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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-10-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189010117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18901011
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18901011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-10
- Tag1890-10-11
- Monat1890-10
- Jahr1890
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1890
- Autor
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«1Z eint täglich ilh 6»/, Uhr. Redaktion und Lkprdition IohonneSgass« 8. Sprechltonden der Nrdaltiou: vormittag« IO-12 Uhr. Nachmittag« 5—K Uhr. 8«r dt« NtiS^ad« eioar^iUter IN-»»triI»t» «acht «ch t>« Ktetoclion nicht vrrdmdltch. Annahme der für die nächftfalgende Numinrr defttmmteu 2>iserate an wachentagen di« 8 Nhr Nachmittag«. anEann- und Festtage» früh dt«' ,v Utr. 3n drn Filialrn für 2ns.-Ä»uahmr: Ltta klemm'« Sarttm. (Alfred Haha). UniversitätSstraß« 1. Laut« Lasche. Katharinrustr. 1« pari. und König-Platz 7, nur bi« /,3 Uhr. ttmiacrTagcblatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichtc, Handels- und Geschäftsverkehr. AbonnementSpret- vierteljährlick 4>/, Mk. tncl. Brtnaerloha 5 Mk., durch die . bezogen 0 Mk. Jede »inline Nummer 20 Pf Belegerempla». 10 Pf. Erbühren für Extrabeilagen (tu Tageblait-Format geia!,!! «tz«e Postbeiörderung 60 Mk. »tt Postbefürderuug 70 Mi. Inserate Saespaltene Pelitzeile 20 Pi. chröb«« Schriften laut «ns. PreiSverzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz uach höhenn Tarif. Neclamen unter demRedaction«strtch die «gesvalt. ZetleSOPf.. vor den Familien Nachrichten die Kgespalteur Zeile 40 Pt. Inserat« sind siet« an di« Erpcditiou zu sende». — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praaoumeranllo oder durch Post- nachnahme. 281. Tonnabend den 1!- October 1890. 81. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Erpedition ist morgen Sonntag, den 12. Oktober, Vormittags nur bis V-O Uhr gcvsjnet. I-xpviMlon <168 l.vlp/.ixer l'ueediutte^. Bekanntmachung. Die Schulexpedition und die Lchulcafse bleiben Montan, den Lid. VS. MtS., wegen Reinigung dev Räume geschlossen. Leipzig, den S. Oclober 1890. Der Statt, der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Kögel. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Die Entschädigung für die am 17. und 18. Sep tember d. I. in der Moritz- und sWeststratze und vom 20. biS mit 28. vor. MonatS in der Kleinen Vurggaffe, Harkortftrastr, am KönigSplatz, in der Mühlgaffe, am Obstmarkt, PeterSstetnweg, in der Schlostgassc und Wächtcrstraste einquartiert gewesenen Truppen vom Königl. 8. Infanterie-Regiment Rr. 107 kann in den nächsten Tagen bei unserem Ouarlicr» Amte, StadtbauS, 8. Etage, Zimmer 143/145, erhoben werden. Der den Quartierzettel Vvrweisende gilt als zur Empfang nahme berechtigt. Leipzig, am 6. Oktober 1890. Der Rath der Stadt Leipzig u«l XM 11612. I)r. Tröndliu. Lamprecht. Wolinuttgs-Bcrmittliung. In dem der Stadtgemeiude Leipzig gehörigen Grundstück Brübl Rr. 00 ist in der O. Etage eine Wohnung gegen etnhalbjährltche Kündigung sofort ander weit ;» vermicthen. Micibgesucke werden auf dem Rathhause, 1. Etage, Zim- Nr. 8 entgegen genommen. Leipzig, den 8. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. ^6899. vr. Gcorgi. Wagner. Die Wiksnm «sii Hill) klr. «ulk« sikUkkurlißkls ür ha« 1V. Insantcrik-Aegiiiicnt Nr. 134 ist zu vergeben. Dffertr» sind an die Verwaltung de« ttonsum-verein ge nannte» Regiments zu richte». Bekanntmachung. In neuerer Zeit sind wiederholt pneumatische Bierdruck apparate von Gast- und Schankwirthen in Betrieb gesetzt, beziehentlich Veränderungen in dem Betriebe derartiger Apparate vorgenommen worden, ohne daß hiervon eine An- cige an uns erstattet worden ist. Da hierdurch die AuS- ükrung der erforderlichen Uebrrwachung der pneumatischen Bierdruckapparale erschwert wird, so dringen wir die Be stimmung in Erinnerung, daß 1) bei Aufstellung und vor Inbetriebsetzung eine« pneu matischen Bierdruckapparates, sowie 2) bei Äenderungen des Betriebes an schon vorhandenen pneumatischen Bierdruckapparatrn jedeSmal bei Vermeidung der in 8 12 de« Regulativ« vom 2t. Juni 1881, die Einrichtung und Reinhaltung der pneu matischen Bierdruckapparate in Leipzig betreffend, gedachten Strafen rechtzeitig bei uns Anzeige zu erstatten ist, sowie daß die Inbetriebnahme eines neuen dergleichen Apparates nicht cker erfolgen darf, als bis durch unseren verpflichteten Revisor die regulativmäßige Ausstellung des Apparates festgestelld worden ist. Leipzig, den 4. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Dietrich. Offene provisorische Lehrerstellen. An unseren Bürger- und Bezirksschulen ist zu Ostern nächsten Jahres eine größere Anzahl provisorischer und mit 1.150 einschließlich WobnungSgeld dotirter Lehrerstellen zu besetzen. Bewerber, welche die WahlfähigkeitSprüsuna be standen haben oder im Laufe dieses JabreS noch zu bestehen gedenken, wollen ihre Gesuche unter abschriftlicher Beifügung ihrer Zeugnisse bis Ende diese« MonatS bei uns einreichen. Leipzig, am 8. October 1890. Der SchulauSsehnst der Stadt Leipzig. "!ehi Walter. Lehncrl. Bekanntmachung. Die Herstellung einer provisorischen Höhen-AuSgleichung und die Pflasterung eines BerbreiterungSstreifenS des östlichen ThcilS der Fahrstraße der Kohlgarten und Ehausscestraße in Lcipzig-Reudnitz, und zwar von der Reudnitzer Kirche bis zu der südlichen Fluchtlinie der Lilienstraße sollen an einen Unter nehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RathhauS, 2. Stock werk, Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst eingeschen oder gegen Entrichtung der Gebühren im Betrage von 50 für die Bedingungen, bez. 3 für die Zeichnungen, welche eventuell in 10--s-Briefmarken einzusenden sind, entnommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „Provisorische Herstellung der Koblgartea- und Ehausseestraße in Leipüg-Reudnitz" versehen ebendaselbst und zwar bi« zum 18. October 1890. Nachmittags 5 Uhr einzurcichen. Ter Rath behält sich da« Recht vor, sämmtliche Angebote abzulehnen. Leipzig, den 3. October 1890. De« NathS der Stadt Leipzig U> 5527. Strahenbau-Deputatiou. Wohnungs-Vermiethung. Von jetzt oder vom I. Januar 189t an ist eine in der 3 Etage des früheren RathhauseS in Leipzig-VolkmarSdorf, Kirchstraßc Nr. 2, gelegene kleine Wohnung gegen viertel jährliche Kündigung anderweit zu vermicthen. Bezügliche Mietbgesuche werden auf dem hiesigen Ra Hause, l. Etage. Zimmer Nr. 8, entgegengenommen. Leipzig, den 4. October 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. In. 6983. vr. Tröndlin. Pücker. Gewölbe-jlermiethu'lg. Das z. Z. an die Herren Völker Girbardt vrrmiethete 04ewölbe im alten Börsengebäude an der Ecke des Salzgäßchens und NascbmarkteS sSlockbauSseitc) nebst zu gehörigem Niederlag-raunr ist vom I. April 1801 an gegen einhalbjährltche Kündigung anderweit zu vermiethrn. Miethgesuche werden auf dem Rathhause, I. Etage, Zimmer Nr. 8, entgegengenommen, woselbst über die Wohnung« bcdingnngen und auck, sonst Auskunft ertheilt wird. Leipzig, den 6. October >890. Der Rath der Stadt Leipzig. Ia. 7012. vr. Georgi. Pücker. Bekanntmachung. Die für die bevorstehenden Gcmeindewahlen ausgestellte Wahl liste wird von Donnerstag. 2. Oktober d. I. ab, 10 Tage lang in der Vorhalle der Synagoge zur Einsicht für die Gemcindemitglicdcr «»«liegen. Innerhalb derselben Frist kann gegen die Ausnahme oder Weg. lassuiig eine« Namens schriftlicher Einspruch bei dem Unterzeichneten Vorstände erhoben werden. Gemäß 8- 54 der revidirtea Gemeinde-Ordnung wird Vorstehendes hierdurch bekannt gemacht. Leipzig, den 1. October 1890. Ter Vorstand der Israelitischen RcligionSgemetndr zu Leipzig. Israelitische Neligionsgemeinde ja ltWg. Anmeldungen zum Co»sir»ia>idrn-U»tcrrichte (für Mädchen wei Stunden, für Knaben eine Stunde wöchentlich) werde» bis inde diese« Monates entgegcngenommen. Am 20. d. M., Nachmittags 4'/, Uhr findet im Synagogen- lebäude. I. St., die Zusammenkunft der Eonfirmandinnen zum Zwecke der Festsetzung der Unterrichtsstunden statt. Rabbiner vr. Porgr«, Lessingstr. 3, l. Wegen vorzunehmender Reinigung bleiben ^aaarisiü. Montag. den 13. Oclokrr Lmmtliche Geschäftsräume des hiesigen Gemeindeamtes einschließ lich der Sparkasse für den Verkehr geschlossen. Lonnewitz, den S. October 1890. Ter Äcmcindrvorstand Eulenstein. Crispi's Nede. der italienischen Verhältnisse zu gewinnen, muß man sich die EnlstrhungSart dcS il-l,e- rische " so betrifft nöthia erscheinen ließen. Die Erstarkung und Ausbreitung deS IrredenliSmuS zu einer Zeit, welche ernste Gefahren für den europäischen Frieden in sich schließt, ist ein Zeichen kranker Zustände des Landes, in welchem sich eine solche Bewegung vollzieht. ES macht den Eindruck, daß die Italiener mit ihrer Lage unzufrieden sind »nd sich nach einer Veränderung sehnen, die ihren Neigungen und Wünschen mehr entspricht als die, in welcher sie sich befinden. Da« Ueberströmen dcS Irrcden- tismuS bat aber einen andern Grund, cS spricht sich darin der Uebcrmlltb auS, den eine allzu schrankenlose politische reibeil gewährt. Die Bewegung ist nicht plötzlich zu der »öde angewachsen, welche sie beute erreicht bat, sondern die Üntbätigkeit und Sorglosigkeit der Regierung ihrer Entwicke lung gegenüber bat daS Geschehene verschuldet. Wenn man Vereine, wie die Oberdank- und Barsanti-Lcreinc, Jahre lang ruhig ihr Wesen treiben ließ, dann kann inan sich nicht wundern, wenn endlich bedenkliche Folge» daraus entstehen und die Grundlagen der NegierungSpolitik in Frage gestellt werden. Die Rede CriSpi'S enthält nichts, was man nickt als selbstverständlich voranSgeseben hätte bei der Stellung, welkste EriSpi seit seinem Amtsantritt als Ministerpräsident in Europa einniinmt, sie stellt nnS aber vor die Frage, ob die innere Politik Italiens richtig ist, ob sie dazu dient, die Friedenspolitik, welche Italien nach außen verfolgt, zu unter stützen, oder ob sie nicht vielmehr dazu angetban ist, sie auf die Dauer unmöglich zu machen. Man spricht jetzt von einer radicalen Partei Italien«, obwostl sich »ock in neuester Zeit im Parlament eine so große Verschwommenheit der Partei- Verhältnisse gezeigt hat, daß cS sehr schwer war, die Grenze zu bestimmen, wo die Regierungspartei aushört und die Opposition anfängt. D e Eolonialpolitik stat beispielsweise aus dem Schooße der Regierungspartei so barte Angriffe er fahren, daß der Stur; der Regierung aus diesem Grunde mehr als einmal nabe bcvorstand EriSpi'S Autorität und staatsmännische Begabung hat den Sturm zwar wiedcrbolt be schworen, aber wenn ihn das Glück nicht begünstigt hätte, wenn in Afrika nicht plötzlich eine unerwartete Wendung zu». Besseren rin- getreten wäre, so gehörte das Ministerium Erispi's wakr- tchrinlich schon längst der Vergangenheit an. Auch die finanzielle» Schwierigkeiten, welche die Regierung zu bekämpfe» bat, basten die Reihen der Regierungspartei wiederholt so ge schwächt, daß auch auS dieser Veranlassung der Bestand der Regierung gefährdet war und daß auch dadurch der Beweis geliefert wurde, wir unsicher und schwankend die Parteiver- bältnisse im italienischen Parlament sind. Leute wie Imbriani und Eavallotti übten aus einen großen Tbcil der Abgeordneten einen unbrilvollen Einfluß aus, ihre Brandreden übten oft bis tief in die Reihen der sogenannten Regie rungspartei ihre Wirkung, und wen» die Frage der Be ziehungen zu Frankreich erörtert wurde, dann schwankte die Mehrheit bin und ber, die Stimmung wechselte, je nachdem ei» Redner die scanzosische» Sympathien >v>»t»»gs voll anzusachen verstand oder ein Vertreter de« Dreibundes die rechten Worte fand, um auf die Hörer zu wirken. In einem Lande, in welchem dir politische Unreife dcS Volkes bei jeder Gelegrnbeit in der schärfsten Weise zum Ausdruck kommt, kann der politischen Freiheit nickt ein so schrankenloser Spielraum gewährt werde», wie cS thal sächlich in Italien geschieht. Um den wichtigen Stand plinct für die Benrtheilun zu gewinnen, muß man siä, „ . c« Einheitsstaates gegenwärtig halten. Die Zuge ^anstatt so erfolgreich sie auch für die einheitliche Ge staltung peS italienischen Slaal-wcseuS Ware», trugen doch rMen /epolntionaireil Eharakter. Wenn Garibaldi auch g»f die Möge eine« Napoleon l. verzichtete und seine Er- overungen pem König Victor Emanuel zu Füßen legte, ss ^ ar das immerhin kein ordnungsgemäßer Vorgang, wenn F^'ischaarcn unter dcni Oberbefehl eines Vandcnsübrers plötzlich »ach Neapel und Sicilien gingen, ,»» dem Königreich Italien neue Provinze» zu erobern. Der Verlauf dieser EroberungSzüge war sehr günstig für die Einheit Italiens, aber eö kam auch der Tag von Menlana, welcher die Kehr seite dcS Verbältuissc« zwischen Garibaldi und dem italie nischen Kvnigtkilin zur Erscheinung treten ließ. Durch dir ganze Entwickelung Italien- von 1859 bis 1870 zieht sich derselbe Gedanke, welcher heute noch in der Begehrlichkeit nach Triest und Trient seinen Ausdruck findet. Die Italia- nissimi wollen nickt dulden, daß auch nur der kleinste Streifen Erde, auf welchem Italienisch alsMutterspracke gesprochen wird, in fremden Händen bleibe. Daß inzwischen ein 20. September 1870 den Abschluß deS italienischen Einheit-werkeS gebildet hat und daß Italien seit einer Reihe von Jahren dem Drei bund angehort, kümmert diese Leute nicht, von denen man mit Unrecht sagt, daß sie ausschließlich der sogenannten radi calen Partei angeboren. Diese Partei ist rin theoretischer Begriff, aber keine lebendige Thatsache, und auch der Beifall, den die Theilnebnier an dem Banket in Florenz EriSpi ge spendet haben, ist noch kein elastischer Beweis dafür, daß unter den BeifallSspendern nicht mancher Jrrcdentist gewesen ist. DaS bängt von der augenblicklichen Stimmung ab, zu welcher Partei viele Italiener zu rechnen sind, und eS wäre in der Thal interessant, darüber Buch zu führen, wie die Theilnehmer am Banket in Florenz in Zukunft in der Kammer stimme» werden. In Italien werden nickt eher feste Zustände Boden gewinnen, als bis die Negierung mit größter Strenge gegen alle politischen AuSschrciluiigcn zu Felde zieht und ihren Einfluß gebraucht, um daS Ueberwuchern politisch-nnzurech- nungSsäbiacr Elemente zu verhindern. Dir Fabel von den freien Wahlen tritt kaum irgendwo lächerlicher zur Erscheinung, als in Italien, wo der erste beste Schreier die Wähler aus seine Seite zieht, wenn nickt andere bessere Kräfte recht zeitig Einstuß bekommen. Für die Italiener wäre eS in den meisten Fällen ein Segen, wenn die Regierung Wahl- co.,didatrn mit ihrer Macht und ibren Einfluß stutzen und empfehlen würde, welche daS nöthige Berstandniß für die Woklfabrt deS Lande- baden. Dort kann von einem Mißbrauch der NcgicrungSbefugnisse zur Erzielung zweck mäßiger Wahlen nicht die Rede lei», wo die große Mehrzabl der Wäbler die politischen Kinderschuhe noch nickt abgestreist bat. Die Zukunft Italiens bat ihren Sitz vorläufig in der Dynastie und in der mit ikr einverstandenen Regierung; daS Volk muß erst politisch erzogen werden, bevor ihm die Be stimmung über seine Geschicke selbst überlasten werden kann Tie Ereignisse der neueste» Zeit sind für die politische Ent wickelungSstufc, auf welcher die große Mebrzabl de« italienischen Volkes siebt, so bezeichnend, daß die Regierung jetzt wißen muß, wa« sie zu tbun Kat. Kindern kann man nicht den Willen lassen und politischen Kindern am allerwenigsten. * * Ueber die Aufnahme der Rede EriSpi'S in ver schiedenen Organen der Presse ist bereit« telegraphisch berichtet worden. Wir verzeichnen nachstehend noch eine Auslassung der „Nationalliberalcn Corrcspondcnz" über diese Kundgebung dcö italienischen Ministerpräsidenten: Die neueste Rede dcS itatienilchen Ministerpräsidenten EriSpi ist wohl geeignet, de» Dreibund und damit die Bürgschaften für eine fernere Ausrechlerbattnng deS europäische» Friedens zu beseitigen. Der schwächste Punct die>eS BnndeSverhältnisieS waren offenbar slct- die Beziebungc» zwischen Oesterreich und Italien, die durch da« Treiben deS „FrredcntismuS", die Agitation für die Erwerbung aller Gebiele mit vorwiegend italienischer Bevölkerung, unausgesetzt efährdet wurden. Diesen, von der radicalen Partei genährte» Zestrebungcn bat Herr LriSpi jetzt mit aller wünschenSwerthen Deutlichkeit eine Absage ertheilt. Er hat den IrredenliSinuS einen der schädlichsten Jrribüiner in Italien genannt, der sogar die Existenz der Nativ» gefährden könnte. I» dieser Urber- trcibung müsse das Princip der Nationalität verderblich wirken. Er hat init außerordentlicher Schärfe dorgelegl, wie die Un- abhängigkeit Italiens ihre beste Garantie in dem Dreibund finde und wie der RadicaliSmus niit seinem hetzerischen Treiben die Sicherheit dcS Vaterlandes ebenso wie die Festigkeit der Monarchie bedrohe, zur Freude des Vaticans, der alle Umtriebe gegen den Be- stand des Königreichs Italien und damit auch gegen de» Dreibund »nierstlitze. Tie Ausführungen des leitenden italienischen Staat--- monncS können nur mit Genugthuung begrüßt werden. Sie be weisen, daß in der großen europäiichen Politik der „alte Lurs" fortgesetzt wird und daß das Verhältniß zu den andern verbündeten Mächten, aus eine klare und loyale Politik gestützt, fester als je bc gründet ist. Leipzig, 11. Oclober. * Die „Kölnische Zeitung" bestätigt die Absicht des Reichskanzler-, sogleich nach Eintreffen deS Prinzrcgenten in München zunächst mit diesem, und unmittelbar darauf mit EriSpi zusammenzutrrffen. Der Zeitpunct dieser Reise ist noch nickt scstgestellt, sondern wird sich nach dem Stande der parlamentarische» Vorarbeiten richten, welche in den ver schiedenen preußischen Ministerien mit außerordentlichem Elser fortgesetzt werden und ihrem Abschluß nabe sind. ' Nach Privatnachrichlen au-Varzin befindet sich Fürst BiSmarck im besten Wohlsein. DaS Landleben, da« häufig durch Erscheinen von Gästen im fürstlichen Hause und durch fremde Besucher VarzinS unterbrochen wird, bekommt dem Fürsten in jeder Hinsicht vortrefflich. Lothar Bücher ist noch ständiger Gast de« Fürsten. * In dem erledigten ReickStagSwablkreiS Würz bürg macken dieSocialdemokraten große Anstrengungen, um da« Mandat dem Eentruni zu entreißen, welche« da« letzte Mal nur mit knapver Mehrheit in der Stichwahl Sieger blieb. Der Wahlkreis ist eine treffliche Illustration zu der Behauptung, daß in katholischen Gegenden die Soeialdcuiokralie keinen Bode» sinke. In diesem zu 82 Proccul katholischen Wahlkreis wurden 188l noch keine einzige, 1884: N3, 188? 16l4, 1890: 4615 und in der Stichwahl 6720 socialdrmo kratische Stimmen abgegeben. Bei der Entscheidung wird eS hauptsächlich aus die ziriulich starke demokratische Partei an- komnicn. die eine schwere Stellung bade» wird, da sie in ihren HcrzcnSneigungcu ebensowohl zu den Ultramoiikancii als zu den Socialdemokratcn hingezogcn wird. * Die Bremische Bürgerschaft hat an den Feld marschall Grafen Moltke folgende Adresse beschlossen: Eurer Ercellrnz naht in dankbarer Verehrung Li» Bremische Bürgerschaft, um an dem seltenen Feste, da- all« Herzen mit Dank für GotieS Gnade erfüllt, den warmen Wünschen Ausdruck zu geben, die Bremens Bevölkerung für den Mann beseelen, den si, mit Stolz ihren Ehren- bürger nennen darf. lewundernd und huldigend blickt mit uns di« ganze Nation auf die unvergleichlichen Dienste zurück, welche Eurer Excellenz unter üns Herrschern dem preußische» Staate und dem Deuljche» Reiche zu leisten beschieden war. Vor allem aber erwach« die Erinnerung an jene großen Jahre, in denen, von Eurer Excellenz Rückschlägen und Entwllrsen geleitet, unser unvergeßlicher Kaiirr Wilhelm in lorretche» Kämpfen das neue Deutschland schiif und das staunende jaterland die Grüße de« Geniu« erkennen lernte, den die Vor- edung an dem Wendepunkte unserer nationalen Geschichte auf den rrsteil Platz im KriegSrath« und im Vertrauen seines königlichen Herrn berufen hatte. Was Eure Excellenz damals durch weitschouend« Voraussicht und kindringenden Scharfsinn, durch besonnene« Erwägen und kühnen Entschluß zum Heile Deutschlands vollbracht haben, hat Ihren Namen mit unvergänglicher Schrift in dl« Tafel» der Geschichte und in di« »n des deutschen Volkes tingegraben. ilber nicht nur dem Denker der Schlachten, nicht nur dem Mit- bearündrr de» Reich« huldigt da- Vaterland in Eurer Excellenz. Mit der ehrfurchtsvollen Bewunderung, die e- der weltgeschichtlichen Größe und dem unübertroffenen Verdienste zollt, verschmilzt sich di« innige Verehrung für eine» Lhorakter, dessen lautere Selbstlosigkeit, besten unermüdliche Pflichttreue und schlichte Vescheidenhcil Gegen wart uud Zukunft zur Nacheiferung anfeuert. Möge e« Eurer Excellenz vergönnt sein, sich noch manche- Jahr in rüstiger Kraft der dankbaren Lieb« zu freuen, die das deutsche Volk seinem Moltke «ntgegenträgt, und möge der herzliche Einklang, u dem der heutig« Tag alle Stämme, Äände und Parteien des SaterlandeS stimmt, als freudige« Gelöbniß gelten, daß dieselbe EinmÜthigkeit alle Stämme, Stände und Parteien vereinigen wird, wenn immer »« Noch thut, da« große Werk zn vertheidigen, mit dessen Entstehen Eurer Excellenz Name unzertrennlich verbunden ist. Bremen, October 1890. Die Bremische Bürgerschaft. * Der Paßzwang an der französischen Grenze wird gegenwärtig sehr mild gebandhabt. Die in derartigen enbciten sehr gut unterrichtete „Gazette de Lorraine" meldet, daß bei dem Patronatsfest in AulnoiS an der Seilte, im Kreise Ebateau-SalinS, 130 Personen französischer Natio nalität aus Grund nachaeslickter Erlaubniß zugegen gewesen sind. In Alaincourt-la>Cüte, in demselben Kreise, ließ der Bürgermeister ^wei Tage vor dem Patronat-fest durch Trommelschlag öffentlich bekannt machen, daß alle Einwobuer, die Verwandte oder Freunde in Frankreich hätten, denselben schreiben könnten, e« sei ihnen erlaubt, zu dem Feste zu kommen, sofern sie auf der Bürgermeisterei dir nöthige Erklärung ab- aäben. Auch bei der Einweihung der neuerbauten Kirche in Amanweilcr, welche durch den Bischof von Metz vorgenommen wurde, waren viele Franzose» auS den nahe gelegenen Grenz dörfern kerübergekoiumkn. » » «> * AuS Kopenhagen wird der „Norddeutschen Allge meinen Zeitung" über die Eröffnung dcS dänischen Reichstages am «. d. Folgendes berichtet: Nach einem Gottesdienst in der Frauenkirche, welchen die Minister, die meisten Mitglieder der Rechte» »nd drei von der Linke» be suchten, und bei welchem Propst Lewinsei», Pastor an der Matthäus- kirche, über die Bitten des Vaterunsers, mit besonderer Anwendung aus da« Vorhaben deS Tage«, predigte, wurde beute Mittag 12 Uhr im Festsaale der Universität voin Lonseilpräsidenten Eslrup in Gegenwart aller Mitglieder de- Ministeriums die Sitzung des Reichstage« unter Vorlesung de« Allerhöchsten RescriplS vom 4. d. eröffnet. Von den LandSthingSmänner» Pederscn und Rosenörn wurde daraus ein „Es lebe der König!" auSgebracht, in welches die Versammelten mit kräftigem Hurrabriis elnstimintcn, und der Eon- seilpräsident forderte schließlich die ReichSlngsniilglieder ans, sich in der gewohnten Weise unter Leitung der Altersvorsitzenden zu con- stituiren. Im provisorischen ReichStag-hause auf der Frcdrriciastraße, welche« unterdes, im Inner» eine vielfach verbesserte Einrichtung erhalte» hat, wurde» dann ' .2 Uhr die ersten Sitzungen beider Ablheilungen eröffnet. Im VolkSthing wurden sür die Wobt deS Vorsitzenden 79 Stimmzettel abgegeben: 15 derselben, der Berg'sche» Gruppe »„gehörend, waren unbeschrieben. So wurde Staatsrevisor und Redakteur HögSbro mit 43 Stimmen der söge- nannten verhandelnden Linken gewählt: die 2» Stimmzettel der Rechten trugen den Namen des vormaligen KrtegSministcrs General Tbvmsen. HSgsbro dankte sür die Wohl, erbat sich aber, namentlich init Rücksicht aus seine stark geschwächte Sehkraft, die Nachsicht und den Beistand der Mitglieder. Auch für den ersten »nd den zweiten Steltvertreterposte» wurden die Männer der vorigen Tagung Boise» »nd Claussen, jener mit 37, dieser mit 31 Stimmen wiedergcwählt: die Herren von der Berg'ichen Gruppe gaben auch bei diesen Wahle» unbeschriebene Zettel ab. Bei den dann folgenden verschiedenen Miltheilungeii des Vorsitzenden erregte die Aeußerung, daß man boffen dürfte, nicht mehr sehr lange in dem gegenwärtigen Reichstags- Haufe zu bleiben, eine gewisse durch „.Hört" aiiSgedrücktc Ver- wunderung Noch ist kein Spatenstich für ein neues Reichstags- gebäude und für ein neues Schloß Christiansborg erfolgt. Im Landsthing muhten zunächst die Wahlbriese der neu- gewählten Mitglieder geprüft werden. ES wurde dafür vom Alters- Vorsitzenden ein Ausschuß von fünf Mitgliedern, die er selbst be stimmte, vorgeschlagcn und von der Versammlung angenommen Derselbe trat gleich zusammen. Nach wiedereröfsneter Sitzung berichtete der Vorsitzende des Ausschusses, daß gegen die Wahl der zwei Minister Estrup »nd Inger-lew im 9. Kreise von vier Wabl- männern des Kreise« Beichwerde eingereicht wäre, weil die Genannten in dem letzten Jahre vor der Wahl ihre Wohnung nicht im Wahl kreise gehabt hätten »nd daher nach 8- 48 de« Wahlgesetze« nicht wählbar wären, sie auch beide in den Kopenhagener Wahllisten auf- geführt wären und im 6. dortigen Kreise gestimmt hätten. Ihr Amt fesselte sie an Kopenhagen und der Lonskilpräfidcnt habe in einer in einem jüttändischen Hardengericht gegen ihn anhängig gemachten Sach« geltend gemacht, daß er außerhalb Kopen hagens keinen festen Wohnsitz hätte. Der Ausschuß meinlc nun, daß hieraus nicht Rücksicht zu nehmen wäre. Tie beiden Mi nister hätten ihr Wohnsitze in Jütland nicht ausgtgeben, uud selbst wenn sich zeigen sollte, daß sie in Kopenhagen gestimmt hätten, könnte da« nicht gegen ihre Wahlsähigkeit in dem jütländifchen Kreike enlicheiden. Da» LandSthing hätte auch die Frag«, welche hier vor läge, schon in einem ähnlichen Falle, alS »S sich 1886 um die Wähl- barkcit des Bischofs Stybr bandelte, in der ietzt vorgeschlagenen Weile entschieden. Ter Vorsitzende schlug daher die Gutheißung iämmtlicher Wahlen vor, und so entschied die Veriamnilung. Später ward der .HöchstengerichtSadvocat Liebe wieder zum Vorsitzenden er- wählt, worüber da« Näher« im nächsten Briese. Hinsichtlich der StaatSrechnnna für da« Finanzjahr 1888/89 schlagen die StaatSreviforen von der Linken, HögSbro und Hörup, in gleicher Weife wie sür die Rechnungen der drei vorhergegangcnen 1X85—>888 deren Zurückweisung vor, wogegen die-Herren iiikien »nd Dresing auS den früher gellend gemachten Gründen dieselbe zur Genehmigung Vorschläge». Derselbe Unterschied der Meinungen wird zwischen den beiden Kammern stattfinden.
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