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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-24
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930624027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893062402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893062402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-06
- Tag1893-06-24
- Monat1893-06
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V»z«S».Prerr > d«, kn Stadt, »»d de» Vorort»» «rrtchtetea Lot« " »»b-»holt. vterteljährltch^lS-üo, naltaer täglich« Znstelluag in« »»LHL Durch dt« Post bezog«» für ,^jchla»d »ad Oesterreich: vierteliabrlich Ilä— Dtrrctr täglich« Kreuzbandseuduog > tt! «»«land: monatlich 7.50. I ftkNorgeu-An-gab« erschefttt täglich V,7UH^ zie Lbeud-AuZgad« Wo che» tagt 5 Uhr. m» Lr»E»»: 8»H«»»e»«>He 8. i Mchch^ttto» ist Wochentag! »nnntrrbrvche» M»tt v«, früh 8 dt! «d«»d! 7 Uhr. Ivt» Ar»»'! Sartt». <«Ifre» H«hv)» Uuidersüätrstroh« 1, L»»i« L-sche, I dch«rtu«»tzr. 1t, patt. »ad Käntg-Platz 7. Abend-Ausgabe. riMger. TaMM Anzeiger. Lrgan för Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. A«zrtgen.PreiS dir 6gespaltme Pentzeile 20 Psg. Reklamen uater dem Redactioutstrich (4-— spaUea) 50^. vor d«» Famtltalaachrichte» (8 gespalten) 40 Eröhere Schriften laut au<«rrm Prrt!» verzeichnitz. Tabellarisch«! und Zisf«as«tz »ach höherem Tarif. Extra »veilagra (gefalzt), uur aüt de, Morge» - AaSgabe, ohne Postb«sürd«ru»g »l SO.—, mit Postbeförderuag 70.—^ Ammhmfchluß für Anzeigen: Ab»»d-L»«gabe: Vormittag! 10 Uhr. Morg»»-Au!gab«: Nachmittag! ällhL Goa». »»d Festtag! früh '/,S Uhr. Bei de» Alltalen »ad Annahmestelle» j» ab» halb« Stuud« früh«. >«retge» fi»d stet! a» dt« Extzatztht»» z» richte». DniS a»d Verlag vo» S. P«kz t» LeiW8> ^319. Sonnabend den 24. Juni 1893. 87. Jahrgang ur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den ÄS. Juni, ormittags nur bis V-0 Uhr Met. kxpeilltion Ä68 I.stp/l^er 'raxeblatteft. Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. Juni. Am heutigen Tage wird sich die größte Anzahl der Slich- flen vollziehen; am raschsten wird da! Resultat aus den- H»,zen Wahlkreisen bekannt werden, in denen die Tocialdemo- ttten mit den bürgerlichen Parteien sich messen. Man wird eher schon bald übersehen können, ob die überschwänglichen füzeShossnungen sich verwirklichen, welche die Führer dieser isttlei zur Schau trugen. In Lübeck und Leipzig ist diese "finnig bereits zu «schänden geworden, und aus Hannover t heute eine überraschende Nachricht ein, die auch dort «Aussichten der Socialdemokratie vermindert. Im Lager r.christlich-conservativen" Welsen, wo bisher mancherlei ,alürliche Abmachungen mit den Socialdemokraten im Gange ren, ist nämlich ein erfreulicher Umschwung der Stimmung ngelretcn. In dem Wahlkreis Harburg, wo ein Candidat ln Ordnungsparteien mit einem Socialdemokraten ,n Stich- M steht, wird ein welfischer Ausruf für den ersteren ver deutlicht. ES heißt darin: „Bereinigt Eure Stimmen aus den Candi- daten der Ordnungsparteien. Daß er für die Militairvorlage eintreten wird, darf Euch nicht irre machen. Nachdem der Herzog von Cumberland selbst erklärt hat, daß er die Vorlage für nolbw endig und ihre Annahme für wünschen Swerth Halle, ist eS Recht und Pflicht eines jeden Deutsch-Hannove raner», in demselben Sinne thätig zu sein." Ebenso haben in dem Wahlkreise Hameln die leitenden Persönlichkeiten der welfischcn Partei beschlossen, in der Stick- M zwischen dem nationalliberalen Candidaten Hische »d einem Socialdemokraten für den ersteren einzu- mten. In solchen hannoverschen Wahlkreisen, wo das Selsentbum zugleich ultramontan ist, ist freilich auf einen Äcben Umschwung nicht zu rechnen. Dort wird man die Lttialdemokratie für das kleinere Uebcl ansehcn oder nelmebr gerade deshalb für die socialdemokratischen Can lid-len eintreten, weil man diese sür die gefährlichsten ftkinde de» Reiches dält. Wenn die freisinnige VolkS- lartei bei den Stichwahlen die Geschäfte der Socialdcmo- kalie besorgt, so wollen wir nicht behaupten, sie thäte dies «u» demselben Grunde, wie die ultramontanen Welfen. Aber MsallS hätten Herr Richter und die Scinigen allen An- lck vor den Welsen in Harburg und Hameln sich zu schämen, liefe sind „Deutsch-Hannoveraner" geworden, während die fnismnige Volkspartei mit der Ablegung des Namens .Deutsch-Freisinnige" und dem „scharfen Ruck nach links" uzleich ihren deutschen Charakter mindestens in Zweifel ge- Mt hat. Die Verluste de- Te«tru«! bei den Wahlen sind doch »iht ganz so unbedeutend, wie eS die Partei selbst barzu- ftllea liebt. Insbesondere hat sie in Bayern mit dem Hauernbund hart und nicht überall glücklich zu kämpfen jlbabt. In Kelheim, Straubing und Pfarrkirchen, drei alten Matrum-Wahlkreisen, ist der Bauernbund glatt durch- uzaagen, im ersteren Wahlkreis mit dem famosen vr. Sigl, im zweiten und dritten mit zwei unbekannten Bauern Bruck- niaier und Bachmaier. Das größte Aufsehen hat die Nieder lage oeS Grasen Preysing gemacht, der den WablkrciS Straubing ununterbrochen von Anfang an vertreten batte, einer der anerkanntesten Führer und angesehensten Männer der bayerischen Ultramontanen ist, sich auch in der Militairsrage auf die Lieber'sclie Seite gestellt hat, gleichwohl aber der Baucrnbcwegung und dem AdclS- haß unterlegen ist. In Pfarrkirchen ist ein ebenfalls gänzlich unbekannter Baucrncandikal mit erdrückender Stimmenmehrheit gegen den CcnlrumScandidate» dnrch- qedrungen. In Weilbcim und Krvnack ferner steht der Bauerucandidat mit dem Centrum in Stichwahl, in Passau ist derselbe mit vier Stimmen Minderheit unterlege»; in Deggendorf fehlten dem bekannten Rayinger »ur einige Hundert Summen zz»n Sieg, auch anderwärts baden die Bauern bedeutende Minoritäten gegen das Centrum aufgebracht. In der ultramontanen Hochburg Nieder - Bavern bat das Centrum 42 000, der Bauernbund 45 000 Stimmen erballen. Für die Militairvorlage und eine nationale Politik ist durch die Erfolge dieser in Bayern durchaus particulari- stischen und reichefeindlichen Bauernbündler freilich nichts gewonnen, aber was batte man in dieser Beziehung an den bayerischen CcntrumSmännern? Außerdem wird das Centruni, in Folge seiner feindseligen Haltung gegen die Miltelparteien, voraussichtlich Würzburg an die Socialdemo- kraten verlieren; auch in anderen bisher klerikal vertretenen Wahlkreisen steht das Centrum in unsicherer Stichwahl. Dazu kommen noch in andern Bundesstaaten die dem Centrum bereits verlorenen Mandate von Baden, Wesel, Mal medy, Breslau-Neumarkt, der Verlust von Arns berg an FuSangel, gegen den gar keine Verdrängungöversuche gemacht wurden, und noch verschiedene andere unsichere Wahl kreise. Alles in Allem wird sich auch das Centrum auf einen Verlust von einem Dutzend von Mandaten gcsaßt machen müssen. Obwohl die Behörden und die Presse in Frankreich bei ihrem landesüblichen BertusckungSsystem betreffs des Standes und der Ausbreitung der Cholera verharren, läßt die Thal- sache sich doch nicht länger geheim halten, daß die Seuche aus französischem Boden täglich weiter und rascher um sich greift. Man kann den Gang der Entwickelung vom Auftreten der ersten Erkrankungssällc in Marseille zu Anfang des FrübjabrS schrittweise verfolgen. Da die Cbolera im Beginn keinen sebr bösartigen Charakter aufwics, so gelang cs den Behörden unschwer, die öffentliche Meinung von der Sache abzulenken. Auch machte die Krankheit wochenlang keine Fortfchritte. Erst Anfang Juni änderte sich der Sackverhalt; es trat eine neue Enl- wickeluugSphase ein, die Seuche begann epidemischen Charakter anzunchmen und sich sprungweise auSzubreiten. Besonders zusagende EntwickelungSbedingungcn fand sie in dem kleinen schmutzigen Provinzstädtchen Ala iS, am Südabbange der Cevennen, vor. Dann zeigte sic sich der Reihe nach in HyöreS, Montpellier, Toulon, Cette und anderen Plätzen der Mittelmeerküste, entsandte Ausläufer nach LimogcS und Lyon und ist nunmehr sckon in Calais angclangt. DaS Centrum des Landes scheint einstweilen noch seuckenfrei, aber auf wie lange'? Von Süden, Westen und Norden rückt die Krankbeit, längs den großen BahnlinienPariS-Lyon-Mitlelmcer, PariS-OrleanS und PariS-Nordgrcnze, gegen die Metropole vor. Die sanitairen Aussichten für den beginnenden Sommer sind daher sür Frankreick nickt sehr berubigend, und den an grenzenden Ländern erwächst aus dieser Sachlage mehr als zuvor die Pflicht, in der sanitären Ueberwachung deS Verkehrs nicht einen Augenblick nachzulasscn. Mit 382 gegen 4 Stimmen hat am Donnerstag die franzSstsche Deputirtenkammer, nachdem sehr stürmische Debatten aus Anlaß der von dem Boulangisten Millevoye einzcbrachten Interpellation stattgesunden batten, die von dein Dcpntirten Naujan vorgcschlagenc Tagesordnung angenommen, laut welcher die Kammer die schändlichen und lächerlichen Verleumdungen, die „Millevoye" vor gebracht, verurtbeilt. AIS der Minister deS Aus wärtigen, Devclle, darauf hinwies, er glaube jetzt wirklich, das Millevoye das Opscr eines abscheulichen Scherzes geworden, erklärte der frühere Chef der Pakriolcn- liga Döronlöde, „in einer Versammlung solcker Mensche»" könnte er nicht bleiben, er lege sein Mandat nieder und gebe. Man wird jedoch kaum bei der Annahme irren, daß Döronlöde im Hinblick ans die nabe bevorstehenden Neuwahlen vor Allein einen Wahlconp inscenirte; kann er doch nnmncbr, getreu der Taktik der Boulangisten, trotz alledem vor seine Wähler mit der Versicherung treten, daß er inmitten dieser „bi« aufs Mark verderbten" Gesellschaft nicht zu bleiben vermochte und deshalb „freiwillig" das Feld geräumt bade. Auch Millevoye erklärte, er lege, um die volle Freiheit der Bewegung zu erlangen, sein Mandat nieder. Die gegen den Redactenr der „Cocarde", Ducrct, der nebst Norton inzwischen verhaftet worden ist, und gegen den Marquis MoröS eingclcitete gerichtliche Unter suchung kann also nunmehr auf Millevoye ausgedehnt werden, der nickt länger durch seine Iiiimunität als Abgeordneter ge schützt wird. 'Nicht ausgescklossen ist, daß dem Interpellanten von seinen FractionSgenoffcn selbst nahegelegt wurde, sich dem ordentlichen Gerichte zu stellen. Allerdings bedeutete die parlainculariscke Immunität im Hinblick auf die nahe bcvorslckcndc Auflösung ver Kammer nicht allzuviel. Von ihrem Pariser Correspondenten gehen der „Nat.-Ztg." noch nachstehende Mitthcilungen zu: „Der famose Marquis de Mor-S, der sich als der eigentliche Käufer der angeblich der englischen Botschaft gestohlenen Papiere bekennt, hat die Unversrorendeit, im „Figaro" den Text der 14 angebliche» Briese von Unter-Ltaatssecretair Lister an den Bot- schasts-Lecretair Austin Lee zu verosseulliche», welche idm der Mulatte Norton, der sich olS Angestellter der Botschaft aus- gegeben , dcrkaust bat. Ilm eine Idee von dem Blödsinn zu geben, welchen darin Lister geschrieben haben soll, sei uur erwähnt, daß es unter dem 5. Mai heißt, die deutsche Regie- rung venvende große Summen aus dem Welsensons (I) sür die Wahle» des neuen Reichstages. Und unter dem 26. Mai heißt eS, die Socialisten JuleS Guesde und Lofargue hätten idren Aufruf an die deutschen Arbeiter aus Ordre aus Berlin <!) erlassen, und der Botschafter Malet habe bestätigt, daß die letzten belgischen Unruken wie alle belgischen Streiks seit dreizehn Jahren durch den Welfensonds hervorgerufen worden seien. Fälicher Norton behauptet, er wäre Schreiber aus der Botschaft gewest». Rochcsorl wüthei gegen Millevoye, weil er seine» Namen auf der Liste der englischen Spione gelassen habe, und behauptet, der ganze Schwindel sei von ConskanS inscenirt, was natürlich Unsinn ist. Mehrfach werden die Minister angegriffen, weil sie sich mit Mords und Millevoye überhaupt eingelassen haben. Mehrfach werden Mord!, Millevoye und Ducret mit dein verstorbenen Akademiker ChaSle« verglichen, der vor einigen Jahren von einem Armenier einen authentischen Brief von Jesu- an Pontius MatuS gekauft hatte." Hervorgehoben zu werden verdient von Neuem, daß dir französische Deputirtenkammer aus Anlaß deS Panamaskandals und seiner Nachklänge es fertig gebracht hat, die Botschafter der fremden Regierungen — die russische nicht ausgenommen — der Reihe nach in allerlei Skandal bineinzuzerren. Im klebrigen sortert das Verhalten von Millevoye und Genossen unwillkürlich zuin Vergleich mit demjenigen Ablwardl'S heraus. Zuni Schluß sei noch erwähnt, daß der „TempS", wie eine heule uns a»S Paris zugeganacne Depesche besagt, aus London die Meldung erbalten bat, Lister, der angeblich die von Millevovc an die Oefsentlichkeit gezerrten Actenstücke unter- icicknct haben soll, habe die Erklärung abgegeben, derartige Papiere nicht zu kennen. Auch Clemrnccau sei ihm völlig fremd. Aus London wird gemeldet, daß die Regierung, um die jüngst entdeckten Fehler in der Berechnung der in ländischen Steuern in Irland tbeilweise zu decken, gesonnen ist. eine wesentliche Verminderung in dem von Irland zur Erkaltung der königlich irischen Constablerschaft beizusteuernden Beträge vorzunehmen. Außerdem wird vor- geschlagc», die Einsammlung der Steuern und der Accise auf weitere secks Iabce in den Händen der Reichsbeamten zu belassen. Ursprünglich soll beabsichtigt gewesen sein, nach Ablauf des angegebenen Zeitraums in Erwägung zu ziehen, ob die Ein sammlung der irischen Steuern der Controle deS irischen Parlaments übertragen werden solle, oder nicht; die Anti- Parnelliten sollen jedoch mit Aussicht auf Erfolg verlangt baden, daß die Stcnercontrole nach Ablauf der sechs Jahre ohne Weiterungen der irischen Kammer überlasse» werde. Ferner sollen die Parnellitcn, um ein Deficit zu verhüten, sich ausbeduilgcn baden, daß die britische Schatzkammer dem irischen Parlament jährlich 500 000 Lstrl.beisteuere. — LabouchSre'S Vor schlag, daß die Berathungen zur Homerulc-Rill am Anfang de- nächsten Monats vertagt und erst in derTagung von 1894 wieder ausgenommen werden sollen, findet in den Reihen der Ministeriellen wenig Anklang. Die Radicalen ziehen, wie eS heißt, eine fortgesetzte ParlamcntStagung mit kurzen Unter brechungen oor. — Gladstone bcgiebt sich Ende der Woche nach der Südküsle, wo er bis Mittwoch nächster Woche ver weilen wird. Nach der „Mornina Post" wird der Premier nach seiner Rückkehr über die Lage der öffentlichen An gelegenheiten, besonders niit Rücksicht auf die Homerule-Bill, wichtige Aufklärungen im Parlament machen. Zugleich mit dem Abschluß de» russisch-französischen Zollabkommen« ist auch der neue russische Mart«al- tarts sestgestcllt worden, der dieser Tage veröffentlicht worden ist. Die Oberpreßvcrwaltung in Petersburg hat nun im Aufträge des Ministers des Innern den Redactionen der Zeitungen streng verboten, der Besprechung deS neuen Maximal- tarifS sowie de« russisch-französischen Zollabkommen- auch nur im Entferntesten einen politischen Charakter aufzudrücken. ES bandle sich dabei einzig und allein um eine Maßregel, die im Interesse deS russische» Handels und der Industrie getroffen sei, und sic entbehre vor Allein auch jeglicher Spitze gegen Deutschland, was auszusprechen vielleicht einen« oder dem anderen russischen Blatte cinfallen könnte. Die Zeitungen batten sich selbst dann jeder politischen Aeußcrung über diesen Fall zu enthalten, wenn sie durch AuSlaffungen der ausländischen Presse bierzu herauSgefordert werden sollten. Jeglicher darauf bezüglicher ZritungSstreit werde von der Regierung als „Schaden bringend" erachtet und hiermit aufs Aller- strengste untersagt. Die russische Regierung hat damit, wie schon an anderer Stelle erwähnt worden, einen ganz außer- gcwöbnlicken Weg eingcschlagen. Statt, wie bisher, einfach ein Besprechungöverbol ergehen zu lassen, sandte sie zum ersten Male an die Zeitungen ein mit Gründen auSgestattcteS Rundschreiben. Die Entwickelung de» britischen Besitzantheil! an Neuguinea ist bekanntlich binter derjenigen de» deutschen AntheilS ganz bedeutend zurückgeblieben, wie zu wieder holten Malen von englischen Kennern und Beobachtern der dortigen Verhältnisse, wenn auch nicht mit leichtem Herzen, zugegeben worden ist. Man hat sich auf britischer Sciic bi-bcr mit Ausbeutung der nachsterreich- baren natürlichen Schätze de» Lande« begnügt, mit Aus waschen von Alluvialgold, mit Perlenfischerei rc. Jetzt scheinen diese Hilfsquellen ziemlich erschöpft und die Noth- wendigkcit erkannt zu sein, mit rationeller Plantagen- wirti, schaft vorzugchen, was in Deutsch-Neuguinea bekannt lich schon längst geschehen ist. Der Gouverneur Sir W. M a c Gregor ladet britische Auswanderung-lustige zur Ansiedelung in Neuguinea ein, um daselbst CocoSplantagcn anzulegrn und ein Ausfuhrgeschäft in Kopra zu begründen. Feuilleton. , Offene Pforten. Roman von B. W. Howardt. Nachtrul «erboten, (Fortsetzung.) „Hm — ich habe die feinen Damen bisher so ziemlich einerlei gefunden^, lachte da» Weib höhnisch aus, „die Braut te» BaronS, die Gräfin Vera, war immer so freundlich gegen mich gewesen, aber als ich dann in- Unglück kam und ibr mein Leid klagen wollte, da wies sie mich hinaus und sagte iochinütbig: „Ick mag solche Dinge nicht hören — eS ist uiinständig und schickt ftch nicht für mich!" — Und jetzt ist sie eine stolze glückliche Frau — von ihren Kindern ist kein» gc- iicrben, und sie sieht noch jung und stattlich an», obgleich he schon einen Sobn von 20 Jahren hat. Ihr Gesicht erinnert mich an Gräfin Vera « Gesicht, und deshalb schaute ich Sie kamals schon so finster an." .Und er — der Vater Ihre» Kinde«?" fragte Gabriele leise. ,.O. ick baffe ihn seit mehr denn zwanzig Jahren", rang k» sich säst stöhnend von den Lippen deS Weibe-, „und doch - wenn er deute wieder vor mich hinträte» würde mein (aß verfliegen und die Liebe zu ibm die Oberhand gewinnen " Gabriele warf einen raschen Blick auf Röschen, die, den Kexs in die Hand gestützt, am Tische saß und — schlirs! „Wie kommt'», baß Sie, nachdem Sic selbst solche Ersabrungen zemackl, Röschen den Weg zur Schande ebnen wollten'/" fragte Gabriele unwillkürlich. ..O» daran dachte ich nicht", bekannte die Frau offen; .Röschen, die, nebenbei bemerkt, weit weltkluacr ist, als ich tamal« war, batte mir so icst gesagt, der Osstcier würde sie beiralben, und ich leistete ivr Vorschub, damit Sie ibn nicht belommen sollten! Und Röschen weiß, waS sic thut — um enien BaronStttel zu erlangen, verrätb sie ihren Bräutigam, »bei sich selbst wird sie nie Schaden zuiüaen — dazu hat sic sich viel zu lieb! So, nun wissen Sib Alle! — nuu gehen Sie heim und schicken Sie mir Tractätchcn, um mich zu bessern, schloß sie bitter. „DaS werbe ich nickt tknm", sagte Gabriele ruhig; „ich beklage Sie tief und innig ob de- harten Geschicks, welche« Sic betroffen, und ich wollte viel darum geben, wen» ick Ibren tobten Liebling wieder lebendig machen und Ihnen in die Arme legen könnte!" „So bat noch Keine zu mir gesprochen", murmelte daS arme Weid verwirrt. „Und wenn Sie mir helfen wollten", fuhr Gabriele leb hafter fort, „könnten wir so Manches besser machen. Ich weiß wohl, daß aus beiden Seiten viel gefehlt wird, aber mit gutem Willen läßt fick viel auSricktcn, und wenn Sie in Zukunft weniger Mißtrauen gegen unS, die wir vom Schicksal begünstigt sind, hegen wollten, könnten wir, Jede in ihrem Kreise, unseren Nebenmcnschen nützen. Wollen wir'S mit einander versuchen?" Die Frau ergriff nicht sofort die dargebotcne Hand; sie blickte scharf prüfend in Gabrielen- schöne- Gefickt, und dann schloffen sich ihre barten Finger um die zarten der jungen Dame, und sie meinte kurz auflachend: „Meinetwegen — ich traue Ihnen." „Werden Sie mich einmal aufsuchen?" „Vielleicht — WaS soll ich denn bei Ihnen? „Wir wollen überlegen, ob sich nickt eine Beschäftigung sür Sie finden läßt, die Idncn besser zusagt, als die Fabrik arbeit." „Aber Sie werden keinen Versuch machen, mich zu bekehren, wie'S die beute nennen?" forschte die Frau mißtrauisch. „Gewiß nicht — möchten Sie Bucker haben?" „Ja, aber nur solche, welche Sie selbst lesen — nickt solche, welche als paffend sür Unsereins auSgewählt werden." Gabriele lächelte und sagte: „Ich lese eben eine Broschüre — ick bin erst zur Hälfte fertig damit — die Blätter sind noch nicht sämmllick aus geschnitten — vielleicht wird da- Buch Ihnen gefallen." „Wovon bandelt c« denn?" „Von den Gefängnissen in Frankreich und von dem, was man bi» jetzt versucht ba», um dieselben menschenwürdiger ein- znrichteu." „Ich glaube, ich möchte da« Buch lesen", nickte da« Weib, „ich weiß mehr von Gefängnissen, als Sie denken — ich bin in einem gewesen." „So holen Sie sich daS Buch bald." „Ich — ick, komme nicht gern — ich mag da- Gesicht der Alten nicht leiden" „Sie brauchen Sie nicht zu sehen — und eS thäte Ihnen so gut, mit dem Grasen KronfelS zu sprechen." „Ja — ihn würde ich gern einmal sprechen", sagte die Frau nachdenklich, „ich komme schon einmal." „Und jetzt möchte ich mit Röschen heimlehren." „Das sollen Sic." Sic schüttelte die Schlafende und rief ibr in« Ohr: „Wack' aus, Röschen. eS ist drei Ubr Morgens, und Dein Lfsicier ist auSgeblieben!" Röschen rieb sich die Augen und §agte dann weinerlich: „Sic hat ibn irgendwie auigebalten." „Halis Maul, Tu alberne Gans", rief die Frau erbost, „Du bist'« nicht werlb, daß sich Andere um Dich Sorge machen " „Sie ist wirklich noch ein unverständiges Kind", begütigte Gabriele die Frau, „und wenn Bernhard Dietz bcimkonnnt und erfährt, wie Alles kam, wird er ibr gern verzeihen." „Wenn Bernhard Alles ersäbrt?" ries Röschen erschreckt. „Bebükc Gott, er darf gar nickt- erfahren! Sie werden'- ikm doch nicht sagen, Baroncüe? Erst haben Sie mir den Baron wcggenommcn, nnv nun soll ick auch Bernhard verlieren — da Kälte ich ja gar Keinen!" Ganz erstarrt blickte Gabriele aus daS Mädchen, welche« sie soeben noch sür ein balbeS Kind erklärt batte, und welches, wie die Frau ganz richtig geurtbcill, so sebr weltklug war! „Ich werde eS Dietz gewiß nickt sagen, Röschen", äußerte Gabriele endlich unsicher, „aber Sie selbst müssen es tbun. Sie können ibn doch nicht heirathcn wollen, ohne ibm Alle« mitzutheilen." O. Röschen ist klüger als wir Beide. Baronesse", Warf die Frau höhnisch ein, „die weiß eS schon so einzurichten, daß ibr trocken Brod in den Hrniglopf fällt. Und nun fix, Röschen, ich gehe mit bi« zum Parkthor." „Ich werde Ibnen dankbar dafür sein", sagte Gabriele einfach, und bann verließen die Drei daS HauS. Die Morgen dämmerung beleuchtete die seltsame Gruppe: da« Gesicht GabriclenS sowie das der Fabrikarbeiterin zeigten deutliche Spuren der aufregenden Srenen, welche sich m der Nacht in dein Dackkäinnierchen abgespielt, während Röschen, die Veranlassung dieser Sccnen, sorglo« und unbekümmert drcin- schaute. Der Schlaf hatte sie erquickt, und sie erschien hübscher als je. LipS stand regungslos wie eine Schildwache am Brunnen; er schloß sich der Gruppe wortlo« an, d. b., er schritt direct hinter Gabriele der, zu deren Schutz sein Herr ihn auS- gesandt. An, Parktbor machte die Frau Halt. „Diesmal haben Sic gewonnen", sagte sie zu Gabriele; „wollen sehen, wie eS da« nächste Mal geht. — Guten Morgen!" LipS öffnete die Scitenpforte, deren Schlüffe! er in der Tascke trug, und dann stablen alle Drei sich leise in da« Hau«. Als Gabriele an Gras Hugo'S Tbür vorbeischlich» hielt sie plötzlich den Schritt an, kenn der Leidende, den sie um diese Stunde schlafend wäbnlc, rief sie an: „Ist Alle- gut gegangen — haben Sie da« Mädchen gefunden?" „CS ist Alle- in Ordnung", antwortete sie, ibrc Lippen <nw Schlüsselloch legend. „Sic blieben so lange aus — gewiß batten Sie bäßlicke Scenen mit der Dirne — Sie müssen müde zum Umfallen sein!" Und wie lautete die Antwort, die Gras Hugo erhielt: „Ich sükle mich so glücklich, wie ich eS noch selten gewesen bin! — gute Nacht!" Einundzwanzigste« Capitel. „Nun. daS muß ick sagen, Hugo, ich bin sonst nicht empfindlich, wenn ich auch wirklich Nacht« mitunter ein leise« Geräusch köre, aber ick muß wenigsten« wissen, woher dasselbe kommt " „Gan, mein Fall", nickte Hugo, „wenn ich vcrmuthe, e« seien Einbrecher >m Hause, bin ich un- 'hiz; habe ich aber
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