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Dresdner Journal : 19.02.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-02-19
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188402192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840219
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-02
- Tag1884-02-19
- Monat1884-02
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 19.02.1884
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Amtlicher Theil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Baumeister Hartmann Kaiser zu Zwickau daS Ritterkreuz I. Claste vom Albrechtsorden zu ver leihen. Mit Allerhöchster Genehmigung ist dem Direktor der Wirkschule zu Limbach, Gustav Willkomm, und dem Hauptlehrer an der kunstgewerblichen Fachzeichen schule zu Plauen i. B., Richard Hofmann, daS Prädicat als „Professor" verliehen worden. '-k '_—»H-' ... '»>> Nichtamtlicher Theil. Telegraphische Nachrichten. Rom, Sonntag, 17. Aebrnar, Atzend-. (W.T. B.) Die „Agenzia Stefani" meldet: Der Regie rung ist von Civita - Lecchia die Rachricht znge- gangen, daß in der vergangenen Nacht zwischen Montalto und Corneto 4 bewaffuete Individuen bei der Borbeifahrt de- Hofzuge-, In welche« sich der König auf der Rückfahrt von der Jagd be fand, auf den die Strecke bewachenden Larabinier schossen. Der (Larabinier gab 6 Schüsse ab, durch wrlcvr eine- der Individuen verwundet wurde, uad nahm eine von den Individuen gegen ihn geschleu derte, mit Pulver gefüllte Flasche in Beschlag, an welcher sich ein angezündeter Zünder befand. Die Individuen entflohen. Der Oberst der Caratzi- nirrS und die Behörden find zur Lvrnahme von Recherchen an Ort und Stelle abgegangeu. Rom, Montag, 18. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Der „Popolo romano" und die „Opi- nione" veröffentlichen eine Depesche de- Bürger meister- von Corneto, welche bestätigt, daß in der Nacht vom 16. zum 17. d an der Grenze de- Gebiete- von Corneto gegen To-cana hin eia von Seiten einiger Unbekannten drabfichtigtr- Atten tat auf den diese Gegend pasficrnden Hofzug be gangen worden ist. Der Carabinirr Lartechio verhinderte dir Ausführung de- Plaue-, indem er die Leute zwang, sich zurückzuziehrn. Der Ge- meiuberath von Cornets beschloß gestern »in-im- mig, feierlich gegen da- Attentat zu protrstiren und Laricchio eia» Belohnung von SVK Lire- z» gewähren. Berlin, Montag, 18. Februar, vormittag-. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Der Krieg-ministrr, Ge- nerallikutenavt Brousart v. Schellendorf hat sich gestern Nachmittag- zum Besuche de- Reich-- kanzlrrS nach Ariedrich-ruh begeben. Karlsruhe, Montag, 18. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Gestern wurde in Weildorf bei Konstanz eine zahlreich besuchte Baurrnversawm- lung abgrhaltrn, welche al- Programm eine- zu gründenden Bauernverein- die Rrformvorschläge de- badischen Agrarier- Arhru. v. Hornstein an- nahm. Pari», Sonntag, 17. Februar, Abend-. (W. T. B.) In einer heute stattgrhabten, von etwa 3009 Personen besuchten Versammlung der Bonapartisten und J-römisten wurde durch Necla- mation ein Antrag angenommen, in welchem dir Revision der Verfassung und die Ernennung einer constituirendeu Versammlung gefordert und gleich, zeitig verlangt wird, der Bevölkerung wieder da- Recht zu geben, da- oberste Staat-oberhaupt direct zu wählen. *) Nachdruck verboten. D. Red. Die Abendblätter erklären e- für unbegründet, daß dir Minister de» Innern und der Justiz be absichtigten, wegen der gestrigen Abstimmung der vrputlrtr»ka««er über da- Amendement Goblet (vergl. unsere Pariser Correspondenz unter „Taaes- geschichte") ihre Entlassung zu nehmen. Die Re gierung habe keiar-weg- bei der Abstimmung die vertraueu-frage gestellt. Loudon, Sonntag, 17. Februar, Abends. (W. T.B») Rach einer Meldung au- Shanghai vom heutigen Lage ist der vicekönig von Nanking sei ne- Amte» enthoben und durch Lseng-Kuotschuaa ersetzt worden. London, Montag, 18. Februar, Mittag-. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) „Reuter- Office" meldet au- Char tum: Der General Gordon ist heute früh in Chartum angekommeu. Belgrad, Montag, 18. Aebrnar.' (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Dat Ministerium Christict hat seine Entlassung gegeben. (Bgl. die „TageSge- schichte") Ein Cabinrt Garaschanin hat sich con- stttuirt. Die Portefenille- find in folgender Weise vertheilt: Garaschanin (zuletzt Gesandter in Wien), Präsidium und Aeußere»; Novakovict, Innere»; Kujuudzic», Cultu»; Marinkovict (bisher Richter am CassationShofe), Justiz; Pavlovico: Finanzen; Oberst Petrovic», Krieg; Oberst Protic», öffeut- lichr Bauten; Gudovic», LolkSwirthschaft. Kairo, Montag, 18. Februar. (Tel.d.DreSdn. Journ.*) Der General Graham ist gestern Abrnd- mit dem Reste de» Erpeditiou-cvrpS nach Suakiu abgegangea. Der Zweck der Expedition bleibt auf die Entsetzung vou Tokar beschränkt. Einer Meldung au» Suakiu zufolge eröff- neteu die Aufständischen gestern früh da» Feuer auf die Befestigungen, zogen sich aber später zu rück uad wurden vou Eavallerie »erfolgt. Der britische Geueralcousul Baring erhielt gestern Abend» eine Depesche au» Chartum, welche besagt: Eine »o« General Gordon er lassen« Proklamation anerkenne den Mahdi al» Sultan von Kordofan und kündige den Erlaß der Hälfte gewisser Steuern an. Bezüglich de» Telaveavertrages trete keinerlei Einschränkung eia. Die Proclamatioa soll bei der arabische» Be völkeruag von Charta« eiaea güastigen Eindruck gewacht haben. *) Nachdruck »erboten. D. Red. Dre»deu, 18. Februar. Nach einer 2 tägigen Redeschlacht hat das öster reichische Abgeordnetenhaus am vorigen Freitage die beiden Ausnahmeverfügungen der Regierung genehmigend zur Kenntniß genommen, indem es mit überraschend großer Mehrheit die Verordnung hinsicht lich der SuSpendirung mehrerer Artikel der Staats- grundgesetze für Wien und das nächstliegende Gebiet für gerechtfertigt erklärte und die Einstellung der Schwurgerichte für die Gerichtssprengel von Wien und Korneuburg billigte. Man sah die Zustimmung des Hauses sür beide Verordnungen voraus; aber man hielt bloS eine knappe Mehrheit für wahrscheinlich. DaS Resultat der Verhandlungen bedeutet nicht nur eine neue politische, sondern auch eine schwere mora lische Niederlage der vereinigten Linken. Die Stellung nahme der deutsch-liberalen Opposition erschien von allem Anfänge an in einem eigenthümlichrn Lichte wenn man sich erinnert, daß es die deutschliberale, Partei war, welche im Jahre 1869, al» sie noch die Firma „VerfastungSpartei" trug und daS StaatSruder in der Hand hatte, da» Gesetz, auf Grund dessen das jetzige Cabinrt seine Ausnahmeverfügungen erlassen hat, zu Stande gebracht hat, um eine Bewegung in der tschechischen Bevölkerung von Prag und Umgegend niederhalten zu können. WaS der deutsch-liberale Mi- »oritätSbericht und die Redner der deutsch liberalen Partei gegen die Ausnahmeverordnungen de» Cabinet- Taaffe zu Tage gefördert haben, zeugt zwar von „wahrhaft liberalem" Geiste; ob aber durch die Taktik dieser Partei, welche dem Gegner gleich von vornherein alle möglichen schlechten Absichten unterschob und welche es darauf abgesehen zu haben schien, ihre „Re gierungsunfähigkeit" wieder einmal in möglichst eklatanter Weise zu offenbaren, die Interessen de» österreichischen DeutschthumS gefördert worden sind, erscheint denn doch mehr, al» zweifelhaft. Ein grober politischer Fehler war jedenfalls nicht min der die Kritik, netche mehrere Redner der deutsch- liberalen Opposition an dem Votum des obersten Ge richtshofes über die SuSpendirung der Geschworenen gerichte übte»; denn die Aussprüche de» obersten Gerichtshofes tvaren bisher namentlich von der Linken mit Vorliebe gegen die Regierung auSgebeutet und hochgehalten worden. Aber auch aus die Zustimmung der Bevölkerung Wien» konnte die vereinigte Linke nicht rechne». Im Wiener Gemeinderathe, welcher sich sonst viel und gern mit politischen Ereignissen von einschneidender Bedeutung in Wiener Verhältnisse zu befassen pflegt, wurde am 5. d. der Antrag gestellt, in einer Eingabe an daS Abgeordnetenhaus um die mög- lichst enge Einschränkung des Ausnahmezustandes auf die rein anarchistischen Bestrebungen zu petitioniren. Eine große Mehrheit dieser städtischen Körperschaft be schloß jedoch nach kurzer Debatte, über diesen Antrag zur Tagesordnung überzugehen Oeffentlich wurde al» Grund angegeben, daß ja die Stadt Wien ohnehin ihre Vertreter im Abgeordnetenhause sitzen habe; unter der Hand wurde jedoch von maßgebenden Mitgliedern de» RatheS die Parole ausgegeben, ein solche» Ein greifen von Seiten der Gemeindevertretung sei im Augenblicke nicht zeitgemäß. Die Wiener Gemeinde- räthe haben sich wohl erinnert, wie die Märzrevolution 1848 zu Stande kam. Sie trauen dem Proletariat nicht, da» jedenfalls gereizt und revolutionssüchtig ist. Die politische Opposition hätte unter diesen Verhält nissen ihre regierungsfeindliche Action fallen lassen und ihr politisches Parteiinteresse dem höher» staatlichen Interesse unterordnen sollen; denn in dem Kampfe gegen da» verbrecherische Treiben jener Umsturzmänner, die ihre Doktrinen mit dem Revolver, mit Dolch und Dy namit verfechten, kann und darf e» keine Partei unterschiede geben. Die Bevölkerung von Wren ist mit den von der Regierung erlassenen Ausnahme- Verordnungen vollkommen einverstanden und räumt ihr gern jene Vollmachten ein, die ihr zur wirksamen Be kämpfung der Anarchisten und ihrer verbrecherischen Pläne nothwcndig erscheinen. Durch Berücksichtigung der vorstehend mitgetheilten Umstände ist ohne Zweifel die unerwartete Mehrheit von 40 Stimmen zu Stande gekommen, welche sich für die Maßnahmen der Regierung aussprach; denn die schließliche Haltung der Linken contrastirte auf fallend mit den Reden ihrer Führer von Tag» zuvor. In nicht geringem Maße trug zu diesem Resultate auch bei, daß eine Anzahl von Mitgliedern der Linken, welche für die Anträge der Minderheit ihre Stimme abgegeben hatte, nach deren Ablehnung gegen den Vor schlag der Mehrheit nicht mehr austreten wollte, son dern den Saal verließ. Sie theilten die Ueberzeugung von der Unerläßlichkeit gewisser außerordentlicher Maß nahmen zur Sicherung der Ordnung, zur Entmuthigung der Verbrecherthum», da», in anderen Ländern einer kräftigen Repression begegnend, Oesterreich zum Schau platz« blutiger Experimente erkoren hat. Die (alte) „Presse" schreibt: „2 Tage hat der Kampf gedauert, und von der einen Seite wurde mit einer Leidcnschaft, emer Gluth gestritten, al» wäre e» Jemandem, fast 100 Jahre nach der Proclamirung der Menschenrechte, eingefallen, diese zu ncgiren und gesetzlich zu bestreiten. Tie Linke hatte die Frage der Ausnahmeverfügungen zur Club- und dadurch in Wirklichkeit zur Parteifrage gemacht, und ihre Sprecher ließen ganze Raketen- vattenen aufsahren. Da kommt der Augenblick der Entscheiduna; man steht vor der Abstimmung. Was ist daS? Die Bänke der Linke» weisen Lücken auf, und vergebens sucht man Abgeordnete, die sonst immer mit der Opposition durch Dick und Dünn zu gehen pflegen. Da» ist die erste Uederraschung Der Präsi dent liest den Anttag der Minorität vor. ES hat geheißen, die Linke werde uamentttä'e Abstimmung verlangen, und so wenig wir für diese zeitraubende Procedur schwärmen, in diesen, Falle hätte» wir eine namentliche Abstimmung gerechfertigt gesunden; aber weder der Abg. Or. Kopp, noch Or. Rech- baner, noch Hr. v. Chlumecky, welche sonst diese An träge zu stellen pflegen, erheben sich. Die vereinigte Linke will keine namentliche Abstimmung. Das ist die zweite Uederraschung. Der Abg. Fürnkranz stellt doch einen diesbezüglichen Antrag, findet aber nicht die »öthige Unterstützung Dies Mal documentirte die vereinigte Linke ostentativ, daß sie geheim gestimmt wissen wolle. Sofort zeigte es sich, warum: mit >77 gegen 137 Stimmen nahm das Haus die Anträge der Mehrheit an; wäre der Antrag der Minderheit früher zur Abstimmung gelangt, er wäre m,t noch größerer Stimmenzahl abgelehnt worden. Di« ganze Rechte und der Coroniniclub mit wenigen Ausnahmen stimmten für die Verordnungen; auf der Linken fehl ten 12 bi» 1» Abgeordnete. Damit war der Tag entschieden, und auch die Annahme der zweiten Ver ordnung erschien gesichert. Die Linke wurde im letzten Augenblicke, trotz des bindenden Clubbeschlusses, von einer Reihe ihrer Anhänger verlassen, und nie war die Majorität der Rechten so groß, wie bei dieser Ge legenheit." Für das Verhalten der Linken dürften einiae Worte kennzeichnend sein, welche ein Führer der Verfassungspartei vor der Abstimmung in den Cou loir» äußerte: „Wenn wir namentlich abstimmen lassen, so laufen uns noch mehr Leute weg." In diesem Falle vermochte sich eben weder auf der Linken, noch aus der Rechten die Solidarität aller Mitglieder mit dem letzten Worte der Parteileitung zu behaupten, und so verzichteten beide Theile auf das Gepränge der namentlichen Abstimmung. Auf beiden Seiten wurde Verzeihung für das Abweichen von den Club- beschlüssen ertheilt. DaS Resultat der Abstimmung wird selbstverständ lich in den Wiener Blättern lebhaft erörtert; doch kann constatirt werden, daß auch im entschieden oppo sitionellen Lager eine beruhigtere Stimmung Platz gegriffen hat, und daß man zumeist die Erklärungen des Ministerpräsidenten Grafen Taaffe als eine Bürg schaft dafür ansieht, daß die Ausnahmeverordnungcn keinen Anlaß zu politischen Vexationen geben werden. Die„Neuefreie Presse" schreibt: „DasMinisterium besitzt nun die Zustimmung deS wichtigsten Factor» der Gesetzgebung, desjenigen, dem die Obhut der Ver- fassnngSrechte in erster Reihe obliegt. Die Erfahrung wird lehren, ob die Anwendung der Ausnahmemaß- nahmen strict im Geiste der Zusicherungen erfolgen wird, welche der Ministerpräsident im Ausschüsse und »m Plenum des Hauses ertheilt und welche der Justiz- minister wiederholt hat. Man kann es heute in allen -nspirirten Blättern lesen: das Ausnahmegesetz, die absolutistische Oase inmitten der parlamentarischen Wüste, ist eine Schöpfung der deutsch-liberalen Partei. Wir wissen nicht recht, ob da» ein Vorwurf, oder ein Ruhm Ul'.lV,' Hisss Feuilleton. Ridigirt von Otto Banck. Balsams. Nach den vtitthcilungen eine» österreichischen Bildhauer« Erzählung vou Robert Waldmüller. (Ed. Duboc.) (Fortsetzung.) Ter Anwalt de» Fürsten war auf den Wunsch des Letzter» zu dem abendlichen Geschäft eingetroffen. Er, der Fürst, della Porta und ich traten dann im Bilder zimmer zu dem Verhör Balsamo'S zusammen; der Meister Sensenschmied, dem die Neugierde in seiner Werkstatt keine Ruhe gelassen hatte, wußte sich mit einzuschmuggeln, und endlich ließ sich auch Balsamo zum Eintreten bewegen, nachdem man ihm klar ge macht hatte, e» handle sich um etwa- Andere», al» um die Frage, ob er wieder wandern müsse, oder ob er im Orte bleiben dürfe. Der Anwalt führte das Wort und ich hatte das Protokoll übernommen. ES zeigte sich aber bald, daß diese sormelle Art unserm Zwecke nicht förderlich war. Balsamo hatte, so schien e», angesichts deS feierlichen Apparates, alle heute Morgen an ihm wahrgenomn ene Unbefangenheit eingebüßt, und auch die gutmüthigrn Zureden de» Meister» wollten nicht verschlagen, zumal al» der Anwalt ihn durch geschickte Kreuz- und Qucr» fragen in Widersprüche za verwickeln sucht«, ließ er sich» nicht länger auSrrden, so schien e», man geh« darauf au», ihn al» Vagabund in Ungelegenheiten zu bringen, und er rief, er gehe lieber wieder über die Berge, als daß er sich hier die Schlinge um den Halt legen lasse. Der Meister gab endlich zum Besten, was ihm Balsamo früher in minder mißtrauischer Gemüths- verfaffung über seine Fahrten und Streiche vertraut hatte, zum Theil mit Angabe bestimmter Aufenthalte, so namentlich seine Flucht aus Roveredo, wo ihm bei einer Prügelei feine gemiethete Drehorgel zum großen Schaden de» Vermiethers in Stücke gegangen sei, ein Beispiel von vielen für die Berechtigung seiner Sorge, man könneZihm noch hier und da etwa» am Kleide flicken wollen, wenn er unvorsichtig genug sei, zu verrathen, wo er allenthalben seinen Unterhalt gesucht habe. Am wenigsten schien er selber über da» Ohr gehänge zu wissen. So lange er denken könne, habe er eS immer getragen, sagte er. Al» er ein Mal im Winter so unvorsichtig gewesen, in seinem dünnen Röckchen über einen großen, himmelhohen Bergpaß zu wandern, sei ihm da» rechte Ohr erfroren, und da habe er sich mit dem Gedanken getröstet, wenn man ihm das erfrorene Ohr nun abnehmen werde, so be komme er wtnigstenS endlich die beiden Goldplättchen frei und könne sich dafür ein paar weiße Mäuse kau fen, dazumal eine beliebtere SehenSwüidigkeit al» Affen und selbst Bären. Aber in einem Hospiz, wo man sich seiner angenommen habe, sei da» erfrorene Ohr so lange mit Salben tractirt worden, bi» e» wieder gesund geworden sei und so habe er denn nicht zu seinem Schatze gelangen können Wozu man über alle» Die» aber Auskunft verlanq«, fragte er immer von Neuem, und da wir dem Meister unser Befremden zu erkennen gaben, daß Balsamo von seinen Schmiede- genvssen nicht im Laufe de» Tag» schon in den Zweck des Verhörs eingeweiht worden sei, erwiderte der Meister, er habe geglaubt, dies verhindern zu sollen, und habe daher Balsamo, sobald der Fürst von der Schmiede fortgefahren gewesen, mit einem Dutzend Sensen in die Schleifmühle mitgenommen; während der vorausgegangenen Wochen sei aber unter den Ge sellen von nichts Anderm geredet worden, als von einer Lohnabminderung, die er, der Meister ihnen für Anfang nächsten MonatS angekündigt habe. Der Fürst sagte dem immer ungeduldiger und in seinen Antworten immer zurückhaltender gewordenen Balsamo denn endlich, warum man ihn so ausfrage und daß eS sich um die Ermittelung eine» Sohne» handle, der gerade in dem Alter stehen müsse, auf das Balsamo sich taxirt habe. Er fügte hinzu: „Ich habe schon öfter mich trügerischen Hoffnungen hingegeben und habgierige Menschen sind mir dabei mit allerlei Vorspiegelungen an die Hand gegangen; es ist einigen nicht zum Besten bekommen und ich werde in allen solchen Fällen künftig noch viel weniger Nachsicht walten lasten. Ich verkenne aber nicht, daß die Ver suchung groß ist, und da ich selbst solcher Art Schuld bin, daß Leute in Versuchung geführt werden, so thue ich da» Meinige, um sie bei Zeiten zu warnen. Du bist ein armer Schlucker, Balsamo. Man hat Dich vielleicht darauf geschult, Dich so zu behoben, daß ich in Dir meinen Sohn vermuthe, und um besser zum Ziele zu kommen, spielst Du hier nun den langjährig al» Vagabunden Umhergestrichenen. Ich verliere aber ungern meine Zeit und noch ungerner die Fähig keit, mich vertrauensvoll hinzugeben. Du thust mir also einen Gefallen, wenn Du, falls ein solches Schel menstück in Deinem Plane liegt, Dir «S jetzt gleich hier auf der Stelle von mir gut bezahlen läßt und eS also eingestehst." Er zog eine Brieftasche hcrvor, öffnete sie und nahm ein gewässertes Papier heraus. „Verbürgen Sie sich, meine Herren, für mein Wort?" wandte er sich zu uns. „Ich sichere diesem jungen Menschen hier neben völliger Straflosigkeit diese Tausend-Gulden-Note zu, für den Fall er seine Ans agen in solcher Weise sofort widerruft, daß die Ab icht einer von ihm gehabten Täuschung nicht zweisel» -ast erscheinen kann. Hier lege ich die Note auf den Tisch. Sie ist für jenen Fall sein freies Eigenthum. Bürgen Sie für mein Wort?" Wir erhoben Einwendungen, wollten nicht zngeben, daß ein etwaiger Betrug so reichen Lohn finde, und riethen, den von Balsamo gemachten Aussagen erst nachforschen zu lassen und ihn inzwischen festznhalten. Aber der Fürst wiederholte, er wolle nur unsere Bürgschaft. Schon litt er selbst bei dem Gedanken, daß sich die Ausdrücke Betrug, Täuschung nnd Schel menstreich in eine Verhandlung mischten, die vielleicht zwischen einem Vater und seinem endlich ihm wieder von dem Schicksale entgegengeführten Sohne stattfand. Wir bestätigten natürlich, daß der Fürst unfähig sei, ein gegebenes Wort zu brechen. Und Balsamo? Bon dem ersten Augenblicke an, wo der Fürst den Zweck de» mit Balsamo vorgenommenen Ver hörs enthüllt hatte, war der junge Mensch wie eine Bildsäule dagestanden, aber wie eine von Pur- vurgluth übergossene Al» die Tausend-Gulden- Note zum Vorschein gekommen war, hatte sein Athem gestockt und seine Hand hatte — war e» vor Gier oder vor zornigem Stolze gewesen? — wie
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