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Dresdner Nachrichten : 28.06.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-06-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187706289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18770628
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18770628
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1877
- Monat1877-06
- Tag1877-06-28
- Monat1877-06
- Jahr1877
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 28.06.1877
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Nr 17» »». ,1,»». vch r Mark 50 Mar durch » V » , Mart >5^ v,ge. »Intel.Rummeru lv Pli«. «uflv 32000 <n»l. Für dle »llckgade rln^, landker Manuln,»!« «acht sich dle Siedactio» Mcht verdiodllch. Jnseralen-ilnni'Iime «u». »Sri» Haasenftatnun» voaler in Hauidurg. Ber- liu. Wien. Leivjig. Illasel. «redlu». gramsurt». — «ud. M«kl, in verlin, Lelpjl,,. Wie». Hamdur^ gianllu« a M., Mün chen — Daub« » <t». tu granklur! M. — Donnerstag, den 38. Jnnk Ar. Voigt in üdemi»^. >!»>»', I.alllie ch <.», i» Pari». ler Hagevlatt für Politik, Hlnterhaltnnq, Geschäftsverkehr. ^ Aörsenöericht und Kremdenkiste. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Liepsch L Rcichardt tn Dresden. Verantw. Nedactcur: Fr. Goedsche in Dresden. SNseral« »erden M»rch»> Llrate lü »i, «d.» Ud» onaenammen, Sainitlt» »t» Rlikag» LS Uhr. I» »teusiadr: grobe Nlaller« »alle 5 bii biachm. a Uhr. — Der Rau», einer ein» llpalligr» Pelitieilr lallet tü Plge. stmgki-nd» dt» Zelle !iü Psge. Llne lSaranlie sür dal nachsllägige Srschc'nen der Injcrale wird »tcht ge geben. »lnkwarllge ilnnoncen- dlullrage von nn» und«« kaunlengirttien und Per sonen u»e»ri» wir nur grgs» Pra»«,»crando- .jalilung durch Briet» inarle» oder Poslcinzah- lun». Achi Tilden koslcN lö Psge. Inscrale sür dle Moulagd - dlunimer oder Nach einen, Jesllag» die Ptliljejlc gg XXII. Jahrgang. Für das FcuiUeton: N»rtin»i»n. Mitredacteur: L»r. klintl IIl«rvz. Dresden, 1877. ' gepeitscht werden, ohne daß eine öffentliche Meinung über diese Politisches. ! Dinge sich nur annähernd hat bilden können? Ununterbrochen dauert die Ueberschreitung der Donau durch >, Die von den, Congreß der Industriellen in Frankfurt bcschlos- die Nüssen fort. Voraussichtlich rücken von Braila und Galatz zwei! sene H.etltwn um Schutz der deutschen Industrie soll dem parier - c>n e7>.r.„..i.e.,.- durch die ersten JZcrtreter der beiden rnmcltt aelmadlaten und bedeu- ganze Armee-Corps, etiva 60—70,000 Mann, in die Dobrudscha ein. Dieses Sumpfgebiet wird von den Türken geräumt, so daß da selbst Kämpfe in nächster Zeit kau», zu erwarten stehen. Der nächste, ivohl nur vorübergehende Perthcidigungs-Abschnitt für die Türken ist der Trajanswall zwischen Tschernawoda und Küstcndsche; die eigentliche Lertheidigung wird aber hinter den Wüllen von Silistria und Varna geführt werden müssen. Auf die Nachricht von dem Donau-Uebergange der Russen wurde auf Befehl des Sultans ein Theil der Garnison von Konstantinopel nach der Donau dirigirt und durch die nicht ganz ungefährliche Nationalgarde ersetzt. Dafür verlautet auch, daß Rußland ein weiteres, also ein 8. Armee-Corps nach der Donau zu senden beabsichtige. Gleichzeitig wird die Türkenfestung Nustschuk bombardirt. Sie antwortet mit Be schießung des gegenüber gelegenen rumänischen Giurgewo. Durch ihre Erfolge wurde das Siegesgefühl der Russen in unglaublichem Grade erhöht. Schon sprechen sie davon, daß sie unter Einschließung der türkischen Festungen Nustschuk und Silistria binnen Kurzen, den Balkan überschreiten, schon prahlen sie, daß sie im September in Konstantinopel einzichen werden. Ohne Eroberung Konstantinopels thue es der Zar nun einmal nicht, lautet die neueste Lesart. Lassen wir dahingestellt, ivie weit sich diese hochfliegenden Pläne verwirklichen oder auf Widerstand stoßen! Biel bedeutsanier er scheint uns die Bieldung einiger Berliner inspirirter Blätter, welche im Voraus bereits die Eroberung Konslantinopcls und den gänz lichen Zusammenbruch der Türkenherrschast discontircn. Man er kennt daraus, daß mit der Anrührung der orientalischen Frage so ziemlich der ganze Staatenbestand Europas erschüttert, die Lust jedenfalls voller Elcctricität ist. Oesterreich solle nämlich, so heißt es, die ganze europäische Türkei mit Ausschluß der griechischen La,,- destheile erhalten. Europa könne Oesterreich getrost das herrliche .Konstantinopcl, den Schutz des Bosporus und die freie Durchfahrt der Dardanellen anvertraucn. Daß eine derartige Ucbertragung der österreichischen Macht nach dem Osten nicht ohne österreichische Gebiets-Abtretungen an Rußland und Deutschland möglich ist, leuchtet Jeden, ein, der von dein Pfunde gesunden Menschenver standcä nur ein bescheiden Theil empfing. Man braucht sich indes; mit der Verkeilung dcS türkischen Bärenfelles vorläufig gar nicht zu befassen. Nur so viel erhellt daraus, daß davon schlechterdings nicht die Rede sein kann, in den nächsten Monaten, oder auch nur in die sein Jahre den Kriegszustand Europas friedlicheren und glücklicheren Verhältnissen weichen zu sehen. Eine Wiederkehr des allgemeinen Vertrauens, der Aufschwung des darnicdcrliegenden Vcrkehrslebcns ist unter so finsteren Perspektiven bis dahin leider Gottes nicht zu erhoffen. Die österreichische Regierung hofft zuversichtlich auf einen beträchtlichen Länderzuwachs. Aus diesem Grunde läßt sie den Ausgleich zwischen den beiden Neichshülften nicht zum Abschluß ge langen. Wir haben unsere Leser nicht mit dieser inner-österreichischen Streitfrage behelligt. Hier nur soviel, daß zwischen den beiden Neichshülften das Zoll- und Handels-Bündnis; und die Vcrthcilung der Beitragsquoten zu den gemeinsamen Reichs-Ausgaben jetzt ver- sassungsgcmäs; auf 10 Jahre zu erfolgen Hütte, aber augenblicklich nur auf ein Jahr provisorisch erneuert werden soll, da bis dahin (so hofft man in Wien) durch die Annexion türkischen Gebietes eine ganz neue Verfassung für den Kaiscrstaat sich nöthig machen wird. Der Abg. Or. Herbst hat daher regierungsseitig den Auftrag über nommen, den Ausgleich zwischen Eis- und Transleithanien zum Scheitern zu bringen. Von diesem Gesichtspunkt aus ersparen wir es uns auch, den Schriftstücken, welche die Delegationen von Wien und Pest über diese Fragen wechseln, eingehend zu folgen. Muß doch die ganze deutsche Presse sich überhaupt die aller größten Einschränkungen auslegen in der Betrachtung der inneren Verhältnisse. Der Orientkrieg und der Vcrsassungsumsturz in Frankreich fesseln die allgemeine Aufmerksamkeit so ausschließlich, daß für die Kritik der wichtigsten Gesetze, mit welchen wir in Zu kunst beglückt werden sollen, der Presse keine Minute Zeit bleibt. Kaum vergeht eine Woche, wo nicht ein neuer Gesetzentwurf aus der Bildfläche erscheint. So ist in den letzten Tagen plötzlich die be absichtigte Abänderung des Neichsgesctzcs über das Postwcsen in Betreff der ZeitungSbesörderung gemeldet worden. Wir wollen ver suchen, zur Charakteristik unserer productiven und reformbedürf tigen Zeit ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit die Entwürfe aufzuznhlcn, die bestimmt sind, den Reichstag in der nächsten Session oder vielleicht erst in einer späteren zu beschäftigen. Zu dem schon erwähnten Neichspostgesctze kommen die AnwaktSordnung, Gesetze, betreffend die Regelung des Strafvollzuges, der Versorgung von Hinterbliebenen verstorbener Neichsbeamten, GcrichtSkosten- gesetz, Vcrsichcrungsgesetz, Revision des Servis-Tarifs, Reform der Gewerbeordnung, Novelle zum Actiengesetz, Steuerreformen und die Abschlüsse der Handelsverträge, Easernirungsgesctz, Aendcrungen des Viehseuchen-, Einquartierungs- und UnterstützungS-Wohnsitz- Gesetzes, das große Gesetz, betreffend den Erlaß eines allgemeinen CivilgesctzbucheS, Militairstrafproccßordnung, Apothekergesctz, Lei- chenschaugesctz, abgesehen von anderen kleineren Gesetzen. Nicht minder zahlreich und wichtig ist die Anzahl der spccicllcn Gesetze für Preußen und die anderen Bundesstaaten, resp. deren Landtage. Auch hier ist der Speisenzettel, wie es scheint, ohne Ende. Dieses üppige Wuchern des GesetzgebungskrautcS kann unmöglich der Allgemein heit förderlich sein. Weder die Zeitungen, noch das Publikum, das künftig unter diesen Gesetzen leben, noch die Behörden, welche sie anwenden sollen, finden Zeit, zu dieser chaotischen Zukunftsmusik Stellung zu nehmen. Was nützt alle Oeffentlichkeit der Parlamente, wenn so zahlreiche und tiefgreifende Gesetze mit Dampf durch durch die ersten Vertreter der beiden zumeist geschädigten und bedeu tendsten Industriezweige übergeben werden: den Kanonenkönig Krupp und den größten Spinnereibesitzer Deutschlands, Staub. Da der Eongrcs; mit vollem Rechte behauptet, daß die auf die Zoll- und Handelsgesetzgebung einflußreichsten gesetzgeberischen Factorcn viel zu wenig die thatsächlichcn Verhältnisse der deutschen Industrie kennen und würdigen, so ist ein derartiges Anrufen der höchsten staatlichen Autorität in, deutschen Reiche nur in der Ordnung. Alan ivendet sich eben einfach a malv inkormato impvratorv ack impora torvm nwliim iukormanckum (von dem unausreichend berichteten an das eingehender zu oricntirende Neichsoberhaupt). Der Kaiser be sitzt so viel Wohlwollen für den vaterländischen Fleiß, daß er gewiß die Herren Krupp und Staub wohlwollend anhören und mit mehr als Versprechungen verabschieden wird. Neueste Telcqramme der „Dresdner Nachrichten." Berlin, den 37. Juni. Die heut erschienene „Provinzial- Correspondcnz" knüpft an die Mittheilung des französischen Senats beschlusses betreffs Auflösung der Kammer die Bemerkung, die weitere Entscheidung ist nun in die Hand des französischen Volkes gelegt, eine Entscheidung, wie sic von gleich großer und weittragen der Bedeutung seit den Wahlen zur Nationalversammlung von Bordeaux nicht stattgefunden. Petersburg, 37. Juni. (Osficicll.) General Tergukasoff meldet aus Mazra vom gestrigen Tage: Am 31. wurden unsere Truppen bei Dajar von 30 Bataillonen, 13 Geschützen und 4500 Mann türkischer Reiterei angegriffen. Nach einem zehnstündigen Kampfe wurden die Türken zurückgcschlagcn. Unser Verlust ist: 51 Soldaten und 15 Offiziere todt, 363 Soldaten verwundet. Obwohl unsere Stellung 5 Werst lang, wurde gegen den mit Uebermacht angrcifendcn Feind glänzend gekämpft und zeichnete sich unsere Ar tillerie besonders aus. Am 33. fand ein Scharmützel statt und wurde den Türken gestattet, ihre Leichen auf den von unseren Truppen besetzten Positionen zu sammeln. Bei Kars sind neue Batterien mit 36 Geschützen errichtet. Der Verlust vom 34. be trägt unsererseits 3 todt, 14 verwundet. L'ocaleS und Sächsisches. — Dem außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am kgl. bäurischen und kgl. württembergischcn Hofe, wirkt geh. Rath und Kammcrherrn von Fabrice, ist das Großkreuz dcS Ordens vom Zähringer Löwen verliehen und der Rittmeister und Jntendanturrath Rudolph zur Disposition gestellt worden. - Der HerrStaatsmInister 11r. v. Gerber folgt imLauic dcS Sommers einer Einladung der Universität Tübingen als Ehrengast zu deren Jubiläum. Seine Exceltenz war vor Uebcr- nahme der Professur in Leipzig I I Jahre lang aiö Kanzler eine Zierte jener würtembergischen Universität. — I» der gestrigen öffentliche» Sitzung der Stadtver ordneten ward die eingesetzte Wahl dcS 4. cvcnt. 5., 6., 7.. 8. st. und u>. besoldeten Ratboinitgiiedeö mittelst Stiminzcltcl (Stadtverordneter Advoeat Krause beantragte Wahl durch Acclamalton, welcherStadtvcrordn. Schöne widersprach) dahin erledigt, das; ei» Auirückcn der Rätbe in die icocSinai höhere Stelle mit Ausnahme einer einzigen verfügt ward, so daßStadt ratv Teuch er von der 5. in die vormals Kürsten'ichc 4. Rathc- stelle, Stadtralh Heubner von der 6. in die 5».. Staktrath B ö »is ch von der 7. in dle <>., Stadtrath K u »zc von der 8. in die 7., Stadtrath Hendel von der st. in die 8., und Stadtralh Grabow Ski, mit Ucbersprlngung dcö Heren Stadtratvü Nötiger, von der II. in die st. ausrüete». wäh rend Stadtrath Böttger die bisher inncgehabtc Ist. RathSstelic bcibehält. Die Wahl in die noch unbesetzte I I. Rathöstclle wird erst später vorgenominen. — — Bekanntlich ist der Leiter deöbles! geu statistIschen Bureaus. Herr Dircctor Ur. Jannaich, nach Berlin berufen worden und scheidet derselbe demnach in nächster Zeit - wahr scheinlich am 1. August - aus seiner jetzigen Stellung auö. An Stelle desselben tritt ei» Hcrrvvn Rohland, der In letzterer Zelt im statistischen Bureau ln Berlin angcstclit und vorder bei dem großhcrzogl. Hessischen siatilt. Bureau zu Darmstadt be schäftigt war. Derselbe erwarb sich bereits in Fachkreisen groste Anerkennung durch eine wissenschasliiche Abhandlung über die Volkszählung i» Gießen. — Dem Vernehmen nach hat daSKöistgl. Finanzministerium aus Anlast der Ban-Vollcnduug der Schandau-Sebnitz Neustadt- Dürr RöhrSdoricr StaalS-Eisenbahnslrcckc. welche am I. Juli d. I. ohne weitere Feierlichkeit dem öffentlichen Verkehre über geben werben wird, dem bei dem Bau beschäftigt gewesenen Bau- Bcamtcn-Pcrjonal dieAbbaltung eI»cS FesteS bewilligt, welches in üblicher Weise In einer Tags vorder stattstntendcn Fahrt auf der neuen Bahnstrecke bestehe» und mit einem Mittags csicn nebst aiischlieslkiidem Ball im Hotel zum schwarzen Adler in Pirna endigen wird. DaS Fest enibcbrt ledcn öffentlichen Cha rakters, da austcr den Baubeamten liebst Frauen und Töchtern nur diejenigen Mitglieder und Beamten anderer Behörden und Verwaltungen, sowie blelrnigen Personen daran Theil nehmen werden, welche in ihrer amtlichen Eigenschaft oder vermöge ihres Berufes mit der Banvcrwaltung dienstlich und geschäitlich in Verbindung gestanden und hierdurch auch Ihrerseits zur Bau- Vollendung bcigetragen haben. — Die Zeit dcö Friedens und der Ruhe, die daö Edelwild tn den letzten Monaten verlebt, läuft mit dem I. Juli ab und der blutige Kamps umö Dasein beginnt. Von genanntem Tage an können Ekel- und Damhirsche, Rebböcke und Wildenten wieder geschossen und aui den Markt gebracht werden. Die Schußzeit währt big Ende Februar nächsten JahrcS bei den Hirschen, bis EndeJanuar bei ben Rehböcken und bis 14. März nächste»Jahres worden. Wenn man aber setzt während des heißen Sommers gerade diejenigen Herren, die sich damals alö auswärtige Ver ehrer Leipzigs hervorthaten, zu einigen Wochen Wolniungöplaistr in Leipzig verurkheiltc, so würden sie mit Schrecken erkennen, daß man nirgends so ungesund leben kann, als hier ln der fürchter lichen Staubwuste, wo man außerdem den Steuerzahlern noch zumuthet, eine Schlammsabrik aiö ordentliche Wasserleitung an- zucrkennen. Unendliche Staubwolken umdüsicrn unser Dasein und vcrlchärieii die Lustvcrschiechieruiig so sehr, daß auch die besten Lungen die Arbeit cinstcllcn müssen. Sogar die Wald- srischc im Rosciitbale wird durch zu geschleppte (wörtlich!) Staubwirbel allen Luitschnappcrn verleidet. Zumal Sonntags, sobald die Völkerwanderung tabin begonnen, erkennen sich ost die nächsten Freunde beim Vorübergchcn nicht mehr, weil zwischen ihnen Undurchsichtigkeit entstanden. Mit so cingestäudten Kehlen merken dann die Pilger kaum, daß ihnen in manchen Restaura tionen das erbärmlichste Bier zum Staubsonspülen vorgesctzt wird. Doch nein, dieses edle Getränk war ja in allen Lokal blättern aiö ss. oder extrasein angckünbigr, alio zweifelt nur der böse Mensch an seiner Güte. Daö Wonnelcbcn im sommerlichen Leipzig ist aber auch in der Woche ein kostspieliges Vergnügen. Wehe der bescheidenen Hausfrau, die am dem Naturalien- und Gcmüsemarkt nicht mit den großen Köchinnen concurrircn kann! Die enormen Preise der Gemüse, der Butter und der Fleischer lassen alle Hoffnung weit hinter sich. Leider haben sich auch die Versuche dcö Hauösrauenvercinö bis jetzt alö nutzlose Demonstra tion mit verschwindenden Erfolgen berauSgestellt. Gerade in den Hauptsachen, also in der Lcbenömittciirage, ist cv in Leipzig um gekehrt alö in anderen Großstädten, wo noch die Lieferanten der »Abnehmer wegen. die Bierwirthe der Gäste wegen da sind. Viele Blerwirthe dürfen ungestraft die kleinsten Seidel auS dickstem Glase bcibehaltcn, weil ja ihre Eoniuinenten nur ein Recht aus Bereicherung der huldvollen Bieriässer besitzen, ebenso lassen cö sich auch die Käuicr von Lebensmitteln ruhig gefallen, daß c ic schlechten, verfälschten Waarcn immer noch die tbeucrslcn Preise behalten. Auch der Häuscrwuchcr mit seinem Reclamcuschwindel feiert hier seine Orgien. Die miserabelsten Miethökaserncn werben alö herr liche, gesunde und elegante Paradiese auögcdotcn. Zeigt sich auch nur die entfernteste Möglichkeit, daß daö Reichsgericht vielleicht in die Näbe einer Straße kommen könnte, steigern die dortigen Hausbesitzer ihre Wohnungen gleich um 5» Proccnt. Bedrängte Beamtensamilien müssen ins Land der Proletarier, nach Reudnitz, Anger re. auöwandcrn. Wird auch die Gose der Gcmüthiichkeit immer mehr durch Sorgen und üble Zustände getrübt, so bleiben die Leipziger doch stets der festen Uebcrzcugnng. daß vier Alles auiS Beste bestellt und nirgends Bcnerco zu finken sei. Wenn ihnen auch die Lokalblätter durch Hinweis aus die crasie Entsitt lichung der Blasse, ans Rohheiten und Drohungen der schlimmsten »Art die Mahnung zum Nachdenken predigen, sie bleibe» dennoch imaiiscchtbar. Höchst linveiiulsch dringt die Socialdcmokratie immer siegreicher vor unk stcllt sich immer trotziger den Besitzen den gegenüber, ja sie suhlt sich überall als Zukunftöherrichcrin der Stadt. Die Hauübctticr droben mit Fäusten. wenn sic ab- gewicsen werten, stemmen de» Fuß zwilchen die Thür, sobald Dienstmädchen durch Aengstlichkett verrathen, daß sic allein sind, reißen Klingclzüge in der Wuth herab und erschrecken die Kinder. Die entsetzlichste Rohheit offenbart sich Tagg und Nachtö in be ständigen Mißbandlungen der Schutzleute unk friedlicher Nacht wanderer. Dle Petroleumgeister werden durch das „Vorwärts" immer mehr vorwärts gedrängt und gcfäbrlichcr, bis sie den tollsten Communiömuö ins Werk zu setzen versuchen werten. Die Bier- und SchnapSorgicn zum Johannistage in VorstattSgärtcn oder sonstwo sind nur Vorspiele der Coinmuncschwelgcrcicn. die ja kommen müssen. „Wozu sollen wir darben und sparen ( Der große Kladderadatsch der Theilung gleicht AUcS auo. Was können die weichlichen Picfscrsäcke gegen unö tbun, wcun'S lcö- geht?" - IN baS auch Wahnsinn, so hat er doch wenigstens — Willen. Wie willenlos und unmuihig dagegen schauen die von Verlust zu Verlusten kommenden Vertreter dcö Handels in die Zukunit. Ihne» kann die endliche Verwirklichung dcö SicgcS- dcnkmalS keine Freude, wohl aber Sorge machen. denn Steuer- Erhöhung ist die unausbleibliche Folge. Die Socialdemokeatcn dagegen höhnen ganz laut, daß der baldige Krieg alle Siegeö- dcnkmale beseitigen würde. Trotzdem zieht der Philister, dem es noch gut geht, noch immer dieselbe Schlaimütze über die Ohren. Was hat'ö sür Roth, solange cö noch Speckkuchen, Allerlei. Schlachtfeste, Italienische Nächte, Eonccrte. Theater und andere Amüsements giebt? WaS scheeren ihn die Socialdemokratcn? Gegen diese Helsen sa die Soldaten und Kanonen! „Unser" BiSmarck wird eS schon machen, daß cö nicht so weil kommt! - Der Kamps gegen die leidig^ n Schleppen unserer Damen wird nicht nur in Wort und Schritt geführt, auch mit Bildern, mit Karrikaturcn zieht man dem Unding zu Leibe. Ab gesehen davon, daß wcnigstenS DaS erreicht, daß nur zweideutige Francnzimmcr jetzt noch Schleppen tragen, hat nun neuerlich den Bau der langschwänzsge» Kleiber so consiruirt, daß die Trä gerinnen daö rückwärtige Ende ihrer Robe mit der Hand aus- nehmcu und so schleppen könne». In den Kunsthaudiuiigen von Wohlrab. Scl'Ioijstraßc, und G > lberö. Sccilraße. ist jetzt ein Spottbild zu scheu (componirt unk lithographlrt von Julius Pauli hier) weiches mehrere Straßenkehrer zeigt, weiche mit Schlcppenträgeriuucn mit Händedruck und Umarmung Innige Freundschast schließen, und zwar bor tem Gasihansc „zur schmutzi gen Schleppe »nd zm» geistigen Fortschritt". Unter dem Bilde stehen die freilich nicht eben höflichen Worte: „Fürwahr, Euch ist cö gelungen, habt Besen und Herze» bezwungen. Trotz all' dem Gospöttc, »Neid, Hader und Streit sind setzt wir vereinigt — o goldene Zeit! Und wolle» zugleich vor der Welt es bekennen, baß wir von nu» an College» »nö nennen." Derb ist daö, aber treffend! — Gestern Morgen wurde auf dem TriiiitatiSkircl'bose jener Gardcrcltcr begrabe», welcher sich im Milltär-Arrcstbauic durch Erhängen mittelst seines Hosenträgers den Tod gegeben batte. Der unglückliche junge Mann, Sohn hiesiger sehr geachteter Eltern, war svnst brav und gut und hatte sich lediglich durch verschiedene Frauenzimmer-Tändeleien zu dem leichtsinnigen Schritte der Desertion hinrclßen lasse», wofür ihm harte Strafe drohte. Beim Bcgräbniß gab sich viel Theiinahmc seiner Kamerabcn und Freunde kund, wie denn seinem letzten Gange auch der pricstcrliche Segen nicht fehlte. — WohIthat oder nicht? Bei der Erplosion und dem folgenden Brande aus der Krcuzstraße war cö dem Lehrling reü dortscibst wohnenden Tavczicrs Mendel nur möglich, mit Hemd und Beinkleid versehen, sich zu rette». Sowohl siir diesen als bei den Wildenten. Daß Wildbraten gut schmeckt, dürste Wenigen ! die übrigen Ealamitosen trat die hiesige Arinenversorgungobchörte unbekannt sein, daß er aber auch sehr gesund, in mancher Hinsicht ---- - . . .. - - - gesünder als lebeö andere Fleisch ist, wird von sehr Vielen unbe achtet gelassen; wer cö kann, esse sa von Zeit zu Zeit Wild. — Aus der reichsrichterliche ii Stadt. - Alö eine Art Eidoroda ist unser Leipzig abermals, alö über die Be gnadigung mit dem Reichsgericht entschieden wurde, gepriesen hilfreich ein und besagter Lcbriing erhielt zu gcrettelem Hemd und Beinkleid — ein Paar Stiefeln. Obwohl selbe dem Lehr ling zu eng waren, so freute sich derselbe doch, hiermit bedacht worden zu sein. Aber was geschah? Unterm l4. Juni erhielt der in Loschwitz wohnende Vater dcö kleinen Ealamttcsc» eine Zusertigung dcö Gcmeiiwevorstandcö, daß er iniierhalb acht
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