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Dresdner Journal : 14.05.1873
- Erscheinungsdatum
- 1873-05-14
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187305149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18730514
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18730514
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1873
- Monat1873-05
- Tag1873-05-14
- Monat1873-05
- Jahr1873
- Titel
- Dresdner Journal : 14.05.1873
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^§110 Mittwoch, den 14. Mai. 1873 Fkoiuwmeuttprels« r IlQ Ü«ut»vd«» L«icd«: ^SLrliet, . . . k Hilr. ^^Ltu-Iietl: 1 rdlr. lb Lünews XAmmern: 1 1 zr. Ivkr«»»»,» tritt ^LNrUeti L Drir ktvwpvI^vbüNr, »»»»»rwUd 6«» 6eut»vt»e a RsioLv« ko»t- m>U 8telupviru»odl»8 diniu los^r tviipr«l»e: kür 6ev kLuru einer s^spLlteosn 2eUs: H^r. tintvr „Lio^ostu-at" äie 2«ils: 3 H^r. LrsoNeluen: * i , wit XnsQLllins 6er 8enn - nvü keiertL^e, -tbenü» kür üvn koi^eaüeu DresdnerÄmMl. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Iiii!«r»ten»»oi»t>ine »»««Art«: k'r. LranÄutktter, Oowmi»!lc>uLr 6s» * Oresciner 3onro»l»; «deoüitg.: H«Ae»t kort u. kt. k'rei/er, U^mdurss-NsrN»- Vi«o-I.«ip»i8-v8»«I-Lr«,l»u-rr»o>lturt» H.: <t kvA/rr,' Lsrlio-Vi«i>Hamburg-kr»8-l<«ipri8'k'r»iül- turr «.« «üocdvn: ^u-/. A/oE, Nerli»: kk< te»i«ver, k»rci/><tkn<tan^,// , Nr«meo , Lrb»- I»u: ,Äo»<Ak»'»liüre!»u; vkomoitr: k'r. i'oiat, kraolc- turt» I« : k,' korAr^'»c>ie u.^ t,'. ^/rrmci»<»'8< lu: liucliti., /)a«!,e<k 0o.;6örUtr: k»/»Lvnovsr / k»ri». ^/ava«, /.a/itte, /tut/i>r<k t>'u. 8tutt8»rt: k-aubs t0 ^o., üültct. Annoncen-Lüreai«, Vivo' ^U. O^-ettL. Hvr»u»isek«r: * XLoibl- Lrpeüition <1e« Oresüosr kourosls, öresüen, tl^rbsretiren^^sv Xo. 1. Ämtlicher Theil. ' Dresden, 9. Mai. Sc. Majestät der König haben dem pensionirten Untcrsteuereinnehmer, Rendant Johann Gottfried Marschner in Oschatz die zum Verdienst orden gehörige goldene Medaille allergnädigst zu ver leihen geruht. Verordnung, eine Erläuterung von tz 12 des Straßenbaumandats vom 28. April 1781 betreffend; vom 30. April 1873. Wir, Johann, von Gotte» Gnaden König von Sachsen rr. re. te. verordnen auf Grund hierzu ertheilter ständischer Er mächtigung wie folgt: Die Bestimmung in 8 12 des Straßenbaumandats vom 28. April 1781 wegen Vergütung des Straßen- baumaterials wird dahin erläutert, daß künftig das zum Straßenbau benöthigte Material im Mangel einer freien Vereinbarung nach drm durch Sachverständige ermittelten wahren Zeitwerthe vergöret werden soll. Dresden, am 30. April 1873. (I.. 8.) Johann. Richard Freiherr von Friesen. H. Nichtamtlicher TM. Uebersickr. Telegraphische Nachrichten. ZritungSschan. („MontagS-Revue".) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Frankfurt a. M. Straßburg. Metz. München. Wien. Paris. Brüssel. Basel. Rom. London. St. Petersburg. New-Uork.) Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Pirna. Meißen. Bautzen. Freiberg. Radeberg. Wurzen. Kolditz. Kieritzsch.) Vermischtes. Statistik und VolkSwirthschaft. EingesandteS. Feuilleton. Inserate. TageSkalender. Börsennach- richten. Beilage. Deutscher Reichstag (Sitzung vom 12. Mai.) TeltyrnMsche Nachrichten. Berit«, DtrvStag, 1». Mai, Nachmittags. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Abgeord netenhauses brachte der Kinauzmtnister Camp hausen einen Entwurf ein, betreffend die Verwen dung deS, Preußen auS der KriegScontribution zu fallenden Betrages von LO'ü Millionen. Derselbe soll zur Tilgung der 4^procrntigen Anleihe, mit Ausnahme der Anleihe von 1856 zu Eisenbahn- zwecken, anßerdem zur Anlage in Wechseln, Lom barddarlehen und Staatsobligationen verwendet werden. Pesth, Montag, 12. Mai, Abends. (W.T. B.) In der heutigen Sitzung deS Unterhauses erklärte der Finanzminister Krrkapolyi, daß die ungarische Regierung zu der von der österreichischen Regie rung verlangten Suspendirung des zweiten Ab- satzeS des H14 der Bankacte ihre Einwilligung ge geben habe. Bern. Montag, 12. Mai, Abends. (W.T.B.) Der Bischof Lachat hat in einem Schreiben an den Bundesrath dir Erklärung abgegeben, daß, ob gleich er sich immer noch als Bischof der ganzen Diöcese Basel betrachte, er nichtsdestoweniger be hufs Vermeidung größerer Conflirte gewisse Mo difikationen in der Jurisdiction über dieselbe ein- treten lassen werde. Rom, Montag, 12. Mai, AbendS. (W. T. B.) Der König bat einen detaillirten Bericht über die gestrigen Ereignisse (vergl. unter „Tagesgeschichte") verlangt. Die Regierung ergriff energische Maß regeln, um jeden Versuch einer Ruhestörung sofort zu unterdrücken. Weitere Verhaftungen find vor- genommen worden. Dir gestern Verhafteten ge hören dem Ardeitrrstande an. I, der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurden die gestrigen Vorfälle gleichfalls besprochen. Doda und Cairoli tadeln daS Verbot des Mee- tingS, welches sie als illegal bezeichnen. Der Mi- nisterpräsibent Lanza we>st dir Berechtigung der Regierung zu dieser Maßregel nach und fügt hinzu, daß die Regierung, während das Parlament daS Klostergesetz derathe, Presfionsversuche nicht ge statten könne. Sodann wurde die BerathunadrS Klostergesetzes fortgesetzt- Der Präsident der Com mission, Masi, vertheidigt den CommissionSentwurf, indem er die Ausführungen der Gegner widerlegt. Nach Schluß der Sitzung drmonstrirten einige vor dem SitzungSlocale der Kammer versammelte Individuen gegen mehrere Deputirte. Madrid, Montag, 12- Mai, Vormittags. (W. T. B.) DaS Resultat der Wahlen zur coustitut- renden Versammlung am ersten Wahltage, ist, so weit die bisherigen Nachrichten reichen, folgendes. ES find 138 Föderalisten, 9 Radikale, 2 Couser- vative, 1 Alphonsist und 1 unitarischer Republi- kaner gewühlt worden. DaS Gesammtergebniß läßt sich noch nicht völlig übersehen; man rechnet indessen darauf, daß 350 föderalistische und etwa 4V der Opposition aller Parteien angehörige De putirte gewählt werde». Für die Wahlen wurde die strengste Unparteilichkeit und die Beobachtung der vollständigsten Wahlfreiheit sowohl den Wäh lern, alS den Wahlcandidaten gegenüber allen Be- Hörden eingeschärft. Die Regierung hat zur Bekämpfung der Car- listenbanden in den nördlichen Provinzen eine Truppeuverstärkung von 6000 Mann abgeheu lassen. London, Montag, 12. Mai, AbendS. (W. T B.) Der „Great Eastern" hat daS neue franzö sische transatlantische Kabel an Bord genommen und wird morgen von Sbeerneß in See gehen, um darauf mit der Legung deS Kabels von Valencia nach Neufundland zu beginnen. Das Teleyraphenkabel zwischen Madras und Penang ist, hier ringetroffenen Nachrichten zufolge, zerrissen und die directe Verbindung mit China und Australien infolge dessen unterbrochen. Stockholm, Montag, 12. Mai, Nachmittags. (W. T. B.) Die feierliche Krönung des Königs und der Königin hat heute Mittag in der Storkyrka stattgefuuden. Der König legte den Weg vom Schlosse nach der Kirche, welche in ihrem festlichen Schmucke einen pracht vollen Anblick gewährte, trotz heftigen Regens zu Fuße zurück; die Königin bediente sich des Wagens. Eine unabsehbare Menschenmenge war versammelt und be grüßte das königliche Paar mit enthusiastischen Kund gebungen und endlosen Jubelrufcn. Die Specialgesand- tcn der auswärtigen Mächte, die übrigen hier accrckilir- ten Mitglieder des diplomatischen Corps, die Mitglie der des Reichstages und die hohen Würdcnträger wohn ten der Eeremonie bei. Dresden. 13. Mai. In Bezug auf die Börsenkrisis in Wien re- producirt die halbamtliche „Wiener Abendpost" einen Artikel der„Montags-Revue", in welchem es heißt: „Wir möchten alle Diejenigen, die jetzt nach der Re gierung schreien, fragen, warum ihnen gerade jetzt der Name des Finanzministers so geläufig ist? Wenn man dem Baron de Pretis die Rolle der Vorsehung vindi- cirt, warum hat man darauf nicht gemerkt, daß er mit der Verweigerung der Cote der Cartclbanken, mit der Hintanhaltung des Concessionsunfuges seine Warnungs zeichen gab? Wahrhaftig, es war nicht die persönliche Laune des Finanzministcrs, sich mit solchen Dingen und tausend Chicaneu selbst das Leben zu verbittern; er wußte, daß der altösterreichische Ruf „„Polizei"" in der Zeit der Noth wieder ertönen werde, darum stellte er sich noch früher auf den Platz, wo es gilt, die öffent lichen Interessen zu schützen. Tie Interessen der Börse fallen damit nur zum Theile zusammen, Anforderungen von Industrie und Handel gehen ganz darin auf. Darum hält es die Finanzverwaltung vor Allem für ihre Pflicht, Industrie und Handel vor Gefahren mög lichst zu schützen, und wir glauben versichern zu können, daß Baron de Pretis auf diesem Gebiete vor der Ucber- nahmc der größten Verantwortlichkeit nicht erschrickt, wenn es gilt, Hilse zu schaffen und Industrie und Handel auf recht zu erhalten. Die Regierung wird auch ihren ganzen Einfluß bei der Nationalbank dafür cinsctzen, daß sic im Escompte sich coulant erweise und bei dem engen Connex zwischen Industrie und Finanz in diesem kritischen Momente die bisher geübte strenge Scheidung zwischen Industrie- und Finanzwechsel hintansetze. So dürfen wir hoffen, daß der Medio und Ultimo dieses Monates glücklich vorüberzichen werden, und daß die Calamität einer Handelekrisis erspart bleibt, mit den vorhandenen normalen Mitteln. Gestaltet sich aber die Nothwen digkeit gebieterisch, zu außerordentlichen Mitteln für diesen Zweck zu greifen, so findet auch eine solche Si tuation die Regierung gerüstet." — Die aus Vertretern der allgemeinen österreichischen Bodcncreditanstalt, der Creditanstalt für Handel und Gewerbe, der nieder österreichischen Escompteanstalt und der anglo-österrei chischen Bank bestehende und vorgestern vom Minister präsidenten Fürsten Auersperg empfangene Deputation wurde übrigens auch von dem Letzter« darauf aufmerk sam gemacht, wie die Regierung schon seit längerer Zeit bestrebt gewesen sei, den mit den Gründungen und dem Börsenspiele verbundenen Gefahren und der Calamität einer vorauszusehendcn Geldkrisis, soweit es nur in ihrer gesetzlichen Macht stand, namentlich durch Restriktionen in der Ertheilung von Concessionen und Cotirungsbewilligungen, vorzubeugen. Lagrsgeichichlc. Dresden, 13. Mai. Vom Gesetz- und Ver ordnungsblatte für das Königreich Sachsen ist das 6. Stück vom Jahre 1873 in der Ausgabe be griffen. Dasselbe enthält: Nr. 39) Gesetz vom 21. April d. I., die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung betreffend; Nr. 40) Gesetz vom 21. April d. I., die Bildung von Bezirlsvcrbändcn urd deren Vertretung betreffend; Nr. 4l) Gesetz vom 22. April d. I., das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen betref fend; Nr. 42) Rcvidirte Städteordnung vom 24. April d. I.; Nr. 43) Städteordnung für mittlere und kleine Städte, vom 24. April d. I.; Nr. 44) Rcvidirte Land gemeindeordnung vom 24. April d. I.; Nr. 45) Gesetz vom 26. April d. I., das Volksschulwcscn betreffend; 9ir. 46) Gesetz vom 16. April d. I., zur Publication des Kirchengesetzcs wegen Errichtung eines evangelisch- lutherischen Landcsconsiftoriums betreffend; Nr. 47) Kir- chengcsctz vom 15. April d. I., die Errichtung eines evangelisch-lutherischen Landesconsistoriums betreffend; Nr. 48) Verordnung vom 15. Apnl d. I., den Ein tritt der Wirksamkeit des Kirchcngesctzes vom 15. April d. I-, wegen Errichtung eines evangelisch-lutherischen Landesconsistoriums betreffend; Nr. 49) Kirchengesetz vom 15. April d. I., den von jeder ordentlichen Lan dessynode zu bestellenden ständigen Ausschuß betreffend; Nr. 50) Krrchengesctz vom 15. April d. I., eine Ab änderung der Bestimmungen im tz 25, der Kirchenvor stands- und Synodalordnung über die Besetzung geist licher Stellen betreffend; Sir. 51) Verordnung vom 15,. April d. I. zu Ausführung des Kirchengesetzcs, eine Abänderung der Bestimmungen im 8 25 der Knchen- vorstands- und Synodalordnung über die Besetzung geistlicher Stellen betreffend. l- Berlin, 12. Mai. Der Reichstag trat in seiner heutigen Sitzung, welcher auch der Reichskanzler Fürst Bismarck beiwohnte, in die zweite Berathung des Kriegsleistungsgesetzcs ein und erledigte die ersten acht Paragraphen desselben fast durchgängig nach den An trägen der freien Commission, Abg. v. Winter (Ma rienwerder) u. Gen., welche eine gleichmäßige Verthei- lung und entsprechende Vergütung der Kriegsleistungen bezwecken und mit dem sich die Vertreter des Bundes raths im Allgemeinen einverstanden erklärt hatten. Vor her war die Interpellation des Abg. v. Denzin u. Gen., eine Vorlage über die Bestrafung des Contractbruches zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffend, durch eine, die Einbringung einer derartigen Gesetzvor lage zusagende Erklärung des Reichskanzleramtspräsi denten Staatsministers Delbrück allseitig befriedigend er ledigt worden. (Vergl. den Sitzungsbericht in der Bei lage.) — Se. Majestät der Kaiser ist in bestem Wohlsein aus St. Petersburg zurückgekehrt. Gestern Mittag hat Se. Majestät hier bereits wieder die Mit glieder des Staatsministeriums empfangen, längere Zeit mit dem Ministerpräsidenten conferirt und Nachmittags der vcrwittweten Königin Elisabeth in Charlottenburg einen Besuch abgestaltet. Die für heute früh beabsich tigte Fahrt zur Truppenbesichtigung in Potsdam hat Se. Majestät, der eingetretenen ungünstigen Witterung wegen, aufgegeben. — Am Sonnabend Nachts ist nach kurzem Krankenlager der Staatsminister a. D. v. Bodelschwingh im 73. Lebensjahre gestorben. Der Verewigte war in den Jahren 1851 bis 1858 und 1862 bis 1866 preußischer Finanzminister und ein hervor ragendes Mitglied der conservativen Partei, ja die „N- Z." bezeichnet ihn heute als den „Mittelpunkt der vom feudalen Lager ausgehenden Opposition gegen die Bis- marck'sche Politik", welche in Hrn. v. Bodelschwingh einen Gegner verliere, der immerhin in der Lage war, ihr Schwierigkeiten zu bereiten. — Nach den heutigen Abendblättern hätte bas Entlassungsgesuch des Handels ministers Grafen Jtzen plitz nunmehr die allerhöchste Genehmigung erhalten. Als sein Nachfolger wird be kanntlich der jetzige Unterstaatssecretär 1^r. Achenbach bezeichnet. — Von dem Entwürfe der neuen Slraf- proceßordnuna soll die Commission, welche den selben unter dem Vorsitze des Präsidenten Friedberg beräth, binnen 14 Tagen 128 Paragraphen und somit fast ein Drittel des Entwurfs erörtert und in fast un veränderter Weise angenommen haben. Man meint, daß die Commission bereits im nächsten Monat ihre Arbeit beendet haben wird. Frankfurt a. M., 11. Mai. Die Staatsanwalt schaft veröffentlicht im gestrigen Amtsblatt ein Verzeich-- niß der während des Crawalls vom 21. vor. M. ge stohlenen Gegenstände. Es befinden sich darunter 315 Paar Stiefeln, l5l Jaquets, 78 Joppen, 222 Paar Hosen, 50 ccmpl. Knabcnanzüge, 127 Dutzend Messer und Gabeln, 62 Flaschen Champagner und Wein, un gezählte Schinken, Würste rc. Die Strafkammer hat übrigens gestern wieder eine Anzahl Tumultuanten, zu meist noch dem Knabenalter angehörig, zu Strafen von 3 bis 9 Monat Gefängniß verurtheilt, darunter meh rere Offenbacher, was um deswillen hervorgehoben werden mag, weil man sich von unserer betriebsamen Nachbarstadt aus gar viele Mühe gegeben hat, in den Zeitungen zu beweisen, daß sich kaum mehr als ein emsiger Offenbacher bei den Excessen betheiligt habe. — Wie das „Fr. I." erfährt, kam es gestern (Sonn abend) auf der Neckarbahn zu Ruhestörungen. Arbeiter, welche nach Hause fahren wollten, fanden nicht die nöthige Anzahl Plätze vor. Man ersuchte sic, so lange zu warten, bis neue Wagen angeschoben seien, was dieselben jedoch nicht wollten. Sie setzten sich in die Coupes erster und zweiter Klasse und woll ten dieselben, trotz der Aufforderung des Bahnpersonals, nicht verlassen, worauf Schutzmannschaft requirirt und nach einigen Verhaftungen die Ordnung hergestellt wurde. Straßburg, 10. Mai. (Str. Bl.) Se. Majestät der Kaiser hat durch Erlaß an den Kriegsminister die un entgeltliche Ueberlassung von Geschützbronze zur Herstellung von Kirchenglocken folgenden elsäs- Feuilleton (Rcdigirt von Otto Banck.) Bilder auS der Kulturgeschichte. Eia Schützenfest des 16. Jahrhunderts. r^r Unsere Gegenwart hat, von patriotischen Ge fühlen getragen und allem Vereinswesen und seinem demonstrativen Glanz hold, großartige allgemein deut sche Schützenfeste veranstaltet, die ihren Ort wechseln und Schaulustige wie Schützen aus allen Gauen her beiziehen. Nicht allen Besuchern wird es bekannt sein, daß cs sich bei all' diesen Ceremonien, bunten jahr marktsartigen Ucberraschungen und Amüsements um Vorgänge handelt, deren Art und Weise keine neue Erfindung ist, sondern ihr Vorbild bereits dem späte ren Mittelalter entnahm. Auch für unser Dresdner Vogelschießen läßt sich diese Consequenz aussprechen. ES ist ein Fest, dessen Formen sogar in das frühere Mittelalter hineinragen, da wir cs dabet mit den uralten Vorgängern der Feuergewehre, mit den Arm brüsten zu thun haben. Aber auch als Freunde des Schießpulvers haben sich unsre Ahnen schon im 16. Jahrhundert in sehr natio nal angelegten Freischießen in vielen Theilen Deutsch lands genug gethan. Der Süden war darin dcm Nor den voraus und im Elsaß florirten diese Feste tu den Mauern Straßburgs. DaS Elsaß hat in neuerer Zeit verschiedene Biographen gefunden, die Schenswerthrs anS Licht ziehen. Auch H. Scheube hat (bei Berggold in Berlin) übcr „Deutschen Geist und deutsche Art im Elsaß" Materialien gesammelt, deren Ausführlichkeit besondern Werth hat und nach welchen wir hier eine Schilderung des berühmtesten alldeutschen Schützenfestes mittheilen, das bei der Liebhaberei Dresdens für die Feier von Bolzen- und Büchsenschießen doppelt in teressant ist. Auf den Sommer des Jahres 1576 schrieben Meister und Rath von Straßburg ein großes Freischießen aus, bei dem sowohl die Muskete — das gezogene Gewehr ist in jenen Tagen bei dcm Bürgerschützen erst wenig im Gebrauche — wie die bei dergleichen Anlässen noch immer benutzte, ja für vornehmer gehaltene Armbrust lustig, Wettkämpfen soll. Das auf mehr als einen Monat, vom 25. Mai dis zum 23. Juli, berechnete Fest wird in großartigem Stile angelegt. Schon im Februar ergehen die Einladungen an die befreundeten Städte und Herren zugleich unter Angabe von Art und Schwere der Waffen und Geschosst, der ausgesetz ten Preise und der zur Sicherheit für die kommenden Fremden beschlossenen Anordnungen. Um der Lustbar keit noch höhern Glanz zu verleihen und das Gedächt- niß der Menschen zu sichern, läßt die Stadt zwei sil berne Denkmünzen schlagen; die eine, größere, für die Männer, die andere für die theilnehnende Jugend. Bride Medaillen tragen lateinische Inschriften. Auf der erftern steht, nach deutscher Uebertragung: „Un vergänglich allein ist die Blüthr der Tugend"; auf der zweiten: „Der Straßburger Jugend zrr Erinncrung an die öffentlichen Spiele". Noch umfänglicher gestalten sich die Vorkehrungen für das Schießen selbst. Auf dem ver dem Judcn- thorc gelegenen Fcstplatze, dem Schützcwaine, wird ein stattliches Schießhaus aufgeführt, ein hölzerner Bau von mehrern Stockwerken, sauber getüncht in den Far ben der Stadt, Roth und Weiß, und ncht- und link- davon kommen in geschnitztem Bildwerk riesige Wacht- Halter, Greif und Löwe, zu stehen. Rundherum erhe ben sich Zelle und Buden, au- denen d e schönsten und kostbarsten Waaren zum Kaufe laden, insbesondere gol dene und silberne Gefäße, Ringe und Geschmeide von edeln Steinen. In der Mitte des Raines stellt man, weither sichtbar, eine große Uhr auf mit künstlichem Werke und Glöckchen; über ihr dreht sich auf einer Kugel die bewegliche Gestalt der Glücksgöttin und weist dem fehlenden Schützen ihre Kehrseite. Aus der Schützen schaft wird ein Ausschuß ernannt, welcher unter der Beiordnung von mehrern Rathsherren für etwaige Fälle sofort an Ort und Stelle die Polizei handhabt, und lange zuvor richten Magistrat und Bürger die Herber gen für die erhofften fremden Gäste her. Es herrscht eine schwüle Luft in Straßburg. Bi gotte Prediger wollen in ihrem finstern Zelotismus jedwede irdische Freude und Lust ausrotten als gott lose Weltlichkeit und Teufelswcrk, daS Volk aber läßt sich von den engherzigen Eiferern seinen fröhlichen, süddeutsch-leichtlebigen Sinn so leicht nicht niedcrpre- digen. Das Freischießen ist gewissermaßen sein that- sächlicher Protest gegen dergleichen schwarze Heulmeierci; ein glänzenderes hat Deutschland bis jetzt nicht gesehen. Als ein Bild aus dem damaligen Städtrleben, als eines der berühmtesten jener beliebten Bürgerfeste, die sich aus dem 14. Jahrhundert bis auf unsre Tage erhalten haben, würde das Straßburger Freischießen vom Jahre 1576 seinen Platz in der Geschichte unsrer vaterländi schen Eultur verdienen, auch wenn daran sich nicht daS Andenken eines deutschen Schriftstellers knüpfte, welcher auf seinem Literaturgebicte bis heute nur selten seines Gleichen gefunden hat. Mit hoher Pracht geht das Fest von statten. Gegen 600 Schützen aus 70 verschiedenen Orten rücken nach und nach ein, aus Schwaben und Baden, auS Bayern, vom Rheinthal und aus der Schweiz. Am 27. Mai kommen die Eidgenossen; eine Abordnung der Stadt geht ihnen entgegen, und ein zufällig mit gegenwärti ger französischer Edelmann hält auf offener Straße die Begrüßungsanrede. Tags darauf beginnt das Fest. Unter den Klängen eines kriegerischen Marsches ziehen die Knaben der Stadt, die roth und weißen Preisfah nen in den Händen, der Schießstatt zu. Zuerst kommt das Schießen mit der Armbrust an die Reihe. Es währt 16 Tage. Den ersten Preis, eine Summe von 210 rheinischen Gulden in jetziger Währung, irägt ein Straßburger selbst davon, einer der bestellten Kampf richter, David Gryger mit Namen; die Schweizer ge winnen 11 Fähnlein. Hierauf folgt der Wettstreit mit dem Feuerrohr; zu nicht geringem Verdrusse der vor nehmen, Schützen thut ein geringer Mann aus Schwa > den den Meisterschuß und wandert mit seinem Gewinne, dem gleichen Betrage von 210 Gulven, stelenvergnügt in seine Hcimath am Neckar zurück. Daneben sind auch für das zuschauende Volk der Ergötzlichkeiten mannichfaltige hergerichtet. Während der sogenannte Pritschenmeister Festordner, Polizei und Harlekin in einer Person abgiebt, den Schützen auf dem Plane von Neuem das städtische EinladungSschre - den vorliest, sie in den Stand ruft und den schlechte sten unter ihnen mit stehenden Possen „Schimpfgewinne" überreicht, seine seit Jahrhund:rten überlieferten Späße und Scherzverse vom Stapel läßt und mit seiner auS Leder oder gespaltenem Holze bereiteten Pritsche die Verstöße wider Schirßordnung unter spottender Red« auf der Bank, „deS Pritschenmeisters Predigtstuhl", abstraft — treiben auf dem Raine noch allerlei Privat- danSwürstr ihr Wesen. Zwischendurch führen Fechter banden mit Schwcrt und Spieß ihre Spielt auf, sind Ringkämpfe und Wettläufe veranstaltet und locken Hahn schlagen und mit Bändern, mit Schmuck- und Klei dungsstücken behangene Kletterstangen die preis- und
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