Delete Search...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.01.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960102029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896010202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896010202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-01
- Tag1896-01-02
- Monat1896-01
- Jahr1896
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
Bezugs-Preis inptexpedition oder den i« Stickt- , mw den Vororten ettichtekn Ans- Mn äbaktzdtt: bierKljät,ettch^4.SV. . Mknsltztt täglicher g »st« Nun, in» W» V.HV. Durch die Post belogen fit» «tschlash und Oesterreich: viertel,ShrUch Dtreete tüglichr Rren»bi,»»ikN»u», in- Ausland: monatlich Al 7-bO. Di« kKorgewAuSgab« erscheint «m '/,? Uhr. bi« Nbend-AuStzabe Wochentags um b Uhr. lieöektis« »nt LrpeLitisk: -«»«Mttesßassr 8. Die kfpediitSn ist üööchentagt änanterbtochka geöffnet bön früh 8 bis Abeab» 7 Uhr. Filiale«: vtt» Me««'» G-rtim. lAlftrd Hahn)« Uaiversitätöstraß« 1, Sanis Lösche. Katharinenstr. 14. pari, und König-vlatz 7. Abend-Ausgabe. eiWgcr TWMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Amtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neelamkn unter de« Redartiondstrlch l»,t- vatten. vor den Fanitliennackrlchh » <6 gespalten» 40/>z. Größnr Schriften laut unsere« Preiv oekzttchniß. Tabellarischer und gtfiernsax. nach yöherem Tarif. srten-veilagt« lgesalit-, nur mit der Morgen»NuSaabt, ohne Postbefvrderung M 60.—, mit Postbeförderung Al 70.—. Ämtahmrschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für die Montaa-Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig «ei.- —— —. i. ^8. DdntteDstastz den 2. Januar 1896. MM W. Jahrgang. Amtlicher The«. Bekanntmachung, dt» Anmeldung der Ostern l88v schulpstichttg «erdende« Kinder betreffen». Zu Ostern 18V6 werden alle diejenigen Kinder schulpflichtig, welche bi» dahin das 6. Lebensjahr erfüllt haben. Anger diesen können aber auch solch« Kinder Ostern 1896 mit Aufuabme finden, welche bi» zum SO- Juni 189S das 8. Lebensjahr vollenden. Alle diese Kinder, die gesetzlich schulpflichtigen sowohl wie die «letzt erwühntrn Kinder, dafern diese schon Ostern 1898 in die Schule eintrrten sollen, sind demnächst zur Schule anzumelden, und zwar bei dem Direktor der Schule, in deren Bezirk sie wohnen. Eltern und bez. Erzieher, welche zur Bezahlung von Bürger» schulaeld vermögend sind, haben ihre Kinder in »ine Bürgerschule zu schicken, dafern sie in einem Bürgerschulbrzirke wohnen. Die Anmeldungen haben für sämmtliche hiesige Volksschulen in der Zttt vom 7. bi» 8. Ällmiar 188« vormittag» 10 bi» 1? Uhr und sr«chmttt«g» r bt» 4 Uhr zu erfolgen. Bei der Anmeldung ist für jede- anzumeldende Kind eine standeS» amtliche Grbnrisbescheinigung oder das vom Standesamt beglaubigte Familien-Stammbuch, sowie ein Impfschein und außerdem für alle det christlichen Religion angehörenden Kinder auch eiu Taufzeugniß, dasrrn durch das etwa vorgelegtr Familien-Stammbuch die Taufe nicht nachgrwiesrn ist, sowie für die Kinder von solchen Dissidenten, welche keiner Religionsgesellschaft angehörrn, eine schriftliche Er» kliirung darüber beizubringen, in welcher Religioaslrhr« diese Kinder unterrichtet werden sollen. Die Eltern und bez. Erzieher solcher Kinder, welche, wenn auch nach ihrem Alter schulpflichtig, doch wegen Kränklichkeit oder sonstiger körperlicher und geistiger Gebrechen einer Schule nicht oder nicht rechtzeitig zugcführt werden können, werden hierdurch ausgefordert, hierüber unter Beifügung eines ärztlichen Zeugnisses binnen obiger Frist Anzeige an unS zu erstatten. Leipzig, am 30. Drcemdrr 189b. Der Tchulausschiitz ber Ttadt Leipzig. - , I. v.: Büttner. Lehnert. Holzauktion. Freitag, den 10. Januar I8SA sollen von vormittags 8 Uhr an im Forstreviere vnrgan in Abth. 7» dicht am früheren alten Forsthau» bei Böhlty-Shrenberg LO Rmtr. Eichcn-Nutzschette 1. »ad U. Ll., - Eiche» und 180 17 2 19 3 Buchen- Ahorn- Rüstern- Linden- Vrennschette unter den im Termine anSbängenden Bedingungen und der üblichen Anzahlung meistbietend verkauft werden Zusammenkunft: aus dem obengenannten Mtttelwaldschlage. Leipzig, am 30. December 1895. Des Nath» Forftdeputatiou. Ortskrankencaffe betr. Bekanntmachung. Dir ftieichäftSränme der Ortokrankrncass« für Leipzig und Umgegend befinden sich vom 7. Januar 1888 ab im Grundstücke Äellertftratze 7/8, — Spamer'S Hof — Eingang: Lhorweg, Hof link», und sind, mit Ausnahme der Sonn» nnd Feteriage, für da» Publicum geöffnet Vormittag» von 8—1 Uhr Mittag», und von 8—8 Uhr Nachmittag». Die jeden Tonnabend in den Filialen stattfilldende Krankeu- gelder-AuSzahlNNg wird durch diese Verlegung der Geschäfts- räume nicht berührt, bleibt vielmehr, wie bisher, bestehen. Di« Telrpbonanschlußnummer ist auch im »euru Geschäfts- Hause: 92V, Amt 1. Leipzig, am 31. December 1895. Die Ottskrankenrafle für Leipzig „nd Umgegend vr. Willmar Schwab«, Vorsitzender. B. Die Stellung Deutschlands zum Transvaalconllict. -p Abermals hat die Ländergier England» — und zwar im Transvaal — zu einem Schritt unerhörter Vergewal tigung hingerissen und abermals ist derselben — diesmal von deutscher Seite — ein empfindlicher Dämpfer aufgesetzt worden. England» Herrschaft vom Cap dis zum Nil au«- zudebnen, ist das Lebensziel de» ungekrönter. Königs von Südafrika Sir Cecil RboveS und der von ihm geleiteten englischen Cbarterrk-Compagnie. Ein Keil sollte zwischen Deu'sch-Ostafrika und die Congoländer ringeschoben und diese auf solche Weise ausschließlich engl,schein Einfluß preisgegeben werken. Längst wäre der „geniale" Plan zur Ausführung gekommen, wenn neben dem Oranjefreislaat nicht die südafrikanische Boerenrepublik allen Anneiwnsgelüsten England» ein „bis hierher und nicht weiter!" rntgegen- gehaltrn hätte. Aber um jeden Preis, mit jedem Mittel muß dieser Widerstand überwunden werden! Schon einmal gehörte ja dir Ackerbauer- und Viehzüchter-Republik der Boeren den Engländern, die sie einfach annectirten. Aber die Boeren, harte, stolze Männer, griffen zu den Waffen und schlugen Anfang >88l die Engländer mit blutigen Köpfen wieder auS ihrem Lande hinaus. Von den drei Niederlagen, welche die Engländer damal» erlitten, ist inS» besondere jene am Majuba Hill, die da» ArmercorpS Ves General» Collry vernichtete, denkwürdig geblieben. Die durch die wievergewonaenr Freiheit erstarkte Republik sollte sich jedoch bald neuen Gefahren gegenüber jeden. Allmählich, Stück um Stück, rissen die Engländer da« Gebiet ring» um die Republik an sich, so daß'Transvaal heute, vom Oranjr- Frristaate abgeseben, fast ganz von englischen Besitzungen umgeben ist. Mittlerweile waren die großen Goldfelder in dem südlich von der Hauptstadt Prätoria gelegenen Land» striche, dem sogenannten „Rand", entdeckt worden, und Gold sucher strömten zu vielen Tausenden au» aller Herren Ländern, und zwar insbesondere, von England aus geleitet und durch englisches Geld unterstützt, Caplänver unk Engländer, nach den neueu PlacerrS, deren Mittelpunkt der Hauplorl Johannesburg bildet. Di« Anzahl dieser Neu-Anstebler, der „Uitlandrrr", d. h. Ausländer, wuch» allmählich in einer für da- berrschende Element der Boeren gefährlichen Weis« an. SV 000 erwachsenen Uitländern sieben gegenwärtig nur 15VVV erwachsene Boeren gegenüber. Erlangten dies« da» volle Bürgerrecht in Transvaal, dann war — auf dem Wege fri«blichrr Revolution — die Boerenherrschast gestürzt und da» Land in drn Händen der Fremden, v. h. der in überwiegender Mehrzahl dorthin gesiedelren Engländer und der Ehartereb Compagnie uav ihre» Leiters, deS Agenten der Londoner Eentralregirrunz Ereil RboveS. Alles war daher für den Beginn de» neuen Iabre« vorbereitet, um den „Putsch" glücklich durch- »uführen. Allein di« Stimmung der nicht englischen UitlLnder in Johannesburg, der Deutschen, Franzosen nnd Amerikaner» und selbst eines TheileS der Eng länder bot in den letzten Tagen keine Gewähr mehr für die „friedliche" Durchführung der „Reformen", wie sie in dem von unS mitgetbeilten, namentlich da» Bürgerrecht fordernden Manifest des Vereins der Nationalen englischen Bereinigung verlangt wurden, und es schien, als wollte die Bewegung sich im Sande verlaufen. Dem mußte auf alle Fälle vorgebeugt werden, und so brach, wie gemeldet, am 31. December ein» bewaffnete Bande der Cbartered-Compagnie in Transvaal ein, um durch einen Handstreich die Staatsgewalt an sich zu reißen. Dieser folgten, wie die letzten uns vorliegende Nachrichten besagen, weitere 300 Bewaffnete derselben Compagnie. „Natürlich" sind sie, wie die „Time-" auS Capstadt erfahren, einem in Briefform a» die Compagnie ergangenen Ruf hervorragende Einwohner Johannesburgs gefolgt, durch welchem Or. Jameson um schleunige Hilfe gebeten wird. Daß di« Boeren, vorzüglich ausgerüstet und kriegsgeübt, die revolutionaire Bewegung zu unterdrücken bereit sind, braucht nicht erst versichert zu werden, zumal da sie tbalsächliche und moralische Unierstützung bei den Nickit-Engländern, namentlich bei den Deutschen, finden. Wir meldeten schen, daß Präsident Krüger sofort den Befehl ertbeilt bat, daß weitere Vordringen ver Auf rührer mii Waffengewalt zu verhindern, und einen Aufruf zur Bertheidiguiig au alle Bürger hat ergehen lassen. Für gestern wurde ei» Zusammenstoß zwischen Boeren und der Cbartered-Compagnie erwartet. Mittlerweile ist indessen ringetreteik, wa» wir und mit uns die gesaminte deutsch-nationale Presse al» anläßlich ver langt und erwartet batten: die deutsche Reichsregierung hat, weil mit zahlreichen Interessen in Südafrika, speciell in Transvaal brtheiligt, den Augenblick für gekommen gehalten, zu interveniren. Unterm I. Januar meldet die „Köln. Ztg." au» Berlin: Dem Vernehmen nach hat die deutsche Regierang die amt liche Anfrage an die englische Regierung gestellt, welche Schritt, si, angesicht- des Eindringens bewaffneter Banden au» einem englischen Schutzgebiet» ia Transvaal zu ergreifen gedenke, um den durch das Völkerrecht und di» tnter- nationalen Verträge begründete» RechtSzostand wieder her zustellen. Und wie vorberzusehe» war: »S bedurfte nur diese» Winke», hinter welchem eine dem stolzen Albion zum Mindesten ebenbürtige Weltmacht steht, um England zu muthigem Zurückweichen zu veranlassen. Es folgt darin ja nur alter, eben erst im Orient geübter Praxi». Ueber den internationalen Zwischenfall, der übiigen« erfreulicher Weise, wir die folgende Meldung erkennen läßt, Frankreich wieder auf Deutschlands Seite zeigt, sind folgende Nachrichten eingegangen: * London» 1. Januar. In Folg» von Depeschen ist der Prä sident des Eolonial-Amtes Ehamberlain gestern früh von Birmingham nach London gekommen und den ganze» Lag im Lotonial-Amt beschäftigt gewesen; er hat an vr. James»» tele« graphirt, zurückzugrhrn; an den Prösideuteu Krüger hat er telegraphirt, er erwarte, daß der Präsident Alle» thun werde, wa»er könne, um Feindseligkeiten vorzubeugr». Ferner hat Ehamberlain di» Hilfe der britischen Regierung zur Er reichung eiar« friedlichen Ausgleiche» aagebotrn. — Bezüglich der Nachricht, daß Präsident Krüger sich an den deutschra «nd an den französischen Eousul um Unterstützung gewandt habe, sagen di« „Times": Wir werden in Lransvaal keine fremde Intervention ia irgend welcher Form zulassen. * Sondan» 1. Januar. Der StaatSsecretair für die Colonien Ehamberlain veröffentlichte heute Nachmittag eine osficielle Mitlheiluag de» Eolonialamte-, in welcher angekündigt wird, daß Ehamberlain seit gestern beständig bemüht ist, die Lonsrgnrnzen de» außergewöhnlichen Vorgehen» Dt. Jamrson's ab- zuw enden. Sit Herkules Robinson habe durch eine Proclamation Jameson's Handlungen gemißbilligt und dir britischen Untrrthanen ausgrfordrrt, dem Gesetz zu gehorchen und sich ruhig zu verhalten. Jameson und dir Beamten seiaerVegleitung haben den Auftrag erhalten, sich znrÜckzuziehen, und es ist zugleich die Hoffnung ausgesprochen, daß rin Zusammenstoß vermieden werde. Jameson habe aber beim Borrücken dir Trlrgraphrn- linien unterbrochen. Ehamberlain theilt mit, daß die britische Südafrika-Compagnie ausgrfordrrt ist, Jameson's Verhalten zu mißbilligen, nnd daß die Compagnie erklärt habe, daß sie von dem Vorgehen Jameson» keine Kenntniß hatte. Auch Cectl Rhodes habe erklärt, daß Jameson ohne sein Vor- wisse« gehandelt habe. Das Letztere ist durchaus unwahrscheinlich. Jedenfalls ist der Einbruch der Jameson'schen Banden, wenn auch in diesem Augenblicke von RhodeS und der Compagnie nicht gewollt, auf deren Schuldconto zu festen; denn daß ihre Politik auf die friedliche oder gewalttbäüg« Okkupation der Republik auSging, ist ja ein offenes Gcheimniß, über da« erst in der letzten Woche maßgebende Londoner Blätter als über etwas völlig Selbstverständliches hockst ungrnirt leitartikeltrn. Wenn dieselbe Londoner Presse sich bereils über fremde Einmischung entrüstet, so liegt das in dem zur Genüge bekannten hochsahrendrn Wesen der eng lischen Politik. Man braucht also über dir folgende Meldung au< London, I. Januar, nicht zu erstaunen: Dir Abendblätter beklagen dir Vorfälle in Tranövaal, halten r» ober vor Eintreffen vollständigerer Bericht» für unmöglich, zu glauben, daß Jameson ohne gewichtige Rechtfertigungen in da-r- TranSvaal ringrdrungrn sei. DK Blätter führen rinsrtmmig aus, diese Angelegenheit berühre keinen auswärtigen Staat und müsse »«lisch»« Enßland und Transvaal allein geordnet werden. Wenn der Präsident Krüger sich «n den französische» »nd an den »eutschen Lonsül gewendet Hab», so Hab« er damit direct dk Eonventio» von 1884 verletzt. Dem ist entzegenzubalten, daß dir südafrikanisch« Republik aus Grund ihre« SuzeränrtätsverhaltniffeS zu England allerdings verpflichtet ist, für den Abschluß von Verirägen mit fremden Mächten da« englische Piacet nachzusnchcn Soweit braucht aber Präsident Krüger, wenn er mit den ge nannten Eonstle einen Meinungsaustausch hrrbeigefübrt bat. noch lange nicht gegangen zu sein und da« Eingreifen Deutschlands beschränkt sich lediglich darauf, von England Garantien für den Schutz der Deutschen in Transvaal und der dort bestehenden deutschen Interessen gegenüber einer recht- und gesetzlos die fried liche Entwickelung eine» uns eng befreundeten Staates durch be waffneten Einbruch jählings störenden revolutionären Bande zu verlangen. Wir haben da» allerlebbasteste politische und handelspolitische Interesse daran, daß die Beeren-Republik ihre Selbstständigkeit aufrecht erdält und ihre holländische Sprache «nd Verfassung wahrt. Es hängen daran Aukunits- fragen von allergrößter Tragweite, die für unsere Stellung in Südwestafrika entscheidend werden können. Darum begrüßen wir die würdige und correcte Haltung, welche unsere Reicks regierung, wie m der letzten Zeit in internationalen Fragen über Haupt, so jetzt wieder in der Transvaalfrage eingenommen bat. F-ttilletsn. Ännalise's Pflegemutter. 1s Roman von L Hatdhetm. Nachdruck verboten. Der Sommer deS Iabre» 187* war so unfreundlich und regnerisch, daß eine große Zabl der im Wildbad an gekommenen Curgäste nach vergeblichem Harren auf bessere- Wetter wieder avreiste. Tie Hotels nnd Logirbäuser, zu Anfang der Saison schon über füllt, leerten sich nnd verödeten. Regen und Sturm wütheten Tag für Tag weiter, die Enz schäumte nnd brairste über ihre Ufer, Hagetschauer drafselten nieder und verwandelten Berg und Thal für kurze Fristen in eine Winterlandschast, nnd darüber hin drängten sich, wie in Fetzen zerrissen, graue Schleier, schwere Wolkenmassen. Eine so schlimme Saison hatte man seit vielen Jahren nicht erlebt. Bor dem Hotel Vellevne spielte di« Musikkapelle ver drossen «nd frierend vor Keren Bänken. Ein paar lungernde Kellner schüttelten sich zusammenschauernd und blickten ver zweifelnd auf die eben von der Station zurückkommenden leeren Hotelwagen. Meine Gäste — keine Trinkgelder! Drinnen im komfortabel eingerichtete» Hotel war e- kaum besser. Die fruchte, «iskalre Luft drang durch jede Ritze ver Fenster und Tdüre»; man hatte in den Offen und Kaminen Holzfeuer angezündet, im Salon saßen rin paar englisch« Damen, sahen sich kalt «nd gelangweilt an »der suchten zu lesen. Kein, mochte sprechen, auf Allen lag lähmendes Unbehagen. Im Billarvsaal spielten ein »aar junge Herren, die ein zigen Menschen im ganzen Hotel, die vergnügt schienen In dem nach rückwärts gelegenen Seitenflügel de» Hotel» regte sich dagegen ein unrubvolleS Leben. Er war obgesperrt für ein« russisch« Herrschaft. Die Dame hatte freilich mit dem kranken Gemahl in eine Miethwohnuna ziehen wollen, es war aber schon zu spät gewesen, den Patienten ohne Gefahr für sein Leben zu tranSportiren. I« Hotel flüsterte man, die Frau Baronin von Pkatow sei zwar unermeßlich reich, aber auch ebenso geizig. Tbat- sacke war. daß Boris, der Diener de« Baron-, seine Herrin geradezu haßte und mit boshaftem Lächeln dem Herrn Ober kellner zuflüsterte, dir Gnädige könne bezablen, man solle nur Alle- und Jedes tbun, seine» armen Herrn Zustand zu er leichtern; eine Mittheilung, welche nicht vergeblich gemacht war. Im Damensalon wie im Rauchzimmer waren „die Russen" der Gegenstand lebhafter Neugier. Enorm reich, geizig bis zur Kleinlichkeit, vornehm und hockmüthig und jede Theilnabme verschmähend, da» weckte nicht eben die Sympaihien. Trotzdem beschäftigte man sich in ver Langeweile de» RegenwetterS viel mit ihnen. Man ließ sich durch Reick- tbum und Hockmuth imponiren. „Die Russen" nahmen keinerlei Theilnahme in Anspruch, redeten mit Niemandem, und wenn die beiden Damen einen ihrer Spaziergänge machten — sie fuhren nie, man sagte au- Geiz — so ließ da» araubleiche, bochmütbig starre Gesicht der Aelteren keinerlei Schluß auf ibre Empfindungen zu, während ihre reizende, jugendliche Gefährtin, ebne gerade eine besondere Schönheit zu sein, durch den Ausdruck sanfter Heiterkeit alle Männer entzückte. Eine ganze Reihe von Zimmern war lediglich dem Kranken und seinen Pflegern riogeräumt worben, während aus der anderen Seite de» CorridorS die Damen wohnten, Der auf der Höbe de» Lebens stehende Leibende empfing, von allem Luxus und jeder Beauemlichkeit umgeben, täglich drei und vier Mal den Besuch seiner Aerzft und entließ sie immer «it demselben bitteren Hohnlächeln. Wenn sie nur nicht tbun wollten, als sei ihm noch zu helfen! Und dann warf er sich mit qualvollem Aechzea i» de» seiden,n Decken und Missen hin und her. La ist sy schwer, zu wissen, haß «an veelvre« ist. Äe»t eh«n gingen sie wieder. Draußen im Eoeridor stand der alte Hoseath still. „Welchen Eindruck macht Ihne« der Patient, Erkner?" „Immer denselben, als spotte er unser- Aber haben Sie den Blick bemerkt, Hexr Hofratb?" Der weißbaarige alte Herr nickte ernsthaft, „BerzweiNiuig iis, Herzen, Herr Hosrath! Könnt« man dem Unglücklichen nicht die Erlerchtexung geben, seine» Vater kommen zu lassen?" „Die Baronin ist durchaus dagegen. Unser Patient bat ein Grbri""iiß auf der Seele, und Pas will sie ihn nickt verrathtn lassen!" „Ader wenn er fordert, seinen Bater zu sehen"' „Als sie sich dagegen erklärte — sie thut da» ja Alle in der besten Weise, sie bat ihn wirklich lieb, daran ist kein Zwrifell — da ergab er sich" „Ich meine dennoch, e» würde ihm die letzten Tage leichter machen, Herr Hofrarh!" „Sie find ein jugendlicher Heißsporn!" Der Hofrath legte seinem Assistenten die Hand freundschaftlich auf die Schulter. Und dann fuhr er fort: ,D« Baronin liebt ihren Gemahl: sie wird wobl guten Grund haben, zu wünschen, daß er sein Geheimniß nicht au-plaudert." „Ich halte ihn für —. Er ist jedenfalls mehr Gemüths- meusch als sie." „Ganz recht, Erkner, er ist der Bessere von Beiden, aber ein schwacher, leichtsinniger Patron scheint er mir doch." Ein Kellner kam ihnen im Vestibül des Hotel« entgegen, eilig und mit wichtiger Miene. „WaS giebt« denn?" fragte der Hofratb spöttelnd. „Brennt es irgendwo? Seien Sie doch hübsch leise!" „Ich wollte nur Boris rufen! Der Herr StaatSrath von Platow, Excellenz, sind eben angekommea." Die brirrn Herren sahen sich überrascht an. Der Vater de» BaronS? Wer hafte ibn benachrichtigt? Sie mußten an einer offenen Thür vorüber, am Eomploir des Direktors. Dieser stand nabe am Eingang und redete mit hnn soeben angrkonimenen Gaste in großer Ehrerbietung, machte ihn ab,r jetzt auf den Hofratb aufmerksam. Der Fremde trat sofort heraus, stellt, fich selbst vor und bat um «ine Uaterrevuna. Er war ein langer, vagerer Mann mit «erlebten Zügen. Auf diu ersten Bl'ck erkannte p,r «it, Arzt de» vp« Leiden schaften verehrten Spieler und Äenußmeuschev. De» Dj»««,r hatte eine Zimmerthür aufgenssrn und lud die Herren e>U, »jazutrrfta, „Geben Sie immer p»r»n, lieber Erkner, tpix treffen uns bei der Gräfin Schaffgotsch!" sagt« per Hofrgth seinem Assistenten. Dann standen sich dk beiden Weihlöpf, allein ß,-enüber. Es wurde dem Russen sckwer, ia Worte zu kleiden, was «ein Herr bewegte. Endlich bracht« er es mühsam untz in der harten Aussprache per Kurlguder heraus. „Woran stirbt mein Sobnl Sagen Sie mir riickbaltsos die Wabrbeit!" Und al- der Hofrath eine Sekunde zögert,, weil er Mitleid b-ltr mit dem sichtlich schwer betrübten Datex, fuhr dieser gereizt auf: „Warum schonen Sie mich? Wenn ich es tragen muß, meinen Einzigen vor mir hinsterben zu seben, wird ihr Bescheid mein Leid nicht vermehren." Was die beiden Männer dann sprachen, war kurz genug, jedes Wort ein Dolchstich für drn Tater. „Aber die» Leiden ist nicht unbedingt tödtlich, warum geben Si« die Hoffnung auf?" ries der Russe. „Weil e« verschleppt worden ist, viel ru lange vernach lässigt, und dann, weil ein tiefer, seelischer Conflift es erschwert." „Ein Consiict?" Der Hofratb zuckte die Achsel. „Irgend etwa«, wa- seine Seele beunruhigt und bedrückt. Excellenz." Der alte Herr stutzte. Dan» sagte er ungläubig: „Und woraus gründet sick Ihr« Annahme? Hat mein Sohn Ihnen Eröffnungen gemacht?" „Eröffnungen? Nein! Meine Ansicht beruht lediglich «tlf tfftzcholvg'schen und pbpsiologischen Beobachtungen." „Sie irren!" erklärte Se. Excellenz entschieden und bock, MÜtdig. .Met» Sohn lehr in de« geordnetsten, in glänzenden verbiiltuissen; «r ist «in moralisch guter Mensch, ein Ehren mann. Was sollt« fein» Seele beschweren? Schulden ? Adele Jwarwwna, seine Frau, hat erst kürzlich eine große Erbschaft gemacht." „Ereellenz werde« <-ffeg,nhkit bgben, sich selbst ein Unheil z« bftdeu " Der Gtaatsrath ffchttt« sick plötzlich au« seiner zu fammenaffuDtenen Haltung ans Seine Mienen veränderten sich froh hoffendem Au «druck. „Und «es« es wäre, wie Sie meinen? Wenn Si« Reckt hätten? E« kommt mir «iqe Idee! Es köflyte ja eine HerzeflSaffaife sein! Ein so weicher, gemtilhvoller Charatser! Er bat nehe» der nüchternen Fraiienseele geyarbt in weich»» Empfinden. Mein Gott, wenn rS wäre! r bat 8-d es ist nichts uomijgjjch unter der Soun,; Was passirl nicht Unerhört,« i« -etzep!" ^ " „Das iss« picht! Eme Hcrzengaffaire? Unsinn!" hätte der alte Arzt rufen möge» Aber er hatte nicht Hrrz. die Hoffnung des Vaters zu vernichte». Mit einig,y oösftchcn Worten empfght er sich. Jazwischea wsr di« Aheuddämm,«,,« herab-ffunke». Der Sturm heulte um dos Haus Mtk rauscht, i, den ttroq«, der Baume. Ueberall wurden die Gasflammen angezündet. In dem Zimmer des Kranken brannten tief verschleierte
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- Thumbnail Preview