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Dresdner Journal : 14.06.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-06-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187406143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740614
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740614
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-06
- Tag1874-06-14
- Monat1874-06
- Jahr1874
- Titel
- Dresdner Journal : 14.06.1874
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V135 ^Kov»«>»ki»l8pr«>ir Im äsuticd«» : 7Li»rüot»:. . . . « Ulr Z^^LNrNck: 1 l'dlr. 1b tkmiivlvvblummvro: 1 Hzr In kr.a—° tritt ^Lkrlicd 2 1'klr. üt^mpel^ivakr, »a»—rk»1d«1«» ävutxjdsu ttt-wüv» ko«t- uuü biuru, Ii>8«r»teopr«l8e: l^ür <Iev K»uw sinsr ^sipitltvovo ?vtitrsilv: 2 b<^r. ttotvr <tts 2vil«: b dtjsr. Lr»<!ll«in«i>r Dt»Iiod mit rkn»o»vlns äor 8ooo- u»ä k«»rt»^». ^bsiut» kür <te» so!s»uä«u Sonntag, den 14. Juni. 1874 Dres-nerMurml. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. lo»»<>rLlvii,nL»Lm« »a«MLrt,r />> Xran<i«trttrr, OouuniisioaLr «Io» - Dresällor ^ournol»; ebenü»» : L«Arn />'ork u N K»»dm^-L»rUL- Vt«»-l.»txitss-L»,»I-»r»,l»o-rr»Lk1vrt » N.: 2aa«r»ste,n ü ^0A?er, NerU» Vi«»-L»wdiuA-kr»^-l.«ixiix-?r»LL k»ri ». N.-HÜLcd«»: Nxc/ AFüE, LerU» F I/. ^ibrrekt, Sr«m»»^ L 8c/i/<-tt«, »r«, I»n: N. 8ta«A««'» Uüivou; CksnuUli: x«iAt, tvn» » ^/arArr'-Mkeu ,/^//err»«u»i»> üelit-Nucdli., /luxbeck Oo./ Oorlitr^ /nrO, NLLvovsr: t.' ^cbü»i«/er,- k»rii: //uia», Na^tt«, ck L'o., »tnltx»rt: /-aube F t7o.» Nnnonenr-Nüfea«, Visu - Uorausxederr Königl. Lxpeäilion 6e« Dresdner Journals, Dresden, LInr^arellleiiAnsso blu 1. Amtlichcr Scheit. B.kanntmachung. Die durch anderweite Verwendung des Postinspectors Peter frei werdende Postinspectorstelle für den Bezirk der Kaiserlichen Oberpostdirection zu Leipzig ist dem Oberpoftdirrctionssecretär Ditfe ans Koblenz, zunächst cvmmissarisch, übertragen worden. Nachdem Se. Majestät der König von Sachsen hierzu die landesherrliche Bestätigung ertheilt haben, so wird solches hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 28. Mai 1874. Finanz Ministerium. von Friesen. Heydenreich. Nichtamtlicher TM. Uebersicht. Telegraphische Nachrichten. TagrSgeschichte. (Dresden. Berlin. Düsseldorf. Pader born. München. Weimar. Wien. Paris. Madrid. Washington.) Dresdner Nachrichten. Provinzial-Nachrichten. (Leipzig. Plauen. Mittweida. Zittau.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. Sächsische Bäder. EinaesandteS. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Beilage. Kirchliche Conferenzen in Meißen. Börsennachrichten. Teleqrapbische WitterungSderichte. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnabend, 13. Juni, Vormittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der ehemalige Handels- und Kinanzminister von der Heydt ist heute Morgen nach 6 Uhr am Herzschlag gestorben. Paris, Freitag, 18. Juni, Nachmittags. (W. T. B ) Heute Nachmittag ^2 Uhr find auf dem Bahnhofe von Samt Lazare ferner etwa 10 Per sonen wegen lärmender Kundgebungen verhaftet worden: 4 von ihnen wurden nach Feststellung ihrer Identität wieder freigelassen. Zahlreiche Trupps von Polizeiagenten und mehrere Com pagnien Soldaten find auf dem Bahnhofe con- signirt, um weiteren Unordnungen vorzubeugen. (Dgl. unter „Tagesgeschichte"). Der Ministerrath hat in einer heute Vormittag abgehaltenen Sitzung dir Journale „PayS", „Rappel" und „XIX. Sidcle" auf 14 Tage suSpendirt. Versailles, Freitag, 12. Juni, AbendS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die Nationalversammlung beendete heute die zweite Lesung deS Municipal Wahlgesetzes, indem sie die noch übrigen Artikel ohne wesentliche Abänderungen annahm, und be schloß, die dritte Lesung deS Gesetzes vorzu nehmen. Die Gruppen der Linken wünschen hierauf die Regierung darüber zu interpelliren, welche Stel lung dieselbe einer Partei gegenüber emnehme, welche eine von der Nationalversammlung getrof fene souveräne Entscheidung verläugne und ihr Trotz biete. Der Minister des Innern, de Fourtou, erklärte sich zur Beantwortung einer solchen Interpellation bereit. Bethmont (Linke) begründet nun die Interpellation. Er mißbilligt zunächst die gestrige Erklärung des Mi nisters des Innen: und beschuldigt denselben, daß er die Rechte der Deputirtcn nicht genügend geschützt habe. Redner beschuldigte ferner das gelammte Ministerium, daß es mit den Bonapartisten zusammengehe und seinen Pflich ten zuwiderhandle. Hierauf erklärte der Minister de Fourtou, daß er von seinen gestrigen Worten nichts zurückzunehmen habe. Die Organe der öffentlichen Gewalt thäten durch aus ihre Schuldigkeit; das Borgehen gegen Gambetta finde bis zu einem gewissen Punkte seine natürliche Er klärung in den in diesem Hause gefallenen bedauerns wertheil Aeußerungen. Als Minister des Marschall- Präsidenten Mac Mahon werde er den Gewalten des selben Achtung zu verschaffen und den Frieden aufrecht zu erhalten wissen, falls Versuche gemacht werden sollten, den letzter» zu stören. Wer sich den Gewalten des Marschallpräsidenten entaegenstelle, dürfe darauf rechnen, daß das gesammte Ministerium bereit sein werde, ihn zu bekämpfen. Picard hebt hervor, daß die heutige Aeußerung des Ministers eine Verschärfung seiner gestrigen Erklä rung sei, und betont, daß die Nationalversammlung ihrer Souveränetät Achtung verschaffen müsse. Picard beantragte sodann ein Mißtrauens votum gegen den Minister des Innern. Die Linke schlug eine Tagesordnung vor, durch welche die heutigen Erklärungen deS Ministers als unge nügend bezeichnet werden; die Nationalversamm lung beschloß aber mit 377 gegen 326 Stimmen die einfache Tagesordnung. Tagesgeschichte. Dresden, l3. Juni. Die Erste Kammer be schäftigte sich gestern Abend mit dem neulich auf Antrag des Abg. Sachße und Genossen von der Zweiten Kam mer gefaßten Beschlusse: die Kammer wolle die Voraus setzung aussprechen, daß die in tz 32 der neuen Land tagsordnung festgesetzten erhöhten Tagegelder der Kammer mitglieder bereits vom l. Januar d. I., als dem Be ginn der neuen Finanzperiode, ab gewährt werden. Die Majorität der 3. Deputation (Referent: Präsident v. Crieaern) bestritt dem Sachße'schen Antrag, aus seinen Wortlaut und seine Entstehungsgeschichte gestützt, den Eharakler eines ständischen Antrags; sie war daher der Ansicht, daß die Erste Kammer sich mit diesem An träge gar nicht zu befassen habe, und beantragte: es bei der Mittheilung des Beschlusses der Zweiten Kammer bewenden zu lassen; zugleich sollte der Zweiten Kammer von den Motiven dieses Beschlusses Kenntniß gegeben werden. Als Separatvotant beantragte dagegen Bürger meister Clauß, über den Beschluß der andern Kammer abzustimmen; er und mehrere andere Redner vindicirten dem Sachße'schen Antrag die Eigenschaft eines ständischen, über den sich die Erste Kammer auch materiell erklären müsse. 'Namentlich constatirte auch Präsident v. Zehmen die Pflicht der Ersten Kammer, aus eine officielle Mit theilung der Zwesten eine officielle Antwort zu geben. Es wurde der Clauß'sche Antrag und hierauf ein An trag des Oberschenks v. Metzsch angenommen: den Bei tritt zu dem Beschlusse der Zwesten Kammer abzulehnen. Heute erstattete die Finanzdeputation durch Herrn v. Erdmannsdorff der Ersten Kammer mündlichen Bericht über die Eisenbahnprojecte rc., über welche die Zweite Kammer Donnerstag Abend Beschluß gefaßt hat. Die Kammer lehnte die Concessionirung der Linie Dres- den-Ostrau-Leipzig nach kurzer Discussion ebenfalls ab. Zu da» Beschlusse der Zweiten Kammer, wonach die Regierung die Ausführung einer Gürtelbahn bei Chem nitz für eine künftige Finanzperiode in Erwägung ziehen, soll, versagte die Kammer nach längerer Debatte mit <8 gegen >7 Stimmen ihren Beitritt; das von der Zweiten Kammer abgclehntc Gesuch um Ucber- führung des Chemnitzer Bahnhofs beschloß sie, der Re gierung zur Erwägung mit dem Ausdrucke der Erwartung zu empfehlen, daß die Stadt Chemnitz zu einem angemessenen Vmrag hcrangezogen werde. Im Uebrigen wurde den Beschlüssen der Zweiten Kammer beigetreten. Ohne De batte, erfolgte der Beitritt zu den den Bau der Staats bahn Schwarzenberg-Johanngeorgenstadt und den Um bau «oder die Verlegung des Altenburger Bahnhofs be willigenden Beschlüssen der andern Kammer. Auch die Aufnahme einer weitern 4 '^procentigen Anleihe beim Reichsinvalidenfond bis zur Höhe von 8 Millionen Thalern wurde nach dem Anträge der Majorität der Finanzdeputation (Referent: Rülke) durch Beitritt zu den bezüglichen Beschlüssen derZweiten Kammer gegen 1 Stimme genchmigt, nachdem die gegen diese Finanzoperation gerichtete Opposition Seiler's und die auf die Deckung der außer ordentlichen Staatsbedürfnisse durch den Verkauf 4pro- centiger Staatspapiere und die Ausgabe von Schatz scheinen hinauslaufenden Gegenvorschläge desselben vom Finanzminister v. Friesen in längerer Rede bekämpft worden waren; der Minister wies die völlige Unthun- lichkeit der von Seiler vorgeschlagenen Di aß regeln ein gehend nach. Nachdem noch die Rückgabe der verfallenen Caution der Annaberg-Weiperter Bahn genehmigt wor den war, nahm die Kammer das unmittelbar vorher von der Zweiten Kammer genehmigte Finanzgesetz auf die laufende Finanzperiode in der dort beschlossenen Fassung an, worauf von Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg das königliche Acceptationsdecret vorgetragen wurde. Hierauf erhob sich Staatsminister Frhr. v. Friesen und brachte das allerhöchste Decret zur Kenntniß der Kammer, durch welches der Landtag anderweit ver tagt wird. Die Zweite Kammer genehmigte unverändert den Entwurf eines anderweiten Nachtrags zu dem außer ordentlichen Budget für die Finanzperiode 1872/73, und ebenso das Finanzgesetz für die Finanzperiode 1874/75. Das ordentliche Budget balancirt nach den nunmehr feststehenden Beschlüssen der beiden Kammern in Ein nahme und Ausgabe mit 15,830,973 Thlr. für jedes der beiden Jahre 1874 und 1875, und das außerordent liche Budget mit 27,327,478 Thlr. für die ganze Fi- nanzperiodc. Nachdem noch Abg. Starke (Schmölen) über die bezüglich der Chemnitzer Bahnprojccte vorhan denen Differenzen Bericht erstattet und die Kammer be schlossen hatte, bezüglich des Chemnitzer Gütcrbahnhofs bei ihrem Beschlusse stehen zu bleiben, in Beziehung auf die Ueberführung des Chemnitzer Bahnhofs aber dem Beschlusse der Ersten Kammer beizutreten, verlas Staats minister v. Nostitz-Wallwitz das königl. Decret, durch welches der Landtag von heute ab bis auf Weiteres vertagt wird. * Berlin, 12. Juni. Die Abreise'des Kaisers nach Ems erfolgt Sonntag Abend A11 Uhr. Vor der Abreise Sr. Majestät wird das Stiftungsfest des Lehrinfantcriebataillons in üblicher Weise begangen werden. Um 11 Uhr Vormittags findet Gottesdienst im Freien (bei ungünstigem Wetter in der Galerie des 'Neuen Palais) und demnächst Parade des Bataillons und Speisung der Mannschaften unter der Colonnade statt. — Gestern hielt der Bundesrath Plenar sitzung unter dem Präsidium des Slaatsministers Del brück. 'Nach Mitthellungen über die geschäftliche Be handlung des Postvertragcs mit Chili wurden alsdann eingebracht und an Ausschüsse verwiesen: der Entwurf eines Eisenbahnpolizeireglements und ein Vorschlag des Reichskanzlers, das Apothckerwesen betreffend. Sodann wurden die bekannten Anträge wegen der ärztlichen Untersuchung der in den Vereinigten istaaten von 'Nord amerika und in Rumänien lebenden militärpflichtigen Deutschen angenommen und der Bericht des Justizaus- schusses über den vom Reichstage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes erstattet. Die Ausschußanträge, dem vom Reichstage angenommenen Civilehegesetz nicht zuzustimmen und den Reichskanzler um Vorlage eines Gesetzentwurfs über Einführung der obligatorischen Civilehe und der Be urkundung des Personalstandes unter Betheiligung der Bundesregierungen, sowie um dessen demnächstige Vor legung zu ersuchen, wurden nunmehr zum Beschluß er hoben. Zur Berathung gelangten demnächst die Eisen bahntarifvorlage und Ausschußberichte über die Be setzung einer Rathsstelle bei dem Leipziger Oberhandels- gcricht, über weitere Ausführungsbestimmungen zur Zolltarisnovelle, über die Geschästsanweisung für die Verwaltung des Neichsinvalidenfonds und endlich über die Expedition zur Beobachtung des Vorüberganges der Venus vor der Sonne. — Im „'Neuen Socialdemokrat" macht der Präsi dent deS allgemeinen deutschen Arbeitervereins, Herr Hasenclever, bekannt, daß er nach 8 2 Absatz 2 und 8 l Absatz 2 des Statuts den Sitz des Vereins von Berlin nach Bremen verlegt habe. Er werde die' Genehmigung des Vorstandes innerhalb der gesetzlichen Frist nachsuchen. In einer zweiten Anordnung des Vereinspräsidenten werden die Bevollmächtigten des allgemeinen deutschen Arbeitervereins aufgefordert, „so fort nach Kcnntnißnahme obigen Erlasses der Polizei behörde ihres Ortes davon Kenntniß zu geben", daß der Sitz des Vereins nach tz 2 Absatz 2 und 8 7 Absatz 2 des Statuts durch das Präsidium von Berlin nach Bremen verlegt ist. Die „St. A. Z." bemerkt hierzu: Jedenfalls hat man in dieser Verlegung des socialistischen Hauptquartiers die erste Folge der neulichen Haussuch ungen vor sich. Düsseldorf, 12. Juni. (K.Z.) Die Delegirten- versammlung des deutschen Handelstages ist heute Vormittag im Rittersaale der städtischen Tonhalle vom Commerzienrath Delbrück aus Berlin eröffnet worden. Es waren etwa 1Oo Delegirte anwesend, darunter IN . Alexander 'Meyer, Or. Hammacher und Liebermann aus Berlin, Dr. Lcmden aus Hamburg, Or. v. d. Leyen aus Bremen, Ritzhaupt aus Königsberg. Referent des blei benden Ausschusses ist iSr. Hammacher. Paderborn, I I. Juni. Wie bereits gemeldet, ging dem Bischöfe Or. Martin von Paderborn gestern ein Schreiben deS hiesigen Kreisgerichtcs zu, in welchem derselbe aufgefordert wird, sich zum Antritt der Gcfäng- nißhaft von 6 Wochen (wozu er unterm 15. October vorigen Jahres wegen gesetzwidriger Besetzung der Pfarr- stellc zu Alme vom hiesigen Krcisgericht verurtheitt ist) bei Gefahr der zwangsweisen Vorführung binnen späte stens 8 Tagen, von Empfang der Aufforderung an ge- rechnet, einzufinken. Gestern Nachmittag ist nun, ,o meldet das „Wests. Volksblatt", das Krcisgericht durch Ver fügung des hiesigen Appellations-Gerichtes angewiesen worden, das Verfahren gegen den Bischof zu sistiren, das heißt: von der angedrohtcn Verhaftung einstweilen Abstand zu nehmen. Es haben nämlich zwei adelige Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. AuS Ludwig Devrient'S letzter Epoche. Im Schlußbande seiner Theatergeschichte bespricht Eduard Devrient auch das Leben und Wirken seines großen Onkels und ohne hier ein Urtheil über diese und andere Darstellungen des Buches vorweg auszu sprechen, seien die Leser zunächst mit diesem höchst inter essanten Capitel bekannt gemacht. Ludwig Devrient'S letzte Krastanstrengung galt einem glänzenden Gastspiele am Wiener Burgtheater im Jahre 1830, wo er zum ersten Male erschien. Er unterlag immer wiederkehrenden Unterlribsleiden, seine Haltung war gebrochen, die Hände, verkrümmt, ließen keine selbst ständige Bewegung der Finger mehr zu, die Sprache war matt geworden, sein Gedächmiß, schon immer treu los, ließ ihn jetzt zu Zeiten ganz im Stich. Das Ber liner Publicum, das für dauernde Pietät gegen seine Künstler wenig Anlage hat, fing an ungeduldig zu wer den, ja, als Ludwig Devrient bei der solennen Auffüh rung der Wallensteintrilogie 1831 in den „Piccolomini" als Buttler wiederholt stecken blieb, hatte man die Alles vergessende Rücksichtslosigkeit, den hochberühmten Meister auszuzischen. Ja man trieb es so weit, dies Urthril zu bestätigen, indem man bei der zweiten Aufführung dem jüngern Künstler, dem die Rolle übertragen worden war und der die erste lange Rede ohne Anstoß sprach, applaudirte. Es wäre Erbarmen mit seiner Person, es wäre Ehrfurcht vor seinem Genie gewesen, wenn man Ludwig Devrient in seinen letzten zwei Lebensjahren nicht mehr hätte auftreten lassen. Die Geringachtung, in welche er sein Privatleben gesetzt hatte, trug allerdings nicht wenig dazu bei, die ehrfurchtsvolle Scheu vor feiner Künstlergröße zu ver mindern. Jene wilden Weinhausnächte in Gesellschaft des genialen Hoffmann und seines Kreises hatte man wohl mit Bedauern über ihre Gesundheitsschädlichkeit, doch mit Antheil und Anerkennung der geistigen An regung betrachtet; seit Hoffmann's Tod den Kxeis ge sprengt hatte, war aus Ludwig Devrient's Wirthshaus- leben der Geist gewichen, die Oeffentlichkeit wollte, bei Wahrnehmung seiner Spuren in den Darstellungen, keine Nachsicht mehr üben. Von seiner zweiten Frau hatte er sich schon 1819, aus Abneigung gegen den Zwang eines häuslichen Le bens, getrennt aus guter Gesellschaft hielt ihn blöde Scheu und die Unbehilflichkeit der Wirthshausgewöh- nung fern. Die Oede seines häuslichen Lebens, bei seinen häufigen Kxankhcitsanfällen, kam den Absichten der jungen Tänzerin Brandes zu statten, welche zum Schauspiel übertreten wollte, bewundernd, lern- und förderungsbegierig sich an Devrient drängte — obschon es seine Sache gar nicht war, weder zu belehren noch zu fördern — und ihn bald dahin brachte, seine dritte Ehe mit ihr im Jahre 1825 zu schließen. Damit hatte er sich aber den letzten Rest häuslichen Behagens geraubt, denn sein Haus wurde ihm nun verhaßt, und er schämte sich der Abhängigkeit, in die er gcrathen war. Nun sah man ihn in wenig besuchten Weinhäusern brütend im Winkel sitzen oder gegen ganz untergeordnete Per sonen seinen Drang: seine Phantasiegebilde mitzuthcilen, befriedigen. Seine Krankheitsansälle rückten näher zu sammen. Er war Zeuge der Bemühungen der Inten danz, seine Stelle durch frische Kräfte zu besetzen, war Zeuge, wie Moritz Rott theilwrise in seinen Rollen, in einer von der seinigen sehr verschiedenen Darstellungs- Weise, ebenso große Triumphe als er gewann. Die vereinzelten Darstellungen, zu denen er sich noch zusammenraffte, erinnerten nur in Momenten an die versunkene Größe; an die Stelle der früheren Bewun derung, des hingerissenen Entzückens im Publicum trat ein peinliches Mitleid. Stach der Vorstellung des Kanzlers in Jffland's „Mündeln" am 28. October 1832 bannte die letzte Krankheit ihn dauernd in seine verhaßte Häus lichkeit, unterwarf ihn einer despotischen und schmuzigcn Beschränkung, sperrte den schon genugsam Jsolirten vom Zuspruch selbst seiner Verwandten ab und ließ ihm den Tod als einen Befreier von einem verpfuschten Leben erscheinen. Den kargen Rest seiner Kraft raffte er noch einmal zu einer letzten Vorstellung, des Schema im „Juden", am 1. December zusammen, dann nahm ihn am 30. des selben Monats, am letzten Tage seines fünfzigsten Lebensjahres, der Tod hinweg, damit der Ruhm seiner künstlerischen Gestalt sich wieder leuchtend aufrichten könnte. Kein warnenderes Beispiel hat die Kunstgeschichte aufzuweisen, als das Schicksal Ludwig Devrient's, um den Schauspieler zur Achtung vor seiner eigenen Persön lichkeit, die sein Kunstmatcnal ist, zu mahnen, ihn zu warnen; die sittliche Selbstständigkeit seines menschlichen Seins nickt in der Meinung aufzugeben, daß er sich dann um so ergiebiger in seine Darstellungen auflösen könne. Gerade an Ludwig Devrient — der immer zum Erweis dienen soll für die ebenso thörichte als abscheu liche Behauptung, daß des Schauspielers geniales Schaffen von regelloser Ungrbundcnhcit feines Lebens bedingt sei — gerade an ihm erwies es sich fein ganzes Leben hindurch auf die grausamste Weise — und er selbst quälte sich in unfruchtbarer Reue deshalb — daß ein schrankenloses Leben zur Zersetzung und Verschleuderung aller Kraft und zuletzt der Schöpfungsfähigkrit führe; daß ein Mangel an Ausbildung aller Anlagen, aller Kunstmittel und damit ein Verlust für die Vollendung der Kunstwerke daraus erwachse. Wenn man von den anderen großen Schauspielern, insbesondere von Schröder, sagen kann, daß sie aus ihrer Begabung Alles gemacht haben, was daraus zu machen war, so muß im'Gegen- thcile von Ludwig Devrient bezeugt werden, daß Das, was er geleistet, weit hinter Dem zurückblieb, was er vermocht hätte, weil ersichtlich eine 'Menge von Keimen zertreten wurde, wichtige Seiten seiner künstlerischen Persönlichkeit unausgebildet, nothwendige Eigenschaften auffallend vernachlässigt geblieben waren. Wäre er aller Kunstformcn mächtiger gewesen, so würde seine Meisterschaft nicht nur von dem jüngeren Kunstgescklechte besser verstanden worden sein, anstatt daß man sich meistens an 'Nachahmung seines hohlen Sprcchtones und seiner chiragrischcn Handbewegungen hielt, sondern man würde auch die Treue und Sorgfalt seiner Studien eher wahrgenommen haben, welche die 'Meinung des Publikums — das so wenig Begriff von den schauspielerischen Vorarbeiten hat — gern in Abrede stellte und sich vorsabelte: Ludwig Devrient studire seine Rollen gar nicht, sondern überlasse sich Abends auf der Bühne lediglich seiner augenblicklichen Eingebung. Und in dieser Unmöglichkeit wollte man sogar sein größtes Verdienst erkennen. Allerdings war er fern von den anatomirenden und reflectirenden Studien, die Paulmann, Lemm, Seydelmann einhielten, ja er verabsäumte es, Rede und Geberde zu studiren, auf Ebenmaß und Anmuth hinzuarbeiten, Un beholfenheiten zu ebnen rc.; seine Richtung ging mit ausschließlichem Zuge auf das Charakteristische; darin aber trieb er in seiner Weise die ausführlichsten Stu dien. Er trug die Rolle, mit welcher er beschäftigt war, beständig in der Tasche bei sich. Im Weinhausc oder
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