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Deutsche allgemeine Zeitung : 08.03.1854
- Erscheinungsdatum
- 1854-03-08
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-185403088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18540308
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18540308
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1854
- Monat1854-03
- Tag1854-03-08
- Monat1854-03
- Jahr1854
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 08.03.1854
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Mittwoch. - Nr. 57. 8. März L8S4. Eei^pKib. Die Zeitung erscheint mit Aufnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« -1 Uhr au«- gegeden. Drei« für da« Viertel- jahr l'/, Lhlr.; jede ein zelne Nummer 2 Rgr. Deutsche Allgemeine Heilung. «Wahrheit uud Recht, Freiheit uud Tesch I» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Auslandes, sowie durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Hjnsertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Politik der „Neutralen" und dH deutsche Frage. — Leipzig, 7. März. Man wird wahrscheinlich noch einige Zeil darauf verzichten müssen, über bie eigentlichen Absichten und definitiven Entschlie ßungen der beiden großen deutschen Cabinele etwas Authentisches zu er- fahren. Scheint eS doch beinahe, als sei es bis zu solchen definitiven Ent schließungen im Schoose dieser Cabinete selbst noch nicht gekommen, als ständen sich noch immer einander bekämpfende Einflüsse oder mindestens un schlüssige und schwankende Ansichten gegenüber. So viel kann wol als aus gemacht angenommen werden, daß die Andeutungen englischer Minister im Parlamente, des Moniteur und selbst der kaiserlichen Thronrede in Frank reich über eine Annäherung der deutschen Großstaaten an die Westmächte zur Zeit noch mehr Das aussprcchen, was man an jenen Stellen wünscht und hofft, als was man mit Sicherheit weiß. Es vermochten daher auch die von Berlin und Gotha hierhergelangten Mittheilungen (Nr. 50) über bevorstehende entscheidende Erklärungen am Bundestage in Betreff der orientalischen Frage bei allen Denen keinen rechten Glauben zu erwecken, welche ihrd Ansichten und Erwartungen in dieser Sache mehr durch die Lehren der Erfahrung und eine nüchterne Betrachtung der Thatsachen als durch Wünsche und Illusionen, wenn auch noch so verlockende, bestim men lassen. Wir maßen uns nicht an, in das Geheimniß der noch schwe benden Verhandlungen eindringen und über den gegenwärtigen Stand oder den muthmaßlichen Ausgang derselben einen Ausspruch thun zu wollen. Allein bei der täglich wachsenden Wichtigkeit, welche die Entscheidung über die Stellung der deutschen Großmächte in der orientalischen Frage jfür Deutschland und Europa hat, wird es der Presse nicht verargt werden können, wenn sie sich über die Lage der Dinge wenigstens eine Ansicht zu bilden versucht, soweit ihr dies nach den vorliegenden öffentlichen Kundgebungen und unter Inbetrachtziehung der natürlichen Interessen der betheiligten Mächte nur immer möglich ist. Aus diesem Wege sind wir zu nachstehenden Schlußfolgerungen über die in den Cabincten zu Wien und Berlin dermalen vorherrschenden Ansichten gelangt, welche wir hier aus sprechen, ohne sagen zu wollen, damit überall das Nichtige 'getroffen zu haben, oder Bürgschaft zu leisten, daß diese Ansichten, wenn sie auch jetzt wirklich im Vordergründe stehen, nicht noch in der Stunde der Ent scheidung durch andere verdrängt werde» könnten. In Einem halten wir Oesterreich und Preußen für entschieden und einmülhig darin, daß sic eine Vergrößerung der russischen Macht und des russischen Einflusses nicht wün schen. Insoweit hätten denn auch die französischen und englischen Staats männer Reckt, wenn sie von einer „Annäherung" Oesterreichs und Preußens an ihre Politik, von einer „Uebereinstimmung" derselben mit den Westmäch- ten sprechen. Die Gründe einer solchen Anschauungsweise sind für beide Staaten so schlagend, daß selbst noch so starke persönliche und Partei-Ein- flüsse dagegen wol nicht leicht aufkommen dürften. Wir möchten daher auch kein Mistrauen in die Versicherungen setzen, nach welchen in Wien wie in Ber lin das von Rußland gestellte Verlangen einer zu dessen Gunsten in bin dender Weise zu übernehmenden Neutralität abgelehnt worden sein soll. Eine Politik Preußens und Oesterreichs, welche, wenn auch unter der Form der Neutralität, doch die ersichtliche Absicht hätte, Rußland zu decken, würde für die Westmächte einen vollkommen gerechtfertigten Anlaß enthal ten, Oesterreich und Preußen, sei es mit offener Gewalt, sei eS mit revo lutionären Mitteln, anzugreifen: eine Gefahr, die namentlich für Oester- reich so groß ist, daß schon aus diesem Grunde eine Ablehnung solcher Fo- derungen, wie russischerseits gestellt worden sein sollen, sehr glaublich er scheint. Was nun aber die positiven Absichten der beiden Cabinete betrifft, so ist es viel schwerer, sich darüber eine klare Anschauung zu bilden. Die Ansicht scheint sowol in Berlin als in Wien vorherrschend, daß der jetzt ausbrechcnde Krieg nicht mit einer einfachen Rückkehr zum Statusquo enden, sondern wichtige Umgestaltungen der allgemeinen europäischen Macht- und Gebietsverhältniffc herbeiführen werde. Daß man an diesen letztem dann auch theilnehmen und theilhaben will, ist natürlich. Für dieses wichtigste Stadium der Sache möchte man sich nun aber „freie Hand" erhalten. Man möchte, wie es scheint, seine Bundesgenosscnschaft zu möglichst hohem Preise losschlagen, möchte seine Kräfte sparen, um ungeschwächt in der letz ten Stunde ein entscheidendes Wort sprechen zu können. Auch über daß Object dieses Preises scheinen in Berlin und in Wien wenigstens vorläufige Wünsche und Plane zu bestehen. Für Oesterreich liegt dasselbe klar und indicirt vor Augen: es ist die Vermehrung seines Gebiets oder doch seines Einflusses an der Donau. Für Preußen ist die Frage nicht so einfach. Sollte am Ende doch noch die Türkei das Opfer einer Theilung werden (wie z. B. die augs- burger Allgemeine Zeitung standhaft behauptet), was würde Preußen da von erhalten, oder vielmehr, was könnte eS davon gebrauchen? Im Falle des Unterliegens Rußlands aber, und wenn cs selbst so weit käme, daß die Sieger von dem Besiegten Gebietsabtretungen erzwängcn, sollte Preußen etwa ein neues Stück Pole» und damit ein neues Danaergeschenk in Em pfang nehmen? Oder was sonst? Diese Schwierigkeit scheint man in Ber lin einzusehen und nach Gebühr zu würdigen. Man scheint auf eine Ge- bsxtsvcrgrößerung zu verzichten, dagegen um so mehr auf eine Machtver größerung zu speculiren; und wo anders könnte diese stattfinden als in Deutschland? Und hier ist cs, wo sich gegenwärtig aus der orientalischen eine deutsche Frage herauöspinnt. Bekanntlich hat in den letzten Wochen zu wiederholten malen der Wiener Lloyd dieses Thema abgespielt (vgl. Deutsche Allgemeine Zeitung Nr. 49 und 51) und die augsburgerAllgemeine Zeitung hat Variationen dazu geliefert. Preußischerseits hat zuerst die Preußische Corre- spondenz darauf erwidert (vgl. Nr. 53) und ganz neuerdings sind, wie es heißt, die Intentionen des preußischen Cabinets (oder wenigstens der im Au- genbttcke dort maßgebenden Richtung) in der zu Berlin erschienenen Bro schüre: „Zur Ncutralitätsfrage", ausgesprochen worden. Danach stellen sich nun die beiderseitigen Standpunkte der zwei Großmächte in ihrem Verhält- niß zueinander und zu Deutschland so dar: Oesterreich fühlt, wie bedroht seine Stellung und wie schwierig für dasselbe allein die Behauptung einer Neutralität bei einem länger andauernden Kampfe Rußlands mit der Türkei und deren Verbündeten sein müsse, zumal wenn Rußland, wie cs bereits den Anschein hat, zu dem revolutionären Mittel der Aufreizung der christ lichen Bevölkerungen in den türkischen Provinzen greift. Oesterreich sieht ein, daß es gewaltsam aus dieser Neutralität in kurzem herausgedrängt wer den wird, in der es sich jetzt noch mühsam behauptet. Oesterreich weiß ferner, daß seine eigenthümlichen Verhältnisse den beiden kämpfenden Thei len die tödtlichsten Waffen zu seiner Beschädigung oder Bedrängung in die Hand liefern. Bricht cs mit Rußland, oder, was in Rußlands Augen leicht gleichbedeutend sein könnte, erklärt es sich nicht bestinunt für dasselbe, wer steht ihm dafür, daß nicht Rußland die slawischen Stämme in den österreichischen Staaten zur Erhebung ermuthigt? Die oben erwähnte preu ßische Broschüre spricht diese Eventualität geradezu aus. Im entgegenge setzten Falle aber, welche Gefahren bedrohen Oesterreich von einer Jnsurgi- rung Italiens durch Frankreich und des mit diesem verbundenen Sardinien! Gegen diese doppelte Gefahr sucht Oesterreich einen Rückhalt an dem Deut schen Bunde. Es möchte gern, daß dieser nicht blos sich selbst neutral er klärte, sondern auch eine gewisse Garantie für die Neutralität Oesterreichs, und zwar in Bezug auf alle seine Länder, übernähme, sodaß ein Angriff auf die österreichischen Lander, um Oesterreich aus seiner Neutralität her- auszudrängcn, zugleich als ein Angriff auf den Bund betrachtet und von diesem zurückgeschlagen würde. Dies war wol der eigentliche Zweck und Sinn jener neulich am Bundestage von Oesterreich angeregten förmlichen Neutralitätserklärung, gegen welche sich Preußen so bestimmt ausgesprochen hat. Und weil nach der Bundesverfassung eine solche Solidarität des Bun des für Länder, die außerhalb seines Gebiets liegen, nicht zulässig ist; darum der Ruf nach einer Reform der Bundesverfassung in den österreichischen Or ganen: einer Reform, deren Modalitäten man zwar nicht specialisirt, unter der man sich aber (wie schon die Hindeulung des Wiener Lloyd auf die Schwar- zenberg'sche Politik verräth) schwerlich etwas Anderes denkt als den Eintritt Ge- sammtösterreichs in den Bund und eine dadurch bedingte herrschende Stellung Oesterreichs im Bunde. Die preußische Broschüre sagt.dies mit ziemlich dürren Worten. Diesen Absichten Oesterreichs gegenüber, die zugleich so tief in die deutschen Verhältnisse hereingreifen, scheint nun Preußen eine doppelt re- scrvirte Stellung einnehmen zu wollen. Das Programm derselben ist in jener Broschüre gegeben. Preußen stellt vor allem den Planen Oester reichs auf eine Bundcsrcform (im Schwarzcnbcrg'schen Sinne) einen ent schiedenen Widerspruch entgegen. Es will nichts davon wissen, daß der Bund irgendeine bestimmte Erklärung über seine Stellung zu den kämpfen den Theilen abgebc; vielmehr soll derselbe solange als möglich sich völlig freie Hand erhalten, und ebenso will Preußen thun. Selbst wenn Oester reich in den Conflict hineingezogen würde (was wegen seiner näher davon berührten Interessen wahrscheinlich sei), sollen der Bund und Preußen so- lange als möglich noch neutral bleiben. Gegen einen von Rußland auf Oesterreich geschehenden Angriff würde Preußen wirksame Hülfe leisten kön nen, ohne daß der Bund davon berührt würde; bei einer Spannung Oester reichs mit den Wcstmächtcn dagegen müßte Preußen völlig unbethciligt blei ben, wenn cs nicht sofort auch Deutschland in den Krieg verwickeln wollte, da für jene Mächte das Bundesgebiet Preußens der verwundbarste Punkt sei. „Ucberdics", heißt es wörtlich in der Broschüre, „wäre es sehr frag lich, ob der Streitpunkt, in welchem Oesterreich gegen den Westen Fronte machte, also mittelbar für Rußland aufträtc, einen für Preußen und Deutsch land ersprießlichen Zweck in sich schlösse." Eine Allianz Oesterreichs mic den Wcstmächtcn erscheint dem Vertreter des preußischen Interesses keines-
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