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Zwönitztaler Anzeiger : 21.11.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-11-21
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1859945678-190911219
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1859945678-19091121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1859945678-19091121
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungZwönitztaler Anzeiger
- Jahr1909
- Monat1909-11
- Tag1909-11-21
- Monat1909-11
- Jahr1909
- Titel
- Zwönitztaler Anzeiger : 21.11.1909
- Autor
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i-lge. > 4 Uhr Leiden >ß- und ter und irth, Soun- on der crdnrch »48» litz und 1909. * » unsrer » rächten schenke »: rttch. ß . 1909. z Frau, Z Krosch. Z illigst r. Hu. Wmhtlller Ailzeiger Erscheint w-ch«ntlich viermal (Dienstag, Donneretag, Sonnabend n. Sonntag) und ist durch all» Postanstalten, sowie durch di« Expedition und deren Aniträger vtertrljährl. für (Mark» pfg.frei insksaus zu beziehen. Druck und Verlag: Luchdruckerei L. Bernhard Vit. Vrraniwvillich für di» Schristleiiung: Carl Beruh. Vtt, Fw-nitz. Blutt Amts fiir das Agl. Amtsgericht und die städt. Behörden in Hwönitz. Anzeiger für >— — Anzeigenr Di« fnnfgespaltii« Ul«in;«ile (Äorpu,) od«r deren Raum zr p,g. di« g«spalt»n« Keil« im amtl. Trileqo pfg. Bei U)i«d«rholung Rabatt nach v«r«in« barung. —Vie Anzeigen »erden «inenTag vor drmjed«,maligrn Erschein«« d» Blati«, bis mittag» 12 Ahr ,rbet«n. GeschAftsst. r K»änitz,Uühnhaid«rstr.7»d. Fernspr. Nr.2».— Postscheckkonto 48(4 Leipzig. Zwönitz, Niedevzwönitz, ALihnhaide, tenkersdorf, Dorfchemnitz und die Ortschaften im Iwönitztale. Nr. ! Sonntag, den 2^. November O09 3^. Sahrg. Aufgebot. Der Kaufmann Aritz Burki in Weißensee als alleiniger Inhaber der im Handels register gelöschten Firma K. Degevrodt in Aeu-Weißensee hat das Aufgebot zum Zwecke der Kraftloscrklärung des abhanden gekommenen, von der ehemaligen Firma E. Degebrodt in Weißensee am ü. November 1908 ausgestellten, von Auguste Fyierig in Ilieder- zwönitz akzeptierten, am 30. Januar 1909 fällig gewesenen Wechsels über 164 Mk. 75 Pfg. beantragt. Der Inhaber der Urkunde wird aufgefordert, spätestens in dem auf Mittwoch, den 25. Alai MO, vormittags jO Uhr vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Ausgebststermine seine Rechte anzumeldcn und Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen wird. Zwönitz, am 12. November 1909. »"i Königliches Amtsgericht. In Bezug auf den bevorstehenden Jahrmarkt wird hierdurch folgendes bekannt gemacht: 1. Der Jahrmarkt beginnt Freitag, den 26. November, vormittags 9 Uhr und dauert bis Sonnabend, den 27. November, mittags 12 Uhr. Drei Stunden nach der erwähnten Schlußzeit des Marktes muß jeder Verkäufer seine Waren eingepackt und dir Verkaufsstelle geräumt haben. 2. Der Jahrmarkt wird ausschließlich auf öffentlichem Siadtraume und zwar nnr auf dem Marktplätze akgehalten und darf ein Marklverkehr in Privatgrundstücken, einschließlich der Gasthäuser und Schankstätten, selbst wenn diese Privatgrundstücke an dem für den Marktverkehr bestimmten Marktplatze gelegen sind, keinesfalls stattsinden. Die beiderseits des Marktplatzes gelegenen Teile der Annaberger Straße bis zum Grundstück Brd.-Kat. Nr. 218 L und der Bahnhofstraße bis zum Grundstück Brd.-Kat. Nr. 30 gelten als Teile des Marktplatzes im Sinne dieser Vorschriften. 3. Wer auf dem Jahrmarkts feilhalten will, hat vor Beginn des Marktes sich bei dem Marktmeister anzumelden, die Gattung seiner Waren anzugeben und sich die Verkaufs stelle anweisen zu lassen. 4, Für das Feilhalten auf dem Marktplatze ist das tarifmäßige Stüttegeld und, wenn Buden und Ständebaugeräte benutzt werden, außerdem die tarifmäßige Marktgeräteoebühr zu entrichten. Das Stättegeld der in Buden Aeilhaltcnden ist von diesen am ersten Iah» marktstage von vormittags 10 Ahr an vis mittags L Ithr aufdem Baihause gegen Quittung zu bezahlen. Dagegen wird das Stättegeld für Stände und alle Marktgerätegebühr an Ort und Stelle durch den Marktmeister oder einen anderen Beauftragten von den Zahlungs pflichtigen eingehoben. Wer vor Einhebung des Stättegeldes und der Marktgerätegebühr den Marktplatz verlassen will, hat die bezeichneten Abgaben vorher auf dem Nathause zu bezahlen. Die Nichtbezahlung des Stüttegeldes wird als Hinterziehung mit dem doppelten Betrag des hinterzogenen Stättegeldes, mindestens aber mit Einer Mark bestraft, außerdem ist der Stätte- geldbetrag nachzuzahlen. 5. Das Ansspielen von Waren, sei es durch Würfel, Lotterie oder irgend eine andere Weise, das Aeikvieten von Waren im Ilmherlragen und Itmherfahren, das überlaute Ausrufen unv Anpreisen der Waren, sowie die Benutzung von Instrumenten jeder Art beim Ausrufen von Waren und Schaustellungen ist verboten. 6. Alle Buden und Verkaufsstände sind abends 10 Uhr zu schließen. Zwönitz, am 19. November 1909. Der Bürgermeister. Totenfest. Ich suche gern die heil'ge Stätte, wo das verblühte Leben liegt, wo still ins enge Ruhebette die kühnen Kämpfer sich geschmiegt. Hier wachsen meiner Seele Flügel. Sie schwingt sich auf zum Himmelszelt, sind doch die nied'ren Gräberhügel die Spitzen einer höh'ren Welt. Und wenn die Lebenden mich kränken, dann geh' ich zu den Toten hin, die Frieden mir ins Herze senken, daß bald ich wieder fröhlich bin. Und die da schlafen in den Grüften, die wecken mich zum heil'gen Streit: Auf, gürte wacker deine Hüsten und kämpf' um eine Ewigkeit! Aus dunklen Gräbern sprießt das Leben, da duften Rosen weiß und rot: du sollst dich nicht dem Schmerz ergeben, denn deine Toten sind nicht tot! An einem Grabe sink' ich nieder, es liegt von mir ein Stück darin, ich weiß es wohl, wir seh'n uns wieder, denn Sterben ist für uns Gewinn. Ich bringe meine heißen Tränen an diesem Grab als Opfer dar, das für mein Flehen und mein Sehnen geworden ist mein Betaltar. Müller, L.o. Örtlickes rmä Säcklifckes. Zwönitz, den 20. November 1909. — Es sei auch an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, daß der titurg. Gottes dienst am Abend des Totensonntags nicht um 6 Uhr, sondern um 5 Uhr beginnt, da sich eine Abendmahlsfcier anschlicßt, die sehr besucht zu sein pflegt. — Morgen Sonntag abend 8 Uhr wird in einer öffentlichen Kheaterauffükrung der Dramatischen Vereinigung „Thalia" Lessings Trauerspiel „Emilia Galotti" mit glänzenden Kostümen in Szene gehen und zwar im Feld- schlößchensaale. Der Reinertrag ist zu Gunsten des Bethlehemstistes „Zwönitztal" bestimmt worden. Auch an dieser Stelle sei nochmals zu regem Besuche der Vorstellung und pünkt lichem Erscheinen freundlich angehalten. — Die Wintersport-Abteilung des hiesigen Erzgebirgsvereins hielt am Freitag abend im Kaffee- Haus Morgner ihre Generalversammlung ab. Den Jahresbericht über die vielseitige sportliche Betätigung im vergangenen Jahre erstattete Herr AmtSgerichtsrat Richter. Aus dem zum Vortrag gelangten Kassenbericht war ersichtlich, das; im verflossenen Jähre bei i43Mk. 37 Pfg. Einnahmen 134 Mk. 72 Pfg. Ausgaben zu verzeichnen waren. Das bedeutet einen Ueberschuß von 9,13 Mk. Bei der Neuwahl des Gesamtvorstands wurden durch Zuruf neu- bez. wiedergewählt: Herren Lehrer Schubert-Niederzwönitz zum Vorsitzenden, AmtS- gerichtSrat Richter zum Schriftführer, Apotheker Oehl- schlaegel zum Kassierer; als Beisitzer die Herren Assessor Drs Kaiser, Dr^ med. Pulzncr, Rechtsanwalt Ungethüm, NechtSanwalt Schwachtmann, Kattsmann Hanstein jun., Pastor Hartenstein und Ott. Auch für den kommenden Winter ist, geeignete Witterung vorausgesetzt, eine reichhaltige Abhaltung von Veran- staltungen vorgesehen. Es soll auch erstmalig der Versuch gemacht werden, ein Wintersportfest ab zuhalten, zu dem die benachbarten Wintersporivereine eingeladen werden sollen. Auch die Ruschelbahn am Abhänge des Ziegenbcrges wird wieder in einer Breite von 10 bis 12 Meter hergestcllt werden und soll inso fern in ihrer Anlage verbessert werden, als beim Anfang der Bahn auf der Westseite eine Böschung aufgeworfen und ein besonderer Aufgang sür Fußgänger außerhalb der Bahn angelegt werden soll. Das Befahren der Bahn mit Lastschlitten und Rennwölfen wird ebensowenig gestattet werden als das Befahren mit anderen ungeeigneten Gefährten. Auch dem Eislaufsport ist durch die Anlage des StadtteichcS in diesem Winter ein größerer Spielraum gegeben Es wurde allseitig die Erwartung ausgesprochen, daß der Pächter der Eisbahn, Herr Schlossermcister Reinh. Goldhahn, recht große Sorgfalt auf die Erhaltung einer guten Eisbahn verwenden möge. Mit dem Pächter sollen besondere Vereinbarungen getroffen und auch die Veranstaltung einer italienischen Nacht auf dem Eise erstrebt werden. — Um dahin zu wirken, daß auch das Schneeschuhlaufen in unserem Teile deS Gebirges mehr gepflegt werde, wird ein Abgeordneter zur Teilnahme an dem nach Neujahr in Oberwiesenthal stattfindenden Schneeschuhlaufkursus gewählt, der gegen Erstattung gewisser Auslagen die Verpflichtung übernimmt, die Mitglieder der hiesigen Wintersportabteilung im Schneeschuhlaufen zu unter- richten. Für Schneeschuhläufer ist die Anlage eines Sprunghügels auf dem Ziegenberge beabsichtigt. Auch ein gemeinsamer Ausflug ins Obererzgebirge ist geplant und zwar nach dem Auersberg, wo eine neue Ruschelbahn die Ausübung des Nuschelns ermöglicht. — Wie im vergangenen Jahre, so finden auch in diesem Winter an jedem I. und 3. Freitag im Monat Ausschußsitzungen im Kaffeehaus Morgner statt, für die auch das Erscheinen aller übrigen Mitgieder, Damen und Herren, erwünscht ist. Die Hauptsache aber ist, daß nun der Winter viel Schnee und anhaltend kalte Witterung bringt, denn Schnee und EiS sind die beiden Elemente, die der Wintersportler braucht, um seine Glieder zu stärken und sich wohl zu fühlen. Glück aus! Kirchetmachrichten für Zwönitz. Am Totensonntage predigt vorin. 9 llhr Herr Pastor Löscher über Matth. 9, 18—26. Motette: „Sei still." Für Männerchor von C. Hahn. Im Anschluß an den Vormittagsgottcsdienst wird Beichte und heil. Abendmahl gehalten (Herr Pastor Löscher) Abeuds 5 Uhr hält Herr Pastor Hartenstein liturgischen Gottesdienst mit anschließendem Abendmahl». Sologesang: „Wiedersehn, ja, wiedersehn wirst einst du mich, der hier du weinst!" von Alex. Winlerberger. Das Wochenamt hat Herr Pastor Hartenstein. Am Totensonntag wird eine kirchliche Sammlung zum Besten der kirchlichen Versorgung evangelischer Deutscher im Auslände veranstaltet Kindergottesdienst findet statt am I. Advent. Mittwoch, den 24. Nov., abends ' ,9 Uhr GotteS- dienst in der Schule zu Kühnhaide. Wettervoraussage. Sonntag, den 21. November: Weitere Schneefälle bei wenig veränderter Temperatur, windig, vonviegend trübe. — Im Süden und Südosten viel Schnee. Montag, den 22. November: Abnahme der Be- wölkung und der Schneefälle, am Tage etwas wärmer. O Seelenkämpfe. 14) Preisgekrönte Novelle von Elise Otto. I Fortsetzung.! „Sei unbesorgt, du weißt, ich bin nicht leichtsinnig! Die Ehe ist ein Sakrament! Percy war ruhig geworden und blickte dem Freunde ernst ins Auge. „Sollte ich aber zu der un widerleglichen Überzeugung gelangen, daß beide diese Ehe als eine entsetzlich? Fessel fühlen, daß auf keiner Seite Liebe vorhanden ist, und ich wüßte, daß sie mit mir glücklich werden würde, so sollte mich nichts davon abhalten, nichts auf Erden, das morsche Band, das Lug und Trug geknüpft hat, mit fester Hand zu zer- reißen und mir zu nehmen, was mir bestimmt war. Und nun lebe wohl, Eugen, entschuldige mich bei den andern, ich bin heute nicht mehr aufgelegt zur Geselligkeit." Percy drückte dem Freunde die Hand und stieg den Abhang hinauf. Graue Dämmerung lag über der See. Aus dem Nbenddunst, in den eingehüllt die Stadt dalag, glommen die Fackeln der Schiffe auf, eine nach der andern, lange Lichtstreisen zeichnend in die düstere Fläche. Auf dem Leuchtturm kam und schwand las Licht; die weißen Schaumkronen der Wellen leuchteten gespenstisch vom Strande herauf. 11. In langgezogenen, kreischenden Tönen hallt der Ruf durch die vom Morgenwind durchfegten Straßen Triests: ..Oatioll, «lattoli!" Vom Molo San Carlo herüber tönt das Poltern der auS dem Bauche der Schiffe niederrasselnden Kohlenladungcn, die See ist bewegt, die Sch sie knairen an den Ankertaucn. Auf den nacht- kalten Quadern Hecken halbnackte, muskulöse Gestalten, behaglich die Frühstücks-Polenta ver zehrend. Es ist Sonntag, sie rasten, die sehnigen Glieder baden sich im Frühwind. Durch die Gassen der Altstadt wandert langsam eine schlanke Frauengestalt. Ein Hauch stillsreudiger Verklärung liegt über den feinen, blaffen Zügen, wie sie die belebteren Stadtteile verlassend, auswärts steigt und in eines jener steilen, schmalen Mauergäßchen einbiegt, die zu den am Hange des Karst zerstreut liegenden Häusern und Villen hinaufführen. Noch eine Biegung und sie ist daheim. Schon sind es wohlbekannte Bäume und Sträucher, die von rechts her über die Mauer nicken, da tönt cs wie unterdrücktes Kichern über ihr in der Luft, ein breitrandiger, feiner Herrenhut fliegt von links herab ihr vor die Füße. Die in Gedanken Versunkene schreckt zu sammen und blickt auf, sie sieht in zwei vor Über mut funkelnde, schwarze MLdchenaugen, die von oben auf sie nieder blicken. „Guten Morgen, Frau Norring," tönt es herab. Der kleine, schwellende Mund der mit beiden Ellbogen auf den Mauerrand sich Stützenden, halb über demselben Liegenden sucht sich ver geblich zum Ernst zu zwingen, es zuckt wie unterdrückte Schadenfreude um denselben. Das junge Mädchen ist augenscheinlich der Kammer- zofe mitten während der Toilette davonge laufen. DaS schwarze Haar fliegt kraus um Schultern und Hals, ein gestickter Puder mantel schlieft sich um das runde Grübchenkinn. Auch nm den stillernsten Mund Genias legt es sich wie leises Lächeln. Sie hat in der Weinlaube hinter der Sprechenden einen sehr roten, sehr jugendlichen Männerkopf verschwinden sehen, den seine Bedeckung, wie es scheint, so eben nicht ganz freiwillig verlassen; es ist die Donatosche Gartenmauer, vor der sie steht. Sie hat sich gebückt und reicht dem jungen Mädchen den Herrenhut hinauf, ihr dabei freund lich die Hand drückend. „Ihr Hut, Lucietta, da ist er!" „Vielen Dank, Signora! Danke tausend mal! Er fiel mir eben vom Kopfe, als ich nach Ihnen auslugte. Haben Sie uns gestern noch nach Hause kommen hören?" „Ja, ich glaube, es war saft Mitternacht!" „O es war köstlich! Ich habe in meinem Leben nicht so unmenschlich viel gelacht wie gestern. Es war zu schade, daß Sie nicht dabei waren. Ich möchte Sie so gerne auch einmal lustig sehen." Die junge Frau hatte den Blick schnell ge senkt, eine leichte Röte überzog ihre Wangen. „Wirklich? Vielleicht lerne ich es von Ihnen." Sie grüßte herzlich binauf, schritt eilig bis zu dem Gittertor der Villa Norring und ver schwand in demselben. Der dunkle Mädchenkopf auf der Mauer wandte sich blitzschnell zurück. Die eben noch in so vollendeter Behaglichkeit auf dem Rande derselben thronende Gestalt duckte sich scheu zur Seite, um zwei Händen zu entgehen, die sich ihr um die Taille legen wollten. Lucietta wußte es wohl, jetzt kam das Gericht; und sie hatte es stets für praktisch befunden, ihren Bruder Riccardo aus der Ferne zu bewundern, wenn er zornig war. „Warte, kleine Hexe, das sollst du mir büßen!" Riccardo hatte den staubigen Hut ingrimmig auf die dunklen Locken gedrückt und wollte eben die Schuldige fassen, aber da flog sie auch schon wie ein Wirbelwind den Kiesweg hinauf, daß ihr lichtes Morgenkleid hinter ihr her flatterte. Und da — da saß sie auch schon auf dem Kastanienbaume am äußersten Ende desselben schwankenden Astes, von dem sie herunterzu holen, er sich nie getraute, weil derselbe gerade nur stark genug war, die leichte, kleine Figur zu tragen, die da auf ihm schaukelte. Er stand an den Stamm gelehnt, die Hände mißmutig in den Taschen geballt, die gerötete Stirn noch immer voll drohender Falten. „Weißt du wohl, keckes kleines Frauenzimmer, daß ich dich gleich herunterschütteln werde wie eine reife Pflaume?" „Nein, davon weiß ich nichts! Weißt du aber, Riccardo, daß ich heute nachmittag zu Frau Genia gehen werde, um ihr zu raten, sich ein andres Lieblingsplätzchen zu wählen?" „Und weshalb, Fräulein Naseweis?" Der junge Mann war jetzt sichtlich kleinlaut ge worden. „Weil es eine Schande ist, daß du dir eine so liebe, schöne, gute Frau — meine Frau Genia — stundenlang durch diesen Krimstecher da ansiehst, den ich dir vorhin bei meinem über falle aus der Rocktasche zogt"
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