Wochenblatt PreiS; vietteljäb» rig« Pränumeration s ngr. in's HauS, s ngr, bei Abho lung in der Expe» dition. für Zschopau und Umgegend. (Jeden Sonnabend eine Nummer.) JnsertionSgedühren werden die Zeile oder deren Raum mir i ngr. berechnet. .HL 46. Sonnabends, den 18. November 1854. Eine Begebenheit aus dem Leben Äung-Stillings. (Schluß.) Als ich am andern Morgen aus dem Colle gium zu Stilling kam und nach dem Blinden ftagte, führte er mich in ein nettes, gesundes Stübchen. Da saß der blinde Greis recht be haglich in einem Lehnstuhle und rauchte sein Pfeifchen. Stilling erzählte, daß er ihn untersucht habe, aber die Operation aufschseben müsse, weil er dafür halte, daß die Nahrung, welche der Greis bis jetzt genossen, zu »«kräftig gewesen sei, viel leicht selbst zu ungesund; daß er fürchten müsse, seine Säfte seien nicht rein genug, kräftig zur Ge nesung hinzuwirken; deswegen wolle er ihn einige Zeit hier behalten und ihn pflegen. Der Greis schien unendlich vergnügt zu fein und Jung-Stilling sprach viel von seinem kind lich frommen Wesen und wie er ihn so lieb ge wonnen habe. Etwa vierzehn Tage später sagte mir Jung- Stilling: Kommen Sie doch morgen frühe zu uns, ich gedenke die Operation des Blinden yor- zunehmen; mehrere andere Freunde sind auch geladen. Ich fand eine ansehnliche-Zahl Männer un serer gemeinsamen Bekanntschaft versammelt, und wir vereinigten uns sogleich zu einer Collecte für den Armen, die reichlich ausfiel. * Die Hofräthin zeigte uns mit besonderer Freude eine wollene Sackmütze, welche zinnoberroth und weiß in die Quere gestreift war.- Sie hatte solche für den Greis gekauft. Sie waren theucr und bildeten den Sonntagsnachmittagsstaat reicher Hessischer Bauern, die sie lang zur Seite herun terhängen ließen, daß die dicke roth und weiße Troddel sich auf der Schulter wiegte. Noch an dere Geschenke, namentlich Hemden, an denen ' es dem armen Manne gebrach, Kleidungsstücke und dergleichen, welche die edle Frau theils selbst aus dem Schranke des Gatten geliefert, theils für den Greis wirklich zusammen gebettelt hatte, lagen da, um ihm nachgeschickt zu werden.- Endlich rief uns Stilling in den Saal durch den Ton der Glocke. Als wir eintraten, kam er mit dem Greise an der Hand aus dessen Stüb chen. Es lag auf Beider Antlitz eine wahre Ver klärung; denn sie hatten durch inbrünstiges Ge bet sich vorbereitet zu dem wichtigen Werke und der Nachglanz dieser Erhebung des Herzens lag noch auf Beider Zügen. Der Greis setzte sich; Die Fenster wurden grün verhängt, daß nur ein Wattes Dämmerlicht im Gemache glänzte. Mir, der ich eine feste Hand hatte, wurde die Obliegenheit zugetheilt, des Greises Kopf zu halten, damit er nicht zucke! Jetzt ergriff Jung-Stilling die Radel. Wie es mir in diesem Augenblicke war, kann ich nicht sagen. Ich wagte kaum zu athmen. Die Operation ging ziemlich rasch, mit großer Sicherheit und, wie es schien, ziemlich schmerz los vorüber. Gottlob! rief Stilling aus, es ist geschehen! Jetzt hielt die Hofräthin dem Operirten die Mütze bin und er rief aus: Ach Gott, was eine schöne Kappe! Sie ist Euer! sagte sie. Mein? fragte freudig überrascht der Greis. Da richtete er das Haupt empor und sah in Jung-Stilling'ö thränenschweres Auge. Ach ich sehe! rief er aus, und das verdank' ich Ihnen! Nicht mir, sagte Stilling mit einer Stimme, die vor Wonne und Rührung zitterte, sondern dem Gotte der Gnade, der auch zu Euch sprach: Cs werde Licht und es ward Licht! Da faltete der Greis die Hände, sank auf seine Knie nieder und betete. Darauf wollte er Stilling's Hände küssen, aber blitzschnell schlang ihm dieser eine Binde um die Augen und sagte: Es ist hohe Zeit, wenn' nicht Alles verloren werden soll. Er verordnete nun ein Recept in die Apo theke und führte den Greis in das Stübchen, das ebenfalls dunkel verhängt war, wo er sich zu Bette legen mußte. Als Stilling heraus trat, umringten wir ihn und drückten tiefbewegt seine Hände; aber reden