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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.07.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-17
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030717028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903071702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903071702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-17
- Monat1903-07
- Jahr1903
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Anzeigen.Preis die -gespaltene Petitzeile LS Reklam«u unter dem RedaktiouSstrich (4gespallen) 7b vor den Familiennach« richte« (Sgelpaltrn) bO Tabellarischer and Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenanuahme 2S L, (rxcl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de, Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung ^il 60.—, mit Postbesörderung ^l 70,—> Annahmeschluß fLr Anzeigen: Abend-AuSgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen find stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L Pol» in Leipzig. Freitag den 17. Juli 1903. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * 1'eipztg, 17. Juli. Das Kriegsgericht in Rendsburg hat den Hauptmann Henning vom 45. Feldartillerie- Regiment wegen Verleitung zur Mißhand lung Untergebener zu 7 Monaten Festungshaft verurteilt. Die Tatsache, daß ein Vorgesetzter in der Stellung eines Batteriechefs Untergebene zur Mißhand lung verleitet und dafür nur mit kurzer ehrenvoller Festungshaft bestraft wird, läßt erkennen, in welchem Grade immer noch die körperliche Strafe als ein Mittel der militärischen Erziehung an gesehen wird. Und doch erheischt die Gegenwart die gründlichste Abkehr von allen derartigen Anschauungen. Spießruten- oder Gassenlaufen und Stockstreiche sind allerdings wesentliche Mittel gewesen, mit denen Fried rich der Große sich den Gehorsam jener Tapferen er zwang, die ihm den Sieg erfechten halfen. Aber die Zeiten Friedrichs des Großen sind längst vorüber, und diese fridericianische Tradition darf für uns heute nur den Wert haben, daran zu erinnern, daß ihre Auf rechterhaltung Preußen vor dem Zusammenbruche der Jahre 1806/7 nicht bewahrt hat. Dagegen ist die Wieder geburt des preußischenStaatesunlöslichverknüpftmitjener Heeresreform, die unter dem Einfluß eines Gneisenau, Boyen und Koenen vom Geiste der Menschlichkeit be herrscht wurde. Fälle, wie der in Rendsburg, fordern geradezu dazu auf, in Erinnerung zu bringen, was Gneisenau über die „Freiheit des Rückens" geschrieben hat. „Man hält es hier und da", so führte er u. a. aus, „noch immer für unmöglich, bei dem deutschen Kriegswesen die Stock- und Spicßrutenstrafen abzu schaffen. Während die Milde unserer Gesetzgebung den Händen des Fronvogts den Stock entwindet, . . . wäh rend ein Stvckschlag in allen Ständen für eine empörende Beschimpfung gilt, will man im ehrenvollsten aller Ver eine eine Bestrafung noch beibehalten wissen, welche so sehr den Begriffen des Zeitalters widerstrebt. Wir haben uns endlich zu klaren Ansichten über die Pflicht zur Landesverteidigung erhoben. Wir sind dahin ge kommen, zu begreifen, daß es ein tiefes Versinken in Egoismus sei, wenn inan die Waffenführung nicht für die ehrenvollste Beschäftigung zu jeder Zeit seines Lebens hält, von der nur Körpergcbrechlichkeit, Blödsinn oder das Verbrechen ausschließen können. . . . Wenn aber ein gerechtes Gesetz Pflichten und Aussprüche mit Unpartei lichkeit über alle Stände verteilt und den Sohn des könig lichen Rates ebensowohl den Reihen der Baterlandsver- teidiger beigesellt, als den Pflüger und Tagelöhner, so wird es nötig, die für rohere Naturen und für ein roheres Zeitalter erfundenen Strafarten der fortgeschrittenen Bildung mehr analog abzuändern und wohlerzogene junge Männer vor der Möglichkeit zu schützen, von übel wollenden Vorgesetzten mißhandelt zu werden. . . . Jede Nation mnß sich selbst ehren und keine Einrichtungen bei sich dulden, die sie in den Augen anderer Völker herab setzen. Ebenso mit den Ständen." — Wie Gneisenau hier die damals bestehende Stockstrafc bekämpft hat, so muß heute die Mißhandlung von Soldaten um so schärfer be kämpft werden, je strenger das Verbot der Soldatcnmiß- hanblung ist. Täs Rcndburgcr Urteil und das vor läufig letzte des Prozesses Hüßner enthalten für die oberste Heeresleitung sehr deutliche Fingerzeige auf wunde Stellen im Organismus der Armee. Der „Kriegshasei»" von Kiantschan. Von unterrichteter Seite wird uns geschrieben: Laut dem „Hannoverschen Kurier" wird in London unter Berufung auf amtliche englische Meldungen die Nachricht verbreitet, daß die Arbeiten am Ausbau des „Krtegsha f e n s" z u Ki autsch au eingestellt seien, weil die Untersuchungen der Ingenieure ergeben hätten, daß die örtlichen Ver hältnisse in Kiautschau für die Anlage eines Kriegshafens ebenso ungeeignet wären, wie die in Wei-hai-wei. Die vorstehende Nachricht entbehrt aus dem sehr durch schlagenden Grunde, daß in Kiautschau die Anlage eines Kriegshafens überhaupt nie in Angriff genommen worden ist, jeglicher Begründung. In Frage kommt für Kiau tschau lediglich ein Handelshafen, und der Ausbau desselben nimmt seinen ungestörten Fortgang. Südafrika, Indien, Somaliland. In der gestrigen Sitzung des englichen Unterhauses erklärte bei Besprechung des Heercsctats Kriegsminister Brodrick, die Frage bezüglich der in Südafrika zurückzuhaltendenTruppen werde vom Kriegs amte und dem Verteidigungsausschussc erwogen, welcher empfehle, eine beträchtliche Streitmacht in Südafrika für den Dienst in Indien bereitzuhalten, für den Fall eines plötzlichen Ereignisses. Die Negierung habe daher vor geschlagen, 25 000 Mann in Südafrika zu behalten, und zwar 4 Kavallerieregimenter, 14 Batterien, 14 Linien bataillone und 4 Garnisonregimenter. Die Unter haltungskosten für diese Truppen seien in Südafrika um 1^ Millionen höher als für eine gleiche Streitmacht in Großbritannien, die indisch« Regierung werde jedoch auf gefordert werden, einen Teil der Mehrausgabe zu über nehmen. Die britische Regierung fei der Ansicht, daß sie durch diesen Vorschlag einen dauernden Beitrag zur Stärkung deS Reiches leiste. Truppentransporte würden zwischen Südafrika und Indien im Notfälle sofort ver fügbar fein. Bezüglich des Somalilandes führte der Kriegsminister aus, es sei nicht beabsichtigt, irgend eine große Expedition zu unternehmen. Die Negierung glaube, daß die vermehrte britische Streitmacht in der Lage sein werde, einen entscheidenden Schlag gegen den Mullah zu führen. Dieser habe in seiner neuen Stellung im Nord osten des Somalilandes seit seiner Niederlage durch die Abessinier keinen Angriff auf einen der englischen Posten unternommen. Zum kanadischen Zollstreit. In den letzten Tagen sind Aktenstücke zum deutsch- kanadischen Zoll st reit veröffentlicht worden. Sie sind insofern von großer Wichtigkeit, als durch sie zweierlei außer Zweifel gestellt wird. Einmal, daß die deutsche Negierung England gegenüber, statt sich an den Buchstaben des ihr zustehenden Rechtes zu halten, durch mehrmalige Erneuerung des Handelsprovisoriums Eng land die Vorzugsbchandlung nach dem deutschen Kon ventionaltarif zuteil werden ließ, obgleich von dessen Seite durch Kündigung des Meistbegünstigungsvertrages der Anlaß zu einer anderen Bchandlungsweise geboten worden war. Ebensowenig wie England gegenüber ließ sich die deutsche Regierung gegen Kanada zu einer ab irsto» Politik veranlassen. Und zwar, obgleich Kanada Deutsch land dadurch noch besonders reizte, daß es ihm nicht nur die England gewährten Zollvergünstigungen versagte, sondern auch absichtlich Frankreich bevorzugte. Eine weniger weitsichtige Regierung würde darin vielleicht „Tusch" gesehen haben. Der kanadische Finanzminister selber erkannte die Gerechtigkeit der deutschen Handlungs weise Kanada gegenüber an und setzte sich selber durch die Maßnahmen ins Unrecht, durch welche Zuschlagszölle gegen Deutschland eingeführt wurden. Die „National zeitung" meint, diese könnten mit gutem Rechte von uns als „Strafzölle" bezeichnet werden. Das heißt also, Kanada unternahm es, Deutschland zu strafen dafür, daß dieses sich nicht zum Zollkriege reizen, sondern zunächst siuooro 6t oonstautor seinen Rechtsstandpunkt für alle Zu kunft zu wahren vvrzog. Wie für die politische, so ist es auch für die wirtschaftliche Kriegsführung, wenn diese unausweichlich wird, von besonderem Wert, das Maß von Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit festgestellt zu sehen, auf welches sich die Kriegführenden berufen können. Aus den jüngsten Veröffentlichungen geht aufs allerdeutlichste hervor, daß die deutsche Regierung in keinem Augenblick der bisherigen Verhandlungen von den beiden Grund sätzen abgewichen ist, nach denen die Gerechtigkeit die Grundlage der Staatenentwickelung bleibt und der Un friede nicht ernährt, sondern verzehrt. Hoffentlich dämpft die außerhalb und innerhalb Deutschlands erschlossene Einsicht in die Verschiedenheit der Handlungsweise der in Betracht kommenden Faktoren überall da die Kricgslust/ wo sie sich nicht darauf stützen kann, daß sie einen Schein von Recht für sich hat, geschweige denn die Sache der Ge rechtigkeit vertritt. Die Mandschureifrage ist einer Meldung des „Reuterschen Bureaus" aus Washington, 16. Juli, zufolge in befriedigender Weise gelöst worden durch die von der chinesischen Negierung ge gebene Zusicherung, die Mandschurei in nächster Zeit dem Welthandel zu öffnen durch die Erklärung mehrerer Häfen zu Bertragshäfen. Die russische Regierung hat den Vereinigten Staaten offiziell erklärt, daß sie sich dieser Freigabe in keiner Werse widersetzen werde. Welche Häfen freigegeben werden sollen, ist noch nicht angegeben, doch verlautet, es sollten dies Mulden und Tatung-kao sein. — Halbamtlich wird in Washington erklärt, die Besprechung russischer Be amten in Port Arthur bilde einen wichtigen Schritt in den in Petersburg entworfenen Plänen, eine eigencVerwaltungin der Mandschurei ein zurichten in der Weise, daß Rußland in der Oeffnung der Häfen, die von den Vereinigten Staaten und Japan ge fordert werde, einwilligte, ohne Störung oder unbillige Aufgabe der russischen Interessen. Die Angelegenheit sei im wesentlichen zu ihrer gegenwärtigen Lage in der Be sprechung zwischen dem Staatssekretär Hay und dem russischen Botschafter Cassini vom 28. Juni gekommen. Cassini war damals im Besitze der notwendigen Er mächtigung. die Zusicherungen zu geben, die jetzt eingelöst werden. Diese wurden durch den ersten Sekretär der russischen Botschaft Hansen heute bei seinem Besuche im Staatsdepartement schriftlich niedergelcgt. Deutsches Reich. Berlin, 16. Juli. (Das sparende Deutsch land.) Sehr bemerkenswerte Aufschlüsse gibt das Kaiserliche Statistische Amt in dem diesjährigen Statisti schen Jahrbuche über die Spareinlagen der Bevölkerung Deutschlands und das Vermögen der Sparkassen. Diese lehrreiche Statistik erscheint zum ersten Male seit Heraus gabe des Statistischen Jahrbuches, ermangelt aber durch Verschulden des Herzogtums Braunschweig der Voll ständigkeit: Braunschweig konnte die statistisch«» Daten nicht liefern. Wir setzen indes voraus, daß im Herzogtum Braunschweig ein ebenso löblicher Sparsinn herrscht, wie in den übrigen deutschen Bundesstaaten. Abgesehen also von Braunschweig zählte man irr Deutschland am Schluffe des Jahres 1900 14 863 956 Sparkassenbücher mit einer Gesamtsumme der Spareinlagen (Guthaben der Einleger) von 8 838 583 000 also fast 9 Milliarden! Das Aktiv vermögen der Sparkassen (ohne Reservefonds) belief sich bis zum genannten Zeiträume ebenfalls auf nahezu 9 Milliarden, genau auf 8 919 837 000 der Reservefonds auf 537 144 000 Unter Aktivvermögen der Sparkassen ist sowohl das eigene Vermögen derselben (insbesondere Grundstücke und Inventar), als auch das werbende Ver mögen, d. h. die Anlagen (ausgeliehene Kapitalien), welche den Gegenwert der Einlagen bilden, und der Zinsertrag der Anlagen bis 31. Dezember 1900, ferner der Betrag der Wertpapiere und der Barbestand zu verstehen. Für die preußischen Kassen kommt noch der Spar- und Reserve fonds im Betrage von 8 122 399 hinzu. Also dem Gut haben der Einleger von 8 838 583 000 steht als Gegen wert das Vermögen der Sparkassen einschließlich Reserve fonds von 9 465 103 399 gegenüber. Die Statistik über die Sparkassen hat sich bei ihrem diesmaligen ersten Ver suche mit den absoluten Zahlen über die Sparlust und -Fähigkeit der einzelnen Bundesstaaten begnügt) die rela tiven Zahlen würden unseres Erachtens einen nicht un interessanten kleinen Ausschnitt des sozialen Lebens ge währen und nachzuweisen vermögen, wo und unter welchen Bedingungen sich der Spürsinn am fruchtbarsten entwickelt. Mit einiger Sicherheit läßt sich dies indes schon aus den absoluten Zahlen entnehmen: die reich entwickelten In dustrie- und Handelszentren zeigen auch den lebhaftesten Sparsinn. Dem größten Bundesstaate Preußen mit 5 745 795 000 Spareinlagen folgt nicht der zweitgrößte Bundesstaat Bayern, der erst an vierte Stelle tritt, son dern Sachsen mit 925295000 dann Baden mit 419 841000 Bayern mit 319 743 000 Württemberg mit 239 592 000 und Hessen mit 203 257 000 Die absolute Zahlenkurve fällt dann jäh herab auf die siebente Stelle, welche Hamburg mit 178 790 000 darbietet, aber in relativer Betrachtung weit hinauf rücken müßte; dann folgt Elsaß-Lothringen mit 117 757 000 Bremen (94003 000 .^), Lippe (79 634 000 .iil), Reuß j. L. (79 280 000 Mark), Sachsen-Weimar (55 095 000 .L), Anhalt (55 035 000 Mark), Mecklenburg-Schwerin (50 339 000 ^), Sachsen- Meiningen (49 356 000 ^l), Sachsen-Koburg-Gotha (45 711 000 ^l), Sachsen-Altenburg (40 362 000 ^tl), Olden burg (30 377 000 Waldeck ,22 515 000 ^tl), Schaumburg. Lippe (18 055 000 ^!), Lübeck (16 889 000 ^e), Schwarzburg- Rudolstadt (10 243 000 n Reuß ä. L. (15 863 000 Meck- lenburg-Strelitz (13 677 000 ^) und endlich Schwarzburg. Sondershausen mit 6 329 000 Von ven preußischen Provinzen steht in erster Reihe Westfalen, das mit 932 414 000 Spareinlagen das Königreich Bayern fast um den dreifachen Betrag überflügelt und auch noch Feuilleton. Hotel Alpenrose. Roman von Arthur Achleitner. viuciidruck verboten. Basold stöhnte vor Ueberraschung. Einmal verblüffte ihn die Rachegier, -er Haß gegen den so netten, ge fälligen Hotelier, sodann aber imponierte ihm der Plan zur Grunbspekulation. ,^Weiß Gott, diese Idee muß dir der Teufel selber eingegeben haben! Ein teuflisch schlauer Plan das mit dem Hypothekenaufkauf und der Spekulation auf die neue Bahn. Das kann ein großes Geschäft werden! Habe ja auch schon gehört, daß etwas wegen der Bahn im Werke sein soll. Gott, bist du gescheit, Mädel! Freilich, der Wirt tut mir leid, so er vom Haus verjagt wird und als Bettler abziehen muß; aber im Geschäft gibt es keine Rücksicht! Hm, die „Alpenrose" ist ein gutes Haus, hat eine große Zukunft, besonders dann, wenn das Dorf Schwarzwasser eine Berliner Kolonie wird. Will 'mal herumhorchen; daß Tschurtschbcrger Hypotheken mit viel Zinsenlast hat, ist nahezu sicher, das Geld ist ja rar in Oesterreich, der Zinsfuß hoch. Mach' ich! Aber über die Idee: Irma als Hotelbesitzerin, da muß ich lachen! Du und Direktrice eines Alpenhotels, das kann gut werden! Wer dir nicht zu Gesicht steht, wird nicht ausgenommen. Kann sein, daß du das ganze Haus leer hast!" „Mach' sich sofort darüber und erkundige dich, ob Hypotheken feil sind! Ich will den Triumph erleben, daß der infame Mensch abziehcn muß! Aber bald, noch vor Ende unserer Sommerfrische!" „So, pressieren auch noch?" „Natürlich! Hat der Mensch eine gute Saison, so kann er leicht Zahlungen leisten) cs wird dann schwerer sein, Hypotheken zu erwerben, seine Gläubiger warten sicher, wenn sic wieder Geld sehen und die Zinsen erhalten!" „Ah, ah! Mädel, an dir ist ein ausgezeichneter Makler und Wucherer verloren gegangen!" „Pah! Ich will nur meine Rache haben!" „Na, verbrochen hat der Wirt doch nichts, wirst ihm halt arg genug zugesetzt haben! Hm! Mädel, ich mein', das sitzt am End' gar tiefer! Du hast Absichten gehabt, er hat nicht mögen, und nun willst du dich rächen! Na, mir kann's gleich sein, ich mach' die Sache, weil ein schöner Profit herausspringt!" Die Zusage wirkte angenehm auf Irma, die nun fröhlich trällerte und Papa auf seiner existenzbedrohenden Erkundigungswanderung vergnügt begleitete. Auf Wunsch des Kommissars hatten sich die Herren Tschurtschbcrger und vr. Bier im Privatgemach des Hoteliers zu einer Besprechung eingefunden, und gleich zum Beginn erklärte der Beamte, daß alles Suchen nach den Juwelen vergeblich gewesen sei. Somit müsse seitens der Kriminalpolizei eingestanden werden, daß man sich bezüglich des Diebes doch auf falscher Fährte befinde. Der verhaftete Winkelhofer dürfte nichts anderes als ein aufgeblasener, verhältnismäßig harm loser Wicht sein, der gern repräsentiere und nach hübschen Weibern angele. Die Beilegung falscher Titel und Würden werde einige Tage Arrest kosten, ausgewogen durch die Untersuchungshaft. Das Weiberangeln sei nicht strafbar nach dem Gesetze. ,^Wo ich aber, auf Ihr Ansuchen, Herr Tschurtschbcrger, den wirklichen Dieb suchen soll, das weiß ich zur Stunde nicht, sofern Sie immer noch darauf bestehen, daß Ihr Personal unvcr- dächtig sei. Ist denn wirklich in den letzten Jahren nichts gestohlen worden?" „Nichts von Belang! In einem großen Hotel geht ja naturgemäß manches nebenaus, ein Manko im Wein keller, in der Hotelwäsche ist kaum zu vermeiden. Das sind kleine Diebereien, von denen der Hotelier kein Auf hebens macht, dergleichen kommt überall vor. Eruiert man etwas, so jagt man die betreffende Person fort, und der Fall ist abgetan!" erklärte Ambros. „Na, hören Sic, gar so belanglos ist die Sache nicht. Aber für mich ziemlich wertlos insofern, weil entlassene Personen längst über alle Berge sein werden!" Tschurtschbcrger erinnerte sich in diesem Moment an die Entlassung Sinas und erwähnte davon, doch mit der Einschränkung, daß das Zimmermädchen keineswegs wegen Diebstahls entlassen worden sei. „Hat übrigens Glück gehabt, jenes Mädel, wurde stehenden Fußes Häuserin bei unserem Ochsenmeuchler!" „Ein etivas auffälliges Avancement, mutmaßlich auf Grund frül>erer Beziehungen zu dem betreffenden Fleischermeistcr, nicht?" „Wüßte nicht wie! Allerdings vermag ein Hotelier die Privatverhältnisse seines großen Personals nicht im Auge zu behalten; Techtelmechtel gibt es immer und man ignoriert dergleichen, so lang« es nicht auffällig und dienststörend ist; während ihrer Dienstzeit im Hotel ließ sich jene Sina nicht viel zu schulden kommen, Klasschereien, die zu Dienstvernachlässigung den Fremden gegenüber und endlich zur Entlassung führten." „Hm! Weiß nicht recht, ob ich mir diese entlassene Person, die einzige, die noch im Orte weilt, nicht näher besehen soll!" Tschurtschbcrger zog die Uhr zu Rate im Gefühle, daß nun wohl der telegraphisch angesagte Sonderzug des Prinzen Egon samt Generalität und Gefolge fällig sein dürfte. „Alle Wetter! Nur noch wenige Minuten! Ent schuldigen Herr Kommissar, mich ruft der Dienst, ich muß Hoheit empfangen!" Damit war die Beratung zu Ende, ohne den ge- wünschten Erfolg für den Kriminalbeamten, der aufs neue suchen muß. Hildburger begab sich, nachdem Tschurtschbcrger gegangen und auch vr. Bier sich ent fernt hatte, in das Appartement Elwinens, um sich die gestohlenen Schmuckgegenständc des näheren beschreiben zu lassen. Frau Tauschkern war noch immer fassungslos ob des sie schwer treffenden Verlustes ihrer Juwelen, und nicht minder schmerzte die Enttäuschung in Bezug auf den Schwindler Winkelhofer. Wie glücklich hatte sich Elwine gefühlt in der Meinung, einen adeligen Gatten in Hof stellung errungen zu haben, versorgt zu sein, und nun ist der Traum und mit diesem ihr Vermögen zu Ende. Elwine schrie auf, als der Kommissar eintrat, und stammelte die Frage, ob auch sie dem Gerichte eingeliefert würde. Beruhigend sprach der Beamte: „Aber nein! Helfen möchte ich Ihnen, Frau Tauschkern, damit Sie Ihr Eigentum wieder erlangen; es hat aber Schwierigkeiten, wenn der verhaftete Winkelhofer der Dieb nicht ist. Ich glaube wirklich, der Mensch ist daran unschuldig, ein ge wöhnlicher Aufschneider!" „Müssen Sie darüber noch mit mir reden? Es ist mir eine entsetzliche Oual, die Enttäuschung gräßlich!" „Nein, nein! Allerdings werden Frau Tauschkern vor Gericht citiert werden und Zeugnis in diesem Betreff ablegen müssen. Für heute wünsche ich lediglich eine Be schreibung der Ihnen entwendeten Schmuckgegenstände, damit diese Beschreibung möglichst rasch zur Kenntnis der Juweliere in größeren Stählen gebracht werden kannN „Muß das sein?" „Gewiß! Auf diese Weise ist es möglich, den Ver käufer Ihrer Juwelen abzufassen und dem Gericht ein- zuliefern. Möglicherweise kommen Die wenigstens teil weise wieder zu Ihrem Eigentum!" „Ach Gott! Wird das Circular dann auch meinem verflossenen Gatten zugemittelt?" „Selbstverständlich! Tauschkern ist ja eine der ersten Firmen dieser Branche in Wien. Das müssen Sie doch besser denn ich wissen!" „Aber das möchte ich eben vermieden wissen!" jammerte Elwine. „So? Weshalb?" ,/Was wird Tauschkern denken, wenn er erfährt, baß mir die Juwelen, meine Alimentation, gestohlen worden sind!" „Sie sind doch von Tauschkern geschieden, es kann Ihnen also gleichgültig sein, was der Mann von Ihnen denkt?!" Elwine ward in hohem Maße verlegen. DaS entging dem Beamten nicht. Es ward ein Ver dacht rege. ,Zat Tauschkern Ihnen die Juwelen frei willig als Alimentation gegeben, mit einem Verzeichnis derselben und Stipulierung der Wcrtsummen?" Befangen stammelte Elwine: „Wir einigten uns außergerichtlich hierüber, die Scheidung ist aber vom Ge. richt ausgesprochen worben." „Hat Tauschkern Ihnen die Juwelen persönlich auS- gefolgt oder durften Sic selbe im Geschäft auswählen?" „Oh Gott, machen Sie mich nicht noch unglücklicher, als ich schon bin!" „Wieso?" „Ich kann nicht weiter darüber reden!" ,^Hm! Nun muß ich das Verzeichnis von Herrn Tauschkern einholen!" „Weshalb?" „Es muß kontrolliert werden, ob seine Angaben mit Ihrem Verlustverzeichnis übcreinstimmenl" „Großer Gott!" Deshalb Ihre Angst vor solcher Kontrolle? Oder haben Sie vielleicht, ohne Wissen Ihres Gatten, ein!-« Gegenstände — hm — zur «ufrundung der Wertsumme — mitgenommen?" Elwine schluchzte unter einem Träncnstrome. ,^Hm!-Bedaure sehr, ich muh Ihnen nun die einst weilige Sistierung ankündigen! Sie dürfen das Hotel
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