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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930814019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-14
- Monat1893-08
- Jahr1893
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Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden daher hierdurch aus ihren Angeboten entlassen. Leipzig, am S. August 1893. Io. 4148/1223. Der Rath der Stadt Sri-,««. vr. Tröndlin. Eberle, Ref. Versteigerung. Im Hausgrundstücke Große Fleischergasse Nr. 10 — Goldene Krone — sollen Krettag. den 18. d. MtS., von vormittag? 9 Uhr ab, die aus einem der Stadtgemeinde zu- gefallenen Nachlasse stammenden Möbel, Kleidungsstücke, Wäsche, Betten n. s. w., sowie eine größere Partie Wein gegen sofortige baare Bezahlung versteigert werden. Leipzig, den 11. August 1893. Id. 3744. Ter Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndtin. Krumbiegel. Die städtische Speiseanstalt I, Aoüaniiiüplat; K, wird, da die Baulichkeiten beendet sind, Montag den 21. August d«m öffentlichen Verkehre wieder übergeben. Der Vorstand der städtischen Spriseanstalten. politische Lagesschau. * Leipzig, 13. August Wie der Telegraph bereits gemeldet bat, hat das Reick einen neuen Lchatzscrretair. Der bisherige, Freiherr von Maltrahn, hat in Frankfurt a. M. der Conferenz der bundesstaatlichen Finanzminister nur noch pro torma präsidirt; er war bereits im Auszug begriffen, als er nach Frankfurt reiste. Daß sein Entlassungsgcsuch genehmigt worden ist, kann Niemand Überraschen, der sich erinnert, daß Herr von Maltzahn auf einer stärkeren Heranziehung des Bieres zur Bestreitung der Kosten der HcercSresorm bestand. Davon ist in Frankfurt nicht einmal die Rede gewesen. Es versteht sich also von selbst, daß Herr von Maltzahn seinen Platz räumt. Aber höchlich überraschend kommt die Nach richt, daß zu seinem Nachfolger Graf v. Posadowsky Wehn er ernannt worden ist, dessen Name unter den Candi daten für den Schatzsecretairposren nickt genannt worden ist. Man rieth auf Herrn v. Sckraut, auf Freiherrn v. §>uene und zuletzt noch auf den bayerischen Finanzministcr v. Riedel, in allenFällcn freilich mit geringer Wahrscheinlichkeit. Graf v. PosadowSky-Wchner ist politisch ein unbeschriebenes Blatt. Die »Nordd. Allgem. Zlg." berichtet heule über ihn: vr. Arlhur Adolf Graf Posadowsky-Wehner ist am 3. Juni 1845 zu Groß-Glogau geboren al« Sohn des Oberlandesgerichts-Naihs Grasen Posadowsky und stammt aus einer oberschlesijchen evangelischen Familie, deren ältere Linie im Kreise Grotzslrchlitz Grundbesitz hat. Gras Arthur Posadowsky siudirte die Rechte, proniovirle zum Voctor iuris, wurde Gerichtsreserendar rc., schied nach seiner Verheirathung mit der Tochter de» Ober-Apvellations-Gerichtspräsidenten v. Möller, Wiitwe des Hauptmanns Thomas, aus dem Staatsdienste aus, kaufte ein Gut bei Griese» und bewirthsckiaftete dasselbe etwa sechs Jahre lang. Später wurde Graf Posadowsky Landrath und hat als solcher während einer längeren Reihe von Jahren erst den Kreis Wongrowiy, dann den Kreis Rawitsch verwaltet und sich in gleichem Matze das vertrauen der deutschen wie der polnischen Kreis- eingesessenen erworben. Während seiner Amtsverwaltung in Rawitsch hat er nachträglich die große Staatsprüfung für den höheren Ver waltungsdienst abgelegt. Von 1882—1885 vertrat er den Wahlkreis Fraustodt - Kröben im Abgeordnetenhaus« und gehört« der fretconservativen Fraction als Mitglied an 1885 übernahm er aus Grund der Wahl durch die Provinzial, stände di« Leitung der provtnzialständischen Verwaltung, an fangs als Dircctor der verschiedenen dafür bestehenden Tommissionen, dann, von 1889 ab, als Landeshauptmann. Datz er auch mit der Leitung der landwirihschaftlichen Unsallversicherungs- Genossenschaft und InvaliditätS- und Allersversicherungsanstalt der Provinz betraut war, ist Beweis dafür, in welchem Matze ihm Ver ständnitz ebenso für die Landwirthschaft, wie für die socialvolitiichen Aufgaben der Neuzeit eignet. Graf Posadowsky ist auch Ghrenrilier deS Jolianniter-OrvenS und trat verschiedentlich als Mitglied der Generolsynode der evangelischen Landeskirche Preußens und der Provinzialsynode hervor. Seine Ernennung scheint zu bestätigen, daß die wesentliche Vertretung der kommenden Neichssinanzresorm vor dem Reicks tage dem preußischen Finanzminister Vr. Miguel zufallen wird Aus den mitgetheilten ofsiciösen Meldungen über den Ber lauf der Araiikfurler Minister - Eonfercuz geht hervor, daß die von den „Berl. Polit. Nachr." in Anregung gebrachte Erhöhung des Packetportos gar nicht zur Sprache ge bracht worden ist. In amtlichen Kreisen ist auch, wie man jetzt erfährt, von diesem Projecte gar nicht ernstlich die Rede gewesen. Und eS hat seinen guten Grund, die Finanzen der ReichSpostverwaltung zunächst auS dem Spiele zu lasten. Der Reichstag wird ihnen gelegentlich einen be sonderen Abschnitt seiner prüfenden und beschließenden Tbätigkeit zu widmen haben, denn die Besorgniß läßt sich nicht mehr von der Hand weisen» daß die Reichspostverwaltung nahe daran ist, al» Einnahme quelle für die ReichScasse zu versagen. Im ordentlichen Etat de» ReichShauShalt» für 1893,94 erscheint freilich noch rin Ueberfchuß von 21^9 Millionen. Aber nebenher geht im ordentlichen Etat noch eine Forderung von 9,87 Millionen für einmalige Ausgaben (Postbautrn) und der reine lieber schuß von 11,42 Millionen, der hiernach noch verbleibt, würde sich im Augenblick in ein Deficit von etlichen Millionen verwandeln, wenn der Vertrag mit der preußischen Eisenbabn- verwallung, bezw. das ReichSpostgesetz von 1875, dahin rcvidirt wurde, daß die Vergütung der Reichpost an die preußischen Eisenbahnen ungefähr den wirklichen Leistungen der letzteren entspräche. Im Jahre 1884 hat man zum letzten Male eine amtliche Schätzung deS Betrages unter nommen, um den die Vergütung hinter den lhatsächlichen PostbeförderungSkosten der Eisenbahn zurückbleibt. Nach der damaligen Schätzung bezifferte sich der Unterschied über l2 Millionen. Daß er in den verflossenen zehn Jahren zum Nachtbeil der preußischen Bahnen erheblich größer ge worden sein muß, versteht sich von selbst. In Preußen scheint man nicht mehr Willens, diesen Tribut an die ReichSpost- verwaltung weiter zu entrichten. Im verflossenen Winterhalb jahr ist die preußische Staatsregierung vom Abgeordnetenhaus« durch einstimmig gefaßten Rcsolutionöbeschluß ausgesordert worden, alljährlich genauen Bericht über die Leistungen ber StaatSöahnen für dieReichSpost zu erstatten und eine Revision deS Reichspostgesetzes von 1875 in die Wege zu leiten. Der Eisenbahn- minister hat zwar nur zu dem ersterc» Wunsche der LandeS- vertrctung entgegenkommend sich geäußert, hingegen zum letzteren Wunsch alles Weitere dem Beschluß der gesammlen SlaatSregierung Vorbehalten. ES kann aber nicht auSbleiben, daß es im Laufe der bevorstehenden Landtagswahlbewegung als ein unerträgliches Mißverdältniß bervvrgeboben wird, wenn Preußen infolge deS Rückgangs der Eisenbahnrente i» den jüngsten drei Etats mit Fehlbeträgen vcn 42, 2b, 58 Millionen sich adfinden muß, während der NeichSpost jähr lich ein Geschenk von wahrscheinlich 15—18 Millionen ge macht wird. Die Behandlung dieser Frage vor den Wählern dürste einen hinreichend starken Druck auf die StaatSregic- rung üben, daß sie dem ResclnIionSbeschluß deS Landtages auch im zweiten Theile demnächst willfahrt. Aber auch wenn dies nicht jetzt schon geschieht, ist die Revision des Abkommens mit der NeichSpost doch nur eine Frage der Zeit. Denn der preußische Eisenbabnminisler wird ja fortan alljährlich genauen Bericht darüber erstatten, welche Leistungen er sür die Reichspost dauernd erfüllt und wie weit der für alle Zeiten einheitliche VcrgütungSsatz hinter Len wirklichen Kosten zurückbleibt. TaS mutz doch auf die öffentliche Meinung und den Landtag einen mit dem wachsenden finanziellen Mißvcrbältniß immer zunehmenden Eindruck machen, so daß aus die Dauer eine Ausrechlerhalluiig des Vertrags mit der Post gar nicht mehr denkbar ist. Dan» bat eben die Reichsposlverwallung ihre Nolle als ,,Uebcr- schuß-Verwaltung" materiell auSgcspiclt, einerlei wie man ihren einmaligen ordentlichen Bedarf formell behandelt. Wie diese nothleidenden Finanzen der Reichspostverwaltung künftig eine Ausbesserung erfahren können, um der ReichScasse nicht eine Belastung, sondern eine Hilfsquelle zu sein, ist eine Frage, deren Entscheidung völlig der Zukunft angehört. In Anbe tracht der von Preußen ber gellend gemachten, demnächst un abweisbaren Ansprüche läßt eS sich aber recht wohl verstehen, daß die Finanzminister nicht die geringste Veranlassung er kennen mochten, gerade die Finanzen dieser Verwaltung bei ihrem Resorinplan mit einruziehen, ganz abgesehen davon daß die Erhöhung des PackelporloS ichwerlich eine Mehr^ Einnahme erbracht, sondern nur die Bevölkerung, die sich zur Zeit in der Benutzung deS billigen Verkehrsmittels einen förmlichen Luxus erlaubt, zu weiser Oekonomie erzogen hätte. Der belgische MilitairdilettantiSmuS setzt trotz aller Mißerfolge seine parlamentarischen Gaukeleien beharrlich fort. Sein bestgehaßter Gegner ist der General Brialm ont, der denn auch je länger desto weniger ein Blatt vor den Mund nimmt, sondern den Unverstand der wider die Bedürfnisse der Landesvcrtheidigung loSziehenden Kammerredner unbarmherzig uck absurdum sührt. Wie skrupellos die Opposition zu Werke geht, zeigt die Entwendung und journalistische Ausschlachtung eines von General Brialmont verfaßten und dem Kriegsminister übersandten geheimen Bericht«, dessen sich zwei EabinetSmitglieder bedient haben, um wahlpropagandistische Angriffe gegen den General Brial- mont zu richten. Mit Recht beschwerte sich ver General über einen derartigen Mißbrauch de« Amtsgeheim nisses, der klerikale Heißsporn Woeste jedoch hatte nichts Eiligeres zu thun, al« eü sür ganz in der Ordnung zu er klären, daß die in Rede stehenden Minister das Interesse der Landeövertbcidigung bloSgestelll hätten, um einem poli tischen Widersacher den Weg zur RcgierungSgewalt zu ver lege». Im klebrigen wurde auch in der Donncr-tagSsitzung der Brüsseler Deputirtenkammer wieder die kindliche Meinung laut, Belgien bedürfe in Kriegszeiten nur eine» für BertheidigungSzwecke ausreichenden Heere«; die guten Leute, welche dadurch beweisen, daß sie noch nicht einmal den elementaren Satz erfaßt haben, daß die beste Deckung der Hieb, die beste strategische Vertheidigung der tacrische Angriff ist, erklärten dann noch weiter, «ine sechsmonatige Dienstzeit sei für ihren beregten VertbeidigungSzweck völlig ausreichend, namentlich wenn hinter dem )o ausgebildeten (I) Heere noch als Reserve die Bürgerwebr stehe Es mag dem General Brialmont und den übrigen militairischen Sachverständigen manchmal recht schwer fallen, bei Anhörung solchen Unsinn« eine ernsthafte Miene zu bewahren. Brialmont bemerkte denn auch mit schneidender Ironie, daß. wenn Woeste unv Genossen Scheu vor der Wahrheit hätten, doch ber belgische Staat eine alte Jungfer von nunmehr 63 Jahren sei, vor der man sich nicht zu genieren brauche. Diejenigen, die ihre Abneigung gegen Militairauswendungen mit der öffentlichen Meinung des Landes zu begründen sich den Anschein gäben, kennten die öffentliche Meinung nicht; in Wahrheit falle die Bürde jeveS Krieges aus denjenigen Theil, der nicht rechtzeitig alles Notbwendige ausgeboten habe, um einem Unglück vor- zubeugcn. Alle« da« ist so wahr, daß die volle Verbohrtheit de« oppositionellen Parteifanati»mu« dazu gehört, um, wie e« bei den belgischen Klerikalen der Fall ist, der Armee zu verweigern, waS der Armee gebührt, obwohl der Zeitpunct unaufhaltsam näher rückt, wo auch Belgien sich genöthig« sehen wird, zum Schutze seiner Neutralität und Existenz wirksamere Mittel anzuwenden, als die bloße Anrufung papiernrr Verträge. Der valtean ,st gegenwärtig auf d e «anen st, ruug schlechter alS )- Zj-. sp«^. - ^ j ^ar ständigen Bruche zwischen beiden kommen »u souen u z ^ wegen Mcinungsversch.cdenhesten m der ^ „w ErzbiSthums von Venedig. Wie detanni, oc,. v Patronat stehend zu betrachten, ^ ^ch österreichische Regien,na ferner Z"t besaß »"d da« naw Ansicht der italienischen Krone auf - ubergegan^n ist Der Cardinal Sarto, der vom Papste Leo trotz deS Protestes der Staatsbehörden zum Errblscht von Venedig ernannt worden war, glaubte, obwohl st ) d°e Regierung d-S Reckt der Wahl de- ac.stl'chen Wurden- träaer/ sür den Sitz deS venctiamschen ErzbiSthum« allem um.ßt von der Regierung die Bestätigung 1-.ner Er- „ennun'g und daS betreffende Exequatur -rwal ten z^ dürfen und verlangen zu muffen. weiacrte sich nicht nur, dem Verlangen trs Cardinals zu entiprccken, sondern sandte ihm seinen Vnef, >ocrm die Bestätigung seiner Ernennung verlangte m B eeilung eines Schreibens zurück, da« m den die Form rügt, die Cardinal Sarto feinem Gesuch gebe , zu müssen glaubte. Es bestätigt sich außerdem, daß die Negierung nicht nur entschlossen ist, dem Kardinal Sario bas Exequatur zu verweigern, sondern auch Fällen sür die Zukunft ebenso zu bandeln. Dieser Entschlug der italienischen Regierung hat natürlich zur Folge gehabt, daß die schon seit längerer Zeit mehr al« gespannten Be- siekunqen zwischen der Krone und dem Vatican eine I^te Verschlimmerung erfuhren. Ter Boden wurde dem Faß allerdings durch den soeben erst bekannt werdenden und großes Aussehen erregenden Beschluß auSgestoßen, daß die Verweigerung des Exequatur gegenwärtig nicht nur den Car dinal Sarto treffe, sondern auch auf alle im letzten Eonsistorium ernannten Bischöfe ausgedehnt würde. Wir haben bereit» gemeldet, daß ber alte spanische Re- publikaiier Castelar wiederholt die Absicht ausgesprochen hat. sich nach vierzigjähriger Thätigkeit ganz vom politischen Leben zurückzuziehen, und haben auch schon auf die nicht zu unter schätzende Bedeutung dieses Schrittes hingewiesen. Castelar, jetzt ein angehender Sechziger, hat eben auch schließlich ein gesehen, datz eS zwecklos ist und zu nicht» führt, wenn man blinLwüthcnd mit deni Kopfe durch die Wand rennen will, und daß seine politischen Ideale Hirngespinnstc waren, die sich nie verwirklichen lassen. AuS diesem Grunde empfahl er bereits seinen bisherigen Parteigenossen den An scklußan die Monarchie im Allgemeinen und an die liberale Partei im Besonderen. Die monarchische Presse spricht sich über daS Vorhaben Castelar « zustimmend Hau«; die republika> »ischcn Blätter jedoch versuchen dasselbe zu diScreditiren indem sie ihm Unaufrichtigkeit verwerfen. Der »Pa iS", da« Organ Ruiz Zorrilla'S, behauptet, daß die Nachgiebig keit deS Possibilistenhaupte« nur ein Schleier sei, hinter dem sich rin kühner und gefährlicher Plan verstecke, über welchen Castelar sich schon lange mit Sagasta verständigt habe. Sagasta soll davon überzeugt sein, daß in nicht ferner Zeit der Tod des schwächlichen König« erfolgen und damit der Thron in den Besitz der ältesten Infantin Mercedes übergehen werde. Um nun den Regierungsantritt ihrer Tochter recht ruhig zu gestalten und auch für die Zukunft die Ruhe zu sichern, habe die Regent!» den alten Gedanken wieder aus genommen, die Prinzessin mit Don Jaime, dem ältesten Sohn deS Kronprätendenten Don Carlos, zu vermählen. Sagasta aber lebe in der Einverleibung eines so starken reactio- nairen Elements eine Gefahr sür die liberalen Institutionen und werde mit allen Mitteln, wenn auch nicht die geplante Ver söhnung und Vermählung, so doch die Folgen derselben zu verhindern suchen. DaS solle folgendermaßen geschehen. Die liberalen Monarchisten würden sich schwerlich dazu hergeben, mit den republikanischen Gruppen der Ruiz Zorrilla, Pi-h- Margall und Salmcron gemeinsame Sache gegen die carli- stische Neaction zu macken, da e« sich ja alsbald zeigen würde, daß sie ausschließlich zu Gunsten der Republikaner gearbeitet hätten. Dagegen würden sie sich gern in die Führerschaft Castelar'S fügen; Castelar würde der Prä sident einer Art Republik werden, deren Premierminister Sagasta werden und deren Bestandlheile die Monarchisten bilden sollten, also eigentlich eine Monarchie ohne König, ein »demokratisches Interim", wie dir von den An hängern de« Plane« schnell erfundene Bezeichnung dafür lautet. Dieser Zustand solle so lange dauern, bi« der Charakter der Neuverniählten sich abgeklärt hätte, und man genau wüßte, ob man in ihnen ein reactionaireS oder auf- richtig constitutionelleS KönigSpaar vor sich habe. Jnunionistischen Kreisen England» glaubt man, daß die bedauerlichen Vorkommnisse im Hause der Gemeinen beim Schluß der ComitSbrratbungen über dir Homerulr-Bill in deren Verlauf bekanntlich eine größere Anzahl von Abgeordneten mitten im Sitzungssaal zu thätlichen Be leidigungen sich hinrcißen ließ, aus den nächsten Feldzug gegen da« Haus de« Lord« emen nicht zu unterschätzenden Ein- fluß ausllben wird. Zweck dieses Feldzug« ist bekanntlich, bei dem bevorstehenden Eonflict zwischen beiden Häusern über die Homerule-Bill die Volksmassen zur Parteinahme sür daS auf modernen demokratischen Princiv.en beruhende Haus der Ge- memen gegen daS angeblich aus veralteten Principien be- ln der LorbS auszureizen. Wenn nun schon an und für sich der Enthusiasmus sür die Homerule-Bill viel ru aerina erscheint um die conservative britische Nation zu einem An- und in den Traditionen de« Volkslebens festgewurzelte Institution deS Oberhauses ru bewegen, so werden die erwähnten Vorfälle im Hause der G-me.nen nach dem Urthe.l erfahrener Parlamentarier sicher noch zu Ungunsten de« Letzteren nachwirken. Der britische große» Gewicht auf den Cbarak.er und da« und Lassen aller Derer, die eine Nolle im ^ wünschen, und eS ist keine Frage, s, die Autorität de» Hause» der Gemeinen gerade zur Feit 7.°,."°". derselben wahrscheinlich di. Entscheidung der Home-' ubbangen wird, bei der englischen Nation einen empfindlichen Stoß erlitten hat. Deutsches Reich. * verlin» 13. August. Die vom Telegraphen bereits kurz gemeldete Kundgebung de«. Reichsanzeigers" bezüglich der drohenden Choleragefahr tautet wörtlich: »Wir nähern un« den Tagen, in denen vor Jahre«frist der plötzliche Aus bruch und das schnelle Umsichgreifen der Cholera in Hamburg unser ganze« Vaterland in Angst und Schrecken versetzte. Aehnlich wie vor einem Jahre wird auch jetzt au- den ver schiedensten anderen Ländern (Rußland, Frankreich, Italien, Rumänien, Ungarn) berichtet, daß Cholera-Erkrankungen in wachsender Zahl zur Feststellung kommen. Man darf sich infolge dessen nicht verhehlen, daß auch für Deutschland gegenwärtig der Zeitpunct gekommen ist, wo e»n er neuter Ausbruch der Cholera mehr als bisher zu befürchten steht. Die obersten Reichs-und Staatsbehörden haben dieser Sachlage bereits besondere Aufmerksamkeit ge widmet und veranlaßt, daß die im Vorjahre behus« Be kämpfung der Cholera erlassenen Vorschriften, nachdem sie auf Grund der neueren Erfahrungen mehrfache, »brr nicht erhebliche Abänderungen erfahren haben, allgemein wiederholt in Erinnerung gebracht werden. Dir Thäeigkeit der Behörden aus diesem Gebiet kann jedoch nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie von einem vernünftigen Verhalten aller Staatsbürger begleitet und von einer besonderen Unterstützung durch Alle, die sich zu de» Einsichtigeren rechnen, gefördert wird. Dies veranlaßt uns, daraus aufmerksam zu machen, daß die gegenwärtige Sachlage eS bereits erfordert, der Erhaltung der Gesundheit erhöhte Aufmerksam keit zuzuwcnden. So muß namentlich vor jedem unvorsichtigen Genuß rohen oder unreifen Obstes, frischen Gemüses, besonders unge kochter Gurken gewarnt werden. Auch wird dem Wasser aller derjenigen Flußläufe, welche, wie die Spree, im vorigen Jahre durch Chvlerakeime verunreinigt waren, mit fortgesetztem Mißtrauen zu begegnen sein. Bor Allem aber erfordert jede Erkrankung an Durchfall und ähnlichen Uebeln sofort die sorgfältigste Behand lung. Schleunige Zuziehung eine« Arztes gleich beim ersten Auftreten derartiger KrankheitSerscheinungen ist un bedingt geboten; und, wo der Erkrankte sich selbst nicht sofort hierzu entschließen kann, ist eS Sache der Familienangrhörigcn, Hausgenossen und Mitarbeiter, iyn dazu anzuhaltcn. Da neben ist es von besonderer Bedeutung für das Allgemein wohl, daß die rechtzeitige Anmeldung aller ver dächtigen Erkrankungen bei der Polizei nie versäumt wird. Sobald ein Arzt zu Nathe gezogen ist, muß erwartet werden, datz dieser die ihm obliegende Meldepflicht ge wissenhaft erfüllt. Aber auch wo ärztliche Hilfe noch nicht in Anspruch genommen ist, darf die unverzügliche Anmeldung der Erkrankung bei der Polizei nicht unterbleiben. Sie herbeizuführen, liegt im wohlverstandenen eigenen Interesse aller Derer, die einen verdächtigen Krank- heiissall wabrnehmen, und wird mit besonderen Schwierig keiten niemals verknüpft sein. Wenn es im vorigen Jahre gelungen ist, eine Verschleppung der Cbolera von Hamburg nach anderen Theilen Deutschland« säst gänzlich zu verhindern, so ist da« im Wesentlichen der verständnißvolten Aufnahme zu verdanken, welche die Natbschläge der Mcdicinalbehördeu bei der großen Mehrheit der Staatsbürger fanden. Es steht zu hoffen, daß auch in diesem Jahre unser Vaterland von einer weiteren Ausbreitung der Seuche dann verschont bleiben wird, wenn die empfohlenen Vorsichtsmaßregeln überall und von jedem Einzelnen gewissenhaft durchgesübrt werden. Daß letztere« geschieht, wird aber unbedingt erforderlich sein zur Urberwindung der Gefahren, die un« in dieser Beziehung drohen." * Verltn, 13. August. Die Nachricht der „Voss. Ztg.", zwischen der deutschen und der englischen Regierung sei eine Einigung Uber die Festlegung der Nordwesl grenze Kamerun« dahin erzielt worden, daß die Grenze von Aola am rechten User de« Benutz aufwärts bis zur Einmündung des von Süden in den Benutz fallenden Faro-FlusseS folge und von dort vorläufig in gerader Linie bi« zum westlichen Mündungsarme de« Schari verlaufe —, diese Nachricht stößt bei der »Kreuzztg." auf Zweifel. »Ver schiedene Gründe" — führt da« letztere Blatt au« — „sprechen dafür, daß diese Mittheilung au« einer Zeitver wechselung hervorgegangen sein wird. Mit England sind schon vor mehreren Jahren Unterhandlungen wegen cndailtiger Regelung der beiderseitigen Grenzen vom Benutz bi- Tschad- see angeknüpst worden; sie sind eigentlich niemals ab gebrochen worden, haben aber ebenso wenig neuerdings einen besonderen Anstoß erhalten. Allerdings ist dabei der Farofluß al« Grenze genannt worden, an dessen nördlichem srechten) Ufer die englische Interessensphäre nach Osten hin enden sollte. Die Mündung desFaro befindet sich etwa l5Minuten oder ungefähr 28 lew östlich von Hol», der gegenwärtigen deutsch- englischen Grenze am Benutz. Wir wurden dadurch südlich vom Benutz nicht« gewonnen haben, da nach unserem Ab kommen mit Frankreich unser dortiges Gebiet bis zum 15° östl. L- reicht, die Faromündung liegt unter 12° 30'. Wir würden aber durch eine solche Abmachung freie Hand nord wärts vom Benutz bekommen haben. Indessen ist e« aus dieser Grundlage nicht zu einer Verständigung gekommen und auch neuerdings kein Fortschritt darin zu verzeichnen. Ueberbaupt ist nach den bi»ber mit den Engländern gemachten Erfahrungen die Hoffnung auf rin Abkommen in unserem Sinne schwach. Allerdings haben in neuerer Zeit die Briten im Allgemeinen und die Royal Niger Company angesichts des kraftvollen Vorgehen« der Franzosen ,n den Landstrichen südlich vom Tschads« eine gewisse Unruhe gezeigt und die Vermuthung entstehen lassen, datz sie einer unseren gerechten Ansprüchen angemessenen Vereinbarung zugänglicher sein würden. Ob diese Einwirkung dahin führen wird, dafür sind noch keine be- Anzeichen vorhanden. Doch ist wohl au« diesem Gesichtspunkte dir ganze Mittheilung entstanden." — Di« große Herbstparadr de« Garde-CorpS, die von dem Kaiser am Dienstag auf dem östlichen Exercir- Platze des Tempelhofer Felde« abgchalten werken wird, be ginnt um 9 Uhr. Zu derselben jind, altem Brauch gemäß, auch die Truppen der Garnison Potsdam befohlen; dagegen wird die dritte Cavallerie-Brigade, bestehend auö dem l. Garde- Dragoner-Regiment Königin von Großbritannien und Irland
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