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Dresdner Journal : 26.10.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-10-26
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188410265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18841026
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18841026
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-10
- Tag1884-10-26
- Monat1884-10
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 26.10.1884
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V S52. 1» L«u>L«: ^LNrllvl»: .... 18 K»r^. ^Mu-UcN: 4 I1»r^ bO kk. kii»«In« Ulmuvsrn: 10 kk. rd»Id «1«» (jsut»ck«o ltsicN«, tritt kost- mut 8tomp«I»u»ol»I»b tÜLiu. <^ir ä«Q Itltum «ü»«r ^esp»Itsuen k*tttt«jl« 20 kt. 0ut«r „Liu^ssiwät" äi« 2«it« bO kk. L« IHwUeQ- >u»<i LiTvri»»»t» SO ^uksolü»^. Sonntag, den 26. October. DresdimZomm!. 1884. »uo^Lrtsr I^tpitg: F>. Lran-tst-tt-r, OonuoisswoLr ä«, I)re«il>sr 0ouE»l»; S»»doiA 8«rlt»-Vt«» 8—I >r„I»a ^r»»k1vrt ». ».: Daa««oite»M <- ko-ier,' 8«rU»-Vt«»-»»i»dllr, ?r»ss I.»lp«tx 8r»»ktilrt ». H. - NSoed«»: itko»«e,' 8«rU»! /nvaiit/enllont, >r»w»ll: Fi Lc^totte, >r«»l»L: I.. LtanAr-'s Bureau ^adat/»),' 8r»akk«r1 » N , ^«kAe^seks Üuokd»o61uv8; VKrUt»: O. LtÄier; L»ouo-«r: Ö. k»rt, 8«rU» rr»»ksart ». 8tutt^»rt: Da«tb« «s (-0., S»wdLr^: L'te»»»«' Lriedot»«»» Ht-ticN mit ^unuülio« ä«r 8o»v- nv<t ksisrt»^» Xd«a6, klr äsn kolxsoäsu Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. ll « r » u 8 x « d v r r Nüvisl. Lrp^iitioo 6e» l>re,6o«r ^oorruU», Dr««t«v. ^«in^rstr»«^ kio. 20 Ämtlicher Llieil. Dre-den, 25. October. Ihre Majestäten der König und die Königin sind heute Vormittag 10 Uhr von Sigmaringen wieder hier eingetroffen. Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg, Herzog zu Sachsen, ist heute früh 4 Uhr 15 Min. nach Braunschweig gereist. Dresden, 25. October. Mit Allerhöchster Geneh migung ist dem Or. pbU. Kurt Bernhardi, Ober lehrer am Königlichen Gymnasium in Leipzig, Or.pdU. Max Hermann Rachel, Oberlehrer am Gymnasium in Freiberg, l)r. pbil. Max JancoviuS, Oberlehrer am Vitzthum'scheu Gymnasium in Dresden der Titel „Professor" verliehen worden. Verordnung, die in Umlauf befindlichen Reichsgoldmünzen, Einthalerstücke, Reichssilbermünzen und Reichs- kassenfcheine betr. Um ein Urtheil über den Geldumlauf zu ge winnen, ergeht hierdurch auf Antrag des ReichSschatz- amtes an 1)alle dem Ministerium des Innern unterstehenden Königlichen Behörden und Verwaltungsstellen, ^welche Kassen haben, 2) alle Stadträthe und an die Polizeiämter zu Leipzig und Chemnitz, sowie an 3) alle Sparkassenverwaltungen die Anweisung, am 30. laufenden Monats bei dem Kasfenfchlusse festzustellen, welche Beträge nach Marlwährung an Reichsgoldmünzen, b) an Einchalerstücken, v) an Reichssilbermünzen und ä) an Reichskasfenscheinen in den unter ihrer Verwaltung stehenden Kassen vor handen sind und das Ergebniß nach den bezeichneten Sorten getrennt, bis zum 5. November dieses Jahre» anher anzuzeigen. Hierbei ist noch besonders darauf hinzuweisen, daß unter der Rubrik „ Reichs kassenscheine" lediglich die letzteren aufzunehmen, die Reichsbanknoten dagegen von der Bestandsermittelung auszuschließen sind. Dresden, am 22. October 1884. Ministerium des Innern. v. Nostitz-Wallwitz. Paulig. Bekanntmachung. Die Eröffnung des Betriebes auf der Theil strecke Döbeln-Mügeln der Döbeln - Mügeln- Oschatzer Secundäreifenbahn betreffend. Das Finanzministerium hat beschlossen, die Strecke Döbeln-Mügeln der schmalspurigen Secundäreisenbahn Dübeln-Mügeln-Ojchatz am 1. November laufenden JahreS dem allgemeinen Verkehre zu übergeben. An dieser Strecke befinden sich die Stationen Großbauchlitz (Station der Chemnitz-Riesaer Bahn) und Mügeln bei Oschatz, ferner die Haltestellen für Personen- und Güterverkehr Gadewitz, Döschütz, Mockritz- Jeßnitz, Tronitz, Töllschütz, Schrebitz und Görlitz bei Oschatz, sowie die Haltestellen für Personenverkehr Zajchwltz und Lüttnitz. Feuilleton. Sledigitt vo« Otto Banck. Freitag, den 24. Oktober, fand dar erste Sym- phomeconcert der kömgl. Capelle unter Dircction des Hrn. Kapellmeisters Schuch Statt. Als Novität ent hielt das Programm eine Serenade (Nr. 4 k-äur) von S. Jadassohn. Der Componist bietet uns gute und ansprechende Musik, um so gewinnender im Ein druck durch ihre schon durch den Titel „Serenade" bezeichnete Anspruchslosigkeit. Jadassohn entfaltet darin fein künstlerisch durchgebüdetes Talent durch sehr melo diöse anmuthige Erfindung, äußerst fließende klare Durcharbeitung, Wohlklang und feinsinnig gewählte instrumentale Sprache, und durch vorzügliche Beherr schung der Form, in welcher er sich mit Leichtigkeit und Geschmack bewegt. Nur der Beginn des ersten Satzes — der sich natürlich m zweiten Theil des selben wiederholt — leidet an einem leeren Pathos, der mit den übrigen graziösen und im fesselnden Wech sel durchgeführten Motiven nicht übereinstimmt. Im Scherzo ist das Trio der schwächere Satz. Durch warme gedanklich vertiefte Empfindung und intereffante polyphone Behandlung tritt das Nocturno am bedeu tendsten hervor. Mit Ausnahme dieses Satze- erschienen mir indeß die übrigen Sätze im Verhältmß zu Dem, was sie uns zu sagen haben, etwas zu gedehnt. Cherubini'S präch tige, ritterlich stolze Ouvertüre zur Oper „Die Aben- ceragen" eröffnete das Loncert. Sie läßt den Mu- siker immer wieder neu bewundern, wie meisterhaft Cherubini in seinen Ouvertüren große Spannung zu Die Leitung des Betriebes auf der gedachten Theil strecke erfolgt durch die Generaldirection der StaatS- eisenbahnen, welche die Tarife und Fahrpläne bekannt machen wird; dagegen verbleibt die Erledigung der auf Bauangelegenheiten und die Regelung der auf Besitzverhältnisse sich beziehenden Geschäfte im Be reiche der neuen Bahnstrecke bis auf Weiteres noch dem Commissar für Staatseisenbahnbau, Finanzrath Schreiner. Dresden, den 24. October 1884. Finanzministerium. Arhr. v. Könneritz. Müller. Nichtamtlicher Mil. Uederstch«: Telegraphische Nachrichten. ZeitungSschau. (Schlesische Zeitung.) TageSgrschichle. Ernennungen, Versetzungen rc. im östentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Statistik und LolkSwirthschaft. Feuilleton. Tageskalrndrr. Telegraphische Nachrichten. Braunschweig, Sonnabend, 25. Oktober, Vormittags. (Tei. d. Dresdn. Journ.) Heute Morgens sind angrkommrn: Ihre königl. Hoheiten der Großherzog von Hessen und der Prinz Georg von Sachse«, der Prinz Heinrich von Hessen, der Erbgroßherzog von Baden, der Prinz Wil helm vou Sckaumdurg-Lippe. Mittags wird der Prinz Albrecht von Preußen erwartet. Zur Ein leitung der Leichenfeier deS verstorbenen Herzogs wurden von 10 bis 11 Uhr Vormittags die Glocken des Doms und sämmtlicher .Kirchen ge läutet. Tausende vou Personen durchwogeu die Straßen, namentlich in der Nähe des Refideuz- schlosseS; der Zufluß der vou auüwärtS Kommen den ,st überaus groß. Paris, Freitag, 24. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Consrilspräsibent, der KriegSminister und der Mariurminister erklärten heute in der Sitzung der Tonklncommission, daß der General Bridre de l'JSle und der Admiral Courbet keine Verstärkungen verlangt hätten. Der Kriegömini- ster Campenon beantragt gleichwohl, daß die Ne- gierung ermächtigt würde, ein Regiment TurcoS und eine Fremdenlegion in Gemäßheit der durch den Entwurf über Bildung einer Colonialarmre vorgesehenen Bedingungen zu formirrn. Die Mehrkosten bis zum 31. Drcrmbrr d. I. würden sich auf 2 Millionen ArcS. belaufen. Die Budgetcommission nahm heute die Vor schläge deS Finanzministrrs Tirard für die Her stellung des Gleichgewichts im Budget an. London, Freitag, 24. Oktober, AbendS. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der UnterstaatSsecretär der Colonien, Ashley, mit, daß das englische Protectorat in Neu-Guinea sich vom 141. Grade östlicher Länge bis zum Ostcap in der Goschenstraßc und über die benachbarten Inseln erstrecke. Die Grenze im Innern hänge von den localen Umständen ab. Ein Abkommen mit Deutschland, betreffend eine Occu- pation deS nördlichen TheilrS der Insel feiten Deutschlands, habe die Regierung nicht getroffen. Der UnterstaatSsecretär des Auswärtigen, Lord Fitzmaurice, erklärte, England beschicke die west- afrikanische Conferenz iu Berlin, ohne das jüngste erregen — wie hier in der Introduktion — und auch zu befriedigen versteht; wie er allen seinen Gedanken — auch wenn sie an sich kühl und nicht bedeutend sind — eine vornehme Physiognomie und ein inneres geistiges Leben zu geben weiß; wie er im orchestralen Ausdruck eine musterhaft deutliche und erkennbare Gliederung, eine scharf gezeichnete vollendete Archi tektur des Aufbaues festhält. Diese Eigenschaften er klären auch genugsam die Hochschätzung und besondere Neigung, welche Beethoven für diesen seinen Zeit genossen hatte. Den in künstlerischer Auffassung, geistigem Leben und feiner klarer Tongestaltung schönen Ausführungen beider Werke reihte sich zu innerstem Genüsse und als erhebender Schluß des ConcertS die Wiedergabe von Beethoven's „^mpboaia Lroioa" an. L. Banck. Freda. Novelle von L. Cameron. SuS dem Englischen von August Frenzel. (Fortsetzung.) Dessen ungeachtet empfand ich aber, wie gesagt, doch eine gewlsfe nicht zu leugnende weibliche Neu gierde. Ich hörte noch später, als der Bote von seiner Mission nach Chadley-Castle zurückkehrte, daß „Schätz chen", wer e- auch sein mochte, die Einladung ange nommen habe. Man sprach davon, daß der Er wartete mit Lord Holt's Familie zum Ball herüber käme, die Nacht in Eddington Reiben und den näch sten Tag mit den Herren im Hause zur Jagd gehen würde. Der ereignißvolle Tag kam endlich heran. Mein Arrangement, betreffend den Nigrrfluß, zu präju- diciren. Da die Conferenz von allen Seiten an genommen worden sei, so seien feiten Englands keine Vorbehalte gemacht worden. Im weitern Verlaufe der Sitzung wurde die Adreßdebatte fort gesetzt und schließlich auf Montag vertagt. Hier auf wurde die Rrformbill nach uuerhrblicher De batte in erster Lesung angenommen. Der Lord Churchill kündigte au, er werde bei der zweiten Lesung der Rrformbill eine Resolution beantragen, in welcher jede Rrformbill, die nicht eine Neurin- theiluug der Wahlbezirke umfasse, für ungenügend erklärt werden soll. Die Botschafter Deutschlands uud Frankreichs conferirten brüte Nachmittag» mit dem Staatö- srcrrtär deS Auswärtigen, dem Earl Granville. Dresden, 25. Oktober. Die wiederholten Studentenexcesse an der Wla dimiruniversität in Kiew und ähnliche Vorkommnisse in Moskau, sowie die zahlreiche Betheiligung von Studenten an nihilistischen Verbrechen lassen das rus sische Studententhum in einem traurigen Lichte erscheinen. Während früher alle Welt es für Pflicht hielt, den albernsten akademischen Ausschreitungen im Namen der Freiheit der Wissenschaft das Wort zu reden und den russischen Studenten als ein höheres Wesen zu behandeln, so überbietet man sich gegen wärtig in Mahnungen zu möglichst scharfem Vorgehen gegen das mißleitete Studententhum. Ein Punkt wird aber fast regelmäßig übersehen — die Gefahr, daß durch massenhafte Ausschließung der jugendlichen Spectakelmacher von der Fortsetzung ihrer Studien und von dem Eintritt in geregelte Berufstätigkeiten die Zahl russischer Proletarier der höheren Bildungs classen fortwährend vermehrt und aus einem Ge schlechte studentischer Hitzköpfe eine Generation verbit terter und systematischer Revolutionäre gemacht wird. Es läuft auf Selbsttäuschung hinaus, wenn man diese relegirten Studenten durch Nöthigung zu zeitweisem Eintritt in die Armee und durch Ausschließung vom Staatsdienste unschädlich machen zu können glaubt. Abgesehen von dem verderblichen Einflüsse, den diese Declassirten auf die Casernen üben, liegt die Sache so, daß der Mangel an annähernd gebildeten Kräften im Innern des Reiches, namentlich den östlichen und nordöstlichen Gouvernements, immer noch groß genug ist, um dem ehemaligen Studenten ein gewisses, wenn auch ärmliches und unsicheres Fortkommen zu sichern. Dabei hängen diese gescheiterten Existenzen klettenartig zusam men; da zwischen Schuldigen und Unschuldigen nicht genau unterschieden werden kann, gehen die Einen wie die Anderen zu der revolutionären Opposition über, für welche die declassirte studentische Jugend bereits seit Jahren den Rahmen bildet. Auf solche Weise werden die verderblichen Tendenzen von einer Gene ration auf die andere übertragen und die gefährlichen Schüler zu noch gefährlicheren Lehrern gemacht. Einem Artikel der „Schlesischen Zeitung", welcher die Universitätsverhältnisse in Rußland eingehend beleuchtet, entnehmen wir Folgendes: „Man darf kei nen Vergleich zwischen russischen und deutschen Studen ten ziehen. Sie find in jeder Beziehung so verschieden, daß sie eigentlich nur den Namen gemein haben. Eben so wenig darf man aber auch an alle Universitäten in Rußland selbst den gleichen Maßstab legen. Die eigentlich russischen Hochschulen von St. Petersburg, Moskau, Kiew, Charkow, Kasan, Odessa haben nichts gemein mit der baltischen Universität in Dorpat und diese wieder nichts mit der finnländischen in Helsing- fors. Die russischen Studenten sind m der großen Mehrzahl Angehörige der niedersten Stände, oft Söhne des Proletariats. Die außerordentlich billigen Schul- Kleid, fo einfach wie es war —, in seiner weißen Farbe nur durch Büschel von seinen Farben und leb- haften exotischen Blüthen gehoben, nach welchen, wie ich glaube, Charley Flower alle Treibhäuser geplün dert und die Gärtner bis aufs Blut geplagt hatte, um mir solche zu verschaffen — war nichts destoweniger, das fühlte ich, sehr schön. Ich sah so gut aus, wie nur möglich. Als die Stunde heranrückte, in welcher die Gäste kommen sollten, fühlte ich mich sehr erregt, ich schlich hinunter in den großen leeren Ballsaal. Mr. Curtis erschien, ebenso mein Vater, Mr. Flower und die anderen Herren; dann kam MrS. Featherstone, strah lend wie immer, und geschmackvoll wie immer, Mrs. Leith. Ich hatte in einer geschützten Ecke Platz ge nommen und beobachtete die nach und nach ankommen den Gäste: Die Herren des Landadels und deren Damen, die Schaar ihrer plumpen, mitunter auch graziösen Töchter und ihre zum größten Theil wenig einnehmen den Junker. Einige kannte ich oberflächlich, aber die Meisten waren mir fremd, denn obgleich wir seit Jahren in Slopperton wohnten, so war es bei unserm beschei denen Heim doch nie möglich, Gastfreundschaft in gro ßem Maße zu üben und zu empfangen. Die meisten dieser Grafschastsmagnaten waren mir daher so weuig bekannt, als hätten wir zu Whitechapel gewohnt. Ter Saal füllt sich nun rasch; plötzlich wird, be gleitet von einer gewissen unruhigen Erwartung, welche von der Wichtigkeit der Gäste Zeugniß giebt, die Ge sellschaft von Chadley-Castle gemeldet. Ich biege mich in meiner Ecke eifrig vor, um die Ankommenden zu beobachten, al» Mrs Featherstone in ihrem rothen gelber, namentlich die vielen Stipendien, welche sämmt- liche Gymnasien besitzen, gewähren auch dem Aermsteu die Möglichkeit, sich für die Universität vorzu bereiten. Söhne wohlhabender Aeltern, des reichen Adels oder des vornehmen BeamtenthumS be suchen solche nur in den seltensten Fällen. Sie bilden sich auf der RechtSfchule oder dem Ly- ceum heran, deren Absolvirung ihnen fo große Rechte gewährt, daß der junge Mann sie schon im 19. oder 21. Lebensjahre mit dem Magistergrade — der Vorstufe des Doctors — verlassen kann. Der fleißigste Candidat kann diesen Grad erst nach zurück gelegter Universitätszeit, im Alter von 25 bis 26 Jah ren erreichen. Tas Collegiengeld für die Universitäten ist, wie das Schulgeld der Gymnasien, ein sehr ge- ringes, für das Semester 25 Rubel. Die auch dort vorhandenen zahlreichen Stipendien haben zur Folge, daß die Universitäten überfüllt sind und die schlechten Elemente dominiren. Cyniker ohne Herzens- und Familienbildung geben dort den Ton an. In ihrer Masse betrachten die russischen Studenten die Universi tät nur als Mittel, um ein Diplom zu erhalten, leben aber sonst nur ihren persönlichen Interessen. Sie heirathen, sie arbeiten, um sich ihr Brod zu verdienen, arbeiten für die Presse, ertheilen Unterricht und be schästigen sich namentlich viel mit Politik. Schon durch ihr Aeußeres verrathen sie ihre Gesinnung. Sieht man sie nach beendetem Vortrage die Universität ver lassen, so erschrickt man über die verwilderten Gestalten. „DaS lange wirre Haar von einem breitrandigen Calabreser bedeckt, das rothe, ostentativ getragene Nationalhemd, das unter dem Zacket von höchst zwei felhaftem Schnitt verschämt hervorlugt, hohe rohe Jagdstiesel, kurzum ein absichtlich verwildertes Aeußere; den wuchtigen Knotenstock in der Hand, der gewisser maßen zum Emblem des Studententhums gehört", so schil derte kürzlich der Feuilletonist eines St.Petersburger con- servativ-nationalen Blattes treffend die St. Petersburger ' Studenten, und diese Beschreibung paßt auch für die der anderen russischen Universitäten. Gesellige Be ziehungen unterhalten die Studenten so gut wie gar nicht. Die Häuser der Professoren sind ihnen ver schlossen, da jene jeglichen privaten Verkehr mit ihnen vermeiden, und auch in anderen Familien würde der Student kein gern gesehener Gast sein, selbst wenn er solche aufjuchen wollte. So besteht sein ganzer Um gang aus Seinesgleichen oder Gesinnungsgenossen, den Studentinnen und anderen Frauenzimmern schlechten Rufes. Von irgend welchen Verbindungen, wie solche auf deutschen Universitäten vorhanden, ist keine Rede. Duelle kommen selbstverständlich auch nicht vor; die gesammte Gesinnung der russischen Studenten verträgt sich nicht mit diesem ritterlichen Kampfcsmittel. Der Cursus auf den Universitäten dauert 4 Jahre, nach deren Verlauf und bestandenen Prüfungen der Stu dent diejenige Laufbahn betritt, für welche er sich be». sonders vorbereitet hat. An Stellungen fehlt es in dem weiten Reiche nicht, umsomehr, als ein großer Procentsatz von Studenten die Prüfungen nicht be steht oder vor Ablauf des Cursus, aus verschiedent- lichen Ursachen, die Universität verlassen muß. Solche Persönlichkeiten fallen dann leicht nihilistischen Ver führern in die Hände, diesen als willkommene Werk zeuge dienend. An der St. Petersburger Universität besteht kein medicmischer CursuS, da die dortige medi- cinisch-chirurgische Akademie denselben ersetzt. Für deren Zuhörer gilt das Gleiche, wie für die sonstigen russischen Studenten, vielleicht sogar in verstärktem Maße. Eine theologische Facultät besteht auf keiner Universität. Die Studenten der Theologie erhalten ihre Bildung im Priesterseminare und in der geistlichen Akademie. Unter den Professoren, namentlich den jüngeren, wal tet im Allgemeinen eine entschieden revolutionäre Ge sinnung ob. Panslawisten, Deutschfeinde, selbst Socia» Atlas und den alten, reichen Spitzen, Alles verdun kelnd Vortritt, um sie mit graziöser Zuvorkommenheit zu empfangen; selbst Mr. Curtis unterbricht eine inter essante mineralogische Discussion mit einem alten Standesherrn, den er am Knopfloch in eine Ecke ge drängt hat, um seinen Pflichten als Wirth zu genügen. Zuerst wird Lord Holt sichtbar — ein sanfter kleiner Mann, mit bittendem Gesichtsausdruck, als wolle er beständig sagen, beunruhigt Euch nicht ihr guten Leute; obgleich ich der gewichtigste Mann der Grafschaft bin, will ich doch Niemanden belästigen und vor meinen Ansprüchen braucht sich kein Kmd zu fürchten. Anders seine Gemahlin. Lady Holt strahlte in Würde und Diamanten und ist sich dieser doppelten Macht, welche jedes weibliche Herz im Kreise mit heiliger Scheu erfüllt, wohl bewußt. Selbst Mrs. Featherstone scheint bezwungm zu sein und ihren Muth hier zu beugen. Zu der ganzen Welt scheint Lady Holt zu sagen, fallet nieder, betet mich an, ihr armen Sterblichen und schätzt Euch glücklich, daß der Glanz Euch nicht blind macht, der eine so hoch stehende Frau wie mich umgiebt! Lady Margaret folgt ihnen; sie ist ein blasses und einfaches Abbild ihrer Mutter, der sie sehr gleicht. Nach ihr kommen noch zwei Paare, deren Namen ich nicht verstanden habe und deren Erscheinung mich nicht interessirt. Und nun „Schätzchen", sage ich zu mir selbst und biege mich noch mehr vor. Die Thüre füllt sich mit einer großen, breitschul terigen Figur. Ich erblicke einen kurz geschorenen Kopf, einen langen rothbraunen Schnurrbart, kastanienbraune dunkle Augen, die aber nicht dorthin schauen, wo ich
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