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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.01.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-01-09
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189001097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18900109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18900109
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1890
- Monat1890-01
- Tag1890-01-09
- Monat1890-01
- Jahr1890
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.01.1890
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Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg and Brand. Verantwortlicher Redakteur: JuliuS Braun in Freiberg. — - > — - -- - .——— 42. Jahrgang. - - Erfltmnt jeden Wochentag Nachmttiagse Uhr für den i ' Donnerstags den Januar. zweknonatnch 1 M. 50 Pf. und einmcmatlich 7b Pf. j j! 6. reikeMMB^ und Tag MM. Inserate werdm bis Vormittag lI Uhr angmom- men und beträgt der Preis für ine gespaltene Zelle H XrD ID. oder derm Raum 15 Pfg. M-W Die Kaiserin Äugusta 1- Abermals senkt sich tiefe Trauer aus das deutsche Kaiserhaus und das deutsche Volk, das in der am Dienstag, den 7. Januar, Nachmittag 4'/. Uhr aus dem Diesseits geschiedenen Kaiserin Augusta die erste deutsche Kaiserin verlor, welche seit der Wiedcraufrichtung des Kaiserreichs den Thron zierte. Unser Kaiser, an den das herbe Geschick im Jahre 1888 mit so schweren Prüsnngen herantrat, beklagt schmerzlich in der Dahingcschiedenen die vielgeliebte Großmutter; mit ihm trauert das preußische Valk um eine milde allezeit gütige Landesmutlcr und die gesummte deutsche Nation um die Wittwe des glorreichen Kaisers Wilhelm I, deren segensreiches Wirken auf dem Gebiet der Krankenpflege, deren trefflicher Einfluß auf das deutsche Familienleben nie hoch genug veranschlagt werden konnte. Ais die begeisterte Menge einst dem Kaiser Wilhelm I in Anwesenheit deS österreichischen Kronprinzen lebhafte Huldigungen darbrachtc, sagte der deutsche Kaiser frohgesinnt zu seinen, Gaste: „Ja, die Familie der Hohrnzollern ist groß!" Er durfte es sagen, denn sein Wirken und das seiner edlen Gemahlin erschien dem deutschen Volke stets als ein elterliches und berechtigte ihn vollauf, in einer fonft so wenig patriarchalischen Zeit, von der ganzen Nation wie von seiner Familie zu sprechen. . In der trefflichen Lebensgefährtin des Heldenkaisers Wilhelm I, der das Reich neu begründete, in der Mutter des unvergeßlichen Kaisers Friedrich, der Großmutter des rastlos eifrigen Kaisers Wilhelm l l hat das deutsche Volk zu aller Zeit die geistvolle und edle Frau bewundert, die in Lust und Leid immer sich selbst, ihrer Familie und ihrem Volke treu blieb, deren menschenfreundliches und versöhnliches Wirken den, Zeit geist vorauseilte und der herrlichsten Humanität die Wege ebnete. Dieser großen und wahrhaft hohen Frau ist es zu danken, daß die Völker sich Unter dem Zeichen des rothcn Kreuzes einigten, um die schwersten Leiden des Krieges durch Werke der Liebe und Barmherzigkeit zu mildern. Lange bevor noch der .Kulturkampf beseitigt war, schlang ihre vorurthrilslose Huld und Güte das Band der Versöhnung um Mitglieder der verschiedensten Bekenntnisse. Ueberall wirkte die edle Frau mit, in der Familie, der Erziehung und im öffentlichen Leben die Gottesfurcht zu starken und die Menschen zu guten Thaten und zur Kräftigung der sittlichen Grundlagen im Volksleben an- zueifrrn. Bei solchem Streben mußte der wahlverwandtc Zug schon ein Band der innigsten Freundschaft schaffen zwischen Deutschlands erster Kaiserin und der um viele Werke der edelsten Wohlthätigkeit so hochverdienten Königin Carola von Sachsen, die in der Dahingeschicdenen eine inuiggeliebte mütterliche Freundin tief betrauert. Unter Blumen ruht nun die irdische Hülle der herrlichen Frau und der ollge- gewaltige Tod verklärt die Züge, in welche lange, mit bewundcrnswcrther Fassung und rührender Geduld getragene seelische und körperliche Leiden zuletzt tiefe Furchen ge graben hatten. Die Kaiserin Augusta hat wahrlich Großes erlebt und auch Unsäg liches erlitten; sie hat das Martyrium des einzigen herrlichen Sohnes mitgcfühll und ihn vorzeitig iir die Gruft sinken sehen, aber sie Hal cs auch noch erlebt, daß ihr kaiser licher Enkel, umringt von treuen und bewährten Rathgebern sich nicht nur die Liebe und Verehrung der deutschen Bundesfürsten und des deutschen Volkes, sondern auch das Vertrauen und die Freundschaft der mächtigsten Herrscher Europas gleichsam im Fluge gewann. Die edle Frau, die auf drei deutsche Kaiser als Gattin, Mutter und Großmutter einen so heilsamen Einfluß ausübte, wurde am 30. September 1811 als die Tochter des GroßhcrzogS Karl Friedrich von Sachsen-Weimar und der Großfürstin Marie Paulowna geboren, erhielt in der Taufe die Namen Augusta, Maric, Luise, Katharina und genoß an dem kunstsinnigen Hof zu Weimar eine ausgezeichnete Er ziehung. Am 11. Juni 1829 vermählte sic sich mit dem zweilgeborenen Sohne des Königs Friedrich Wilhelm III von Preußen. Dieser Ehe entsproßlen nur zwei Kinder, der am 18. Okiobcr 1831 geborene Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen und die am 3. Dezembcr 1838 geborene Prinzessin Luise, jetzt Großherzogin von Baden. Die Er ziehung beider Kinder leitete die hohe Frau selbst mit Geist und großer Gewissen haftigkeit. Im Jahre 1849 verlegte die Prinzessin Augusta, deren Gemahl bereits seit 1840 den Titel des „Prinzen von Preußen" führte, ihren Wohnsitz nach Koblenz, um dort ein mehr beschauliches Leben zu führen, künstlerischen Bestrebungen zu huldige» und mit Eifer wissenschaftliche Studien zu treiben. Von ihrer bedeutenden musikalischen Begabung zeugen verschiedene Kompositionen, darunter der im Druck erschienene Armcc- marsch Nr. 102. Aus dem stillen Dasein in Koblenz raffte sich die Prinzessin Augusta wieder empor, als ihr hoher Gemahl neun Jahre später als Prinz-Regent an das Staatsrudcr Preußens trat. Noch mehr trat die hohe Frau an die Oesfentlichkcit, als Prinz Wilhelm von Preußen an, 2. Januar 1861 König von Preußen wurde und sie an seiner Seite am 18. Oktober desselben Jahres in Königsberg an der Krönung theilnahm. War cs zunächst für die Königin Augnsta der höchste Genuß, in Berlin die hervorragendsten Männer der Kunst und Wissenschaft um sich zu versammeln, so ging in den späteren KricgSjahren ihr ganzes Streben mit Erfolg dahin, der Mittel punkt aller Wohlthätiglcilsbestrebungen zn werden, die Truppcnverpslegnng zu ver bessern, vor Allem aber für die beste Pflege der Verwundeten und Kranken zu sorgen. Ein solches Wirken mußte allgemein Anerkennung finden und so schaute das ganze Volk mit Bewunderung zu der milden Frau auf, die im Jahre 1871 Kaiserin von Deutschland wurde, nachdem sie längst vorher durch ihr allgemeines Wirken im Dienste der Humanität eine treffliche Vorarbeit zur Einigung der getrennten deutschen Länder geleistet hatte. Die Liebe des Volkes bekundete sich in rührendster Weise, als die Kaiserin im Juni 1881 zu Koblenz schwer erkrankte und nach einer von dem Geheimrath vr. Busch wunderbar glücklich ausgeführtcn höchst gefährlichen Operation aus ernstester Lebens gefahr gerettet wurde. Eine große Schwäche und manches mit Hcldenmuth ertragenes und verhehltes Leiden blieb aber doch zurück und dazu gesellte sich ini Jahre 1888 der tiefe Seelenschmerz um den am 9. März 1888 aus dem Leben geschiedenen glorreichen Gemahl und der Kummer über die unheilbare tückische Krankheit, die ihren Heldensohn befallen halte und denselben nach einer 99tägigen Regierung am 15. Juni 1888 dahin raffle. Die seelenstarke Frau überwand Alles und sand in dem frohen Lebensglück ihrer Enkel und Urenkel Trost für so schweres Leid. Ganz besonders innig schloß sie sich in der letzten Lebenszeit an ihre einzige Tochter, die Großherzogin von Baden, an, die selbst so tiefen Mutterschmcrz empfunden hatte, um ihr Fühlen ganz zu verstehen und zu lheilcn, die mit ihrem Gemahl, dem Großherzog von Baden, sich gerade während der letzten Wochen in Berlin aushicU und bis zur Sterbestunde bei der geliebten kaiser lichen Mutter weilte. Ein schwerer Erkältungsznstand des Großherzoglichen Paares erfüllte die Kaiserin mit ernster Besorgniß, aber sie achtete eS gering, als sich bei ihr schon am Neujahrstage ebenfalls katarrhalische Erscheinungen bemerkbar machten. Die Kaiserin Augusta ließ sich von der mit der Influenza sters verbundenen Schwäche nicht abhalten, am 3. Januar die in Berlin anwesenden Generäle in üblicher Weise zu empfangen und noch an demselben Tage dem Zentral-Komitö der deutschen Vereine vom Rotheo Kreuz für den übermittelten Neujahrs-Glückwunsch schriftlich zu danken. Ter Kaiser und die Kaisrrin statteten der Kaiserin Großmutter, welche auf ärztliche Anordnung von Sonnabend an das Bett hütete, am Sonntag Nachmittag einen Besuch ab und weilten mit dem Großhcrzog und der Großherzogin von Baden längere Zeit am Krankenbette der Kaisrrin Augusta. Um dieselbe Zeit sand ein Konsilium des Generalarztes vr. Leuthold, des Geh. RathcS vr. Velten und des Sanitütsraths vr. Schliep auS Baden, des langjährigen Vertrauensarztes und stellvertretenden Leib arztes drr Kaiserin Augusta, welcher seit Sonntag nach Berlin berufen worben, statt. Der Zustand der hohen Frau wurde zunächst nicht bedenklich gefunden. Die Nacht zum Montag verlief zwar unruhig, aber die Aerzte hegten keine großen Besorgnisse, weil der Verlaus der Influenza ein normaler schien und auch die Kräfte sich noch auf aus reichender Höhe erhielten. Sv lange sich das Fieder in mäßigen Grenzen hielt, konnte cinc unmittelbare Gefahr als immerhin ausgeschlossen gelten. In der Nacht zum Diens tag verschlimmerte sich der Zustand der Patientin aber bedeutend und wurde das plötz liche Eintreten der sehr hohen Ficbcrtempcratur von über 40° R. nach Mitternacht konstatirt; damit trat die Krankheit in das bedenklichste Stadium. Von 1 Uhr ab zeigte sich bei großer Steigerung der Athcmbeschwcrde» eine rasche Abnahme der Kräfte. Bon früh 5'/„ Uhr an weilten die Kaiserlichen Majestäten mit den Großherzoglich badischen Herrschaften am Krankenlager der Kaiserin Augusta. Dienstag Mittag 12 Uhr trat vor übergehend ein Ruhezustand ein. Mehrere Mitglieder der Kaiserlichen Familie verließen um diese Zeit das Palais; der Kaiser und die Kaiserin blieben jedoch zurück. Die Kaiserin Augusta nahm etwas Milch auf Eis ein; bald darauf nahm aber das Fieber wieder zu und trat wiederholt Bewußtlosigkeit ein. Der Kaiserin Augusta war schon am Montag Abend das Abendmahl gereicht worden. Der Ober-Hof- und Domprediger v. Kitzel weilte seit Dienstag früh 3 Uhr ani Krankenbette der Kaiserin Augusta, woselbst sich auch der gesammte Hofstaat derselben versammelte. Auch Graf Herbert Bismarck und der .Kultusminister von Goßler befanden sich im Palais. Das Volk umgab Nachmittags in großen Massen das Kaiserliche Palais und bekundete seine innige Theilnahme durch lautloses Verharren. Um 4 Uhr 29Minutcn hauchte die erste deutscheKaiserin die Seele aus. Äußer den Majestäten und dem badischen Großherzogspaar umstanden das Sterbelager alle Mitglieder deS Königlichen Hauses, Verwandte der fürstlichen Familien, die Hofstaaten, Hofdamen und Kammerherreu der Kaiserin. Nach eingetrctenem Tode knieten alle Anwesenden nieder, während der Oberhofprcdiger Kögel das Gebet und den Segen sprach. Nachdem das Kaiserpaar und die badischen Herrschaften das Stcrbczimmer verlassen hatten, wurde die Dienerschaft der Kaiserin an daS Sterbebett geleitet. Die Fahne auf dem Kaiserlichen Palais senkte sich nieder auf Halbmast und kündete den vor dem Palais Harrenden das Hinscheidcn der Wittwe Wilhclins I. Tiefer Krimmer legte sich auf alle deutsche Herzen, denen die Trauerbotschaft von dem Hinscheiden der edlen Frau wurde, deren Gedächtniß nicht verloschen wird, deren Name nicht nur mit goldenen Buchstaben in der Geschichte des wiedcrgecintcn deutschen Volkes verzeichnet steht, sondern auch tief eingeprägt ist in zahllose» dankbaren Herzen! Friede ihrer Asche!
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