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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-24
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020524018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902052401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902052401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-24
- Monat1902-05
- Jahr1902
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VezugS. Preis io der Hauptexpedttion oder den im Stadt bezirk und den «Vororten errichteten Aus- gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.L0, — zweimaliger täglicher Zustellung in« HauS K.VO. Durch di« Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlicher«, für die übrigen Länder laut ZeitungSpreiSltste. Re-action und Expedition: Jvhannt-gaffe 8. Fernsprecher 1S3 und 222. FUtalrvprdtti-ne« r Alfred Hahn, Buchhandlg, UntversitätSstr.S, L. Lösch«, Katharinenstr. Ich u. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Vresdr«: Strehlenerstraße S. Fernsprecher Amt I Nr. 17IS. Haupt-Filiale Serlin: Königgrätzerstraße 118. Fernsprecher Amt VI Nr. 33SL Nr. 258. Morgen-Ausgabe. nMgcr... TaMaü Anzeiger. Ämlsölatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Ruthes und Nolizei-Ärntes der Ltudt Leipzig. Sonnabend den 24. Mai 1902. Anzeigen.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile LS Reklamen nnter dem RedaettouSstrich (4 gespalleo) 78 H, vor den Famtliennach» richten («gespalten) KO H. Tabellarischer und Ztsfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Siachweisungeu und Offertenanuahme 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-AuSgab«, ohne Postbesörderuug «0.—, mit Postbefördernug 70.—» Jinnahmeschlnß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgeu-AuSgab«: Nachmittag« L Uhr. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag-ununterbrochen geöffnet vou früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag vou E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Der Llerikalismus und Frankreich. Wenn jemals, so war bet den diesmaligen Depu- tirtenwahlen für die Klerikalen in Frankreich aller Anlaß gegeben, ihre Kräfte auf das Aeußcrste anzuspannen. Das gegenwärtige Ministerium hatte nicht nur anti klerikale Worte gemacht, sondern durch die That bewiesen, daß cs gewillt sc», den klerikalen Einflüssen, die unter der Negierung des Präsidenten Faure außerordentlich erstarkt waren, zu begegnen und sic auf ein Maß zurückzuführcn, welches mit den republikanischen Grundsätzen, ja, dem Fortbestände der republikanischen Staatsform überhaupt in Einklang zu bringen war. Da zudem zu erwarten war, daß die inaugurirte antiklerikale Gesetzgebung dem nächst eine Fortsetzung und Perschärfung erfahren könnte, so hatten die Klerikalen, wie erwähnt, allen Anlaß, ihre Kräfte in einer Weise anzuspannen, die den Sturz des antiklerikalen Ministeriums hcrbciführcn konnte. Tie Klerikalen haben cs denn auch nicht an An strengungen fehlen lassen. Die meisten Bischöfe haben in Hirtenbriefen die katholisch gesinnte Wählerschaft ermahnt, mit Rücksicht auf die äußerst bedrängte Lage der Kirche ihre Wahlpflicht zu erfüllen. Auch die klerikale Presse des Landes hat alles Mögliche gcthau, die Wählerschaft an zuspornen, und endlich hat die in Frankreich so besonders einflußreiche holde Weiblichkeit sich vielfach in den Dienst der klerikalen Sache gestellt. Die französischen Ultra montanen haben also, wie selbst ein deutsches klerikal ge sinntes Blatt, die „Rhein. Vvlksstimme", zugcbcn muß, anerkcnncnswcrthe Anstrengungen gemacht. Trotzdem haben sic, wie dasselbe Blatt bekennen muß, einen voll kommenen Mißerfolg erlitten, denn die Mehrheit der anti klerikalen Regierung in der neuen Kammer wird aller Voraussicht nach größer sein, als sic in der vorigen ge wesen ist. Worauf ist dieser Mißerfolg zurückzuführen ? Das er wähnte deutsche klerikale Blatt hält zwei Gründe für ausschlaggebend: einmal die Uneinigkeit im katholischen Lager, zweitens eine Abneigung gegen die K irchc, die weite Kreise der Bevölkerung ergriffen hat. Weite Schichten der Landbevölkerung sind „mit Haß gegen Kirche und Priestcrthum er füllt". Es will viel sagen, wenn ein katholisches Blatt eine solche für die katholische Kirche außerordentlich beschämende Thatsache zugeben muß, denn wenn die Kirche nicht ein mal mehr in der Landbevölkerung einen Halt findet, so iß sic überhaupt verloren. Diesem Eingeständnisse gegen über will cs wenig besagen, wenn das Blatt die Schuld den „irreligiösen und unmoralischen Ideen ehrgeiziger Streber" beimißt. Die ländliche Bevölkerung ist, selbst in Frankreich, mißtrauisch gegen fremde Einflüsse und läßt sich nicht so leicht von „irreligiösen Strebern" ein fangen. Der Grund für dcu Niedergang der katholischen Kirche in einem Lande, dessen Bevölkerung fast ausschließ lich aus Katholiken besteht, ist vielmehr anderwärts zu suchen. Die katholische Kirche ist bekanntlich sehr klug, aber sie ist manchmal zu klug, und zu klug zu sein, ist ge legentlich nicht minder gefährlich, als zu dumm zu sein. Es war zu klug, daß sie, um ein gutes Einvernehmen mit der französischen Republik zu finden, sich mit dem republikanischen Mäntelchen bekleidete. Sic erregte da durch gerechtfertigten Anstoß und Verdruß bei den über zeugten Monarchisten, deren Ehre cs ihnen verbot, mit der Kirche im Diplomatisiren zu wetteifern; diese Monar chisten aber waren das Rückgrat des KlerikaliSmus in Frankreich. Dies machte aber auch die niedere Bevölke rung stutzig, die sich wenig auf diplomatische Kunststück- chcn versteht, sondern die Dinge so nimmt, wie sic in die Erscheinung treten, und die sich deshalb sagte, daß, wenn die republikanische Negierung gar nichts so Anstößiges wäre, auch die Maßregeln dieser Regierung nicht so schlimm sein könnten. Der Bauer macht die raschen Schwenkungen der Politik nicht mit; ihm ist Republik Republik, einerlei, ob der leitende Minister Meline heißt oder Waldeck-Rousseau. So hat das Paktiren mit der Republik der römischen Kirche nicht den Vorthcil gebracht, den sie davon erwartet hatte, und vielleicht wird sic ans dem Ausgange der Wahlen den Anlaß nehmen, in Zukunft eine unzwei deutigere Haltung cinzunchmcn. Bei der französischen Bevölkerung freilich hat sic cs auf lange hinaus verspielt. Der Krieg in Südafrika. Die FrtedenSverhan-lungc». AuS Brüssel wird gemeldet: Dem „Petit bleu" zufolge besitzt die hiesige Transvaal-Gesandtschaft zwar keine directen Berichte über die Vorgänge in Bereeniging, hält jedoch die Annahme für sicher, daß die dortige Boerenconferenz Kitchener'S Bedingungen verwarf, weil diese nicht die Anerken nung der Unabhängigkeit der Boerenstaaten enthielten. Die jetzigen Berathungeu in Pretoria hätten lediglich den Zweck, sestzustellen, ob England geneigt sei, bessere Be dingungen zu gewähren. Im verneinenden Falle sei auch daS Sckeitern dieser Beratbungen sicher. Dagegen erfährt „Daily Mail", daß die Delegirten der Boeren Gegenvorschläge machten, die nicht nur gegen die weniger wichtigen Puncte, sondern tatsächlich gegen alle Hauptpunkte der britischen Forderungen gerichtet waren. Die britische Regierung verweigerte die Zugeständnisse in den Haupt pune ten, erklärte sich aber bereit, den Boeren in den gering fügigeren Einzelheiten, namentlich hinsichtlich der Geldhilfe für den Wiederaufbau und die WiedcrauSstattung der Boeren- farmen, eutgegen zu kommen. Da die Delegirten ibre Forde rungen aufrecht erhielten, wurde ihnen bedeutet, daß die Be- dingungen, deren Annahme die britische Regierung für unerläßlich betrachte, angenommen werden müßte», widrigen falls die Boeren sich auf die Fortsetzung de« Kriege- vorzu bereiten hätten, für die die britischen Militärbehörden in Bereitschaft seien. Diese- Ultimatum übermittelten die Boerenführer von Pretoria au« der Conferenz in Bereeniging. Tie Annahme der englischen Bedingungen wird erwartet, wenn nicht einstimmig, so doch mindesten- seitens der Mehrheit. Nach dem gestrigen plötzlich anberaumten Ministerrathe wird in London eine wichtige Ankündigung erwartet. Die Stimmung ist hoffnungsvoll. Die Unterhandlungen sind sicherlich inS letzte Stadium getreten. Allgemein wird ange nommen, daß der Friede in der einen oder anderen Weise gesichert ist. Deutsches Reich. Leipzig, 23. Mai. (Eingabe des Verbandes deutscher Handlungsgehilfen an den Reichskanzler.) Der Verband deutscher Hand lungsgehilfen, der, über das ganze Reich hin verbreitet, etwa 59 000 Mitglieder zählt, hat in Bezug auf die E r h e b u n g e n über die Lage der in E o n t o r e n Angestellten unter dem 15. Mai d. I. an den Reichs kanzler eine Eingabe gerichtet. Darin begrüßt es der Verband mit Freuden, daß die Reichsrcgierung jene Erhebungen vorgenommen hat. Wenn indessen eine er schöpfende Erkenntniß der wirtschaftlichen und der socialen Lage der Eontorangestellten und eine Beseitigung der vor handenen Mißstände erreicht werden soll, so müssen nach der Ansicht des Verbandes bei dem weiteren Gange des Verfahrens zwei Voraussetzungen erfüllt werden. Die Er hebungen müssen 1. auf die gesammten wirthschaftlichcn und socialen Verhältnisse der Contorangestclltcn ausgedehnt werden. Entsprechend der Form der Erhebungen im Handelsgewerbc mit offenen Verkaufsstellen ist 2. auch hier eine schriftliche Befragung der Handlungsgehilfcn- und kaufmännischen Nereinc, sowie eine mündliche Ver nehmung von Auskunftspersonen— unter Berücksichtigung der Wünsche dieser Bereinigungen — erforderlich. Ins besondere seien die Vorsteher und Geschäftsleiter der Handlungsgchilfcn-Vereinigungen nicht nur als Aus kunftspersonen, sondern auch als Sachverständige zuzu ziehen. Im Sinne dieser Wünsche bittet der Verband deutscher Handlungsgehilfen den Reichskanzler um An weisung des kaiserlichen Statistischen Amtes. Berlin, 23. April. (Die Ersatzwahl in Bayreuth.) Zur Ersatzwahl in Bayreuth meldet die „Freis. Ztg.", daß der Bund der Landwirthe den Gutsbesitzer Feustel, ciuen Sohn des bekannten früheren Ncichstagsabgeordneten für Bayreuth, aus gestellt habe. In dieser Form kann die Mittheilung sicher lich nicht richtig sein. Der Wahlkreis ist, mit Ausnahme der ersten Legislaturperiode, in der er fortschrittlich ver treten war, stets natiouallibcral vertreten gewesen, nnd ein Candidat, der ausschließlich vom Bunde der Land- wirthe ausgestellt würde, hätte nicht die mindesten Aus sichten. Es könnte sich also höchstens um einen national liberalen Bewerber handeln, dem die Unterstützung des Bundes der Landwirthe zugcsichert wäre. Auch dann aber wird cs im Jntercstc der Wahlaussichten des Bewerbers sehr wünschcnswerth sein, daß die Unterstützung nicht etwa an die Bedingung geknüpft wird, in der Zollfragc über den Ncgicrungsentwurf und damit zugleich über die Hal tung der großen Mehrheit der nationallibcralen Partei hinauszugehcn. Der Wahlkreis Bayreuth ist nämlich, obwohl er, wie erwähnt, seit 1877 gemäßigt-liberal ver treten gewesen ist, durchaus kein unbedingt sicherer Be sitz der nicht radicalen Parteien. Bis vor etwa einem Jahrzehnt hat der bürgerliche Nadicalismus, und von da ab der sociale Nadicalismus eine große Rolle in dem Wahlkreise gespielt; so brachte es beispielsweise der Can didat der freisinnigen Volkspartci im Jahre 1893 bei der Stichwahl auf 8137 Stimmen, während der national liberale Bewerber mit 8337 Stimmen, also nur mit einer Mehrheit von genau 200 Stimmen, siegte. Und wenn auch inzwischen die freisinnige Volkspartei in dem Wahl kreise erheblich zurückgegangen ist, so hat die Socialdemo kratie desto raschere Fortschritte gemacht. Gegenüber 1100 Stimmen im Jahre 1890 brachten cs die Social demokraten auf 2300 im Jahre 1893 und auf 4200 im Jahre 1898. Man braucht also kein großer Pessimist zu sein, um anzunehmcn, daß die Socialdcmokraten dies mal auf 5000 Stimmen kommen werden, womit es ihnen gewiß ist, in die Stichwahl zu gelangen. In dieser Stich wahl liegt dann die Entscheidung bei den Freisinnigen, die trotz ihres Rückgangs im letzten Jahrzehnt doch wohl immer noch 2000—2500 Stimmen aufbringcn werden, um so mehr, als sic wohl ebenso wie die Socialdemokraten den Streit um die Zollfrage nach Kräften auszubeuten versuchen werden. Haben die radicalen Parteien mit dieser Taktik in rein ländlichen Kreisen, wie beispielsweise Rastenburg-Gerdauen, schon Fortschritte zu erzielen ver mocht, so haben sie in Banreuth, wo vier Zehntel der Be völkerung städtische Interessen vertreten, noch bessere Aus sichten. Dazu kommt noch, daß in diesem Wahlkreise auch auf dem platten Lande die radikalen Ideen ziemlich ver breitet sind, denn sowohl der Socialdcmokrat, wie der volksparteiliche Bewerber haben bei den Wahlen von 1898 in den Orten von weniger als 2000 Einwohnern über die Hälfte ihrer Stimmen aufgebracht. Nach alledem ist cs klar, daß der Wahlkreis nur dann vor einem socia- listischcn Siege sicher ist, wenn die Freisinnigen in der Stichwahl nicht den Socialdemokraten unterstützen, und deshalb darf der ihnen cntgegenznstellende bürgerliche Candidat zum Mindesten nicht auf einem extrem-agra rischen Standpuncte stehen. Stellt sich Herr Feustel auf den Standpunkt der Regierungsvorlage, so ist die Wahr scheinlichkeit seines Sieges um so größer, als er der Sohn eines ManncS ist, der nicht nur Bayreuth lange Jahre hindurch im Reichstage vertreten hat, sondern dem auch die Stadt Bayreuth für alle Zeiten zum größten Danke verpflichtet ist, weil er als unermüdlicher Vorkämpfer Richard Wagners mit in erster Reih« zu -cm ideellen Ruhme und dem materiellen Wohlstände der Wagnerstadt bcigetragcn hat. HD Berlin, 23. Mai. (Fortschritte der Anti alkoholbewegung in Deutschland.) Für tue Fortschritte der Antialkvholbewcgung in Deutschland liefert der heutige „Vorwärts" einen erfreulichen Beweis. In dem soeialdemokratischcn Centralorgan erläßt nämlich die Nationale A b st i n e n z b e w e g n n g Sezes sion eine Einladung zur Theilnahme an einem „offenen Abend", der am 24. Mai stattfinden soll. Bei diesem „offenen Abend" bildet die Einleitung ein Vortrag über das Thema: „Dämon Alkohol" mit sich anschließender Diskussion. Darauf folgt ein Tanzkränzchen „mit Kaffee tisch", während dessen humoristische Vorträge, Dekla mationen u. s. w. geboten werden. «Bei der alkohol freien Fidclitas", heißt cs am Schlüsse der Einladung, „wird man sich überzeugen können, daß man nicht nöthig hat, seine gute Laune aus dem Glase zu schöpfen, sondern daß man den echten Humor in seinem Innern trägt." — Der Weg, der hier zur Bekämpfung des Alkoholismus von der Nationalen Abstincnzbcwcgung Sezession ein geschlagen wird, die Verbindung von Belehrung und Be lustigung, ist bei uns zu Laude vielleicht vorzugsweise ge eignet, zu praktischen Erfolgen zu führen. Daß diese „Sezession" sich insbesondere auch an die Arbeiterschaft wendet, ist überaus daukcnswerth. Man braucht die praktische Bedeutung der hier zunächst zu erwartenden Erfolge nicht zu überschätzen und wird doch eingestehen müssen, -aß die Agitation gegen den Alkoholismus und die wissenschaftliche Aufklärung über die Gefahren des Alkohols ihre Früchte zu tragen beginnt. Als das „werthvollste" Werk der wissenschaftlichen Alkoholforschung und als „unentbehrliches" Nachschlagewerk wird im neuesten Hefte der „Zeitschrift für Social wissenschaft" von Professor Aschaffenburg das Buch G. R o s e n f e l d ' s: „Der Einfluß des Alkohols auf den Organismus" (Wiesbaden, Bergmann) empfohlen. Das genannte Buch ist eine kritische, theilweise auf eigene Untersuchung sich stützende Zusammenfassung dessen, was in der Alkoholforschung klinisch und experimentell als scst- gcstellk gelten darf. Die wichtigsten Ergebnisse des Rofen- feld'schen Buches faßt Aschaffenburg folgendermaßen zu sammen: „Der Alkohol spart stets Fett, kann Eiweiß sparen. In den Mengen aber, in denen diese Wirkung auftretcn kann, überwiegt die Giftwirku n g. Die Anregung des Herzens ist nicht nachzuweisen. Die M u s k c l l c i st u n g wird nur gering, vorüber gehend und auf Kosten der Spannkraft er höht. Die intellektuellen Functionen werden ganz allgemein herabgesetzt. Das ist in nnoe die Wirkung des Alkohols ans den normalen Körper und Geist, diesem reiben sich die Schädigungen der inneren Organe und der Psyche durch den dauernden Genuß, be sonders auch durch den Mißbrauch, an. Rosenfeld zieht vor Allem den Schluß, daß die Nerztc aufhörcn müssen, den Alkohol fernerhin als stärkend und anregend, als in kleinen Mengen unschädlich hinzustellen. Weiterhin aber erwächst den Acrzten die Aufgabe, ihr Wissen auch Anderen mitzutheilcn." L. Berlin, 23. Mai. (Pr i v a t t e leg ra m m.) Wie die „Nat.-Ztg." nachträglich erfährt, bat der Kaiser in der ver gangenen Woche beim Reichskanzler dinirt nnd dazu u. A. den Oberbürgermeister vou Posen, Witting, ein laden lassen. Die Unterhaltung betraf dein Vernehmen nach in der Hauptsache die deutschen Culturbestre- bungen in der Ostmark und den bevorstehenden Kaiser besuch iu Posen. (-) Berlin, 23. Mai. (Telegramm.) Der Staats sekretär de- Reichs-Marineamt- Viceadmiral v. Tirpit; bat sich heute nach Cuxhaven und Kiel begeben. Seine Rück kehr nach Berlin erfolgt voraussichtlich am 28. Mai. (-) Berlin, 23. Mai. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht die Ernennung des KammergerichtS- ratbö Pre-ari in Berlin zum Reichsgerichtsrath. (-) Berlin, 23. Mai. (Telegramm.) Der „Reichs anzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung des Reichs kanzler-, durch welche die Verbreitung der in Krakau er scheinenden polnischen Zeitschrift „Teka" auf zwei Jahre verboten wird. — Der Reichskanzler hat, wie die „Königsb. Hart. Z." erfährt, in diesen Tagen eine Eingabe der Internatio nalen Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschuh dahin beschieden, daß er sich im Delegirtencomits amtlich vertreten lassen werde, zunächst bei der im Herbst d. I. in Köln stattfindenden Tagung. Die Benennung deö Delegirten bebakte er sich vcr. Wahrscheinlich wird ein hoher Beamter aus dem Ressort des Reichsamtes des Innern dazu gewählt. * Rostock, 23. Mai. Der beute auf seiner Besitzung Serraten bei Krakow verstorbene Prinz Albert von Sachsen-Altenburg war am 14. April 1843 in München geboren; er hatte zuerst in rer russischen Armee gedient und es hier bis zum Generalmajor gebracht, dann trat er in die preußische Armee über und avancirte in derselben bis zum General der Cavallerie. Seit etlichen Jahren war Prinz Albert inactiv, er wurde L la suite deö 8. thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 153 und des thüringischen Husaten-RegimentS Nr. 12 geführt. Er batte sich in Berlin am 0. Mai 1885 mit der Prinzessin Marie von Preußen, verwittweten Prinzessin Heinrich der Nieder lande, der ältesten Tochter des Prinzen Friedrich Karl, ver mählt. In der Berliner Gesellschaft spielte Ende der achtziger Jahre Prinz Albert eine bervorragende Rolle. Seine erste Ehe wurde nach kurzer Zeit durch den Tod gelöst; eine zweite schloß er am 13. Dccember 1891 mit der Herzogin Helene von Mecklenburg; in der letzten Zeit lebte Prinz Albert zurückgezogen auf seinen mecklenburgischen Besitzungen. * Posen. 22. Mai. Zur neuen Polenvorlage schreibt „Dziennik Poznan Ski", da- Hauptorgan der Polen, daß die Vorlage eine für ewige Zeiten unüberwindliche Mauer de- Hasse- zwischen den Bedrängern und den Bedrängten bilden werde. Durch diese Vorlage würden abermals die obersten Grundsätze der preußischen Verfassung durchbrochen. * Osnabrück, 22. Mai. Aus Anlaß der 200jährigcu Zugehörigkeit der O b e r g r a f s ch a f t Lingen zu Preußen fand heute in Ibbenbüren in Anwesenheit der Spitzen der Provinz eine große Feier mit Festzug und Enthüllung eines Denkmals statt. * Düsseldorf, 22. Mai. Die hier stattfindenden Be- rathungen der 11. Delcgirtenversammlung des Ge sa m m t v e r b a n d es der evangelischen Ar beitervereine Deutschlands, zu dem bekannt lich die im „evangelischen Arbeiterbund" zusammen gefaßten, Naumann feindlichen Vereine Rheinlands und Westfalens nicht gehören, wurden durch den Verbands vorsitzenden, Tia. Weber ans M.-Gladbach, mit einer Uebersicht über die Fortschritte der socialpolitischcn Gesetz gebung eingelettet. Redner bemerkte nach der „Rhein.- Westf. Ztg.": „Wir verlangen, daß die officielle K irchc uns nicht, wie schon geschehen ist, in unseren Be strebungen hindert, sondern daß sie uns nach Kräften unterstützt. Sonst gehen wir auf socialpolitischcm Gebiete gegen sie. Möge darum der sociale Hauch in den oberen kirchlichen Regionen sich recht kräftig bemerk bar machen." Bezüglich der Art der Gewerbes gcrichtö wählen empfahl er das Proportional- Wahlsystem. Zu den neuesten Bestrebungen der Berliner nnd Trierer Kreise, an Stelle der christlichen Gewerk schaften ans interconfcssionellcr Grundlage katholische Fachvcrbände zu errichten, gab Weber folgende Er klärung ab: „Die christlichen Gewerkschaften befinden sich augenblicklich in einer Krisis, indem Versuche unter nommen werden, sie in katholische Fachvcrcinc umzu wandeln. Diese Bestrebnngen verurtheilen wir auf das Schärfste; wir sehen sie als eine bedauerliche Störung in der gesammten Arbeiterentwickelung an. Wir wünschen den interconfeß'ivnellen Gewerkschaften eine kräftige Ent wickelung. Auf spcciell katholischer Basis aber hat eine solche Entwickelung keine Zukunft." Redner erklärte bann die Bereitwilligkeit des Verbandes, in allen die Größe des Vaterlandes betreffenden Fragen treu zur Regierung zu stehen. Wenn diese über kurz oder lang in der Entwickelung -er nationalen Wehrkraft Schritte thne, dürfe sic der kräftigen Unterstützung des Verbandes gewiß sein. Der Redner verlangte dann eine Pro fessur für S o c i a l p o l i t i k im Sinne der evange lischen Kirche, nachdem den Katholiken die Professur Hitze in Münster gewährt worden sei. Nach dem vom Schrift führer erstatteten Jahresbericht umfaßt der Verband evangelischer Arbeitervereine augenblicklich rund 79 000 Mitglieder; das Easscnvermögen stellte sich am 1. April 1902 ans 2136 .^. r. Bach», 23. Mai. Die Antisemiten beS hiesigen Wahlkreises (Eisenach) haben hier eine Versammlung ab gehalten, in der ein in Vacha geborener Herr — angeblich der Generalagent Eichler — sich bereit erklärt haben soll, dis ReichStags-Candidatur für den Wahlkreis zu übernehmen. Jena, 22. Mai. Der nationalliberale Reichstags abgeordnete für Jcna-Neusiadt-Blanlenhain, Rechts anwalt Basser m a n n - Mannheim, wird, wie dem „Blankenhainer Krcisblatt" angeblich auf Grund eigener Acnßerungen Basscrmann's zuverlässig mitgctheilt wird, nicht wieder candidiren. (Das wurden wir für sehr be dauerlich halten; doch wird bereits in der Presse an gedeutet, daß Herr Basscrmann vielleicht in einem anderen Wahlkreise wieder candidiren werde. — Red.) Alteuburg, 21. Mai. Die Stadtverordneten haben den Stadtrath ersucht, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß die Stadt Alten burg, entsprechend ihrer Steuerlcistung, das Recht erhalte, nicht nur vier, sondern mindestens acht Abgeordnete in den Landtag zn entsenden. r. Rudolstadt, 23. Mai. Zn der von Berlin au- ver breiteten Nachricht über einen dem Rudolstädtischen Landtag zugegangenen Antrag auf Erlaß eines Erbfolgegesetzes schreibt die „Schwarzb.-Rudolst. LandeSztg.: Hierorts ist weder von einem solchen Antrag etwa- bekannt, noch erweist sich ein solches Gesetz als notbwendig. Die Erbfolge ist seit dem Jahre 1896 geregelt. Von allem Anderen abgesehen, ist die „gegenwärtige Session", in der das Gesetz angeblich bereits berathcn werden soll, seit etwa 14 Tagen beendet. * Nürnberg, 22. Mai. Mehrere der letzthin auS dem socialdemokratischen Wahlverein ausgeschlossenen Führer fanden Aufnahme in den Wahlvereinen der Nach barorte. In einem Falle sogar unter ausdrücklicher Zu stimmung des Berliner Parteivorstandes. Die Angelegenheit fand in hiesigen Wablvereinen scharfe Mißbilligung und wird den Landespartcitag beschäftigen. (Frkf. Ztg.) m. Mannheim, 22. Mai. Der Delegirten tag der deutschen Zionistcn ist hier abgchalten wor den und, wie cs heißt, zur Zufriedenheit seiner Ver anstalter verlaufen. Gestern wurde eine Abordnung des Dclcgirtcntagcs vom Grvßhcrzvge von Bade n empfangen, worüber von intcrcssirtcr Seite berichtet wird: Auf die Ansprache des Präsidenten der zionistischen Ver einigung für Deutschland, vr. Bodcnheimer-Köln, der dem Großhcrzvgc den Dank der Zionisten für sein der Bewegung und ihren Führern bewiesenes Wohlwollen anssprach, erwiderte der Großhcrzog in überaus gnädiger Weise, daß er sich freue, zu bemerken, wie die früher vor handenen Mißverständnisse zu schwinden begännen. Er halte cs für seine Pflicht, die Bewegung zu unterstützen. Hiernach unterhielt sich der Großherzog eingehend mit den cingeladenen Herren der Deputation über den Stand und den Fortschritt der Bewegung in Deutschland. — Ans ein Huldigungs-Telegramm des Delcgirtcutags au den deutschen Kaiser ist folgende Antwort cingetroffen: „Dckrgirtentaa der deutschen Zionisten, Mannheim. Urvillc, Schloß. Seine Majestät der Kaiser und König lassen für den Huldigungsgrus; danken. Auf Allerhöchsten Befehl: der Ge heime Cadinctsrath v. Lucanus."
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