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Dresdner Journal : 29.10.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-10-29
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188410292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18841029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18841029
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-10
- Tag1884-10-29
- Monat1884-10
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 29.10.1884
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V SSL »»ieL,: Ttdrlivk: .... »8 N»r^ 1 »rk 00 kk. Lüuxls» !kiuiuo«n>; 10 kL L»»«0«IV ä», äsottod«» k«iel»»i tritt?o»t- u»<1 8tmap«I»u»oltt»^ tüv«». I»»«r»t<»prel»«, ^ür ävv L»un> «tQ«r ^esp^ttsiitin ?«titt»il« 80 O»t«r äi« 2«ils 00 ?k. ö« l'Udvtte»- uu<I 2i2»r»»»t» 00 IN^Uol» mit Aanuttun» äor 8om>- rmä koiortNA« ^bsocl» kür ä«o kol^voäeu 1»^- Mittwoch, dm 29. October. Dresdlm Iomm!. Berantwortliche Redaettoa: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. 1884. Ill»er»t«l»u»»üiuk »uoxkr^»: »>>. Lra^<i«tett<r, Ooivwi—ionLr U«» l)r««lo«r ^ourcutt»; S»«darx Isrlt» -Vi«» - l^tpttU >»»«> 8r»»Il1vi< ». ».: <e ^0Ai«r, >«rU»-Vt«» «»»dar,- ?r»U l.«ip»ix «. U. 8«rUo: /^vattliendant, 8r»w«n: Hc/ilott«,' Lr«»I»a: L L'tanAk« » Luccas fLmit /^adat-»),' rr»L^t»rr » > : A ^a«Arr'»ok« kuoktucoäluv^; OvrUU: L/Äier; L»rmor«r: O. i8c/»ü«r<r, k»rt» S«rU»-Ir»Lkt»r1 ». N - Da«d« 6o., NiLdarx: AL Lt«n«r U » r » a, x e d « r t LSuisl. Lxpeciitton äs« l>re«tuer lourv»!», Drexlsv, ^vinir-'r-tr»«« Ho, SO. Amtlicher Theil. Verordnung, die in Umlauf befindlichen Reichsgoldmünzen, Einthalerstücke, Reichssilbermünzen und Reichs kassenscheine betr. Um ein Urtheil über den Geldumlauf zu ge winnen, ergeht hierdurch auf Antrag des ReichSschatz- amtes an 1)alle dem Ministerium des Innern unterstehenden Königlichen Behörden und Verwaltungsstellen, welche Kassen haben, 2) alle Stadträthe und an die Polizeiämter zu Leipzig und Chemnitz, sowie an 3) alle Sparkassenverwaltungen die Anweisung, am 3V. laufenden MonatS bei dem Kassenschlusse festzustellen, welche Beträge nach Marlwährung a) an Reichsgoldmünzen, b) an Einthalerstücken, et an Reichssilbermünzen und cl) an Reichskassenscheinen in den unter ihrer Verwaltung stehenden Kassen vor handen sind und das Ergebniß nach den bezeichneten Sorten getrennt, bis zum 5. November diese- Jahre- anher anzuzeigen. Hierbei ist noch besonders darauf hinzuweisen, daß unter der Rubrik „Reichskassenscheine" lediglich die letzteren aufzunehmen, die Reichsbanknoten dagegen von der Bestandsermittelung auszuschließen sind. Dresden, am 22. October 1884. Ministerium des Innern, v. Nostitz-Wallwitz. ' Paulig. Verordnung zu Ausführung des Gesetzes vom 16. April 1884, die gewerbmäßige Ausübung des Huf beschlages betr.; vom 24. October 1884. Nach 8 5 der zu Ausführung des Gesetzes vom 16. April 1884, die gewerbmäßige Ausübung des Huf beschlages betreffend, unter dem 17. April desselben Jahres erlassenen Verordnung — Gesetz- und Ver ordnungs-Blatt von 1884 Seite 136 — sollen die Namen und Wohnorte der als geprüfte Hufbefchlag- meister Diplomirten und derjenigen Schmiede, die auf Grund der vor der landständischen Commission in der Oberlausitz bestandenen Prämienprüfungen eine Prämie erhalten haben, in geeigneter Weise zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. Zu dem Ende wird hiermit, beziehentlich im An schluß an Wünsche, die deshalb von der letzten Stände versammlung ausgesprochen worden sind, Folgendes verordnet. 1. Alsbald nach der Veröffentlichung der gegenwärti gen Verordnung im Dresdner Journale haben die Amtshauptmannschasten und die Stadträthe in Städten mit revidirter Städteordnung zu ermitteln, welche von den, den Hufbeschlag ausübenden Schmieden in ihren Verwaltungsbezirken als geprüfte Hufbeschlag meister drplomirt oder von der landständischen Commission in der Oberlausitz prämirt worden sind, und hierauf am 1. December dieses Jahres die Namen, beziehentlich die Wohnorte der betreffenden Hufschmiede unter der Angabe bei Jedem, welcher von den vorgedachten beiden Kategorien er angehört, in den Amtsblättern bekannt zu machen. Alsbald nach erfolgter Ermittelung der betreffen den Hufschmiede sind abgestempelte Verzeichnisse der selben ohne Bericht an da- Ministerium des Innern einzusenden. 2. Am 1. December jeden folgenden Jahre- haben die Amtshauptmannschasten und Stadträthe in den Amtsblättern Verzeichnisse derjenigen, zu den unter 1 gedachten beiden Kategorien gehörigen Hufschmiede, die sich während des vorausgegangenen Jahre- in ihren Verwaltungsbezirken niedergelassen haben, in der unter l vorgeschriebenen Weise zu veröffentlichen. Auch von diesen NochtragSverzeichnissen sind, so bald sie aufgestellt worden, abgestempelte Abschriften ohne Bericht an das Ministerium de- Innern ein zusenden. Dresden, am 24. Oktober 1884. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Körner. Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Buda-Pest, Montag, 27. Octobrr, Abend-. (Lon.-Bur.) Die österreichische Delegation wählte in ihrer heutigen Sitzung einstimmig den vr. Smolka zum Präsidenten und den Baron Crscbt zum Licepräfidentru. Der Präsident theilte mit, daß der Kaiser di» Delegation morgen Mittag- empfangen werde, und fügte hinzu: Meine hochverehrten Herren! Ich danke ehrerbie tigst für die große Ehre, welche Sie, meine hochver ehrten Herren, mir durch die Berufung aus diesen Ehrenplatz zu erweisen die Güte hatten. Es wird mein aus richtiges und redliche» Bestreben sein, da» mir entgegengebrachte Vertrauen zu rechtfertigen, und ich erbitte mir in dieser Beziehung Ihre wohlwollende Nachsicht und Unterstützung. Die Delegation wolle gestatten, daß ich von der Besprechung sowohl der inneren, als der auswärtigen politischen Verhältnisse und Zustände auch dies Mal Umgang nehme, und zwar aus Gründen, die ich zur Zeit, als ich das letzte Mal die Ehre hatte der Delegation zu präsidiren, vorgebracht habe und die für mich auch heute maßgebend sind; die Dele gation gestatte demnach, daß ich lediglich darauf unch beschränke, der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, daß es der Weisheit, dem patriotischen Sinne und dem so ost bewährten Eifer der Delegation gelingen werde, die Interessen der durch Ueberlastung wirklich hart bedrängten Steuerträger mit dem Interesse des Staates auf Bewilligung der zur Bestreitung des gemeinsamen Staatshaushaltes unumgänglich nothwendigen Mittel in harmonischen Einklang zu bringen und daß es auf diese Art gelingen werde, die Lösung der zeden- saüs schwierigen Aufgabe derart herbeizusühren, daß sie auch entsprechen wird den wohlwollenden In tentionen unsers allergnädigsten Kaisers und Herrn, von dessen unablässiger Sorge für das Wohl seiner treuen Völker wir täglich rührende Beweise erleben (Bravo!), was dankbarst anerkennend, wir unsere Arbeiten wohl nicht würdiger einleiten können, als mit dem der Tiefe unsers dankbaren Herzens ent- pringenden Rufe: Le. Majestät unser allergnädig ster Kaiser und König lebe hoch! j^Die Versamm lung dringt ein dreimaliges begeistertes Hoch aus.) Die ungarische Delegation wählte zum Präsi denten den Grafen Ludwig v. TiSza, zum Lcce- Präsidenten Szlavy. Agram, Montag, 27. October, Abends. (W. T. B.) Im Landtage gab heute der Banus, Graf v. Kbuen HedervLrv, eine Erklärung ab über den Standpunkt der Regierung zu den Wahlen und dem Ausgleiche. Maznranic erklärte, daß. nach dem dir Anhänger des Dtarcrvic von den Ler- Handlungen au-gtschloffeu seien, auch die Unab hängigen nicht mehr an den Verhandlungen thril- nehmen würden. Die Linke verließ sodann in eorporv den Saal. Da- Haus beschloß schließ lich, in die Specialdebatte des von der Majorität beantragten Adreßentwurf- eiuzulreten. (Vgl. die „Tagesgeschichte".) Brüssel, Montag, 27. Oktober, Abend-. (W T. B.) Bon den gestrigen Communalstichwahlen find bis jetzt die Ergebnisse aus 92 Communen bekannt. In 53 Communen siegten die Candi- baten der Liberalen, in 29 dir der Klerikalrn, in 10 Communen wurdrn thrils Liberal«, theil- Klerikale gewählt. Bern, Montag, 27. Octobrr, Abend-. (W. T. B.) Lon den gestern stattgehabten 145 Wahlen zum Nationalrathe ist bis jetzt das Resultat von 141 definitiv bckanut. Lou den Gewählten ge hören 85 den Krelsinnigrn und Demokraten, 37 den Ultramontauen und Consrrvativen, 19 dem Centrum oder keiner bestimmten Partei an. Rom, Montag, 27. Octobrr, AbrndS. (W. T. B.) D»e Eiseubahncommissiou hat ihrr Arbeiten beendet, den erstatteten Bericht genehmigt und dessen Vorlegung au das Kammerpräfid»um be- schlossen. Lämmtliche Loischläge der Commission find im volle» Einvernehmen mit der Regierung gemacht und auch vou deu3Eiselibahnges»llschaften aecepurt worden. Kopenhagen, DiruSlag, 28. Octobrr. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die von Kiel nach dem Mittel meer bestimmte deutsche Kriegsbrigg „Undine" ist bei Aggerstraub auf den Strand gerathen; die eifrig betriebenen Rettungsarbelten sind, was die Mannschaften betrifft, geglückt; vou der Mann schaft ist nur 1 Person ertrunken. Ueber das ReltungSwirk wird weiter gemeldet, daß die Ler- dindung zwischen der „Undine" und dem Laude um 6 Uhr Abends hergestellt worden sei. Die Besatzung der „Undine" blieb ins ^2 Uhr an Bord, worauf sie mittelst RetiuugSstuhleS gerettet und in Aggrrby eiuquartirrt wurden. Dir Rrt- tuugSardritku warru die beschwerlichsten und wur den erst heute früh um 7 Uhr beendet. Dresden, 28. October. In Belgien ist nun doch infolge der jüngsten Gemeinderathswahlen eine theilweise Neubildung des Ministeriums erfolgt, das allerdings auch in seiner jetzigen Zusammensetzung der Rechten angehört, aber den gemäßigteren Elementen derselben entnommen ist. Der neue Cabinetschef Beernaert wird selbst von gegnerischer Seite eines der tüchtigsten Mitglieder der Partei genannt. „Die Berufung eines liberalen Mi nisteriums, welches zur Auflösung der Kammern zu schreiten hätte", meint dieselbe Stimme, „wäre eine sehr gewagte Maßregel, da trotz des für die Liberalen günstigen Ausganges der Gemeindewahlen keineswegs feststeht, ob schon unter den jetzigen Verhältnissen eine liberale Mehrheit zu Stande käme, mit der sich regie ren ließe." Der Finanzminister Malon, der Minister des Innern und des Unterrichts Jacobs, sowie der Minister der Justiz und des Cultus Woeste sind aus geschieden. Die Neubildung des Cabinets hatte der bisherige Ackerbauminister Beernaert übernommen; er hat nicht gemäßigte Liberale, sondern 3 als gemäßigt geltende Mitglieder der katholischen Partei zur Ueber- nahme von Portefeuilles gewonnen. Beernaert hat den Ackerbau an den bisherigen Minister des Auswärtigen Ritter de Moreau abgetreten und dafür da» Finanz portefeuille übernommen. Minister des Auswärtigen ist der Fürst Caraman-Chimay geworden; Justiz- und CultuSminister ist de Völker, Minister des Innern und des Unterrichts Thönissen. Die Umbildung de- Cabinets ist auf Veranlassung des Königs erfolgt, welcher trotz des numerischen Sieges der Katholiken bei den Communalwahlen es doch angesichts der sich in den großen Städten kundgebenden Aufregung für nothwendig hielt, den Liberalen einige Loncessionen zu machen. Ueber den Verlauf der CabinetSkrisiS be richtet das in Gent erscheinende „Bien Public" Folgendes: Nach der Wahl vom 19. October berief der König die beiden ehemaligen liberalen Mi nister Bara und Rolin Jacquemyns zu sich. Sobald Malou hiervon Kenntniß erhielt, erbat er sich eine Audienz beim Monarchen, um dessen Ab sichten zu erfahren. König Leopold erklärte unum wunden, er halte eS angesichts des Ausfalles der letz ten Communalwahlen für nöthig, den liberalen For derungen in 2 Punkten entgegen zu kommen: 1) müß ten die Minister Woeste und Jacobs ihre Entlassung nehmen; 2) müßte in der Ausführung des Schul gesetzes vom 20. September eine Milderung eintreten. Infolge dieser überraschenden Kundgebung berief Malou alsbald seine Collegen und die Mitglieder der Rechten zu einer Lonferenz. In dieser erklärte Malou von vornherein, daß er sein Schicksal an daS der beiden genannten Minister, welche den besonder» Haß des Liberalismus auf sich gezogen, gebunden erachte; träten sie zurück, so werde auch er nicht bleiben. Die Ver sammlung hatte also zwischen einer theilwecsen Um bildung des Cabinets oder einer Kammerauflösung, welche durch ein Geschäftsministerium Bara-Rolin be wirkt werden müßte, zu wählen. Stach längerer Be- rathung wurde, namentlich aus Befürwortung Woeste's, der erstere Weg erkoren. Als Grund wurde nament lich angegeben, daß das Labinet sich angesichts der überwältigenden Mehrheit, über welche eS in der Kam mer verfüge, nicht der liberal-anarchistischen Wühlerei beugen dürfe; auch müsse man dem berechtigten Wunsche des Landes Rechnung tragen, da- endlich einmal Ruhe vor den fortwährenden aufregenden Wahlen haben wolle. Malou, Woeste und Jacobs überreichten ihre Entlassung, und der König beauftragte Beernaert mit der Neubildung des Cabinets. Malou übergab dem Könige persönlich sein Portefeuille mit den Worten: „Sire! Es sind 40 Jahre, daß ich kämpfe, um das Vaterland und die Krone gegen die Liberalen und Radikalen zu vertheidigen. Nun habe ich genug davon." Das neue Cabinet könnte die Aussicht auf eine Milderung, vielleicht auch auf eine Beilegung des Conflicts eröffnen, wenn nicht Belgien allzutief durch die Parteileidenschaften zerwühlt wäre. Den Stein des Anstoßes bildet bekanntlich das neue Schulgesetz, für dessen Jntacterhaltung, wie aus Obigem ersichtlich, die neuen Minister nicht eintreten, sondern eS sollen auf Veranlassung des Königs in der Ausführung des Gesetzes Milderungen eintreten. Die „Jndäpendance belge" jagt sogar eine Umänderung in einem für die Lehrerschaft günstigen Sinne voraus; die Wartegelder der Lehrer sollen erhöht werden, wozu sich der Mi nister Beernaert 600000 Frcs. bewilligen lassen will, und ist er auch geneigt, auf die Anstellung fremder Priester als Lehrer zu verzichten. Dagegen will Beernaert nicht ohne Weiteres vor den Liberalen capituliren; er übernimmt keine bestimmte Verpflich tung in Betreff der Auflösung der Kammer und hält an dem conservativen Chrrakter des Ministeriums fest. Die Liberalen ihrerseits zeigen trotz der Zu geständnisse des Ministeriums noch keine Neigung zum Frieden und bekunden die bekannte Unversöhnlichkeit des doktrinären Liberalismus. Das neue Ministerium Feuilleton. «rdigirt vou Otto Banck. K. Hoftheatrr. — Altstadt. — Am 27. Oktober: ,Othello", Trauerspiel in 5 Acten von Shake speare, nach der Uebersetzung von Heinrich Voß. (Hr. Ludwig Barnay als Gast.) ES stand diese Vorstellung auf einer bedeutenden, für die Freunde der großartigen Theaterdichtungen erquicklichen Höhe. Zusammenspiel und Einzelleistungen waren durch das Mitwirken des Gastes fühlbar ge steigert, die Stimmung im gefüllten Hause hatte jene Feierlichkeit, die immer sachgemäß ist, wenn ein er habener Weltpoet zu den nachgebornen Geschlechtern redet und Zeugniß giebt von der auch irdischen Un sterblichkeit de-Geistes. DaS ist der schönste Triumph der wahrhaft Mächtigen dieser Erde, eine Gewalt äußerung ihrer Seele, für Diejenigen, welche sie empfinden, segenbringend und befruchtend gleich dem Gewitter für die Fluren. Daß der Gast selbst in der Titelrolle dieser durch greifenden Wirkung vor Allem Ausdruck und Weihe gab, wurde in erster Reihe fühlbar, doch auch feine treffliche Unterstützung von Seite des Vertreters der Jagorolle war ein sehr günstiger Factor. Hr. Grube muß zum Besten de- Stücke- im Besitz dieser Partie verbleiben, da jede Bühne nach der Verschiedenartig keit der Qualtficatton der einzelnen Talente ihre Be setzungen zu bestimmen und dadurch auch ihre Mit glieder io da- vortheilhasteste Licht zu stellen hat. Diese theilweise verftänduitzvolle Durchbrechung der Rollenfacheindämmung kommt allen Theilen zu Gute; denn beispielsweise würde der bisherige Darsteller des Jago in manchen älteren Charakterrollen von Hrn. Grube nicht zu ersetzen sein. Und bei dieser Gelegenheit will ich gleich vorweg eine Ansicht aussprechen, die sich nach diesen ersten vier Rollenleistungen des Hrn. Barnay immer mehr befestigt hat. Ich glaube nämlich, es würde die Lebens kraft unserer Bühne verjüngen und die großen Tradi tionen derselben in neuer Gestalt wieder auferwecken helfen, wenn es gelänge, den Gast fest zu engagiren, der sich wie leider blS jetzt kein anderer moderner Künstler in der Schule der echten Dichtung gebildet und in der geistigen Erhebung durch dieselbe die Ab wege des Virtuosen- und Comödiantenthums vermieden hat. Ob er dieser Richtung getreu bleiben wird, ist eine Frage der Zeit, die man an jedes glänzende Ta lent stellen und sich dabei mit der Wahrscheinlichkeit des günstigen Verlaufs und mit dem großen gegen wärtigen Gewinn begnügen muß. Ist Hr. Barnay vielleicht für den Augenblick nicht zu haben, so würde seine Anstellung baldmöglichst für die Zukunft zu er- wünjchen sein. Gelänge es dann noch, für die Rollen der ersten jugendlichen Liebhaberinnen und jugendlichen Heldinnen in den großen Dichtungen und für die edlere Comödie eine bedeutende poetisch beanlagte junge Künstlerin, etwa von dem Werth der Lorenz, und einen Komiker ersten Ranges von productivem Humor zu engagiren, so würden wir mit den vorhandenen, dadurch in keiner Weise überflüssig werdenden besseren Talenten eine Anzahl von Darstellern haben, deren individuelle Leistung eine selbstständige Zugkraft auf den Theaterbesuch ausübte. Für solche Acquisitionen dürften die lächerlich höchsten Theatergagen der Gegen wart, die schon den mittelmäßigen Kräften das Un glaubliche zubllligen und somit eine Satire aus den pecuniären Lohn für andere viel anstrengendere Lebens- thättgkeiten darbieten, nicht zu theuer jein. Die vollen Häuser in der Tragödie, im femern Lustspiel, über haupt in der Pflege des klassischen Repertoires würden dafür materiell und moralisch entschädigen. Ich bin mir der Schwierigkeiten wohl bewußt, welche die Ausführung solcher Vorschläge mit sich bringt. Es sind dieselben Schwierigkeiten, die in der Welt allem tüchtigen Wollen entgegenstehen. Wenn ich aber dennoch auf das Gesagte als auf ein zunächst liegendes Hebungsmittel für die Bedeutung und den Erfolg unjers Theaters Hinweise, so geschieht es in dem Pflichtgefühl, der Wahrheit die Ehre zu geben, sobald es sich um das Wohl der guten Sache handelt. Es kann unmöglich Aufgabe der Kritik sein, ihre innersten Ueberzeugungen zu unterdrücken und Halb heiten zu bemänteln. Eine solche Methode gewissen loser Höflichkeit hätte das offene redliche Streben unserer Bühne nicht verdient; außerdem würde der Kritiker bald in die lächerliche Situation kommen, sich aus Rücksichten, die dem Institute schaden, urtheils- unfähiger zu stellen, als es Tausende im gebildeten Publicum Md. Nicht Alles wie es ist, ist gut, aber es kann gut werden und daraufhin müssen wir unsere Kraft und Ehrlichkeit anstrengen. Seit dem genialen Dawlson, der in allen seinen Leistungen so subjectiv eigenartig und deshalb an sich unvergleichbar war und seit den aufblitzenden großen Einzelheiten, die der Mohrenkünstler Ira Aldridge alS Othello gab, hat sich mir in der beträchtlichen Zahl bedeutender Künstler keiner so lebenswahr, so psycho logisch tief und deshalb so ganz im Sinne des er habenen Menschenzcichners Shakespeare kundgegeben, wie Hr. Barnay. Der Othello war eine Schöpfung, die seine bisherigen übertraf. In seiner klar durch dachten Auffassung dieses in wilder Dämonie und Naturkraft zum Racetypus erhobenen Charakters fühlte sich der Künstler mit Recht so reich und so gewappnet für die dramatischen Hauptmomente, daß er mit ent schiedener Resignation, ja mit wohlthuender Bescheiden heit — so kühn dieses Wort in der effectsuchenden modernen Schauspielkunst klingt — eine Anzahl dank barer, aber gar leicht das Gesammtbild zerreißender Nuancen fallen ließ. Wie ein Mann, der sich seiner eruptiven Gewalt und Zügellosigkeit der Leidenschaft bewußt ist, aber eine hohe Stellung von Repräsen tation inne hat, wachte er ängstlich über das Hervor- brechen des Sturmes. Gerade dieses Erdbebengrollen unter der Oberfläche, dessen Kruste immer schwankender und widerstandsloser wird, verstärkt daS endlich unauf haltsame Eintreten der Katastrophe. Hr. Barnay stellte seinen Othello so dar, daß man ihn in allen seinen Seelenzuständen und Motivirungen seines furchtbaren Thuns begreift und damit war eben Das gethan, was die meisten Schauspieler trotz ein zelner Glanzscenen schuldig blecben, obgleich ihnen der Dichter sür das unerzogene Gemüth des bestialischen Helden, sür dessen rasend gewordenen Herzensegoismus es keinen Compromiß und keine Resignation der In telligenz giebt, alle Unterlagen geboten hat. Seine Eifersucht, die zum Jähzorn, und sein Jähzorn, der zur hilflosen Verzweiflung wird, kennt nur das Ent- wederoder mit dem finstern Ausgang der Vernichtung.
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