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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.06.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-01
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010601010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901060101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901060101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-01
- Monat1901-06
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Bezugö «Preis in der Hauptexpedition oder den im Stadt» bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich^ 4 50, bei zweimaliger täglicher Zunelluno i^S HauS 5.50. Durch die Post bezogen jür Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstaltrn in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäische» Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Moraen-SuSgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-AnSgabe Wochentag- um L Uhr. Ne-action und Lrpe-itiou: JohanniSgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorn». O. Klemm'- Sortim. UuwersitätSstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche, Katharinenstr. 14, purt. und LSnigSplatz 7. 27L Morgen-Ausgabe. KtzMerIaMM Anzeiger. Ämtsölatt des königliche« Land- ««d Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Anzeige« »Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 25 -2- Reklamen unter dem Redacrwu-Prich (4 gespalten) 7b H, vor den Familienuach» richte» (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühre» für Nachweisungen und Offerte»ammyme 2b H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Poßbesärderung 60.—, mit Postbesördervng 70.—, Äuuahmrschluß für Anzeigen: Abeud-TllSgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgeu-Lu-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei de» Filiale» uud Anuahmestellea je eins halbe Stunde früher. Anzeigen siud stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag-ununterbrochen geöffnet voa früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck uud Verlag voa E. Volz tu Leipzig Sonnaben- den 1. Juni 1901. SS. Jahrgang. Für Faul kann das Leipziger Tageblatt durch alle Poftanstalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 2 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man für 1 ^8 35 mit Bringerlohn 2 und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgasse 8, die Filialen: Katharinenstrasze 14, Königsplatz V und Universitätsstratze sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrasre 35 Herr L. y. Llttvl, Colonialwaarenhandlung, Beethovenftraste 1 Herr Hieoä. Letvr, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. L. 8oliud6rt'8 Xuellfolger, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Strahe (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Llautsolike,Colonialwaarenhandlung, Löhrstrahe 15 Herr Lüuarü üetLvr, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Strahe 45 Herr U. L. Ubreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr 8.Lrteüel, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfer Straße 6, - Connewitz Frau Li80llvr, Hermannstraße 23, - Cutritzfch Herr Lodert Attner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert 4Itner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße L, - Lindenau Herr widert I-Iuünei, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr kau! Luek, 4uuoueeu-Lxpe61tton, Eisenbalmstraße 1, in Oetzsch-Gautzsch Herr Lledarä 3, Ranftfche Gasse 6 Herr Lrleär. Li8«der, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. Lnxelwann, Colonialwaarenhandlung, Schützenftrahe 5 Herr 6ul. 8edüi»1eden, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr L. Littiieli, Cigarrenhandlung, Aorkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. Llet2, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straße 35 Herr V. LÜ8ter, Cigarrenhandlung, 'in Plagwitz Herr 6. OrütTiuaiL», Zschochersche Straße 7», - Reuvnitz Herr Lukmruru, Marschallstraße 1, - - Herr 0. Zodmiät, Kohlgartenstraße 67, - - Herr Lktlttl. >Vebvr, Mützengeschäft, Gabelsbergerstraße 11, - Thonberg Herr L. Üllitt86d, Reitzenhainer Straße 58, - Bolkmarsdorf Herr 6eor§ Couradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), - >eu8ts<tt, Buchhandlung in Oetzsch. Das Verficherungsgeseh. * Als seiner Zeit das VersicherungSgrsetz angekündigt wurde, glaubte man eine Regelung des gejammten Versicherungs wesens erwarten zu können, insbesondere hoffte man, daß die Beziehungen von Versicherer und Versicherungsnehmer ge ordnet und damit eine Quelle unsäglichen Aergcrö und Verdrusses verstopft werden Würde. Welche Meinungsverschiedenheiten bei dem Ersätze eines Schadens entstehen, ist allbekannt. Bei der Lebensversicherung geht eö noch, da bandelt eS sich schließlich um meist klare Bestimmungen ; bei Feuer, Transport, Unfall, Haft, Hagel rc. aber kommen die widerstreitenden Interessen der Betheiligten ost zum herben Ausdruck. Taß die Gesellschaften ihre Rechte und ihre Gelder so viel als möglich wahren, ist ihnen nicht zu verdenken, daß aber die Versicherungsnehmer „endlich einmal etwas von ihrer Versicherung haben wollen", ist auch natürlich. Gewöhnlich ist der Versicherer im Rechte, weil er den Versicherungsvertrag, die Bestimmungen, entworfen und weil der Versicherungs nehmer sich dem Vertrage, meist ohne ihn genau zu kennen, unterworfen hat. Der Letztere hat bei der Versicherung ge wöhnlich an größere Entschädigungen gedacht, vielleicht hat er sogar damit ein „Geschäft machen" wollen. Er hat nicht beachtet, daß die Versicherung keine Lotterie oder sonstige Gewinnveranstaltung, sondern ein Institut ter SchadenScrsatz- leistung ist, und hat sich daher eintretenden Falls in seinen Hoffnungen getäuscht. Er wird natürlich dadurch ein Kritiker und Schlechtmacher der Versicherung. Auf der andern Seite werden von den Versicherungsgesellschaften häufig Bestimmungen aufgestellt, die so rigoros sind, daß Niemand sich ihnen unter werfen würde, wenn er sich die Mühe nähme, sie zu prüfen. Er thut dies aber nicht, zumeist in dem falschen Glauben, daß diese Bestimmungen von der Behörde approbirt seien, oder, wenn er sie gelesen hat, läßt er sich oft genug von den Organen der Gesellschaft mit dem Hinweise, daß diese Bestimmungen nur auf dem Papier stehen, daß sie nur Formsache seien und nicht angewendet würden, beschwich tigen. Dann spricht man von Uncoulauz und Halsstarrig keit. Nach dem neuen Gesetz sollen diese allgemeinen Ver- sicherungSbedingungen nach der rechtlichen und finanziellen Seite hin geprüft werden und man darf sich wohl der Hoff nung hingeben, vaß die Aufsichtsbehörde die Interessen beider Parteien vertreten werde. Differenzen werden damit freilich nicht auS der Welt geschafft werden, da die gesetzliche Regelung der privatrechtlichen Seite deS Versicherungsvertrages einem späteren Gesetz Vorbehalten bleibt. Nach wie vor wird man sich also die Vertragsbedingungen vor Eingehung des Vertrage« genau ansehen müssen. Da- neue Gesetz beschränkt sich auf die obrigkeitliche Beaufsichtigung der VersicherungSunternehmungen, und zwar der privaten, öffentliche: Reichs-, Landes-, Kreis-, Gemeindeversicherungen aller Art, wie staatliche rc. Hagel-, Vieh-, Feuer-, Unfall-, Kranken- rc. Versicherung ist von der Beaufsichtigung ausgeschlossen. Ueberhaupt ausgeschlossen ist von der Beaufsichtigung die Transportversicherung, die Versicherung gegen EourSverluste, die Rückversicherung, soweit sie nicht von Gegenseitigkeitsvereinen betrieben werden. Die Beaufsichtigung wird, wenn die VersicherungSuuter- nehmung auf ein Bundesstaatsgebiet beschränkt ist, durch die Lande-bebörden, sonst durch das Reichsversicherungsamt aus- geübt. Neben den Beamten erhält daS Amt einen Ver- sicherungSbeiratb. Um die Zulassung zum BersicherungSbetriebe zu erlangen, ist der GeschäftSplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einzureicheu. Derselbe hat den Zweck und die Einrichtung des Unternehmens, das räumliche Gebiet deS beabsichtigten Geschäftsbetriebes, sowie namentlich auch diejenigen Verhält nisse klarzulegen, aus denen die dauernde Erfüllbarkeit der künftigen Verpflichtungen deS Unternehmens sich er geben soll. Als Bestandtheile deS GeschäftSplane» sind insbe sondere mit vorzulegen: der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung, falls da« Unternehmen auf solchen beruht, die allgemeinen BerstcherungSbedingungen und die technischen Geschäftsunter lagen, soweit solche nach der Art der zu betreibenden Ver sicherungen erforderlich sind. Die Ertheilung der Erlaubniß zum Geschäftsbetrieb erfolgt unabhängig von dem Nachweis eines Bedürfnisses und, sofern der Geschäft-plan sich nicht selbst Schranken setzt, ohne Zeitbeschränkung und für de» Umfang des Reiches. Personenvereinigungen, welche die Ver sicherung ihrer Mitglieder nach dem Grundsätze der Gegen- seitigkeit betreiben wollen, darf die Erlaubniß nur ertheilt werden, wenn sie in der im Gesetz neu geschaffenen Form von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit errichtet werden, i Zum Betriebe der Lebens-, Unfall-, Haftpflicht-, Feuer-1 oder Hagelversicherung darf die Erlaubniß außer Versicherung--1 vereinen auf Gegenseitigkeit nur an Actiengeseüschaften er theilt werden. Die Erlaubniß zum Geschäftsbetriebe darf nur versagt werden, wenn t) der GeschäftSplan gesetzlichen Vor schriften zuwiderläust; 2) nach dem Geschäftsplane die Inter essen der Versicherten nach der rechtlichen Seite (allgemeine Versicherungöbedingungen u. s. w.) oder nach der finanziellen Seite nicht als genügend gewahrt erscheinen; 3) Thatjachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, vaß ein den Gesetzen oder den guten Sitten entsprechender Geschäftsbetrieb nicht stattt'inden werde. Wie zur anfänglichen Zulassung zum Geschäftsbetriebe bedarf eS auch zu jeder Aenderung des GeschäftSplans, sowie zur Fusionirung deS einen Versichernngs- unteruehmenS mit einem anderen der Genehmigung der zu ständigen Aufsichtsbehörde. Aufgabe der laufenden Aufsicht ist es, den ganzen Geschäftsbetrieb der Versicherungs-Unternehmungen, ins besondere die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften und die Einhaltung deS GeschäftSplans, zu überwachen. Versicherungs- Actiengesellschaften und Versicherungüvereine auf Gegenseitig keit bedürfen zum Erwerb von Grundstücken, einen Fall aus genommen, der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (8 54). Die Bücher aller Versicherungs-Unternehmungen sind jährlich ab« zuschließen; Rechnungsabschluß und Jahresbericht sind der Aufsichtsbehörde vorzulegen, den Versicherten auf Verlangen mitzutheilen und nach Vorschrift der Aussichtsbehörde zu ver öffentlichen. Speciell bei Lebensversicherungs-Unternehmungen ist der nach den technischen Geschäftsunterlagen sich ergebende Prämienreservefonds, au dem die Versicherten im Falle eines ConcurseS ein Recht auf vorzugsweise (abgesonderte) Befriedigung haben, am Schlüsse jeden Geschäftsjahres zu berechnen, von dem übrigen Vermögen auszuscheiden und separat zu verwalten. Die Anlegung des vermögens des Prämienreservefonds darf nur in gewissen VermögenSwerthen erfolgen, die ähnlich bestimmt sind, wie für die Anlegung von Mündelgeldern. Geräth der Geschäftsbetrieb mit dem Ge- sckäftsplan oder den guten Sitten in Widerspruch, so kann die Aufsichtsbehörde, nöthigenfallS unter Androhung von Geldstrafen, auf Abhilfe dringen und, falls dies keinen Erfolg hat, den Geschäftsbetrieb untersagen. Wird eine Unter nehmung nothleidend, so kann die Aufsichtsbehörde Sanirungs- maßregeln einleiten. Damit diese Maßregeln nicht unzeitig durchkreuzt werden, entzieht daS Gesetz dem Gemeinschuldner und den Gläubigern das Recht des ConcurSantragS und legt dieses Recht ausschließlich der Aufsichtsbehörde bei. Ueber die Zulassung der Versicherungsunternehmungen entscheidet ein «spruchcollegium au» drei Mitgliedern deS Staats und zwei VersicherungöbeirLthen, eine zweite Instanz wird noch gebildet. Neu durch das Gesetz eingeführt werden die Versiche rungsvereine auf Gegenseitigkeit. DaS Gesetz unter scheidet zwischen eingetragenen Vereinen, deren Organi sation im Wesentlichen im Anschluß an die Vorschriften de» Handelsgesetzbuchs über die Äctiengesellschastrn geregelt ist, und kleineren Vereinen, die in das VereiuSregister nicht ein getragen werden und für deren Organisation, soweit nicht einzelne Vorschriften auf sie anwendbar sind, die Bestim mungen der 88 24 bis 53 de« Bürgerlichen Gesetzbuchs maßgebend sind. Der tz 7V deS Gesetzes, der die Bestimmungen über die Einrichtung deS ReichSaufsichtSamtS enthält, und einige andere Vorschriften vorbereitender Art treten nach 8 125 Absatz 1 mit dem 1. Juli 1901 in Kraft. Im Uebrigen ist die Bestimmung deS Zeitpunkte- de- Inkrafttretens einer mit Zustimmung des BundeSrath« zu erlassenden kaiserlichen Verordnung überlassen. Al« solcher Zeitpunkt wird ver- muthlich der 1. Januar 1902 in Betracht kommen. Die Wirren in China. Die Suspension Per öffentliche« Prüfungen und die chinesische Kenterung. Soeben ist die Nachricht «ingegangen, daß die europäischen Gesandten die Abhaltung der Examina in Peking concedirt, im Uebrigen aber an ihrem Stcnrdpuncte in dieser Sache festgrhaltrn hätten. Den Zusammenhang und die Bedeutung dieser Ange legenheit seht die folgende, un- aus Peking, 9. April, zugehende Mittheilung ins Licht: Die Vertreter der fremden Mächte haben in die Friedens bedingungen bekanntlich «ine Bestimmung eingrfügt, wonach in allen Orten, in denen während des vergangenen Sommers Fremde getödtet sind oder eine grausame Behandlung erlitten haben, die öffentlichen Prüfungen für die Dauer von fünf Jahren ausgesetzt werden sollen. Man hat damit Vie chinesischen Lite raten uno die sich größtenteils aus ihnen recrutirenden Beamten treffen wollen, die von jeher die eigentlichen Leiter aller Angriffe gegen dir Fremden gewesen sind und auch die Boxerbewegung groß gezogen haben. Die öffentlichen Prüfungen 'sind nämlich in China die Pforte, die Jeder passiren muß, der einen literarischen Rang erstrebt, und zwar bildet eine Vorprüfung in den Districts- hauptftädten die unumgängliche Vorstufe zu allen folgenden Prüfungen. Der Zweck der erwähnten Friedensbedingung wird omit am einfachsten dadurch erreicht werden, daß in den Haupt- tädten der Districte, in denen Fremde getödtet oder mißhandelt ind, die Examina suspendirt werden. In jedem District kann bestimmungsgemäß nur eine beschränkte Anzahl von Kandidaten die Prüfung bestehen, die Prüflinge der nicht betroffenen Districte werden also schon im eigenen Interesse darüber wachen, daß sich nicht unberechtigte Mitbewerber einschleichen, und es braucht nur darauf geachtet zu werden, daß zur Zeit der Vorprüfungen die chuldigen Districte wirklich ausfallen. Demgemäß hat das diplomatische Corps den chinesischen Bevollmächtigten eine Liste der in Betracht kommenden Bezirke zugestellt und sie aufgefordert, den Erlaß eines kaiserlichen Edictes zu erwirken, wodurch der er wähnten Bestimmung der Friedensbedingungen entsprochen wird. Prinz Tsching und Li-Hung-Tschang haben daraufhin zunächst natürlich die beliebten Winkelzüge gemacht uwd den Wunsch ausgesprochen, die Einstellung der Prüfungen möge auf die einzelnen Orte beschränkt werden, in denen Verbrechen gegen Fremde begangen sind. Damit wäre die ganze Maßregel illu sorisch gemacht, denn bei der voraussichtlichen Lässigkeit der chinesischen Beamten würde es den Prüflingen aus einem ver botenen Orte ein Leichtes sdin, sich als Angehörige benachbarter, in demselben Districte liegender Orte auszugeben und so die Ausschließung zu umgehen. Erfreulicher Weise hat sich das diplomatische Corps denn auch nicht beirren lassen, sondern an der Forderung festgehalten, die Literaten der bezeichneten Districte für fünf Jahre von der Theilnahme an öffentlichen Prüfungen auszuschließen. Uebrigens hat di« chinesische Regierung selbst wiederholt zu demselben Mittel gegriffen, um den Literaten größer er oder kleinerer Gebiete einen "Denkzettel zu ertheilen. * Berlin, 3l. Mai. (Telegramm.) Reiseplan für die Rückkehr der 2. Division des 1. Geschwaders aus Ostasien: Bon Wusung 31. Mai, in Singapore 11. Juni, von Singapore 15. Juni, in Colombo 23. Juni, von Colombo 27. Juni, Seychellen (Mohs) 4. Juli, von den Seychellen 10. Juli, in Aden und Perim 16. Juli, ab 18. Juli, in Port Said 25. Juli, von Port Said 27. Juli, in Cadix oder Gibraltar 4. August, ab 6. August, am 14. August iu Wilhelmshaven. Der Krieg iu Südafrika. Ei» «euer Waffengang. -o Die planmäßige, große Initiative, welche die Doeren seit Anfang des Monats fast auf allen Tbeilen des Kriegs schauplatzes, namentlich aber im südlichen Transvaal, rechts und links der nach Pretoria hinaufführenden Bahnlinie, ent wickeln, hat am Mittwoch zu einem neuen schweren Zusammen stoß geführt, über den wir folgende bereits durch Extrablatt bekannt gegebene Telegramme erhalten: * Loudon, 31. Mai. Ein Telegramm Lord Lit- chener'ü vom SO. Mat meldet: Tie Streitmacht des tsienerals Tixon wurde in vlakfontein gestern von »en Truppen Delarey'S angegriffen. Rach einem tzeftißen stampfe wurde der Feind mit schwerem Verluste surückgeschlageu und liest 35 Todte zurück. Zn meinem Bedauern sind auch die britischen Verluste schwer; sie betragen 174 Todte und Verwundete, darunter 4 todte Lsfteiere. k. London, 31. Mat. (Privattelegramm.) Wie ans Pretoria vom 3«. Mai gemeldet wird, griff Delarey die Brigade Dixon nahe bet MabalSstad an und warf dieselbe ans Venter-dorp zurück. Die Englünder hatten schwere Verluste; « vffteiere und 67 Mann todt; 11 vffteiere und ISS Mann verwundet, austerde« verloren »te Engländer Viele Gefangene. BenterSkorp und die in den obigen Telegrammen noch ge nannten Orte liegen westlich der Bahn KlerkSdorp-IohanneS- burg. ES ist also das Terrain, das Delarey, neben Botha und De Wet der bedeutendste Boerengeneral, seit etwa einem halben Jahre so vollständig beherrscht, daß eS den Engländern bisher nicht gelungen ist, ihn zu verjagen, und doch ziehen sich seine Stellungen von den Magaliesbergen bis VenterSdorp in unmittelbarster Nähe dG englischen Hauptquartiers in Pretoria-JohanneSburg hin. Die Engländer wagten nicht einmal, angriffsweise gegen den ge- ürchlctcn General vorzugeben, sahen sich aber wiederholt von ihm und seinen Unterbefehlshabern überrascht, zuletzt noch am 2. Mai durcb Beyer bei Kalkheuvel, westlich von Pretoria, wo sie — die Meldung ist noch nicht dementirt — 49 Todte, 15S Verwundete, 600 Gefangene und 6 Geschütze verloren. Nach Kitchener'S amtlichen Telegramm wären die Boerea bei Vlakfontein mit schweren Verlusten, wobei allerdings auch die Engländer sehr hart mitgenommen wurden, zurückgeschlagen worden, nach unserer Privatmeldung dagegen trieb Delarey den Feind auf DeuterSdorp zurück. Da das Londoner KriegSamt die englische Niederlage bei Kalkheuvel ganz unterdrückt hat, ist anzu nehmen, daß es auch hier die Karten nicht ehrlich aufdeckt, sondern schönfärbt und fälscht. Die demnächst zu erwartende Veröffentlichung der Verlustlisten wird ja einige Klarheit bringen. Jedenfalls ist das in England geflissentlich verbreitete Märchen, die Boeren vermöchten überhaupt keine größere Schlacht mehr auzubieten, sondern sich nur noch in zusammen gewürfelten Banden zu unbedeutenden Ueberfällen aufzuraffen, nunmehr gründlichst widerlegt, und nach allem, was mau i» der letzten Zeit gehört hat, stehen den „Siegern" noch verschiedene derartige Rencontres bevor. Die Boeren bekommen wieder Wind in die Segel, und von einem Ver siegen ihres Widerstandes kann jetzt weniger denn je die Rede sein. In dieser Beziehung ist der folgende vom 30. Mai datirte Brief unseres Londoner Gewährsmannes über Chamberlain s „letzte glimmende Funken" des Kriegsbrandes von ganz besonderem aktuellen Interesse: „Mit der ihm eigenen genialen Unverfrorenheit und Ver achtung der Wahrheit hat Herr Chamberlain in seiner Lobrede auf seinen getreuen Handlanger, Lord Milner of Capctoivn, die stolzen Worte von ven „letzten glimmenden Funken des Kriegs brandes" gesprochen, um dem KhakipatriotismuS wieder auf die schwachen Beine zu helfen und der immer größer werdenden Kriegsunlust im Lande zu schmeicheln. Aber viel Glück hat er mit solchne kläglichen Harlequinaben selbst bei seinen ergebensten Anhängern nicht mehr, denn trotz der weitcstgehendenBenrühunzen auf Leiten der Regierung, den wahren Zustanv der Dinge auf dem Kriegsschauplätze zu verschleiern, sickert die Wahrheit mehr und mehr durch und überzeugt das britische Volk zwar langsam, aber gründlich oon der bodenlosen Verlogenheit, mit welcher ihm die südafrikanische Blut- und Eisenpolitik des Herrn Chamber lain und seiner Genossen bis jetzt mundgerecht gemacht worden ist. Wenn der Colonialsekretär von „glimmenden Funken" reden will, so sollte er diese schine Phrase auf die dahingefchwun- dene Kriegslust der britischen Soldaten vom höchsten bis zum niedrigsten Range, und auf die physische und moralische Unfähig keit der britischen Heerführer anwenden, mit solchen Truppen dre immer schwieriger werdenden Aufgaben des endlosen Feldzugt auszuführen. — Wir haben bereits berichtet, baß selbst die hart näckigsten Anhänger und Dertheidizer der Regierung in der eng lischen Presse anfangen, ihrem lange verbissenen Unmuthe endlich Luft zu machen und in sehr rückhaltloser Weis« von der Regie rung und vom Krieg-amte „Ehrlichkeit und Offenheit" verlangen. Das muß Herrn Chamberlain äußerst unbequem fein, denn di« Jingopresse bildete bisher seine stärkste Stütze und sein willigster Werkzeug, und wenn sogar diese von ihrem Herrn und Meister das schier Unmögliche, die Wahrheit verlangt, obwohl si« genau weiß, welch rarer Artikel dieselbe in der Chamberlain'schtn Krämerpolitik von jeher gewesen ist, so muß eS mit «dem alt bewährten Vertrauen in ihn und fein« Zukunft alleetnngs sehr schlecht bestellt sein. Fast in allen Morgenblättern heißt es immer wieder aufs Reu«: Wir wollen wissen, waS vorgeht, — wir wollen die Wahrheit hören und wir wollen wissen, wofür di« ungezählten Millionen unseres Nationalvermögens vergeudet werden. — In einem Blatt« heißt «S: „Die Wahrheit wird un absichtlich vorrnthalten; jeder todt« Boer wird gezählt, und jedes- mal, wenn wir seinen Ochsen, seinen Esel, oder was sonst sein ist, nehmen, so telegraphirt dies Lord Kitchener nach London, und nichts könnte genauer sein, als wie diese Statistik unserer Sünden gegen die zehn Gebote. Es scheint feststehendes Princip zu sein, daß Kitchener fast gar nichts außer seiner wöchentlichen Lchlächterrechnung nach Hause berichten darf. Warum erlaubt die Regierung dein General Kitchener, andauernd sein« Opera tionen hinter einem so dichten Schleier auSzusühren, der dvm Dolk« jeden Einblick in die wahre Lage verbietet? Es müssen schwer-
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