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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-13
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940613025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894061302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894061302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-13
- Monat1894-06
- Jahr1894
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Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Pemze>le 26 Psq. Reclamea unter dem Redacrionsftrich >< ze» spalten) vor den FcimiliruiiachrickUM (6 gespalten) 40-^. Srüßerr Schriften laut unserem Preis- vekzeichniß. TaoeNarischcr und Zissernsatz nach höherem Tarif. Srtra-Veilagrn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, oline Poslbesörderuug 60.—, mit Poftbesorderuog ^ 7lT—. ^nnalsmelchlnß für Änreigen: Dbend-Au-gale: Vormittag- 10 Uhr. Morgen- AnSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag- früh ' ,ft Uchr. vet den Filialen und Aniiatimeslellen eia« halbe Stunde jruher. Nnzeizen sind stet- an die 8rt>cftit»«v zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Üeipzig. FM. Mitthvoch den Ni. Juni 1894. politische Tagesschau. * Leipzig, 13. Juni. Kein Tag ohne neue Beweise der verderblichen Folgen ler von dem „neuen CurS" inaugurirte» Polcupolitit. il» den dem Fürsten Bismarck nahestehenden „Hamb. Nachr." M in keiner Nummer ein Hinweis auf diese Folgen, und tie.Freuzzeitung" polemisirt kaum gegen die Liberalen so es! und so heftig, wie gegen die preußische Regierung, die tiuchruS nicht sehen will, wohin ihre Concessionen gegen sie national-polnischen Ansprüche führen. Auch heute vieder veröffentlicht das conservative Blatt eine Zuschrift ,ui Posen, die zuerst die Bedeutung des kürzlich dort ^gehaltenen „Deutschen Katholikentage-" streift und dann sorisäbrt: „In den letzten Wochen hat Erzbischof Iw. v. StablewSki «ine Visitation-- und BejuchSreise durch mehrere Kreise unserer Provinz gemacht. Die Reise ging in sechsspänniger Eq ui page mit Spitzreiter von Ort zu Ort. Ueberall war ein feierlicher Lwvsang mit Ehrenpforten, Guirlanden, Illumination u. s. w. bereitet. Dagegen würde sich von anderer Seite kaum etwa- ein- weaden lassen. Wollen unsere katholische» Mitbürger ihrem geist- lichen Oberhirten einen festlichen Empfang bereiten, Niemand wird ei ihnen verdenken oder übelnehmcn. Im Gegentheil, auch der ilnder-gläubige kann sich de- bei solcher Gelegenheit betheiligten hnhlichen Sinne- der polnischen Bevölkerung freuen. Mögen die Kuanslaltungen einen sehr äußerlichen, weltlichen Charakter an sich tragen, wir haben nicht über fremde CulluSjorme» zu richten. Lber was un-, nicht alt Evangelische, sondern als Deutsche aus datillleitiefste verletzt hat, das war der Mißbrauch der Empfangs- inerlichkeiten zu einer polnischen Demonstration. Der Dagen dft Erzbischof- wurde au« einem Orte in den anderen von einer Tavalcade von fünfzig bis hundert Reitern in pol- lüsche» Uniformen oder Nationalcojtümen escortirt. Die llvtüge waren dem Vernehmen nach vom polnischen Theater in Pose» geliehen. Sämmtliche Reiter trugen lanzenartige Fähn chen in polnischen Farben. Leute, welche den polnischen Ais st and im Jahre 1848 hier miterlebt haben, versichern, durch den Aufzug lebhaft an jene Zeit erinnert zu sein. Schreiber diese- bot in drei nebeneinandcrliegenden Ortschaften, welche der Zug vassirte, zusammen etwa dreißig Ehrenpforten gesehen. Dieselben, ideiij einfacher, theil- kunstvoller aufgebaut, waren sämmtlich reich mit Fahnen drapirt. Unter diesen befand sich auch nichteine io deutschen oder preußischen Farben. Am reichlichsten waren bi« polnische» Nottonalsarbr» — roth-weiß — vertreten, boiubea die geistlichen und sonstigen Kirchen - Farben: gelb- mih, zelb-weiv-roth, blau-weiß-roth, lila-wriß. Man mußte sich auvMrlich fragen, in welchem Land« wir eigentlich leben. Bei dem Katholikentage in Posen war e- übrigen- ähnlich. Wie MdhasI versichert und dem Schreiber diese- zum Theil au- eigener Aiiichouuvg bekannt ist, trugen die Festtheilnehmer sämmtlich oder doch zum größten Theil Abzeichen in polnischen und päpst liche» Farben. Deutsche Farben sollen, wie behauptet wird, nicht vertreten gewesen sein. Man wird vielleicht sagen, daß c- aus ftrgleichen Aeußerlichkeiten wenig oder gar nicht ankomme. Aber war»», verbietet man denn da» Tragen von rothen Fahnen bei social- dmokranjchen Umzügen, warum entfernt man Schleifen von Kränzen iür die Märzgefallenen? Unsere Polen, mögen sie zur Zeit sich noch w loyal benehmen, der Gedanke an eine Wiederherstellung Polen- !m»t nicht bei ihnen zum Einschlafen. Und wo er einschlasen will, M er durch derartig« Demonstrationen wieder geweckt. Der Pole ist rizeniein erregbar und für äußere Eindrücke empfänglich. Di« Wichen und politischen Führer wissen da- sehr gut und treffen danach ihre Beraustaltungen. Wer wollte e- ihnen verdenken, wenn ielbsl Beamte der königlichen Regierung durch officielle Iheilnahmr ein derartige-Treiben sanctioniren und so zur Ber- iviming der öffentlichen Meinung geflissentlich beitragen? UnS ist - um von Anderem zu schweigen — ein Fall bekannt, wo ein «vaugelischer königlicher Oberförster den Erzbischof feierlich officiell begrüßt und für sich und sein« evangelische Familie den beson deren erzbischöflichen Segen wenn nicht erbeten, so doch ange- ammen hat. Tie Bedeutung eine- solchen Acte- kann nur der rechl würdig«», der unsere confessiourll und national gemischten Perhältnisse kennt, wo Deutschthnm und evangelische- Bekeuntniß Der Liebe und -es Glückes Wellen. l?> Roman von M. v. Eschen. Nachdruck «rrSetni. (Fortsetzung.) Leicht und lose halt seine Hand den Arm, daß ihn nicht- itmerzend berühre. Es ist ein schöner Arm. schlank und in» in feiner Form, blendend in seiner Farbe, gleich einem Ans von dunkeln Steinen ziehen sich die rothen Tropfen um die Falt« nach dun Ellenbogen, die da- Volk, ihrem Reiz zerechl werdend, den Ring der Venus nennt. Hilbert möchte ihn küssen, diesen schönen Arm, der ihn zmttel: bezwingt sich: er kennt Hilde bald; sie möchte es wißversteben. Aber er schaut zu ihr auf mit leuchtendem klick Sie neigt das Haapt zu ihm nieder; zärtlich säst schimmert ft in ibrem Auge. Und da übrrtommt eS ihn mit jauchzender Lust und siegesstolzer Gewißheit: „Warum hast Du mich ge rettet, Hilde, warum bist Du hier?" Indem schlagen die Hunde an; Stimmen werden laut in dem Garten, die einsam stille Beranda herauf. WaS Hilde rcn dem Moment überwältigt vergessen, steht lebendig vor ihrer Seele. Sie webrt dem Arm, der sich um ihren Leib ihluigen will, mit einer hobcitSvollcn Bewegung Rubig llingt e«, sebr kllbl dafür, daß sie noch vor wenigen Minuten di» eigene Leben für ibn zu opfern bereit war: „Er wollte sie tödten — ein Zufall ließ es mich erfahren. Die Zeit kringle: ich eilte hierher, um Sie zu warnen. Ich wurde leioe» Menschen im Stich gelassen haben." .Keinen Menschen?" Hilde schweigt einen Augenblick. Wie suchend irrt ibr Mye über die spielenden Ranken, das flimmernde Grün; belebend webt der Dost der späten Rosen und Reseden von ft» Aorten berüber, eisig aber auch sireist die Luft ihre rtir»; e< ist kalt geworden mit Anbruch der Nacht. seinen", wiederholt sie noch einmal. Es Ningt tonlos, ftch fest Gott sei Dank, daß sie hierin nicht zu lügen ki»cht. kr hört eben nur die Wahrheit in diesem Dort, und das «,o mrtchtert ihn. Da erscheint Frau Berger mit einem »» »oll alte« Lrmen^uad Medikamenten. einerseits und Polenthum und Katbolicismu- andererseits sich fast überall vollständig decken. Es wird durch die Liebäugele! mit den Polen eine Gesinnungslosigkeit großgezogen, die »och einmal ihre Früchte tragen wird. Schon jetzt sangen rein deutsche, katholische Lehrer an, ihr Dentschtbum zu verleugnen und an der polnischen Propaganda theilzunehmen. Dagegen sind die polnisch-kalholischeii Lehrer, welche — i» richtiger Würdigung der politischen Lage — die aus Stärkung des Deutschihums gerich teten Maßnahme» der Regierung in der Schule gefördert baden, sehr übel daran. Ten Haß der polnischen Geistlichkeit und Land bevölkerung haben sie sich zugezogen, von ihrer Vorgesetzten Behörde werden sie nun verlassen." So der Gewährsmann der „Krcuzztg.", der nur zu ver gessen scheint, daß die Hintermänner dieses Blattes ebenso wie seine Leiter einen Sckuldantbeil an der Verhätschelung der Polen durch die in diesem Falle dem Herrn Reichskanzler allzu willfährige preußische Negierung tragen. Oder drängen die KreuzzeitungSpolitikcr nicht immer daraus, daß die Re gierung aus eine conservcrtiv-klerikale Coalition sich stütze? Wenn aber die Negierung mit dem Centn»» auS- kommen will, so muß sic auch den polnischen Wünschen de- EentrumS Rechnung tragen. Gleichzeitig auf daö Eentruni sich stützen und den Pole» den Daumen ausS Auge halten, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Eine deutsch-nationale Politik läßt sich den Polen gegenüber nur durchführen, wenn man über haupt eine konsequente deutsch-nationale Politik treibt. Für eine solche aber ist der UltramontaniSiuus nicht zu habe». Suckt die „Krcuzzcitung" den Letzteren der Regierung aus- zuträngen, so hat sic am allerwenigsten daS Recht, über Begünstigung de- Polenthum- gegenüber dem Teutschlhum zu jammern. Die Kundgebungen zu Gunsten einer energischen Hal tung Deutschlands in der bongosrage niedren sich. So hat der Vorstand der AbtheilungHannover der Deutschen Colonialgcsellschast in seiner unter dem Vorsitz des Ober- präsidentcn Dr. von Bennigsen am ft. Juni abgehaltcnen Sitzung beschlossen, an die Centrale in Berlin den Antrag zu richten, „paß dieselbe durch die Presse und alle ihr zu Gebote stehenden Mittel, insbesondere auch durch direetc Eingaben an da- Auswärtige Amt aus eine that- kräftige Politik des deutschen Reiches gegen über dem Vertrage zwischen England und dem Congostaate hinwirken möge". Selbst die klerikale „Kölnische VolkSzlg." schreibt bezüglich der Deutschland obliegenden Stellungnahme: „Wenn wir uns die bisherigen Verträge, die wir mit England abgeschlossen haben, ansehen, müssen wir in der Thai sagen, daß wir alle Ursache haben, England gegenüber aus der Hut zu sein. Die Erfahrungen, die eS an uns gemacht, haben England in erster Linie wohl auch ermnthigt, den Streich mit der „Pachtung" zu spielen. An unseren sanften Einspruch hätte eS sich am Ende auch gar nicht gekehrt; erst der energische Widerstand Frankreichs veranlaßt« eS znm Einlenken und die englische Presse zum Anschlägen einer höflicheren Tonart. Man sagt bei uns' gern mit dem Reichskanzler: Je weniger Afrika wir haben, desto besser; allein, wenn das alles so werthlos ist, warum giebt sich denn Eng- land so große Müh«, immer mehr davon zu erlangen? Sollte eS zu einer Conferenz kommen und dort die bisherige Theilung Afrikas auch nur im Kleinen umgestoßen werden, so werden wir hoffentlich eine günstige Stellung, die wir jetzt in der Mitte von England und Frankreich einnehinen, be nutzen, um selbst auch etwa- davon zu haben. Das strittige Abkommen wurde auch im Colonialrach besprochen. Dabei wurde allseitig betont, baß wir alle unsere erworbenen Rechte in Afrika auch festhalten müssen. Hinter der französischen Regierung steht ganz Frankreich; hinter der deutschen wird wenigstens die Mehrheit der Bevölkerung stehen, wenn die deutschen Interessen in Afrika entschieden gegen englische Hand- streiche vertreten werden." Auch wir sind überzeugt, daß eine starke Mehrheit des Reichstag- energische Schritte der Regierung billigt und „Ich denke, ich überlasse Sie jetzt am besten der Fürsorge meiner alten Berger allein. Eine Compresse mit kaltem Wasser; ein paar Tropfen Eiscnchlorid darin — eine feste Binde ist zunächst nöthig. Dann" — daS gilt der Haus hälterin — »sorgen Sie, daß daS gnädige Fräulein eine Einfrischung zu sich nimmt. Ich will Befehl geben, daß angespannt wird. — Sie bedürfen vor Allem der Ruhe" Der Baron wendet sich zum Gehen. Jetzt aber stürmen seine Leute zum Säulenganz herauf; die Bernhardiner voran, die Terrier hinterdrein. Die Terrier wedeln kläffend vor und zurück; die Bern hardiner springen an ihrem Herrn in die Höhe, lecken ihm Hände und Gesicht, als wüßten sie, worum eS sich gebandelt hat, und wollten nunmehr ihre Befriedigung über den Ausdruck kundthun. Auch die Leute sind erregt; auS ihren Mienen, dem wirren Durcheinander von Wort und Mienen, spricht deutlich die Anhänglichkeit an den Herrn, die Genugtyuung. daß man ihn hat. den Halunken nämlich! „Sie haben ibn gekriegt, gerade als er über die Hecke setzen wollte in d«n Wald, da oben zwischen den beiden Pslaumenbäumen hindurch. Der Edel und der Speck batten ibn an der Hose gepackt — brave Luder, die kleinen Kerl-! Der Wotan hatte ihn gestellt. DrareS Thier — mein Wotan!" Donach'S Hand streicht den Bernhardiner über den Rücken, was aber dessen Gefährtin, die Frigg, für eine unverdiente Zurücksetzung nimmt, so daß sie schleunigst ihren zottigen Kops dazwischen drängt. „Sie haben Glück gehabt, die Leute, unten wird er schon sestgemacht! Sie haben auch gleich einen Gendarmen bekommen Der kam mit dem Herrn Landrath vorbei. Indessen hat eS gebrannt, die Schule; sie waren dort und machten gerade eben nach HauS, vorbei. Sie werden gleich oben sein, da kommen sie schon." In derThat erscheint eben Bent v Windig von dem Gendarm begleitet in dem Bogengang. Bent von Windig ist klug genug, um den Sachverhalt der Begebenheit zu durchschauen. Dieser Außaang ist ihm äußerst fatal. Er wünscht sich meilenweit hinweg; doch er konnte unmöglich hinter dem Wächter des Gesetzes Zurückbleiben, da es aalt, die Scenerie in Augenschein z» nehmen, wo man den Verbrecher auf der Thal ergriffen hatte. 2r sieht ziemlich verstört au-, doch er giebt sich Mübr, die beste Miene znm bösen Spiel« zu machen, Augen und Obren offen zu basten; vielleicht daß sich noch ein Lössel findet, mit dem sich die Suppe ausessen läßt, ohne daß unterstützt, aber auch mit einem unzweideutigenMißtraucnS- votum nicht zurückbäit, wenn abermals tie deutsche Actio» mit schwächlichem Nachgcben endet. Der Wiederberusung des ungarischen CabinctS Wekerle wirk, wie man den „B. P. Ist'." auS Pest schreibt, in den dortigen unterrichteten Kreisen noch eine weilergebente Bedeutung bcigcmessen, als nur diejenige, wonach eS der Wille der Krone war, daß die kirchcnpolitischen Gesetzentwürfe tcö Ministeriums zur Annahme gelangen sollen. Unterrichtete Politiker der ungarischen Hauptstadt haben de» Eindruck gewonnen, daß die Lösung der leylwöchigcn CabinctSkrisc auch noch unter dem GesichtSpuncle Beachtung in Anspruch »ebmen möchte, daß au oberster Regierungsstelle der hochherzige Wunsch obgewallct habe, durch Wiederberusung Dr. Wckerle'S ein weithin erkennbar-S Unterpfand dafür zu gebe», daß das während der ganzen neueren constitutionellen EntwickcluiigSpcriodc zu beobachte» gewesene herzliche, vertrauensvolle Ei»- vernehme» zwischen Krone und Volk in Ungarn durch gewisse Vorgänge allerjüngsten Datums (namentlich die Kossutkseiertichkeitcn), die namentlich von ferner stehenden Beobachter» vielfach mißdeutet worden sind, nicht einen Augenblick getrübt war. Diese Bedeutung der Wieder- bcrusung Hr. Wckerle'S an die Spitze des Ministeriums er scheint noch von größerem Gewicht, als die a»S dem Sieze Wckerle'S resultirente Rückwirkung auf die k>r<hciipolitiscbe Actio» der Negierung im Oberhausc — ein Umstand, der bauernd zur Lrienlirung der ungarischen Politik beitragen wird. Die kirchenpolit'ischen Vorlagen als solche wären vielleicht auch auf anderem Wege zu sichern gewesen, eS stank aber eben nicht das Schicksal dieser Vorlagen und dcS Ministeriums allein aus dem Spiele. WaS das Schicksal dcS EhegcsctzcS im Oberhausc betrifft, so kann versichert werde», daß daö Cabinet mit Ausnahme eines großen PairSschudeS, welcher bei dem bcutigcn Stande der Dinge nicht mehr als durchaus »olbwcndig erscheint, alle wünschenSwertben und zulässigen Bürgschaften wegen Sicherung der OberbauSmehrbeil sür den Ebczcsctzentwurs erlangt bat, und daß daS neue Cabinct daher mit begründeter Aussicht auf Erfolg seinen parlameu- tarischcn Feldzug im Obcrbause eröffnen wird. Im sranzösischcn Senat kam eS letzter Tage zu heftigen Erörterungen über den Antrag Joseph Favre'S, jährlich am zweite» Maisonutage eine Gedenkfeier zu Ehren der Jungfrau von Orleans als Natioiialfcst cinziirichtcn und somit der republikanischen Feier teS BastilleslnriiicS (l4. Juli) ein patriotisches Gegenstück zu geben. Dieser Antrag wurde mit 148 gegen lftft Stimmen angenommen, desgleichen der andere, der Heldenjungsrau aus dem Allmarkt zu Rouen ein Denkmal zu errichten, dessen Kosten auf dem Wege einer National-Suvscription bestritten werde» sollen. Wenn opportunistische Blätter davon fabeln, alle Franzosen ver einigten sich in vaterländischer Verehrung für die edle Ieannc d'Arc, so mag daS richtig sein, um so erbitterter ist aber, wie schon auS dem AbstimmungSresultat ersichtlich, der Streit über die Tendenz der Feier. Die Klerikalen und Monarchisten baben in den letzten Monaten deutlich gezeigt, daß sie daS Andenken der Ieannc d'Arc für ihre Partcizwccke auSbeuten wollen. Sie gingen dabei so weit, daß Casimir Pöricr den Osficicrcn verbieten mußte, in Uniform den kirchlichen Cerc- monien beiznwobnen. Jetzt bezeichnen sie die Einwilligung der Republikaner in ibrc Iungsrauenfeier ganz offen als eine erzwungene Nachgiebigkeit, und in der Thal würde die Regierung sich nicht für die ursprünglich orlcanistisch gedachte Ieanne-d Arc-Feier cnaagirt haben, wenn sie nicht gehofft hätte, durch Unterstützung deS Antrag- Favre den Monarchisten daS Wasser von der Mühle zu leiten. Minister' Präsident Dupuy suchte die Gegensätze in der Kammer zu man sich gründlich den Magen dabei verdirbt —, die Suppe, darüber kann er keinen Augenblick im Zweifel sein, die er sich selber eingebrockt bat — mit dem verdammte», dummen Bauernklotz. DaS bat er nickt gewollt: aber so sind diese Tölpel! Wie die Kugel auS dem Rohre deS Teufels, machen sie dumme, tbörichte Streiche, sobald mau sie allein läßt, init dem gescheitesten Rath. Dieser Streich lag außer aller Berechnung; sein AuSgang kann Bent, wenn auch nickt den HalS, so doch seine Stellung kosten, WaS ihm im Augenblick viel mehr bedeutet! Ohne Fräulein Moran, erklärt der Baron, würde er verloren gewesen sein. Auch seine Leute halten schon einige Mal. etwas consuS allerdings, doch ungefähr dasselbe be richtet und gemeint, daS Fräulein müsse gar ein grausam muthig-brave- Mensch sein. Vor etliche Minute erst wärsch' gekumme, gerade als ob se drum gewußt hält'! Der Kutscher batt'S auch verzählt, daß se ebm hält' WaS spreche wolle. Ohne daS Fräule, lautete dann stetS der Refrain, wäre der Herr todt — und der Sckuft, der Hund, der Halunke und Schurke auS dem Garn gelaufen. Es ist in diesem Augenblick Bent nicht zu verdenken, daß er Hilde zu alle» Teufeln wünscht. WaS ohne ibr Da- zwisckentreten bätte sein können — fataler Gedanke —, aber man braucht ja gerade nicht daran zu denken. Wie eS ist, kann eS jedenfalls für ihn nicht fataler sein. Doll Haß und Zorn tritt er zu dem Mädchen hin. Und so ist eS denn auch erklärlich, Laß er seine geschmeidige Höf lichkeit vergißt. Er wundert sich über ihre Anwesenheit hier — spöttisch, höhnisch, beißend, beleidigend. Er hat in der That keine Ahnung davon, daß sie so — so liirt mit Herrn von Donach sei! Würdevoll will ihm Hilde den Rücken wcndcn; doch sie ist müde und erregt — sic wendet sick schweigend ab. Nur eine heiße Röthe steigt auf in den blassen Wangen. Er nimmt die Empörung für Angst, Verwirrung und Scham. Er gönnt ihr die Unannehmlichkeit, der sie entgegengebt, vielleicht aber auch, daß sich diese Lage der Dinge günstig sür seine Lage ausnutzen läßt, vertuschen Hilst, was sonst an dir »rohe Glocke käme. Mit gutem Geld und Heneigtri» Willen kann man viel. Der Baron ist reich, von ritterlichem Sin». Nun verneigt er sich artig; er zwirbelt den kleinen, schwarzen Schnurrbart, böslich, viel böslicher, ob auch nicht minder verletzend klingt es: „Nun, dann ist es eine doppelt verfängliche Situation sür eine junge Dame, bei Nebel und Nacht hier auf der einsamen Teraffe." versöhnen, indem er erklärte, daß die Franzosen in gemein samer Begeisterung den Patriotismus wie den RepublikaniS- muS. jenen im Mai, diesen im Juli feiern würden. VorauS- zuseben ist aber, daß da- Volk keineswegs vereint die beiden Feste begeben, vielmehr sich bei der Feier spalten wird. Statt dcS einzigen bisherigen NationalsestcS bekäme Frankreich somit zwei Partcisestc. Dies ist derart klar, daß selbst gemäßigte und regierungstreue Republikaner, die der Kirche keineswegs feindlich gegenüberstebc», auS Gründen dcS inneren Friedens den SeualSbcschlnß verwerfen und in der Dcputirtenkammcr gegen daS Favre'schc Gesetz stimmen werden, daS im Obcr- bausc ans Dnpuy'S warme Fürsprache bin angenommen worden ist. Semit scheint die Acra der Krisen noch keineswegs ab geschlossen, Anlaß dazu findet sick aus Schritt und Tritt. Der verstorbene Sultan von Marokko, Mulcy Hassan, hat in seinen Beziehungen zu rcn europäischen Mächten in de» letzte» Iakrcn wiederholt mit im Vorder gründe der lage-politischen Interessen gestanden. Es war die- im Sommer 18!»2 und Ende des verflossenen, sowie Anfangs dieses IakrcS. Vor zwei Jabren befand sich der Sultan in einer schlimmen Lage. Er war nickt allein von einem halben Dutzend Aiisslänren bedroht, sondern hatte noch mit tcn Notabel» des Landes zu kämpfen, die ob seiner dem „europäischen Geiste" gemachten Zugeständnisse mißvergnügt waren. England batte nämlich damals, wie erinnerlich, eine Sontergcsantlschast »ach Marrakesch entsendet, um einen Handelsvertrag abzusckließc». Der englische Gesandte. Sir Evan Smitb, hatte kein Glück. Er trat allzusckars auf; cs wurde seitens dcS Sultans ein BestechnugSversuch gemacht, wetcken der britische Unterhändler entrüstet zurückwieS. Das englische Blaublich entwarf ein dramatisches Bild von den Räntcn am skerisianischcn Hoflager, welche zur Unterschiebung eine- falsche» Vertrages führte», nach dessen Zurückweisung Smitb »ach Tanger znrückkchrte. Im Melitta Streite mir Spanien zeigte sich der verstorbene Sulla» entgegenkommender. Nach wochciilangcn kleinen Kämpfen mit den Riskabplen entsendete die Madrider Regierung den Marschall Martine; EampoS, welcher Ende Januar dieses IabrcS am Hoslagcr deS Sultan- einlraf. Spanien verlangte im Wesentlichen eine Entschädigung von dreißig Millionen Pesetas und die Züchtigung der RiscnoS, welche Mclilla übersatten batte». Nach wochciilangcn Verhandlungen, «rach dem Spanien seine Entschädigungs-Ansprüche uni mehr als die Hälfte herabgesetzt hatte, kam ei» sür die Madrider Regierung günstiger Abschluß zu Stande, und Martine; EampoS konnte mit einem diplomatischen Ersolgc beimkekrcn. Der Sultan aber, ansrichtig bestrebt, die Vertragsbedingungen zu erfüllen, sah sich alsbald wieder in neue Kämpfe m>: den rebellischen Stämmen verwickelt. Die Nachricht von der Ermortniig Mulcy Hassan'S, welcher daS fünfzigste Lebensjahr kaum überschritten, bat kenn auch nichts Unwahr scheinliches. Von der an Spanien zu zahlende» Entschädigung ist erst eine Rate nach Madrid abgesübrt, wegen der weiteren Raten ist die spanische Regierung einigermaßen in Sorge, denn man sagt dem vorläufig aus de» Thron gelangten Abd »l- Aziz »ach, daß er nickt allein ein Feind dcS europäischen Ein flusses, daß er auch ein besonderer Feind der Spanier sei unk während der Verhandlungen in Marrakesch stets auf Abdruck der Unterhandlungen und Erklärung dcS Krieges gedrungen habe. Sollte sick Abd-ul-Ariz trotzdem ehrlich gewillt und auch im Stande zeigen, tie VcrtragSoblic^cnhcitcn Marokkos inne zu halten, so kann auch Spanien sich bei dem Vorgesallencii. als einer reinen ros intsi-»» Marokko- beruhigen. Im andere» Falle freilich wäre eS nicht ausgeschlossen, daß Spanien, wenn eS seine Mclilla-Ezpedition nickt ganz ver geben- unternommen haben will, seiner marokkanischen Action, mit Waffengewalt oder diplomatischen PrcssionSmilteln, eine „Herr von Windig" — Hilbert von Donach bat die letzten Worte gehört — „eine Dame in meinem Hause steht unter meinem Schutz " Wieder verbeugt sich Bent. Die Dinge scheinen nach Wunsch sick zu gestalte»; er hat vollständig die Herrschast über sich wierergcfuiidcn, und wahrhaftig, aus Ehre — zu größten, Bedauern nur an daS Beste für Fräulein Moran gedacht. Donach reicht Hilden den Arm; er geleitet sic durch den großen Eßsaal in ein stilles Zimmer: „Dank, tausend Dank", sagt er leise: sübrt achtungsvoll ihre Hand an die Lippen: „Ohne Sorge, mein gnädigste-Fräulein! Vergessen Sic nicht: von heute an ist Ihre Ebre auch meine Ebrc." Fra» Berger allein bleibt bei Hilde zurück. Von Zeit zu Zeit wird der küble, bliitstiUciidc Umschlag erneuert. Hilde trinkt ein GlaS Rotbwein; — essen kann sie wirklich nichts. Zuweilen dringen Stimmen an ihr Lbr: «S scheint, die Ver handlungen nehmen ihren Fortgang draußen. Dann wiid eS eine Weile still: sie hört nicht-, denkt nickt-, vielleicht, das; eine iicbcrische Betäubung die Sinne gefangen nahm — dann plötzlich siebt der Baron wieder vor ibr. Er schlägt einen warmen Mantel uni ihre Schultern — der Landauer ist vorgefahren, anstatt de- Eoupös mit den Juckern, wie es zuerst besohlen ward. Der Gendarm mit seinem Gefangenen und zwei de» den Donach scheu Leuten sollen in de» Landraths Wagen sabrcn — der Baron bittet de» Herrn Landratb, bei ihnen Platz zu nehmen a»S Rücksicht für Hitrc. Die Jagden bei Ködting'S nehmen den gewohnten glänzenden Verlaus. Es sind viele Gäste gekommen, darunter Seine Ercellen; von Meiering. Eine Menge von Wild liegt auf der Strecke, so daß ein wegen seiner schlechten Witze bekannter Mund meint, wie die Schnepfen zum Diner aus Oculi, seien wohl auch die Hase» und Böcke irgendwo in Freiheit zusammengeblascn worden , eine Ente natürlich, die aber doch das alte ss »on vor«. Kon liovsto sür sich beanspruchen darf, und kennzeichnend, wir sick Doetor Gustav Kökking redlich bemüht, seine Gönner und Gäste zu befriedigen Dementsprechend fallen die Diner-, welche die dem Waitwerk geweihten Tage beickließen, nicht weniger glänzend au- Damit auch der Freude» zartester Reiz, La« andere Geschlecht, nicht fehle, sink an verschiedene hohe Damen Einladungen ergangen. Tie Epcellenz Frau von Meiering hat den Galten begleitet; „ein paar Tage Land aufenthalt mit dem entsprechenden Comfort, in passender Gesellschaft, kann man noch einmal mitnehmen, so lange da-
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