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Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 24.11.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-24
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190611243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19061124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19061124
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
- Jahr1906
- Monat1906-11
- Tag1906-11-24
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- Jahr1906
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Sonnabend, 24. November 1SW. Veit ihn dvVV Übooneülen! Nr. 71. Erster Jahrgang. Ku er Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge Bcovttweiilich er Ue!>olleitt: F.rilz Ur» Held. FNr die ^»kerele l-erentteerttich: UrIh » r t< >> >' I c r. beide i:i nut der ivöehe,ulicl)en UfUer^alülug5>bei!age: Illustriertes ^ouutugsblatt. ^strechjwnde der Ked-rkiio» mtt Unsnahoie dec Kenniage nachmittags von 4—5 Uhr. — Telegramm-Adresse: Tageblatt A»e. — Fernsprecher 202. Für unverlangt eingesandle Mannstriple kam, Gewähr nicht geleistet werden. Ornck mi- Verlag Gebrüder B e n t h n e r «Inh.: Pani Beitthnerl in Ane. Bezugspreis: Durch unsere Baien srci ins Baus monatlich so Pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich HO pfg. und wdchentlich ;o Pis — Lei der Post bestellt und selbst abgcholt vierteljährlich i-öo Mk. - Durch den Briefträger frei ins lfaus vierteljährlich tgr Alk. Tiuzelne Nummer to pfg — Deutscher Postzcituugs- latalog Trlcheiut täglich in deu Ilii'.ragsftundcu. mit Ausuahme vo« Sonn- und Feiertagen. I < »> Annahme von Anzeigen bis spätestens gst, Uhr vormittags. Für Ausnahme von größeren Anzeigen an beftinuuten Stellen kann unr daun gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns eingehen Z n ser I i onsp re is: Die stebengesvalleue Aorpnszeile oder deren Aamn ,0 Psg., Aeklaineu 2ö psg Bei grdsteren Aufträgen entsprechender Aabatt. Dies« Seit«,» Las Wichlikste vom Tage. Nach polnijrhen Blällern nnrd die gesamte T i v z e > nn - st e i n I r ch l e i l in Polen, au>I> die deut' ch e, eine E > st e b e n- hei 1 sak> rei 1 e an den ist: r ; d i i ch 0 i richt en. Tie G esnuddeil d e s ;> a rin. l>ai ''ich, senden« er non dem ltzöliinger Proiesivt T a ni i ch behandelt wird, merklich zeheis e r l. Tchlas und Ävveiir sind znriieip- tehrl. Tie Sänvel lungen haben nncha.el.mieu >> a isul i.. der diü.'ch die van Den Mannen eigriisenen chraii- nalnneu b eu nr n l> i g'. tvird. v < >. i a n e. i van dein Periieier des Tnlian, Mohamed e! Torres, e l ch n st e, nm die S a !i e l b a m m e ; n b e k st ni v s e n. Tie Rachricht. das der P e r ; a p, 0 a n (2 n ;n b e r land ans ieiue A 1: s v r 1: st , an> Hannover va r ; i st» 1 e t :v a l, ivcrdeu vor. uiverläsuger Teile b e sl ritte n. Politischer Wochen-Niiltvlilt. .lsach dem steräuschvollen Anstatt der Einleitung nehmen dir Debatten im Reichstaste bisher einen ziemlich interesse losen Tirrlans, obstleich schon verschiedene Gegenstände aus der Tastcsordnunst standen, die entschieden eine eingehendere und liebevollere Behaitdlunst von seiten der Herren Reichsboten ver dient hätten. Aber die Beobachtunst dräiistt sich einem leider immer wieder aus, daß die Abgeordneten weit mehr Lust zum Debattieren, als zum A r b c i t e n haben und bei der Schassung neuer Gesetze der Neichsregierung selten wertvolle An regung biete», Lebhafter dürste sich die parlamentarische Dis kussion erst gestalten, wenn die F l e i s ch n 0 t - I n t e r p e > l a - ti 0 n durch den Reichskanzler beantwortet wird. Das; dies bis heute noch nicht geschehen tonnte, ist höchst beklagenswert, denn es handelt sich doch hierbei nm eine wirklich brennende Angele genheit des deutschen Volkes und jeder neue Tag, um den die Ergreifung von Maßregeln behufs Abhilfe gegen die Flcischtcue- rung hinansgeschoben wird, bedeutet für die städtischen Volks schichten eine unnötige M e h r ausgabe, die in die Millionen geht. Hoffentlich toinmt jetzt mit der amtlichen Ernennung des neuen Landwirtschaftsministers Herrn von Arnim-Eric- w e n ein frischerer Zug in die Lösung dieser Frage, die uns im wahrsten Sinne des Wortes aus den Rägeln brennt. Das Gespräch, das KaijerWi > hel in bet seiner jüngsten Anwesenheit in München mit dem Dichter Ludwig Gang hofer führte und das ersichtlich mit seiner Zustimmung, viel leicht sogar in seinem Auftrage veröffentlicht wurde, wird unzweifelhaft dereinst der Nachwelt einen bedeutungsvollen Bei trag zur Charakteristik unseres Kaisers bieten. Es ist unver kennbar seine Antwort auf die verschiedenen Angriffe der letzten lkvochen in dieser Veröffentlichung enthalten, denn der Herrscher spielt ganz deutlich aus die Kritik an, die an seiner Person geübt wird. Die Anschauungen, die der Monarch äußerte, mache» uns entschieden seine Persönlichkeit noch weit sympathischer, als sie es ohnehin in dem deutschen Volke ist, denn manches aus seinem Leben, das wir uns bisher vergeblich zu deuten suchten, erscheint uns jetzt verständlich. Seine Vorliebe für bas Reisen geht aus dem schönen Wunsche hervor, unser deutsches Vaterland genau kennen zu lernen und mit allen seinen Gegenden in per sönliche Fühlung zu treten. Auch sein Optimismus, der in jedem Menschen das gute und edle sucht, ist echr deutscher Natur, denn es entspricht dem Wesen des Deutschen, offen und ver trauensvoll zu sein, wobei allerdings sehr ost leider sich schmerz liche Enttäuschungen einstellen. Diese Offenheit war auch ein hervorstechendes Merkmal der Politik Bismarcks, und wenn uns das Ausland trotz unserer Ehrlichkeit mit Misstrauen betrachtet, so liegt dies wohl nicht an uns, sondern an dem Charakter der misigUnstigen Neider und Feinde. Aber da der kaiserliche Herr sozusagen an die Oessentlichkcit appellierte, um sich zu rechtfer tigen, so können auch wir unsererseits dem Wunsche Ausdruck geben, das, die Missverständnisse bald verschwinden müssen, die in der Regel durch Aeußerlichkeiten herbeigesührt werden. Zn der äußeren Politik ist es ziemlich still geworden, nur die marokkanische Frage beschäftigt zurzeit intensiv die europäischen Kabinette. Es hat allen Anschein, das; sich in Marokko e r n st e Ereignisse vorbereiten, weil die Bevölkerung eine immer drohendere Haltung gegen die Europäer einnimmt. Das Unternehmen Ferreiras hat mit der Gefangcn- nahm e des Helden ein schnelles Ende gefunden, und man kann daraus, daß er keine nennenswerte Unterstützung bei seinen Stammcsgcnossen sand, schließen, daß es sich doch nur um ein abenteuerliches Unternehmen aus gut Glück gehandelt hat. In Serbien drängen die politischen Verhältnisse einer neuen Katastrophe zu, und fast scheint es, als ob der König Pe ter in dem krampfhaften Bestreben, sich aus dem Trone zu erhal ten, gcgebencnfalles davon nicht zurückscheuen wird, einen Brand aus dem Balkan zu entfachen. Daraufhin deuten wenigstens die geheimnisvollen Vereinbarungen zwischen Serbien und Monte negro in der G e s ch ä s t s f r a g e sowie die intensive Agitation die von Belstrad aus in Bosnien betrieben wird. Da die rauhe Jahreszeit bereits hereingebrochcn ist, jo ist wohl vorläufig der Eintritt ernster Ereignisse im europäischen Wetterwinkel nicht zu befürchten, aber die umfassenden militärischen Vorbereitungen, die O e st e r r e i ch - U n g a r n in Dalmatien sowie in den okup- pierten Provinzen trisst, lassen unzweifelhaft darauf schließen, daß man in Wien nicht gerade optimistisch in die Zukunft blickt. Politische Tagesschau. Aue, 24. November lllOli. Rekrntenverridigung im Beisein des Kaisers. «. Im Exerzicrhause in Kiel hatten gestern die Rekruten der Marinestation der Ostsee Aufstellung genommen, ferner das erste Bataillon der Marine-Iusanterie mit Fahne und Musik. Zugegen waren außer dem Kaiser und dem Bringen Heinrich der Staatssekretär des Reichsmarinemnts Admiral v. Tirpitz, die Admiralität und das Gefolge des Kaisers. Nach Ansprachen der Geistlichen beider Konfessionen sand die Vereidigung der Rekruten statt, worauf der Kaiser eine A »sprach e an die Re kruten hielt. Der Ches der Marinestation der Ostsee Vizeadmiral von Prittwitz und Easfron brachte ein dreifaches Hurra aus den Kaiser aus. Die Musik spielte die Nationalhymne. Hierauf nahm der Kaiser militärische Meldungen entgegen und begab sich alsdann nach der Ossiziers-Speiseanstalt, um im Kreise des Offi zierkorps das Frühstück einzunehmen. Abends fand an Bord des Linienschiffes Deutschland bei dem Kaiser Abendtafel statt, zu der geladen waren Prinz Heinrich von Preußen, Staatssekretär von Tirpitz, die Vizeadmirale v. Prittwitz und Gassron, Fischet und von Ahleseld, die Kontreadmirale v. Holtzendorss, Pohl und v. Heeringen, und die Kapitäne zur See Paschen, Rollmann, Kalau vom Hofe, v. Krosigk und Laus. — Auf der Fahrt nach Kiel hörte der Kaiser am Donnerstag im Sonderzuge die Vor träge des Chefs des Militärkabinetts und des Chefs des General stabes der Armee. Freitag vormittag besichtigte er die Deutsch land und begab sich gegen 12 Uhr an Land. Einen hübschen Beifall zum Duellunsug bildet folgende Erklärung, die der bekannte Marineschriftstelle^r Kapitänleutnant a. D. Gras Ernst zu Reventlow ver öffentlicht: „Gras P ü ck l e r - K l e i n - T j ch i r n e hat in öffent licher Versammlung sich in pöbelhafter Weise über meinen ver storbenen Bruder, Graf Ludwig zu Reventlow, M. d. R., ge äußert. Graf Pllckler hat der Aufforderung, jene Beschimpfung mit dem Ausdruck des Bedauerns öffentlich zuriickzuziehen, nicht entsprochen, sondern sie in seiner öffentlichen Versamm lung ausdrücklich als gerechtfertigt bezeichnet. Da Gras Pück- ler aus die Aufforderung, seine pöbelhafte Aeußerung in einer üblichen Form persönlich zu vertreten, überhaupt nicht reagiert hat, so sei hiermit öffentlich festgestellt, daß ihm auch die zur Sühn e einer ehrlosen Handlung nötigen Eigenschaf ten fehle n. Gras Pllckler hat in jener Versammlung, wie wir seinerzeit mit teilten, ein grobes Schimpfwort gegen den Verstorbenen ausge- stoßen und hat hinzugesügt, er sei nun auch schon „verreckt." Und mit diesem Menschen hat sich Gras Reventlow duellieren wollen! Der Dreschgras hätte aus den Pistolenhandel nur einzugehen brauchen, um ihm als „untadeliger Kavalier" zu gel ten! So kann der Duell-Unfug das gesunde Empfinden für An stand, Moral und Sitte verwirren! — Und nun hat der Dresch gras in einer Versammlung wieder das Wort ergriffen. Er meinte: „Kapitänleutnant a. D. Gras Reventlow hat mir den Vorwurf gemacht, ich hätte mich in der Angelegenheit nicht an ständig benommen. Wollen die Leute denn, daß ich mich mit der ganzen Familie schießen soll?! Wenn der Kapitänleutnant a. D. Graf Reventlow durchaus schießen will, dann soll er sich mit dem kleinen Kohn schießen und den dabei ordentlich kitzeln: dann würde ihm das ganze deutsche Volk dankbar sein. Ich kann mich doch nicht wegen jeder Kinderei morgens, mittags und abends fortwährend mit der „Familie Reventlow schießen." Im Jenseits werde der l i e b e E 0 t t es die Revent- lows entgelten lassen, daß sie s e i n e n L i e b l i n g, den Grafen Pllckler, geärgert haben. — Es wird nachgerade ein Skandal, daß man diesen Geisteskranken öffentlich Blasphemien äußern läßt. Am Lode vereint. Eine Totensonntags-Geschichte von Logen Jsolani. (Nachdruck verboten.) Frau Käthe Manzig stand allein im Leben da, allein, mut- tcrseelen allein und verlassen. Heute hatte sic das zum ersten Male gefühlt in der langen Reihe von Jahren, seit ihr Gatte schon tot war, heute, in dem Augenblick, da sie mit Kränzen be laden an die Grabstätte des Gatten trat, um sie in gewohnter Weise am Tage der Toten zu schmücken. Noch hatte sie immer gehofft, daß der Sohn, die Tochter ihr vielleicht zuvorgekommen feien, daß sie vor ihr schon vielleicht aus den Friedhof hinausge pilgert wären, da sie ihre Kinder vergeblich den ganzen Vormit tag Uber erwartet hatte, daß diese sie zum Gange nach dem Grabe des teuren Toten abholcn sollten. Bisher hatten sic den Weg hinaus aus das große Gräberfeld immer gemeinsam gemacht, zu dreien, den Sohn zlir Linken, die Tochter zur Rechten. Jeder trug dann einen Kranz über dem Arme, und sie, die Mutter, er zählte den ganzen Weg über den Kindern von ihrem Vater, den sie frühzeitig verloren hatten. Es klingt seltsam, aber man wird es verstehen: Dieser Gang zum Grabe des Gatten und Paters war jedesmal ein Fest für die drei. Man wird es verstehen, wenn man vernimmt, daß die ser Tag der Toten, der einzige Tag im Jahre war, den sich Frau Käthe Manzig ganz frei hielt von aller Arbeit, der einzige Tag. an dem sie sich nur ihrer Familie widmete, dem geliebten Gat ten, der da unter der Erde ruhte, und ihren beiden Kindern, für die sie sonst arbeitete und rackerte und danns ganzeJahr hindurch ohne Feiertag und ohne Ruhepause, tapfer, wie nur ein Mann arbeiten kann für seine Familie. Das war so gewesen, seitdem der da unten liegt, unter der Erde. Ganz plötzlich war er da mals gestorben, hatte die Frau, die nicht ans Geld verdienen ge wöhnt war. mit zwei kleinen Kindern allein zurück gelassen, ohne Mittel. Er hatte ja nicht ahnen können, daß er so früh von ihr gehen müßte. Da hatte sie denn alle Kraft zusammen genommen, hatte alles das, was bisher ihr Leben geschmückt hatte und was ihr nun nach dem Tode des geliebten Gatten entbehrlich schien, verkauft und hatte zu arbeiten gelernt, um dann zu schaffen, zu erwerben siir ihre Kinder, daß sie diesen eine anständige Er ziehung angedeihen lassen konnte. Und daß sie dies vermocht, daß ihr Robert aus dem Gymnasium ein Muster von Fleiß war, daß er nun mit 23 Jahren bereits Assistenzarzt einer angesehenen me dizinischen Kapazität mar, daß ihre Tochter Lotte auch Tüchtiges gelernt hatte, daß sie einen gebildeten Mann zum Gatten bekam, darauf konnte Frau Käthe Manzig wohl auch stolz sein. Der da unten im Grabe konnte in Frieden ruhen, sie hatte sein Ver mächtnis treu verwaltet. Und das war in all den fünfzehn Jahren, da sie am Tage der Toten an das Grab ihres Toten getreten war. das Leitmotiv ihres ganzen Denkens und Fühlens gewesen; sie hatte sich immer gleichsam vorgcstellt, daß sie dem Toten da unter der Erde Re chenschaft ablegte, wenn sie mit ihren Kindern zu ihm kam, um alljährlich das Grab zu schmücken. Und da sie getrost diese Re chenschaft ablegen konnte, da beide Kinder ihr stets Freude mach ten, so war es für sie zum besonderen Freuden- und Feiertage ge worden, wenn sie am Tage der Toten das Geschäft schloß und alle Arbeit, die sic sonst nach Schluß des Geschäftes bis spät in die Nacht hinein zu tun pflegte, um Personal zu sparen, — wenn sie dann alle Last des Lebens von sich abwars, um den weiten Weg in der Mitte ihrer Kinder hinauszupilgern. Dann war cs ihnen gleich, ob das sürchterlichste Wetter dräuete, ob Regen sie durch näßte, der Sonnenschein war in ihnen: die Kinder freuten sich ihre Mutter einmal im Jahre ganz allein siir sich zu haben, und die Mutter war glücklich mit ihren Kindern. Dann erzählte sie ihnen ans jener Zeit, da noch alles licht und hell um sie herum gewesen, da ihr Gatte noch lebte. Vom Vater erzählte sie den Kindern, ihn schilderte sie ihnen in den leuchtendsten Farben; wie fleißig, wie gut, wie edel er gewesen, berichtete sie. Wohl hatten die Kinder das schon oft gehört aber sie konnten der Mutter immer von neuem zuhören, denn Frau Käthe Manzig war nie so heiter und vergnügt, als wenn sic von den frühen Tagen des Glückes berichten konnte. Wie sie den Vater einst kennen ge lernt, wie er ihre Liebe errungen, wie sie um ihr Glück gekämpft hatten und wie sie dann glücklich gelebt, und wie sich der Vater dann mit seinen Kindern gefreut. Dann suchte sie bei den Kin dern selbst, die sich ja noch aus den frühen Jugendtagen des Va ters erinnern vermochten, dies Bild der Erinnerung immer neu zu beleben, damit es nie in ihnen verblassen möge. „Weißt du noch, Robert, wie der Vater mit dir in den Weihnachtofeiertagen Modellierbogen geklebt hat? Die große Festung, die ihr da zu sammen bautet, hattest du Jahre lang!" „Erinnerst du dich »och, Lotte, wie du immer am Vater hinausklettertest; dann nahm er dich bei den Händen, ließ dich vorn hinausklettern und dann saßest du zum Schluß mit einem Ruck plötzlich dem Vater auf dem Rücken." Und Robert und Lotte konnten sich wohl noch erinnern, wenn sic die Mutter solche Dinge befragte. Und ost ertönte lau tes Lachen bei solchen Erinnerungen am Grabe des teuren Toten, so daß die Umstehenden, die an den anderen Gräbern rings in der Runde wohl zuweilen sich über dieses Benehmen wundern mochten, denn sie wußten ja nicht, daß diese Frau, die tapfer und mutvoll das Erbe ihres Gatten verwaltete, den teuren Toten mehr ehrte und wahrhafter um ihn trauerte, als mancher, der an der Stätte Dahingeschtedener im Schmerze sich zu verzehren schien. Und heute nun stand Frau Käthe Manzig zum ersten Male allein am Grabe ihres Gatten. Als ihr Sohn Robert vor einem halben Jahre sich mit seinen sieben Sachen, seinen Büchern und seinem Koffer mit Kleidungs stücken in eine Droschke setzte, um seine Assistenzstelle in der Klinik anzutreten, da wußte sie wohl, daß von nun an die Wege des
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