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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.02.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030227011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903022701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903022701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-02
- Tag1903-02-27
- Monat1903-02
- Jahr1903
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Sie mögen nur kurz angedrutet werden: Zunächst wurde in Zweifel ge zogen, ob der Bund überhaupt in der Lage sei, seine Kom petenz zu erweitern, eine Frage, die man mildem Au-drucke: Kompetenz-Kompetenz? bezeichnete. Sie darf heute nach dem Stande der Wissenschaft, wie nach der Praxi- als unzweifel haft bejaht bezeichnet werden. Weiter kam in Frage, ob zu Verfassungsänderungen, welche die Kompetenz de« Bundes betreffen, di« Zustimmung aller Gesetzqrbungssaktorrn der Einzelstaaten erforderlich sei. Auch' diese Frage ist als in« »erneiueadr» Sinne «atschtede« zu betrachten; es mag hier »« «n eia« Erklärung ertunert werden, welch, dn bayerisch« Minister von Lutz in der bayerischen Kammer der Abgeord neten am 16. Dezember 1871 abgab. Er sagte: „Sie erinnern sich, daß früher im Norddeutschen Bund« ein« Kontrovers« darüber bestanden hat, ob zur Kompetenzerweitrrung eder einzelne Landtag wieder zustimmen müsse. Es war nicht ein mal, sondern zehn- und zwanzigmal bei den Verhandlungen in Versailles davon die Rede, daß diese Kontroverse aus der Welt ge schafft werden müsse, und nicht di« bayerische Vertretung allein, sondern auch die Vertreter aller anderen Staaten konnten sich schließlich der Ueberzeugung nicht entziehen, daß rS für die Folge nicht mehr aus die alle Kontroverse ankommen könne, sondern daß die« beseitigt werden müsse, und zwar in dem Sinne, daß da« Reich kraft seiner Legislative berechtigt sei, auf Grund der Ab stimmungen im BundeSrat und Reichstag — über Verfassungs änderungen und in Sonderheit auch über Komvetenzerweiterungen zu beschließen." Weiter aber war zweifelhaft die Form der Verfassungs änderung, ob nämlich ein Spezialzesetz, welches sachlich die Derfafsuug ändert, erst dann erlassen werden dürfe, wenn zuvor die Verfassung auch formell eine entsprechende Aenderung er fahren hat. Es hatte s. Z. ein Antrag Miquel vorgelegen, welcher ausdrücklich der Gesetzgebung Vorbehalten wollte, andere als die in Art. 4 bezeichneten Gegenstände zu erfassen, und nur aussprechcn sollte, daß der Erlaß solcher Gesetze an die für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Formen gebunden sei. Dieser Antrag wurde jedoch auch von Regierung-Ver tretern als überflüssig bekämpft; so sagte der großher zoglich hessische Bevollmächtigte Hofmann: „daß dann (bei Ausdehnung der gesetzgeberischen Tätigkeit des Bundes) die DerfafsungS - Urkunde selbst jedesmal durch Aufnahme des betreffenden Gegenstandes in den Art. 4 erst amenviert sein müßte, scheint mir doch eine zu formale Auffassung der Sache zu sein". Es istz a so auch diese Schranke der Kompetenzrrweiterung weg gefallen; während in den Vereinigten Staaten von Nord amerika und in der Schweiz die Kompetenzerweiterung der Gesetzgebung vorausgehen muß, kann im Deutschen Reich jedes beliebige Gesetz gemacht werden, welches imxlieits eine Bersassungtänderung enthält, ohne daß deshalb überhaupt die Verfassungs-Urkunde geändert zu werden brauchte, die Verfassungsänderungen werden in Spezialgesetzeu verstreut. Man wird vielleicht jetzt oft im Bundesrat bereuen, nicht doch eine etwas „formalere Auffassung" befolgt zu haben, denn gewisse Redner kennen überhaupt keine Grenzen der Kompetenz der Reichsverfassung mehr, sie ziehen alle Vor kommnisse der Einzelstaaten vor das Forum des Reichstags, verrücken damit vollständig die Verantwortlichkelt der Re gierungen gegenüber ihren Landtagen, und setzen sie der Gefahr aus, durch nicht vollständig informierte Bevollmächtigte im Reichstage Erklärungen adzugeben. DaS Bemühen der Regierungen, da« neuerdings etwas mehr zum Vorschein kommt, die Grenzen der Kompetenz schärfer zu ziehen, ist doch inso fern ziemlich machtlos, als sie ja nicht verhindern können, daß die Reden zum Fenster hinaus doch unter dem Gesichtspunkte einer Kompetenzerweiterung, die an keine erscbwerenden Formen geknüpft ist, gehalten werden. Wie groß die damit ver bundene politische Gefahr ist, namentlich bei der Verschieden heit deS Wahlrechts im Reich und in den Einzelstaaten, braucht nicht erörtert zu werden. Zu dieser Erleichterung der Kompetenzerweiterung kommt aber nun fernerhin, daß das Reich kein Oberhaus hat, in dem die Einzrlstaaten zu einer Art Vertretung kommen könnten. Ja den Bereinigten Staaten von Nordamerika wird der Senat von den StaatSlegislaturen auf sechs Jahre gewählt, in der Schweiz besteht der Ständerat aus 44 Abgeordneten der Kantone, jeder Kanton wählt 2 Abgeordnete. Der Bundes rat unserer ReichSverfaffung ist nichts Analoges, er ist nur eine Vertretung der Regierungen. Auch die Gewähr einer oberstrichterlichen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen fehlt bei unS. Und endlich ist auch der Reichs- tag bei Veränderungen der Verfassung nicht an eine erhöhte Stimmenzahl gebunden, eS genügt jede gewöhnliche Stimmen mehrheit. Die einzige Kautel, die unsere Verfassung kennt, liegt also im Stimmenverhältnis des BundeSratS, indem, ab gesehen von dem im zweiten Absatz des § 78 vorgesehenen, hier nicht weiter in Betragt kommenden Falle, 14 Stimmen im BundeSrate zur Ablehnung einer Kompetenzerweite- rung genügen. Ist aber so der ganze Schwerpunkt der Kompetenzerweiterungen iu deu Bundesrat gelegt, so ist eS auch von der größten Wichtigkeit, daß hier einerseits voll« Klarheit über die Rechtsfragen herrsche, und daß ander seits da- Verfahren bei Berfaffungsänderungrn im Bunde«, rat «in solches sei, wie es der Bedeutung des Gegenstandes entspricht. Was zunächst die Rechtsfragen betriff», so herrscht im allgemeinen wobl Einverständnis über dir oben entwickelten Grundsätze, und soviel namentlich die Form der Kompetenz erweiterungen anlangt, so hat der BundeSrat beide oben be- zeichnete» Modalitäten gewählt, eS sind Zusätze und Abände rungen de« Art. 4 der ReichSverfaffung beschlossen worden; so namentlich ist die Z. 13 durch da» Gesetz vom 20. De zember 1873 aus „daß gesamte bürgerliche Recht" ausgedehnt worden; andererseits sind aber auch Spezialgesetze unter dem Gesichtspunkte der Verfassungsänderung behandelt worden, so namentlich auch das Iesuitengesetz, indem der BundeS rat darüber einverstanden war, daß 14 Stimmen zur Ablehnung genügt haben würden. ES hat jedoch nur Reuß ältere Linie gegen da- Gesetz gestimmt. Der BundeS rat hat also damit für die Regierungen bindend fest gestellt, daß da- Iesuitengesetz eine Aenderung der Reichsverfassung enthalte. Eine Frage aber, die unsereSWiffenS nochmcht zur praktischen Entscheidung gekommen, ist aber die, unter welchen Voraussetzungen kann eine be schlossene Abänderung der Verfassung wieder ab geändert werden? Robert von Mo hl sagt in seinem deutschen NeichSstaatSrecht S. 158 darüber: „ES besteht keine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob die in gesetzlicher Weise zu stände gekommenen Verfassungsänderungen (Verfassungs-Novellen) ebenfalls der Vorschrift deS Art. 78 unter worfen sind, somit eine beabsichtigte Wiederveränderuug derselben auch durch da- Veto von 14 Stimmen verhindert werden kann. Die Bejahung der Frage kann aber wohl einem ernsthaften Zweifel nicht unterliegen. Diese Veränderungen treten an Stelle der bisherigen Vorschrift der Verfassungs-Urkunde und nehmen somit alle Eigenschaiten derselben an. Auch wenn bloß Zusätze zu der bestehenden Verfassung gemacht werden, bilden solche sortan integrierende Teile des Grundgesetzes und sind wie diese- zu behandeln, wie sie ja auch die ganze rechtliche Stellung derselben in allen Beziehungen haben." Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ist gewiß un anfechtbar, ein Zweifel bleibt nur, ob da«, was der Verfasser von Aenderungen der VerfaffungSurkunde sagt, auch gelten muß von Aenderungen der Verfassung, die zwar im Wege der Art. 78, aber durch Spezialgesetz zustande gekommen sind? Arndt: StaatSrecht deS D. R. tz 26 S. 186 behandelt die Frage; er unterscheidet zwischen Verfassung im allge meinen und VerfaffungSurkunde, und kommt dadurch zu dem Schluffe, daß verfassungsändernde Gesetze der Vorschrift in Art. 78 nur insoweit unterliegen, als sie in der Verfassungs urkunde zum Ausdruck gebracht sind, andernfalls aber mit einfacher Mehrheit im BundeSrat abgeändert werden können. Diese Ansicht ist aber doch im höchsten Grade bedenklich und anfechtbar. Arndt argumentiert hauptsächlich mit der preußischen Verfassung; dort würben nickt die sämtlichen auf die Versaffung sich beziehenden und dieselbe regelnden Vor schriften, also z. B. nicht die Kreis» und Provinzialordnungen, Gemeinde- und Stävteordnungen zur Versaffung gerechnet, sondern nur die VerfaffungSurkunde mit ihren Nachträgen. Allein hierbei handelt eS sich doch um sehr verschiedene Dinge, im Einzelstaate nur um die Frage, welche Teile der Gesetz gebung unter den besonderen Sckutz und die besonderen Kau» telen der Versaffung gestellt werden sollen? Wenn also Pro vinzial- und Kreisordnungen rc. zwar zu der Versaffung eines Staates im allgemeinen Sinne gerechnet werden können, aber nicht einen Teil der VerfaffungSurkunde bilden, so ergibt sich der Wille d«S Gesetzgeber« von selbst, daß eben diese Gesetze nicht unter den besonderen Schutz der Versaffung haben gestellt werden sollen. Anders liegt schon die Frage, wenn durch solche Gesetze Teile der Versaffung geändert werden, aber selbst wenn man annimmt, daß solche Gesetze dann im gewöhnlichen Wege geändert werden können, eine Frage, die ja nach dem StaatSrecht jedes einzelnen Staates beantwortet werven muß, so ist es doch im höchsten Grade bedenllick, die Antwort, die die Frage vielleicht in Preußen findet, nun ohne weiteres auf daS Reich übertragen zu wollen. Bei dem letzteren handelt eS sich um eine ganz andere Frage, um di« der Beschränkung der Souveräni tät der den Bund bildenden Einzelstaaten. Hier wird man doch sagen müssen, indem der Einzelstaat auf Grund von Art. 78 seine Zustimmung zu einem Gesetze gibt, daS seine Souveränität einsckränkt, hat er seine Zustimmung nur zu diesem Gesetze gegeben, und nicht zu allen Aenderungen seiner Souveränität, die im Wege der gewöbnlicken Gesetz gebung mittels Aenderung dieses von ibm angenommenen Gesetzes vorgenommen werden können. Zu demselben Resul tat führt auch die vorher angeführte Entstehung deS Ge setzes; nur als eine „zu formale Auffassung" war e- seitens deS BundeskommiffarS bezeichnet worden, wenn zu Verfassungsänderungen allemal eine Amendierupg der Ver fassung gefordert würde. Es wäre aber ein ganz gewaltiger materieller Unterschied, wenn die Aufhebung von solchen Verfassungsänderungen, die in der VerfaffungSurkunde zum AuSdrucke gekommen sind, durch 14 Stimmen im BundeSrat abgelehnt werden könnten, die Aenderungen solcher aber, die in Spezialgesetzen enthalten sind, diese- Schutzes entbehrten. Und weiter, wenn die Auffassung ArnvtS richtig wäre, welche- wäre denn dann die Grenze der Kompetenz für die abändernde Gesetzgebung? Die Materie de- Gesetzes? Ja welche ist denn dies«? Zum Beispiel beim Iesuitengesetze? Könute denn nicht im Wege gewöhnlicher Gesetzgebung gesagt werden: Die Jesuiten dürfen in allen Staaten Niederlassungen errichten und ihre Tätigkeit in Kucke und Schule auSüben? Ta« ist vielleicht (?) tatsächlich im Augenblicke noch nicht zu befürchten, aber da ändert an der Rechtsfrage nicht«. Die Nrndksche Auffassung führt dazu, daß di« Komprtenzgrenzen für da- Reich gegen über den Eiuzelstaaten ganz verwischt werde», daß ei» ganz unklare- Etwa- an die Stelle der ReichSverfaffung tritt und auch der geringe Schutz, der noch in Art. 78 der ReichS verfaffung liegt, beseitigt wird. Darum mögen unsere Re gierungen wohl bedenken, daß in der Aufhebung von Z 2 des Iesuitengesetze- nicht nur eine politisch wichtige, sonder» auch eine Berfassung-frage von eminenter Wichtigkeit steckt und daß, wenn mit gewöhnlicher Mehrheit über die Abänderung abgestimmt wird, darin ein Präjudiz von unbereckenbarer Tragweite geschaffen wird. Die Regierungen werden für diese Seite auch der Frage ihre» Landtagen verantwortlich sein; denn wenn auch die Frage, ob zu Aenderungen der ReichSverfaffung die Zustimmung der Einzellegislaturen nötig sei, gewöhnlich und mit Recht «rü dem Grunde verneint wird, weil die Einzelstaaten ihren Regierungen die Vollmackt zur Bewilligung solcher Aende rungen gegeben batten, so ist eS doch im höchsten Grade zweifelhaft, ob die Vollmacht so weit ausgedehnt werden sollte und al- erteilt anzusehen ist, daß die Regierungen ermächtigt werde» sollten, auf den Schutz des Art. 78 zn verzichten, wen» die Verfassungsänderung«» im Wege der Spezialgesetzgebang erfolgen. Es ist oben aber weiter gesagt worden, daß bei der Lage unserer Gesetzgebung, wo der ganze Schwerpunkt von Ver fassungsänderungen iu den BundeSrat gelegt ist, eS von der größten Wichtigkeit sei, diese- Verfahren vo» der Bedeutmig des Gegenstandes beherrschen zu kaffen. Dazu gehört aber vor allem, daß da- Vertrauen der Regierungen auf eine sachgemäße Beratung im BundeSrat« durch nicht- gestört wird, daß vor allem jede Einzelregieruug di« Gewähr für fick hat, im BundeSrate gehört zu werden, um auf da- Er gebnis Einfluß auSüben zu können, bevor noch eine Einzel regierung sich in seiner Abstimmung dem Reichstage gegen über festlegt. ES ist daher im höchsten Grad« bedauerlich, wenn der Reichskanzler al- Vertreter der führenden Macht deren zukünftige Abstimmung schon im Reichstage verkündet, bevor er noch mit seinen Bundesgenossen sich darüber ver nommen hak, eS liegt darin geradezu eine Zerstörung der politischen und e.hischen Grundlagen, die Fürst Bismarck mit klugem Sinne durch Schonung der Bunde-geaoffeu dem Reiche gegeben und erhalten hat. Wahrhaftig e- wäre nicht zu verwundern, wenn der Graf Crailsheim, der Schwierig keiten, die ihm fortwährend von Berlin aus bereitet werden, müde, die Flinte ins Korn geworfen hätte. Und wa- soll man nun sagen zu den Mitteilungen, die der braunschwei gische Minister Otto über die Art der Behandlung solcher Dinge im BundeSrat, offenbar auch voll Unmut, gemacht hat? ES graut einem geradezu, wenn man erwägt, daß iu solchem tumultuarischer Weise die wichtigsten VersaffungSfragea er ledigt werden. Als durch die Reich-verfaffung Art. 78 eia Satz der Versaffung des Nordd. Bundes geändert wurde, der erst einer Minderheit von einem Dritteile der Stimmen ei» Veto eia- räumte, und dieses Recht nun bereit- 14 Stimmen ge währte, da klagte ein nationalgesinnter Gelehrter, Robert von Mohl, über diese Verschlechterung der Versaffung. Er sagte a. a. O. S. 149: .jedenfalls wird zur Verteidigung der BerhinderungSberechtigung nicht geltend gemacht werden können, daß dieselbe bei dem Mangel eine- mäßigenden Elemente- im Reichstage eine wünschenswerte Schranke gegen demagogische Bestrebungen bilde; denn wenn die Mehrheit der Regierungen, Preußen an deren Spitze, einen Vor schlag für annehmbar erachtet, kann kaum Gefahr in dieser Richtung bestehen." Wie haben sich doch die Zeiten geändert! Heute steht in Frage, die Einzelstaaten nicht in die Schwächlichkeit der preußischen Kirchcnpolitik hineinreißen zu lassen. Ungewollt wird den evangelischen Regierungen die Frage aufgedrängt, ob sie nicht im neuen Reiche wieder ein eorpus svangslicvrum bilden müssen! Ein corpus svangelicorum nach 32jährigem Bestehen deS neuen Reichs unter einem protestantischen Kaiser! Ohne ober gegen die führende Macht Preußen? ES ist furchtbar genug, und doch solange der gegenwärtige Reichs kanzler die staatlichen und kulturellen Interessen, die Em pfindungen und Rechte der Protestanten nur als die große Vorratskammer behandelt, au- der er den Hunger deS ultra montanen Zentrums mit freigebiger Hand stillt, solange ist ein geschloffenes Zusammeasteheu der evangelischen Regierungen nötig, und Art. 78 bietet ihnen die Möglichkeit, schlimme- zu verhindern. Ihre Völker erwarten, daß sie davon Ge brauch machen!
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