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Dresdner Journal : 11.02.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-02-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187202113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18720211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18720211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1872
- Monat1872-02
- Tag1872-02-11
- Monat1872-02
- Jahr1872
- Titel
- Dresdner Journal : 11.02.1872
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.V 84 Sonntag, den tl Februar. sso»»o»»»t»pr«l»«: 1U»rllvb:. ...» I^lr. ^jkKrlws: 1 INIr. I» 1In ?-»«»»«» tritt iLtwllvtr / S l'Ntr. 8to»P0W»dLi»r, > ävutteden i L««rt»e» ko»t- «vä 1 8d«wpelra»cbl»g dimn l»«r»1»»pr«l,e: kür <t«o 8»mit «io« ^«p»Iteo«ll Lvile: Kxr vot« „Li^uwät" äi« z Lrvvkolnvu: Ktrlies, mit ^u»nstm»« ä«r 8ovo- uoä kvwrl»»«, Xbsvä» kür <leo kolxeuäsv DreÄmerItmmal. Verantwortlicher Redacteur: Z. G. Hartmann. 1872. «u-vNi-tsr FV. Dro»»4«tett«c, 6omuui«ioll^r lt«« Drssänsr ^ournLl»; ^b«r?— . n D«?«n ^ort o. L ^'rev«', Niuv »»irU-IwrU»-V»«>-I.«jv,lL-ß»»«l-rr,^»v-rrLoLN»tt «. U.: <4 k'c>A/«rN-rU»-Vt«u - Urrwburs-kriuit- ui/t ». 14.-Ua»«k«o D«ci. S«rU» ^1. D F?-r«c-t. sr«m«»: §c-tott«, Lr«,1»o: Äaniorn » 6ür(>»u u. D. kr»»k1vrt ». >k . ^. ^a«A«,',clie n. >/ L'. D«r^ma»>« «cd« Lucbb., Da«-« <S <?o., kr»»: ^>. F^i/«c-'» kuckt».; VLoaulttr: F> ^siAt, k»rt»: Darci», Da/Utr, D«U,«^ F L?o., Visa: Ft L-kP«t»L, »tattUit j Da«-« F <7o. N«r»u»xekert ttSaixt. kdlpvrlitiov 4«» Dre»6v«r ^onrvLt», Oramtva, 1t»rx»r«tt>«l»8»ii«a Ika. 1. -S-" - n —iS—SE-S---S-S-- Nichtnmllicher Theil. Uebersicht. Tel,graphische Rachrichtr«. ZeituagSschau. (Weserzritung.) raq^-eschichte. (Dresden. Berlin. Dessau. Memmgen. München. Wien. Graz. Paris. Bern. Madnd. London.) Ervennunaev, Lersetzunge« tt. im öffeml. Dienste. Dretduer Nachrichteu. Provinzialnachrichteu (Adorf.) Telegraphische Nachrichten. Berlin, Sonnahsud, 1V. Aebruar, Rachmit- tagt. (W. T. B) In der heutigen Sitzung det Abgeordnetenhaus»» wurde die Debatte über dat Schnlauffichttgesetz (vergl. unter „Tagesgeschichte") fortgesetzt. Nachdem der Abg. v. Mallinckrodt gegen die Borlage gesprochen, entgegnet der Ministerpräsident Fürst v. Bismarck und betont, er habe gestern nicht ein ostensibles Zusammengehen der Crntrumsfractivn mit den Polen behauptet, sondern nur beklagt, daß die deutsche katholische Geistlichkeit im Bündnisse mit dem polnischen Adel das deutsche Element bekämpft. UeberaU sei die katholische Geistlichkeit national gesinnt, nur in Deutschland habe sie internationale Tendenzen. Die Interessen der römischen Kirche liegen ihr näher, als die des Reiches. Bismarck hebt hervor, er halte an dem Bekenntniß des lebendigen christlichen Glaubens fest und halte es eben deshalb für Pflicht, die Fundamente des Staats gegen die Angriffe der Republikaner, als auch gegen andere Angriffe zu schützen, mögen sie kom men, woher sie wollen. Mit einer Reihe persönlicher Bemerkungen schließt die Generaldebatte, und das Haus geht sodann zur Specialdrbatte über. Bei Berathung des § l (Die Aufsicht über alle öffentlichen und Privatunterrichts und Erziehungsanstalten steht dem Staate zu. Dem gemäß handeln alle mit dieser Aufsicht betrauten Be hörden und Beamten im Auftrage des Staats) bezeich net der Cultusminister Dr. Falk die Amendements von Holtz und Devens (welche in der Ueberschrift dir Worte „in Ausführung deS Art. 23 der Vrrf.- Urkunde vom 31. Januar 1850" zu streichen und den 8 1 der Regierungsvorlage dahin zu ändern beantragen, daß KreiS- oder Localschulinspectoren, welche die ihnen obliegenden Pflichten nicht erfüllen, durch Beschluß der Bezirksregierung ihrer Stellung al» Schulinspectorrn enthoben «erden können, insofern sie Geistlich« sind, aber durch einen andern Geistlichen derselben Confrsston ersetzt werden müssen) als völlig unannehmbar und er klärt sich mit dem Amendement v. Bonin (welches den ersten Absatz des § 1 wie folgt faßt: Unter Aufhebung aller in einzelnen Landrstheilen cntgegenstehenden Be stimmungen steht die Aufsicht über alle öffentlichen und Privatunterrichts- u. Erziehungsanstalten dem Staate zu) einverstanden. Bei der Abstimmung werden die Amende ments von Holtz und Devens abgelehnt (dafür die Conservativen, daS Centrum und die Polen), das Amendement v. Bonin wird mit 188 gegen 158 Stimmen angenommen und § 1 mit diesem Amendement genehmigt. Die „Rordd. Lllg. Ztg." veröffentlicht das Schreiben deS Cardinals Antonelli an den Bischof von Straßburg vom 3. Januar 1872, in welchem eröffnet wird, daß da» Tovcordat von 1801 außer Kraft getreten ist, seit Elsaß rin Theil deS deut- sehen Reiches geworden. München, Arritag, S. Februar, Nachmittag«. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Kammer der Adgeordueteu stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung der Debatte über den Barth-Schüft tingrr'schrn Juitiativautrag, betreffend dte Reser- vatrechte. Minister v. Lutz vertheidigt auf Grund des Reichs- und des Landesrechts die Stellung der Regierung. Auf Seiten der Gegner handle es sich in dieser Frage lediglich um Verdächtigung der Regierung, welche denselben aus ganz andern Gründen unbequem sei. Die Regierung sei für die „blau-weißen" Interessen in Angelegenhei ten eingestandrn, die ungleich schwieriger gewesen, als die jetzige Frage. Der Vorwurf, daß die Maschine der Reichsgrsetzgrbung zu schnell arbeite, möge einigermaßen berechtigt erscheinen; aber ein Antrag, wie der gegen wärtige, könne höchstens das Gegentheil herbeiführen. Nachdem ein Antrag auf Schluß der Debatte ab- yelehnt worden war, sprachen Frankenburger noch gegen, Schüttingrr, Barth und Sedlmayr für den Antrag. Sodann nahm der Ministerpräsident Graf Hegn en de rg-Dux das Wort, um die politische Seite des An trags zu beleuchten. Deutschland, erklärte derselbe, müsse den Antrag als einen Versuch, der Entwickelung des Reiches Schranken zu setzen, betrachten, während doch die Neichsverfassung gerade der Entwickelung bedürfe. Wenn die letztere gehemmt werde, müsse Deutschland entweder zerfallen oder, zum Einhcitsstaate werden. Weil aber Deutschland nickt zerfallen werde, bleibe nur die Bildung des Einheitsstaates übrig, und diesen zu verhindern, sei Bayerns Aufgabe. Werde der Antrag angenommen, so sei alle Thätigkcit Bayern- gegen den Unitarismus, welchen doch Niemand in Bayern wolle, lahmgelegt. Bei der hierauf folgenden Abstimmung (die An nahme der Anträge wird durch eine Majorität von zwei Drittheilen bedingt) erklären sich 78 Slimmcu für den modificirten HutNer'schen Antrag uad 73 gegen denselben, 72 Stimmen für den UrantLatz Schüttinger Barth und 75 grgru denselben. Beide Anträge sind also abgelehnt. Wien, Freitag, v. Februar, Nachmittags. (W. T. B.) Lie Negierung hat heute dem Abgeord netenhaus« den Eutwu f eines NothwahlgrsetzrS vorgelegt. Durch diesen Gesetzentwurf wird der Regierung di« Ermächtigung ertheilt, im Falle, daß Neichsrathsabge- ordnete im Laufe der Reichsraths- oder Landlagssession ihr Mandat niederlegen oder aus sonst einem Grunde als aus dem Abgeordnetenhaus« ausgetreten anzusehen sind, für dieselben Neuwahlen, und zwar unmittelbar durch die zu den Landtagswahlen berechtigten Land gebiete, Städte oder Körperschaften vornehmen zu lassen. B eru, Freitag, S. Februar, Nachmittag«. (W. T. B.) Ler Stäuderath ist mit großer Majorität . dem Beschlusse deS Nationalraihrs, da« Verbot de« Jesuitenorden« in der Schweiz und seine Thätig- keit i» Kirche und Schule betreffend, beigetreten, hat dagegen den Beschluß desselben, durch welchen di« Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster verboten werden sollte, abge- lehnt und sich demnächst b S zum 13. d. verta t. Der Nationalrath hat sich gleichfalls und zwar bi« zum 19. d. vertagt Washington, Freitag, 9. Februar. (W. T. B., Kabeltelegramm.) Im Senate stellte Edmond den Antrag, der Präsident möge Mitthrilungen macken über die angebliche Abfichr Englands, den Washingtoner Vertrag zu widerrufen. Paddersou sieht in den Aeußerungen de« englischen Premiers Gladstone eine Beleidigung Amerikas. Sherman empfiehlt, da« Eintreffen der vfficiellen Berichte abzuwarten, und inzwischen »in würdiges Benehmen. Dte weitere Beiathung de« Gegenstandes wird vertagt. Das Gerücht, die UnionSregieruug wolle ein Maximum für die nach dem Washingtoner Vertrage zulässigen Forderungen festsetzeu, wird von officieller Seite al« unbegründet bezeichnet. Dresden, 10. Februar. Die „Weser-Zeitung" bringt an der Spitze ihres gestrigen Morgcnblattes eine längere Auseinan dersetzung ihres Londoner Correjpondenten, welche dem mehr und mehr sich zuspitzrnden Conflict zwischen Eng land und Amerika gewidmet ist und zunächst constatirt, daß in der Hauptstadt an der Themse die Verstimmung in allen Kreisen wächst, und nicht am we nigsten in den Kreisen der liberalen Partei und der Regie rung. „denen die Vereitelung deS Schiedsgerichts und der Zerfall des Washingtonvertrags vorzugsweise zur Last gelegt werden würde und die sich zudem beklagen, daß das rstcksichls- und schrankenlose Vorgehen der Ameri kaner- der ohnehin schwierigen Lage ihrer englischen Freute nicht die geringste Rechnung trage." Es heißt dann^kdeiter: „Die grundsätzlichen und unverbesserlichen Gegner der Vereinigten Staaten, die Tone- und die Ritter der kommerziellen Eifersucht, welche sich durch ihre Sclavenhaltersympathien die Sporen verdient haben, wähnen, daß ihre Zeit wieder gekommen sei, und peitschen die nationalen Leidenschaften und Vorurtheile mit einer sachkundigen Virtuosität, deren Hetzerei der in seinen Schwächen sehr empfindliche John Bull nicht lange wird widerstehen können. Die Regierung scheint die Wendung von der ernstesten Seite aufzufassen, und ernst ist sie auch, obgleich wir den Arsenalen noch nicht die Zahl der täglich gegossenen Kanonenkugeln nachzu- rcchnen brauchen. Eine sehr bedenkliche Erscheinung ist es unter allen Umständen, daß dieselben Personen und Parteiorgane, welche zur Zeit der Sclavenhaltcr- rcbcllion das Geschäft des Hetzens nicht ohne Erfolg betrieben haben, es wagen dürfen, laut und herausfor dernd zum alten Handwerk zu greifen." Die Frage der amerikanischen Forderungen siebe, nachdem sie der Sphäre des SckiedsgerichtS entzogen und der Diplc- . matte zurückgegeben worden sei, wieder ganz auf Lem Punkte, wo sie vor acht Jahren stand, nur mit dem Unterschiede, „daß die Welt und die beiden Nationen selbst mit ihren Anschauungen, Gefühlen und Interessen nicht mehr auf demselben Platze stehen." Der Bericht erstatter des Bremer Blattes motivirt dies in folgender Weise: „Die Stimmung ist, in England wenigstens, gereizter geworden. John Bull, der schon -mit dem Washingtonvertrage, so wie er ihn verstand und seine Regierung ihn auslegte, bittere Concessioncn gemacht zu haben glaubte und das von seinen Ccmmissaren bei Beginn der Konferenzen feierlich zu Protokoll gegebene „„Bedauern"" zwar des lieben Friedens halber Pas siren ließ, aber nie reckt verwinden konnte, verliert die Geduld und sieht in dem ganzen, kläglich gescheiterten Versöhnungsexperimente eine unnöthige und vergebliche Demüthigung, die ihm seine verantwortlichen Staats männer hätten ersparen sollen. Das Bewußtsein, daß diese Staatsmänner nicht nur erfolglos, sondern auch obendrein fabelhaft täppisch gewesen jeien, kann natür lich nicht dazu dienen, ihn zu trösten und zu besänf tige«. Auch muß man gestehen, daß die amcrikaoische Presse sich ein trauriges Geschäft daraus macht, Oel in das Feuer zu gieß n. Der Ton des schadenfrohen Jubels, den auch die gemäßigten Journale anschlagen, ist nicht nur verfrüht, sondern würde auch im besten Falle dem Ernste eines großen völkerrechtlichen Aus gleiches unangemessen sein. Wenn man aus der Hal tung der Presse einen Schluß auf die öffentliche Mei nung ziehen dürste — was jedoch in Amerika gewagter ist, als in irgend einem andern Lande —, so erwarten die Amerikaner von der schiedsrichterlichen vösung nickt sowohl die Befriedigung gerechter Beschwerden, als einen Triumph der Rache. Eine Politik der Rache ist aber einer großen, praktischen und selbstbewußten Nation, wie der amerikanischen, durchaus unwürdig. Sie ist für politische Kinder, aber nicht für Männer, welche in der Schule der Freiheit und der republikanischen Selbstthätigkeit groß gezogen sind. Man siebt ja an den Franzosen, was bei einer kindischen, die wichtigsten Staatr- interessen der Nationaleitelkeit opfernden, verblenden den und demoralisirrnden Rachepolitik herauskommt." Der Londoner Korrespondent der „Wes.-Z." verurtheilt auf das Entschiedenste die in der amerikanischen Presse vorwaltende Sentenz, daß England „gedemülhigt" wer den müsse und die Ehre der Union eine förmliche und feierliche, vor dem Forum deS Schiedsgerichts zu lei stende „Apologie" erheische. Um diese der englischen Nation abzupressen, müßte Amerika die letztere „erst voll ¬ ständig wehrlos gemacht und niedrrgeworfen haben"; und wenn dieser „höchst unwahrscheinliche Fall" zu Paß kommen sollte, was hätte Amerika dann? Nach gelei steter Apologie soll dann nach der Ansicht jener Blät ter „die Rechnung ausgeglichen werden". Die letztere, meint der citirte Londoner Berichterstatter, werde aber „weder liquidirt, noch überhaupt je ernsthaft in Be tracht gezogen werden." Glaubten denn die transatlan tischen Journale, welche die großen Worte und Zahlen so gelassen niederschreiben, daß das gemischte Schieds gericht, selbst wenn England ihm das Recht, über solche Forderungen zu erkennen, einräumte, was es bekannt lich nicht thut, die Rechnung so ohne Weiteres im Sinne Amerikas feststellen würde? Daran sei doch wohl nicht zu denken, ganz abgesehen davon, daß das Schiedsgericht nie in die Lage kommen werde, die ohne den Wirth ge machte Rechnung zu moderiren. Man werde daher auch nicht durch die Versicherung bestochen, daß die Prin- cipien, welche bei der gehofften schiedsrichterlichen Ent scheidung maßgebend sein werden, die „Grundlage für eine neue Periode des internationalen Rechts" lie fern sollen. Eine neue Grundlage des Völkerrechts wäre ohne Zweifel sehr wünschenswerth, zumal wenn sie ähnliche Dinge, wie die amerikanischen Waffen lieferungen an Frankreich, welche ganz gewiß zur Ver längerung des deutsch-französtscken Krieges beigrttagcn haben, verhindern könnte; aber wenn sie von der Be zahlung jener Rechnung abhängig gemackt werde, dann werde die Welt noch lange darauf verzichten müssen. „Eine friedliche Lösung des Konfliktes," heißt cs zum Schluffe, „wird vorzugsweise von der Mäßigung und dem Billigkeitsgefühl der amerikanischen Regierung ab hängen, der ganz gewiß nicht daran gelegen sein kann, gerade jetzt ihr Land in einen Krieg mit der gesammten britischen Staats- und Volksmacht zu stürzen. Ein solcher Krieg hätte mehr zu bedeuten, als brr Kampf mit den schlecht disciplinirten und schlecht versorgten Rebellenhaufen des Südens. Amerika hat in diesem Augenblicke, wo die Wunden seines Bürgerkrieges noch nickt gebrilt sind, mindestens ein ebenso großes Interesse am Frieden, als England, und großsprecherische Selbst Überschätzung, die sich allerdings auf der Plattform und in der Presse unangenehm breit zu machen pflegt, ist selten der Fehler seiner verantwortlichen Regierung. Auch Mr. Gladstone ist für eine friedliche Lösung, gleich viel ob mit oder ohne Schiedsgericht, günstig situirt. Die Tories durch Sir St. Northcote von vorn herein für alle Wechs.lfällc der Unterhandlungen mit verant wortlich zu machen, war ein Meisterstück politischer Taktik, das die Möglichkeit eines aufregcndcn, die volkithümlicken Leidenschaften erhitzenden, den Bestand des Ministeriums bedrohenden Parteikampfcs ausschließt. Die Tories sind Komplicen und müssen bei der Stange halten, so sehr sie sich auch versucht fühlen mögen, zu bäumen und auszuschlagcn. Die diplomatische Bla mage, welche dem Lord Ripon den Marquistitel ein gebracht hat, fällt daher auf beide Theile. Aber groß artig ist sie! Da halten diese gewiegten Staatsmänner, ein activer und ein gewesener Cadinetsministrr, von angesehenen Rechtsgclehrten unterstützt, mit ihren amcri- kaniscken Kollegen monatelang Konferenzen, füllen 32 Sitzungsprotokolle, und keiner versteht den andern, jeder legt sich die Worte in dem ihm convenirenden Sinne aus, ohne sich um die Auslegung seines Kol legen zu bekümmern, und setzt schließlich seine Unter schrift unter ein Vertragedocument, dessen frivole und lüderliche Wortfassung so lange bejubelt wird, bis sie zwei große Nationen scharf an die Grenze zwischen Krieg und Frieden stellt. Das geht noch über Benedetti I" Lagrogeschichic. Dresden, 10. Februar. Am gestrigen Abend fand bei Sr. Excellenz dem Herrn Staats- und Kriegs- ministrr Gencrallieutenant v. Fabrice ein großer Ball statt, auf welchem lebende Bilder aus Ler heiteren Märchenwelt und Quadrillen in Kostümen zur Auf führung gelangten. Ihre Majestäten der König und Feuilleton. (Redtgirt von Hits A<mL.) Urber den Don Juan. Bemerkungen von Hermann Freiherrn v- Friesen. Wir entnehmen die nachfolgenden, für alle Gebil deten so interessanten, wie echt künstlerischen Aussprüche dem vorzüglichen Werke des Autors über Ludwig Tieck, das bereits in diesem Blatte besprochen wurde. Bei Gelegenheit der letzten Vorstellung der italieni schen Oper, die am 3l. März 1832 stattfand und ihre Existenz als selbstständiges Institut für Dres den beschloß, sagt Freiherr v. Friesen: Den Schluß machte am 3 l. März 1832 „Don Giovanni" von Mo zart. So oft ich auch diese große Oper mit deutschem oder italienischem Text hatte geben sehen, war ich, trotz der Gewandtheit, mit welcher gefeierte Künstler die Hauptrolle ausführten, niemals recht befriedigt worden. Die wunderbare Fabel von einem Manne, der sich zur Beftiedigung seiner Sinnlichkeit Alles erlauben darf und doch jeder menschlichen Rache Hohn spricht, bis er durch eine übermcns i liche Gewalt, die er selbst mit verwegenem Frevelmuth herauSgrfordert hat, seinem Vrrhängniß überliefert wird, dieses seltsame Märchen, das schon gegen Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhundert- dem, unter dem angenommenen Namen: Tirso de Molina bekannten, Fray Gabriel Tellez zu einem Drama diente und später von Zamora, Molröre, Byron und Duma- benutzt wurde, kann, meines Er- achlen», nicht anschaulick werden, wenn nicht der Held desselben durch seine Erscheinung einen eigenthümlichen Zauber ausübt. Aeußerr männliche Schönheit, dir z. B. den hochgeprirsrnen Don-Juanspieler, Blum in Berlin, au-zeichnete, ist nicht allein genügend. Wird aber, wie ich eS ost gesehen habe, diese Rolle mit einer, fast zur Frechheit ausartenden, burschikosen Nonchalance gespielt, so ist es vollends unbegreiflich, wie dieser Mann von beispielloser Verworfenheit jede Frau, der er mit dcm Willen, sie zu besitzen, nahe tritt, in scine Gewalt bekommt. Und gewiß konnte es Mozart bci seiner tiefsinnig poetischen Komposition nicht in den Sinn kommen, daß die Schwärmerei der verlassenen Donna Elvira, die glühende Leidenschaft der Donna Anna und der unschuldige Leichtsinn der Zerlina un faßlich sein sollten. Sei es bewußte Absicht oder un mittelbare Wirkung eines großen Genius, jo wird doch Jeder, der diese große Komposition aufmerksam be trachtet und mit Hingebung verfolgt, bemerken müssen, daß sich bei allem in das Scherzhafte, in das anmuthig Heitere, ja sogar in das Burleske Fallenden einzelner Theile ein tiefsinniger, zuweilen mächtig erschütternder Ernst durch die ganze Komposition hindurchzieht, ein Ernst, der uns an die wunderbarsten Räthsel des Lebens und an die Macht des Verhängnisses erinnern kann, welche um so früher ihr Ziel erreicht, je weniger die in solche Räthsel verwickelten Individuen sie fassen oder beachten, oder je mehr sie sich mit Frevelmuth und Leichtsinn über sie hinwegsetzcn. Gerade der Umstand, daß den Musikstücken der Hauptrolle von tiefsinnigem Ernst am wenigsten zugctheilt, Alle-, waS Don Juan selbstständig vorzutragen hat, mehr in einer anmuthigrn Frivolität gehalten ist, oder den Stempel des Ueder- muthS trägt, wogegen die Partien der anderen Haupt personen von den ergreifendsten Harmonien überströmen, sckcint mir daS Recht zu jener Anschauung zu begrün den. Aber eben darum sollte, meines Erachten-, in der Rolle deS DonJuan der feinste Anstand, eine fascinirende Anmuth und eine gewisse Erhabenheit in der Erscheinung nie aus den Augen gesetzt werden. Wie ungeschickt muß rS dagegen wirken, wenn z. B. die bekannte Arie „b'ia LÜ I»»ll tinn vinv i» tkiiti»" — die ein unbegreif liches Mißverständniß als Champagnerarie bezeichnet — gleichsam wie im Wcinrausch vorgctragen wird. Man hat mir erzählt, als Bassi, für den bekanntlich tue Rolle des Don Juan geschrieben ist, dieses Stück durch- gegangen habe, fei er seinem Freunde Mozart mit den heftigsten Vorwürfen entgegen getreten, wie er ihm zu- muthen könne, solches Zeug zu singen. Mozart aber habe ihm versichert, wenn er diese Arie so singe, wie er sie singen solle und könne, werde ihm der Beifall nicht fehlen; und Mozart behielt Recht; denn, nachdem Bassi diese Arie mit gewohntem Geschick vorgetragen habe, sei ein stürmischer Applaus erfolgt und man habe — was izie zuvor geschehen sei — die Wiederholung verlangt.' Aber alte Männer, welche Bassi als Don Juan noch gesehen hatten, unter ihnen Tieck, haben mir auch versichert, er habe diese Rolle mit unüber trefflichem Anstand und mit der größten Anmuth einer vornehmen Haltung gegeben. So war cs mir immer anstößig, daß eS bei Ler DalstcUung des Don Juan gewissermaßen herkömmlich gcworccn ist, in der letzten Scene, wo der steinerne Gast wirklich auftritt, die äußerste Bestürzung an den Tag ^u lcgrn. Das über triebene Spiel in verschrobenen --tcUungen des Grau sens und Entsetzens, dieses krampshastc Haschen nach einem festen Hatt, das leider schafttichc Hinunterstürzen eines Bechers voll Wein, wie ick eS oft beobachtet und mit Bewunderung habe preßen hören, wollte mir nie zum Wesen Don Juan's passen. Hat er den Kom mandeur mit dem Bewußtsein cingeladen, daß er nicht kommen werde, so ist er ein verächtlicher Prahler, rin kharakter, der am wenigsten geeignet ist, bei Weibern rin dauerndrs Glück zu machrn. Ist pagegrn dirse Hrrausfordrrung — waS writ näher liegt — nur eine von den vielen Aeußerungen seine« frevelhaften Trotzes gegen Menschliches und Göttliches, so wird rr auch der leibhaftigen Erscheinung des steinernen GasteS (und sei es auch gezwungen) mit trotzig vornehmer Kälte be gegnen und nur dann erst zusammenbrechen, wenn die steinerne Rechte ihn unwiderruflich festbält. So soll, wie mir Tieck versicherte, Bassi diese Scene gespielt uns damit die tiefste Erschütterung hrrvorgerufen haben. Die Richtigkeit dieser feinen Beobachtungen, welche der Verfasser bereits vor 40 Jahren machte, wird noch heute in ganz Deutschland von jeder Don Juan - Auf führung bestätigt. Die Friesen'scken Wünsche gehen mit der richiigen Erkenntniß Hand in Hand, daß Don Juan des Adels der Darstellung umsomehr bedürfe, da der Held in dieser Dichtung nach mehrern Seiten hin die Dämonie der Genußsucht sehr niedrig und un poetisch verwirklicht, indem er im Weibe nickt die Schönheit, sondern nur das Geschlecht sucht und sich gegen seine Opfer »hne jene menschliche Schonung und ritterliche Großmulh beträgt, die sich in einem wirklich poetischen DonJuan mit der sinnlichen Leidenschaft eben so gut veremigen lassen, als Gefühl mit brr Bra vour des Krieger-, Geschmack mit dem Appetit des Essers. Der gesckickte Nicola da Ponte gab für das Gaudium der empörenden Verhöhnung-- und Betrugs- scene zwischen Leporello und Donna Elvira sein eigenes Taktgefühl und das seines Don Juan willig hin. Es ist Sache der Aufführung, diesen zu thruern Kaufpreis zu mildern. " Ein vortheilhaftrr Feuilletonist. Vtlle- messant, der bekannte journalistische Unternehmer und Herausgeber de» Pariser „Figaro", wandte sich, al» rr rin neues Blatt „l« Franck braründrn wollte, an Duma» und bat ihn um einige FruilletonS. „Ich werd« Dir eine Reih« von Artikel» üb«r dir Schlaugrn
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