich anschickte. Es blieb aber schließlich bei lahmen Protesten, weil Niemand in Europa Lust verspürte, der Republik in den Arm zu fallen und dadurch di« marokkanische Frage au'szurollen. Eng land, als die nächstinteressirte Macht, war wegen des Krieges im Süden Afrikas völlig außer Stande, «inen Eingriff zu wagen, die anderen Mächte aber standen zum Theil den Franzosen freundlich gegenüber, zum Theil war ihnen di« Angelegenheit nicht bedeutsam genug, um den Ausbruch eines Krieges zu ver anlassen. Ob mit Recht oder Unrecht, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls verlief die Erregung bald im Sande, der Conflict unterblieb, und die Entscheidung wurde hinausgeschoben. Nicht ganz unerwartet, aber doch überraschend ist die marokkanische Frage, und das, was mit ihr im Zusammenhänge steht, auf einmal wieder aufgetaucht. Die Franzosen waren seit dem vorigen Sommer langsam, aber sicher weiter nach Südwesten vorgedrungen und die Umklammerung Marokkos hatte erheblich« Fortschritte gemacht. In Folge dessen machte sich bei den eingeborenen Stämmen eine wachsende Erregung bemerkbar, die sich ebensowohl gegen den Sultan Ab d u l A zi z, wie gegen die erfolgreichen Franzosen richtete. Di« letzteren werden als „Fremde" angesehen, die aus dem Lande zu weisen sind, und der Scherisf, dem solches nicht gelingen will, erscheint seinen Untrr- thanen als ein Schwächling, der sein Herrscherthum nicht ver dient. Die Erbitterung gegen den Sultan hatte vor einigen Wochen einen solchen Grad erreicht, daß er sich scheute, seinen Palast in Marakesch zu verlassen. Die Erregung ist an manchen Stellen zum offenen Ausbruch gekommen. An der algerisch-marokkanischen Grenze haben blutige Auseinandersetzungen zwischen Franzosen und Einge borenen stattgefunden. Es scheint demnach, daß die Erbitterung der Eingeborenen sich schließlich auf die Franzosen beschränkt und daß man diesen bei ihrem weiteren Vordringen nach Süden ernstlichen Widerstand entgegenzusetzen beabsichtigt. Das mag zum Theil durch die Haltung des Sultans veranlaßt worden sein, der, wie es heißt, die marokkanischen Grenzstämme aufgefordert bat, durch häufige Einfälle in französisches Gebiet die mili tärischen Operationen der Republik im südlichen Algerien zu stören. Diese Meldung wurde bekanntlich vom Generalgouver neur von Algerien in Abrede gestellt, aber die verschiedenen Nach richten aus Nordafrika lassen kaum einen Zweifel darüber, daß die Erklärung eine taktische officiöse Ableugnung ist, der keine Bedeutung beigemessen werden kann. Uebrigens sind seitdem noch andere Nachrichten eingetroffen, welche die zunehmende Ver schärfung der Lage in Marokko bestätigen. Wenn ein fran zösisches Kriegsschiff in der Nähe Tangers kreuzt und der Ueber- bringer eines Ultimatums an den Scherisf ist, so spricht das jedenfalls für kriegerische Absichten, denen der Herrscher von Marokko mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln begegnen wird. Zu denen gehört aber gewiß die Aufforderung an die Grenzstämme, die Franzosen auf ihrem eigenen Gebiete anzu greifen. Wie di« Dinge liegen, ist es nicht unwahrscheinlich, daß der Republik das Hervortreten des Sultans Abdul Aziz willkommen wäre. Der Zeitpunkt für die Aufrollung der Mittelmeerfrage und die Ausbreitung des afrikanischen Colonialbesitzes ist keines wegs ungünstig. England, der gefährlichste Gegner in Afrika, ist augenblicklich ebenso, wie vor einem Jahre, in Transvaal gefesselt. In Italien hat eine offenbare Annäherung stattgefunden, und mit Rußland und Spanien haben wohl schon früher Verständigungen stattgefund«n, di« den Franzosen die Wege ebnen. Besonders Rußlands dürfte man nach dem Petersburger Besuch Delcassos sicher sein. Der Inhalt der Unterredungen zwischen dem Grafen Lamsdorff und dem Minister D«lcassv ist zwar nicht bekannt gegeben worden, a'ber es darf wohl als sicher angenommen werden, daß die Herren zu einer Verständigung über die wichtigsten Fragen der großen Politik, zu denen die Mittelmecrfrage vor Allem gehört, gekommen sind. Wenn Frank reich Rußland abermals seinen Markt zu einer Anleihe öffnet, so ist es selbstverständlich, daß es 'dafür Gegenleistungen gefordert hat. Diese aber müssen in erster Linie in der Zusicherung einer Unterstützung in Nordafrika bestehen. Die Republik verfolgt schon längst den Plan, ein großes Colonialreich von Algerien über das Senegal-Gebiet und Dcchome bis nach Französisch- Kongo zu gründen, Marokko unter ihren Einfluß zu bringen und die Vormacht am Mittelländischen Meere zu werden. Zur Erreichung dieses Zieles hat es den Tuat-Feldzug begonnen und sucht cs seine Grenzen immer weiter um Marokko herum zuziehen, bis es nur eines entscheidenden Schlages bedarf, um die gewünschten Veränderungen zur That zu machen. Warum sollte di« Gegenwart dazu nicht geeignet sein? Ruß land wird Frankreich um so lieber unterstützen, als es selbst ebenfalls eine Festsetzung am Eingänge zum Mittelmeere er strebt. Schon der Vorgänger des gegenwärtigen Ministers des Auswärtigen, Graf Murawjew, hat im Herbst« 1899 in Paris und Madrid Schritte gethan, um einen Platz in der Nähe von Gibraltar zu erlangen; es war damals viel von Ceuta die Rede, auch von den Dschafaran-Jnseln, östlich von Marokko, die eben falls einen guten Stützpunkt für die Flotte abgeben würden. Die Verwirklichung des Planes wurde indeß plötzlich hinausge schoben, vermuthlich, weil die chinesischen Angelegenheiten «inen acuten Charakter annahmen. Eine Gefahr wäre jetzt nur von England zu besorgen, wenn diese» in der richtigen Erkenntniß, daß die Herrschaft über das Mittelmcer ihm schließlich doch wich tiger, als Transvaal ist, Frieden mit den Boeren schließt und damit seine Streitkräfte frei bekommt. Es bleibt gleichwohl sehr die Frage, ob man das wirklich in London thut. Die anderen Mächte haben keinen Anlaß, die französisch-russischen Pläne zu stören. Was Deutschland anbetrifft, so hieß es einmal, wir bätten unser Augenmerk auf die Insel Peregil, un weit von Ceuta, als einer geeigneten Kohlenstation, gerichtet. Später ist dieses Gerücht vollständig verstummt. Was an der Sach: Wahres oder Erfundenes war, läßt sich einstweilen nicht bestimmen. Wir hoffen jedoch, daß unser Auswärtiges Amt bei der Aufrollung der marokkanischen Frage unsere Interessen wirksam vertreten und vor den Ansprüchen Anderer nicht grundloser Weise zurücktreten wird. Oie Wirre» in China. Die Kaiserin-Wittwe von China im Lichte des englischen BlaubucheS. Man schreibt dem „Berl. Tagebl." aus London, 16. Mai: Aus dem dicken Blaubuche, das gestern Abend über die Re- volt« in China und die Mittel veröffentlicht worden ist, mittels deren ein dauernder Friede zwischen China und, wie es der Vice könig von Nanking ausdrückte, der übrigen Welt hergestellt werben soll, ist eine Depesche, die der englische Generalkonsul Fraser am 6. Oktober aus Hankau über eine Unterhaltung an das Aus wärtige Amt richtete, die er mit dem Vicekönig Chang-Chi- Tung über die Angelegenheiten des chinesischen Hofes gehabt hat, auch heute noch von Interesse. Mr. Fraser constatirt zu nächst darin, daß der Vicekönig ihm versichert hat, die Kaiserin- Wittwe bedauere die feindliche Politik, die im Norden verfolgt worden sei, und wünsche, deren Urheber zu bestrafen. Ihre Majestäten seien jedoch in den Händen der reaktionären Minister und hätten vorsichtig vorzugehen. Die Depesche fährt dann fort: „Der Grund, aus dem der Hof Tay-yuan verlassen und nach Si-an gehen wollte, war wesentlich der, aus einer Provinz herauszukommen, die von Boxern wimmelte. Ein anderer Grund war die Schwierigkeit, für den Hof und die Leibwache, im Ganzen einige zwanzig Leute, entsprechendes Unterkommen und Be köstigung zu finden, vor Allem aber lag die Nothwendigkeit vor, mit der Außenwelt in direkte telegraphisch« Verbindung zu kommen. Die Meldung, daß Si-an zur Hauptstadt gemacht werden sollte, war ganz unbegründet. Di« Dynastie würde nie die Bande lösen, die sie an den Norden fesseln. Es war jedoch schwierig, in die Hauptstadt zurückzukehren, die von fremden Truppen besetzt war, ja, es war sogar unmöglich, so lange keine Bürgschaften dafür gegeben waren, daß Ihre Majestäten mit dem ihnen schuldigen Respekt behandelt werden würden. Die Zeitungen meldeten, daß der Kaiser wieder eingesetzt werden würde, die Frage aber war dann die Stellung der Kaiserin- Wittwe. Der Vicekömg wünschte zu wissen, ob die Mächte noch immer darauf beständen, daß die Kaiserin die Zügel der Regierung niederlege. Als ihm darauf gesagt wurde, daß die öffentliche Meinung sie für die jüngsten Ereignisse verantwortlich mache, erklärt« er, er sei zwar kein Augenzeuge, aber er könne auf Grund zuverlässiger Nachrichten Folgendes versichern: „Die Kaiserin habe um ihr Land wie um die Mächte durch ihr Verhalten Im Jahre 1860, als es ihr gelang, verschiedene Aufstände zu unterdrücken, große Verdienste, auch habe sie während einer 'dreißigjährigen Negierung niemals irgend welche Feindseligkeiten fremden Personen oder Dingen gegenüber gezeigt. Thatsächlich habe sie fremde Erfindungen in ihrem eigenen Palast «ingeführt und versucht, zu den fremden Damen in freundschaftliche Beziehungen zu treten. Daß sie nicht an der Macht häng-, hab: sie im Jahre 1889 durch ihren freiwilligen Rücktritt bewiesen. Sie würde niemals aus ihrer Zurückgezogen heit rvieber hervorgetr«ten sein, hätte Kang-Uu-Wei und seine Partei nicht unter dem Vorwande, den Kaiser schützen zu wollen, gegen ihr Leben complotirt. So ward sie gegen die Reformatoren eingenommen und mißtraut« in der Folge den Fremden, wobei sie besonders durch den Umstand geleitet wurde, daß Kang's Partei sich rühmte, das Versprechen fremder Unter stützung zu haben, eine Angabe, die von der Presse, namentlich von der von Shanghai, unterstützt wurde. Die immer wieder kehrende Meldung der Zeitungen, daß dieTheilungChinas unvermeidlich sei und bevorstehe, beunruhigt« sie umsomehr, als Kiautschau, Port Arthur, Wei-hai-lvei, Kwangtschu-wan besetzt wurden, und Italien San-mun verlangte. Sie schlug sich daher auf die konservative Seite und hörte auf die drei Ver schwörer Prinz Tu an, Hsü-Tung und Kang- A i, von denen die beiden Ersteren nichts von 'sem, was außer halb Pekings lag, kannten, und der Letztere einen persönlichen Groll gegen den Kaiser hatte. Sie überredeten die Kaiserin zu einer Obstruktionspolitik, verhüllten aber die wahre Art ihres Complottes vor ihr, bis die Armee und der Hof voller Boxer und die Truppen Tung-Fu-Hsiang's in Peking cingeriickt waren." Ich bemerkte, daß Ihre Majcstät als Oberhaupt des Staates die Verantwortung für die Verwendung solcher MisVethäter tragen müsse. Seine Excellenz gab zwar zu, daß die Kaiserin geirrt habe, machte mich jedoch darauf aufmerksam, daß, da der Kaiser ihr Adoptivsohn sei, und die chinesische Verfassung auf dem Princip kindlicher Pietät beruhe. Seine Majestät nicht vor sein Volk treten, noch Gehorsam von ihm fordern könne, wenn er gestatte, daß seine Mutter in Ungnade gerathe. Der Vicekönig sprach während der ganzen Unterredung mit äußerster Offenheit und größtem Ernste und suchte mir an deren Schluß die Ansicht beiziBringen, daß, so bald England und Japan sich über die zu befolgende Politik einigen könnten, die vorhandenen Schwierigkeiten verschwinden würden, und ein dauerndes Arrangement erreicht werden könnte." Darin scheint sich Excellenz Chang-Chi-Tung etwas geirrt zu haben. Seine Mittheilungen über die Kaiserin sind nicht un wahrscheinlich, obwohl sie den Beigeschmack der Auffassung eines allzu loyalen Beamten tragen. Das Plaidover für Erhaltung der Kaiserin in ihrer Stellung ist nicht ungeschickt, obwohl an der Basis der chinesischen Verfassung, soweit sie auf kindlicher Pietät beruht, doch in letzter Zeit arg gerüttelt worden ist. * London, 20. Mai. (Telegramm.) Die Morgenblatter be richten auS Peking unter dem 19. Mai: Feldmarschall Gras Walderse« machte Li-Hung-Tschang Mitlheilung von einer regu- läre« chinesischen Trovven durch Boxer in der Gegend von Tschengtifu beigebrachten Niederlage und drohte, eine deutsche Trnppenabtheilung an Ort und Stelle zu senden. Der Krieg in Südafrika. Tie 8ulnS ans dem Kriegspfade; Bocrcn in Gefangenschast. Man schreibt uns aus London unter dem 18. Mai: Da die englischen Truppen nicht mehr ausreichen, um mit den kleinen Boeren-Corps fertig zu werden, so müssen die braunen und schwarzen Eingeborenen des Landes ihren britischen Freun den helfen. Es ist — zwar immer von englischer Seite — mit bekannter pharisäerhafter Emphase wieder und Wieser betont worden, daß den Zulu- und anveren Negerstämmen der weitest gehende Zwang von den britischen Militärbehörden auferlegt wurde, um sie von allen Feindseligkeiten gegen dis Boeren zurückzuhalten, wobei natürlich stets besonders hervorgehoben wurde, daß dies die größten Schwierigkeiten mache, weil die Schwarzen das brennendste Verlangen hätten, alle Boeren, die ihnen als Tyrannen verhaßt seien, niederzumetzeln. Es ist klar, daß der edelmüthige John Bull hierbei wieder einmal von sich auf andere schließt, denn es dürfte ihm sehr schwer fallen, den Beweis zu erbringen, daß er von den Eingeborenen geliebt und geachtet wird. Im Uebrigcn ist es nur natürlich, daß die kriege rischen Zulustämme sich jederzeit mit größtem Vergnügen willig zeigen, gegen die Weißen zu Felde zu ziehen, ihre Farmen zu plündern und die schlimmsten Schandthaten auszuüben, wobei es ihnen selbstverständlich einerlei ist, ob es sich um englische oder boerische Farmen handelt. Bon Durban meldet, wie wir berichteten, das Kabel, daß die Eingeborenen des Landes auf die Boeren losgelassen würden, in dem man den Schwarzen die Erlaubniß gegeben habe, zu rauben und zu plündern, wo immer den Boeren dadurch ein Schaden zu gefügt werden könne. Dies hätten die Zulus sich nicht zweimal sagen lassen, und es seien bereits blutige Ueberfälle derselben er folgt. Ein alter Boer, Namens Cornelius Mueller, der selbst von den Zulus fchwer verwundet wurde, hatte rechtzeitig nach dem nächsten englischen Militärposten um Hilfe gegen die schwar zen Angreifer gesandt, ohne daß jedoch eine solche von englischer Seite geleistet worden wäre. Die immer sehr unruhigen Dini- zulu- und Usibepu-Stämme haben die 'Gelegenheit nicht unbenutzt vorübergehen lassen, und sind seit 14 Tagen officiell auf dem Kriegspfade, so daß leider noch viel Blutvergießen zu befürchten steht. Es wird auf alle Fälle sehr schwer halten, die Zulus wieder zum Aufgeben der Feindseligkeiten zu zwingen, sobald es viel leicht den Militärbehörden passen sollte, und die Folge davon wird sein, daß die Schwarzen auf die Dauer keinen Unterschied zwischen Engländern und Boeren und deren Besitzthümern mehr machen werden. Unter der holländischen Bevölkerung Natals herrscht die höchste Empörung und Erbitterung wegen der obigen Thatsache» und die ganze Angelegenheit wird in dem soeben eröffneten Natal parlament auf das Eingehendste und Nachdrücklichste zur Sprache und zur Verhandlung gebracht werden. Andererseits haben die holländischen Farmer den Bezirksbehörden officiell mitgetheilt, daß sie jeden Angriff und Eingriff der Einge borenen mit Waffengewalt abweisen werden, selbst wenn, wie es thatsächlich der Fall gewesen sein soll, die Schwarzen unter Führung von englischen Beamten, Unterofficieren uns selbst von Officicren ihrs Raubzüge unter nehmen sollten. Auf diese Weise sind natürlich noch die schlimm sten Complicationen zu erwarten, falls nicht die Natal-Regierung im Verein mit den Militärbehörden ohne Verzug die Zulus in ihr Territorium zurücksendet und die Grenze in Zukunft auf das Schärfste bewachen läßt. Wie weit cs mit dem Edelmuthe der Engländer bezüglich ihres Verhaltens gegen ihre Feinde, die Boeren, her ist, das beweist wieder einmal die Thatsache, daß eine größere Anzahl von kriegs gefangenen Burghers nach der Insel Bermudas transportirt werden, wo sie von einem Regiment Barbados-Neger bewacht werden sollen, so daß also auch hier die Schwarzen den Polizei dienst für dis Engländer über weiße Männer auszuüben haben werden. Von New Pork wird hierzu unter dem 17. Mai gekabelt, daß in den Vereinigten Staaten eine große Entrüstung darüber herrscht, daß England seine Rücksichtslosigkeit so weit treibt, weiße Leute unter die Aufsicht von schwarzen Wächtern zu stellen, und in der Presse wie im Publicum wirb sogar dem Verlangen Aus druck gegeben, daß irgend welche officicllen oser offciösen Schritte von Amerika aus unternommen werden sollen, nm dis englische Regierung zur Aufgabe ihres Vorhabens zu bestimmen. Bei mudas liegt in so naher Nachbarschaft von den Vereinigten Staaten, und vas Vorurtheil gegen die Neger, speciell gegen ihre Verwendung in irgend welcher officicllen Eigenschaft, ist in Nord amerika immer noch so groß, daß, wenn die britische Regierung die kriegsgefangenen Boeren wirklich in dieser nach amerikanischen Begriffen geradem ungeheuerlichen Weise behandeln sollte, sic die Boerensache in Amerika dadurch in ungeahntem Maße fordern und selbst aller Sympathien bei den Nankecs verloren gehen würde. * London, 20. Mat. (Telegramm.) Lord Kitchener meldet unter dem 18. Mai aus Pretoria: Im Süden der Eisen bahnstation Amerika, nördlich von Kroonstadt, ist ein gepanzerter Zug durch die Explosion einer Mine zum Entgleisen gebracht worden. Ein englischer Major wurde hierbei gctödlet. Deutsches Reich -7- Verkitt, 20. Mai. (Ein die partikularistische Empfindlichkeit schonender Vorschlag zu einer E i n h e i t s m a r k e.) Bekanntlich hatte der Staats sckretär des Rcichspostamts, gegenwärtig preußischer Landwirth. schaftsminister, Herr von Podbielski, vor etwa Iss. Jahren den Versuch gemacht, Württemberg und Bayern zur An nahme einer Einheitspostmarke zu bewegen. Württemberg stimmte dem Plane zu, Bayern lehnte ab, und so fiel der ganze Plan ins Wasser. Unter diesen Umständen konnte die Reick» postvrrwaltung nicht mehr daran denken, ihrerseits auf Neue mit derartigen Vorschlägen hervorzutreten, sondern sie mußte die Initiative nunmehr den süddeutschen Staaten überlassen. Eine derartige Anregung ist nun erfreulicher Weise in dem bereit» mitgctheiltcn, im württembergischen Landtage ein gebrachten Anträge zu erblicken, nach dem unter Wahrung des württembergischen Reservatrechts Postwerthzeichen ausgegeben werden sollen, die mit den Marken der Rcichspostverwaltung üdcrcinstimineu. Daß der württembergiscyc Landtag den An trag annimmt, ist wahrscheinlich, und ebenso, daß auch die württembergische Regierung ihm zustimmt. So ancrkcnnens- werth dies auch wäre, so würde damit doch immer noch nicht mehr erreicht sein, als was vor IsH Jahren bereits erreicht war, denn es würde sich immer noch fragen: „wie stellt sich der zweit größte deutsche Bundesstaat, Bayern, zu der Frage?" Damals soll die die bayerische Empfindlichkeit wenig berücksichtigende und damit vom praktisch-politischen Standpunkte aus ungeschickte Auswahl der Embleme der Reichseinheitsmarke mit zu dem ablehnenden Standpunkte Bayerns geführt haben. Unter Bc rücksichtigung dieses Umstandes ist vielleicht ein Vorschlag ge stattet,' der sowohl dem nationalen Selbstbewußtsein Bayerns und Württembergs, wie dem Wunsche, endlich zu einer Reichs einheitsmarke zu kommen, gerecht wird. Auf den Briefum schlägen, die aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika kommen, sieht man vielfach zwei Stempel neben einander. Der eine, der zugleich die Marke entwerthet, besteht aus den Sternen und Streifen des Nationalbanners, der andere enthält Ort und Datum der Abstempelung. Ließe sich nun nicht etwas Achn- liches in Bayern und Württemberg durchführen, indem ein Theil des Stempels die Briefmarke entwerthet und zugleich das bayerische bezw. württembergische Wappen mit der Umschrift Kgl. Bayr. bezw. Kgl. Württembergische Post enthält, während der andere Theil Ort und Datum dem Briefumschläge auf stempelt? Dann könnte durch ganz Deutschland hindurch ein und dieselbe Briefmarke zur Verwendung gelangen — was so wohl im nationalen als im wirthschaftlichen Interesse läge —, nnd es würde doch das Reservatrecht der beiden größten Staaten Süddcutschlands auch äußerlich in die Erscheinung treten. Berlin, 20. Mai. (Eine zeitgemäße Er innerung.) Mehrfach begegnet man der Annahme, als ob jene Versuche im deutschen Reichstage, Anträge zu stellen, die eine Auszählung nothwcndig machen, wobei dann die Urheber dieser Anträge durch Hinausgehen aus dem Saale die Beschlußunfähigkeit herbeiführen, gänzlich oder doch ziemlich neuen Datums seien. Dies ist durchaus nicht der Fall. Es war im Jahre 1882, in der Sitzung vom 6. Mai, als zum ersten Male der Abg. Richter und einige seiner Gesinnungs genossen eine, wie es damals hieß, „muthwillige Obstruktion" herbeiführten. Es galt, die Novelle zur Gewerbeordnung an eine Commission zu verweisen. Einmal war die äußerste Linke gegen die Gewerbeordnung, alsdann aber auch ärgerlich darüber, daß neben dem Reichstag noch der preußische Landtag tagte. Sic wollte die Regierung dadurch, daß sie den Reichstag beschluß unfähig machte, zur Schließung des Landtags zwingen. Wäh rend der Sitzung vom 6. Mai waren mehrere Abgeordnete zwar im Rcichstagsgebäude, aber nicht im Saale anwesend. Der württembergische Freiconservative v. Wöllwarth forderte seinen demokratischen Landsmann Mayer, den er außerhalb des Saales traf, auf, mit ihm in den Saal zu treten, erhielt aber zur Antwort, man sollte hier der Sache ein Ende machen. Der Abg. Richter lenkte bei der Eröffnung der Sitzung die Aufmerksamkeit des Präsidenten darauf hin, daß das Haus nicht beschlußfähig sei, und als dieser, da cs sich nicht um eine Ab stimmung handelte, zu einer Auszählung nicht schreiten wollte, stellte er den formellen Antrag auf Vertagung. Nun mußte der Präsident die Auszählung anordnen und in Folge des Resultats derselben die Bcschlußunfähiakeit constatiren. Von der Gegen feite wurde festgestellt, daß schon oft ebenso wichtige und wichtigere Bcrathungen vor nicht besser besetzten Bänken vor genommen worden wären, und Thatsache war, daß an jenem Tage gerade von der Partei Richter's vier Fünftheilc abwesend waren. Die Blätter der Conlcrvativen und des Centrums äußerten sich in der schärfsten Weise; auch die nationallibcrals Presse sprach von muthwilliger Störung und Verschleppung der Geschäfte und von einem „empörenden" Benehmen Derer, welche während der Auszählung sich absichtlich nicht in den Saal be? gaben. Die „Germania" hielt den Auszählungszwang für eine „große Rücksichtslosigkeit", namentlich gegen die süddeutschen Abgeordneten. Andere Blätter stellten an die streikenden Ab geordneten die Frage, ob sie glaubten, sie seien für das Büffet und nicht für den Saal gewählt. Der „Württembergische Staatsanzcigcr" schrieb damals: „Wer bürgt denn dafür, daß nicht, wenn einmal 240 Abgeordnete im Rcichstagsgebäude an wesend sind, 41 auf erhaltene Ordre sich binausbegcben, damit die innen bleibenden den Antrag auf Auszählung stellen können? Das Anstandvgcfühl der Führer bürgt dafür nicht." — Bei der 'Nachricht, daß der Reichstag vertagt sei, konnte man den An? ruf vernehmen „Gottlob!" Also: Alles schon einmal da gewesen! II. Berlin, 20. Mai. (Privattelegramm.,) Tic „Königsberger Allg. Ztg." meldete vor einige» Tage», daß in Zukunft bei der Zulassung dienstlich nicht betheiligtcr Personen zu Veranstaltungen, an denen der Kaiser tkcilniinmt, eine schärfere Controlc geübt werden solle. Dadurch solle verbütct werden, daß Schilderungen oft reckt fragwürdiger Natur in Wort und Bild in die Oessentlickkcit kommen. AuS militärischen Kreisen wird der „Nat.-Ztg." diese Mittbeilung mit dem Hinzusügen bestätigt, daß be reits bestimmte Anordnungen sür militärische Veran staltungen, bei denen der Kaiser anwesend ist, ergangen sind. 0. N. Berlin, 20. Mai. (Privattelegramm.) Zum Ministerialdirektor im Finanzministerium an Stell: Grandkc's ist Oberfinanzralh tzlcrrnar bestimmt. (-) Berlin, 20. Mai. (Telegramm.) Die „Norddeutsche Allg. Ztg." meldet: Der Reichskanzler Graf v. Bülow bat die zuständigen Minister Preußens, Bayerns, Sachsens, Württembergs, Badens und Hessens zu einer Be sprechung zollpolitischer Angelegenheiten auf den 4 Juni nach Berlin cingeladen. (D Berlin, 20. Mai. (Telegramm.) Wie die „National zeitung" dort, bat die Veranlagung zur Vinkommenfteucr in Prrnsze» sür 190l >7 Millionen Mark mehr ergeben, alS sür daS Jahr 1900. — AuS Stützbeim bei Straßburg wird der Tod deS dortigen Bürgermeisters und Gutsbesitzers Oluirin gemeldet, der ls8l—8l als Mitglied der Protestpartei den Landkreis Straßburg im Reichstage vertrat, sich aber, wie seine Gesinnungsgenossen, fast nie an den Sitzungen betheiligte. — In Ne.vi, wo er Linderung eines Herzleidens zu finden bossle, verschied am Freitag der Gommerzienralb JnliuS Wurmbach aus Frankfurt a. M., der 1893—98
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