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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010521020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901052102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901052102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-21
- Monat1901-05
- Jahr1901
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen «Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedactionSstrich (ägespallen) 75 vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohme 25 H (excl. Porto). Grtra - Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60—, mit Postbeförderung 70.—, Ämmhmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eins halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Dienstag den 21. Mai 1901. 85. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Die wilitärtsche Lage. Aus Capstadt wird berichtet: Der aus dem Norden hier her zurückgclehrte Spccialcorrespondent des „Reuter'schen Bureaus" faßt die militärische Lag«, wie folgt, zusammen: Durch den Vormarsch des Generals Blood im nördlichen Transvaal wurde die Mehrzahl der dortigen Boeren nach Westen ge trieben, doch steht noch eine geringe Anzahl nöüolich von Zoutpansberg. Die meisten dieser versprengten Streitkräfte sammelt Delarey um sich; zu ihm stießen auch eine Anzahl Leute aus der Nachbarschaft von.Enmalo, die Botha's Kom mando verließen. Delarey organisirte «ine geregelte Pferde beschaffung aus der Oranjefluß-Colonie, doch sind die Thiere meist in schlechter Verfassung. Die Generale Methuen und Babington setzen mit Unterstützung kleiner Infanterie- Abtheilungen ihre Bewegungen fort. Zum Schutze der Bahnlinien wurde ein neues System von Blockhäusern geschaffen, wodurch über 6000 Mann für die Gefechtsoperationen frei werden. In der Oranjefluß-Colonie sind die Truppen fortgesetzt bemüht, toas Land von kämpfenden Boeren zu säubern. Westlich von der Bahnlinie befinden sich einige kleine umherziehende Abtheilungen. Hingegen halten im Süden Hertzog und Brand das Land um Pctrusberg einstweilen besetzt. Den letzten Marsch De Weis mit einer Begleitung von 40 Mann bezeichnet der Korrespondent als eine wundervolle Leistung. Er zog von Brade nordwärts nach Enmalo, dann über di« Bahn nach Nylstroom, wandte sich von dort südwestwärts, rastete einig: Tage bei Maribogo und ging sodann südlich nach Boshof und schließlich nach P h i l i p p o l i s, wo er mit Hertzog eine Unterredung gehabt haben soll. Weit ungünstiger für dieEngländer läßt die folgende Meldung die Lage erscheinen: k'. Lyndon, 2t. Mai. (Privattelegramm.) Aus Re gierungskreisen wird versichert, Kitchener verlangt dringend die sofortige Entsendung weiterer Verstärkungen, anderenfalls droht er mit der Räumung fämmt- licher Stellungen jenseits Pretorias. Tas Kriegsamt erließ als Nothbehelf die Mobilmachung von 4000 Mann Miliz in Aldershott. * London, 2l. Mai. (Telegramm.) Ein Telegramm Lord Kitchener's aus Pretoria besagt, daß nach den Meldungen ver schiedener Truppenabtheilungen in der letzten Woche 19 Boeren getödtet, 14 verwundet und 238 gefangen genommen worden sind und 71 sich freiwillig ergeben haben. Ferner feien 2l2 Ge- wehre, 105 000 Patronen, 286 Magen und zahlreiche Pferde er beutet worden. * London, 21. Mai. (Telegramm.) Noch der amtlichen Verlustliste sind in Balmoral in Transvaal infolge der vor zeitigen Entzündung einer Granate zwei Mann getödtet und 10 ver wundet worden. * Pretoria, 20. Mai. (Reuter's Bureau.) General Blood hat Carolina besetzt. * Tapftadt, 20. Mai. Amtlich werden die in der Cap- colonie eingedrungenen Verstärkungen der Boeren auf 800 Mann geschätzt. Scherper's Commando wird noch immer in den Bergen in der Gegend zwischen Graaffreinet und SomersetEasthart bedrängt. DasCominando soll auflOOOMannzu- sannmugtschmolzen sein. — Drei kleine Abth«klungen Colonial« truppen sind bei einem Scharmützel in den Hinterhalt gefallen. — Der Führer eine« neuerdings aufgrtauchtcn Commandos ist ver wundet und gefangen genommen worden. — Die gesammtrn Verluste der Boeren im April betragen 105 Tobte, 118 Ver wundete und 2193 Gefangene (?) oder solche, die sich ergeben haben. Die Wirren in China. Die „Freuideufreundlichkeit" des HoseS und -er hohe» Beamte» i» China. Aus Shanghai, 13. April, wird uns geschrieben: Un mittelbar vor dem dieswöchigen Postschluß erhält Ihr Korre spondent Einblick in zwei Briefe hoher, fremden- freundlicher chinesischer Mandarine, die für die Lage in China so bezeichnend sind, daß zweifellos ihr Inhalt von Interesse sein wird. Der eine stammt von Hsianfu, der nunmehrigen Hauptstadt des Landes. Der Schreiber theilt darin seinen in Shanghai wohnenden Freunden mit, daß an eine Rückt ehr des Hofes nach Peking noch auf viele Monate, vielleicht auf Jahr und Tag, nicht zu denken sei. Man dürfe sich unter keinen Bedingungen auf jene Meldungen verlassen, die fortgesetzt durch die gesammte chinesische Presse gingen, daß der Hof bereits seine Vorbereitungen zur Rückkehr nach Peking getroffen und den Tag des Aufbruchs bestimmt habe. Wohl sei Befehl an alle Beamten in den Städten Honan und Shansi, durch die der Rückweg führen würde, gegeben, Alles für den Empfang des Kaisers vor zubereiten. Aber es handele sich, wie der Briefschreiber bestimmt versichern könnte, dabei um nichts als einen Schachzug der Machthaber, die die Fremden täuschen wollten. Weder könne daran gedacht werden, daß die Kaiserinwittwe und ihre Ver trauten, unter denen nach wie vor die Fremdenhasser die erste Rolle spielten, sich selbst zu einer Rückkehr entschließen, so lange noch die fremden Truppen im Lande seien, namentlich aber in Peking und seiner Umgebung die Regierung in den Händen von Ausländern liege, noch daß jene dem Kaiser gestatteten, allein nach Peking zu gehen. Der andere Brief stammt aus der Hauptstadt der Provinz Hunan, Changsha. Hier hat der Provinzgouverneur N ii - L i e n - s a n , der früher den Christen- und Fremden hetzern Auszeichnungen in Aussicht gestellt hat, jetzt die Aus zahlung der Schadcnersatzsummen an die seiner Zeit durch die Unruhen schwer betroffenen protestantischen und katholischen Missionare in der Präfectur Hvngtschou angeordnet. Daraufhin ist nun die gesammte fremdenfeindliche Partei der Provinz gegen den Gouverneur im höchsten Grade erbittert. Unser Gewährs mann schreibt: Eine Anzahl selbstbewußter und unabhängiger Männer machte dieser Tage dem Gouverneur Vorstellungen wegen seines Verhaltens; sie erklärten, daß sie alles Vertrauen zu ihm verloren hätten, nachdem er sich zuerst selbst an die Spitze der fremdenfeindlichen Bewegung in Hunan gestellt habe und jetzt seine treuesten Anhänger preisgcbe. Darauf erklärte M- Lien-san, er sei nach wie vor der Ansicht, daß alle Fremden ver nichtet und alle Christen niedergemacht werden müßten. Es käme in diesem Augenblick aber darauf an, daß bei den fremden Mächten der Schein erweckt würde, als füge man sich ihren Wünschen. Seine Freunde in Hsianfu wüßten sehr genau, was sie von ihm zu halten hätten; um sich aber in seiner Stellung zu behaupten, müsse man in diesem Augenblick scheinbar eine Schwenkung machen. Er betrachte Alles, was in diesem Augen blicke geschehe, nur als eine provisorische Maßregel, die bald anderen Platz machen würde. Diese beiden, aus weit von einander entfernten Lagern kom menden Meldungen erscheinen uns ungemein bezeichnend. Wir fürchten aber, daß die Stimmung, die in den beiden Briefen zum Ausdruck kommt, die alllgemeine im ganzen Lande ist. Jedenfalls ist sie bei einer sehr großen, einflußreichen und vor Allem zähen Partei vorhanden, die sich mit dem durch den bisherigen Eingriff der Mächte geschaffenen Zustande unter keinen Umständen abfinden will. politische Tagesschau. * Leipzig, 2l. Mai. Noch zittert die Erregung über die Vorgänge in dem zum Aus einandeogehen gerüsteten Reichstage nach, auch von gehirn beeinflussender Hitze ist noch nichts zu verspüren, und doch er scheinen schon die Phantasten auf dem Plane, die Leute, die für ihre Saat, die regelmäßig nicht aufzeht, politische Srille und eine sehr hohe Quecksilbersäule brauchen. Den Reigen eröffnet eine „kon servative Seite", der die sonst recht ernsthaften „Berl. Neuesten Nachrichten" auseinanderzusetzen gestattet, es sei der parlamenta rischen Zeiten Weh und Ach aus einem Punkte bequem zu curiren: man brauche nur die jetzt fünfjährige Legislaturperiode wieder in eine dreijährige zurückzuoerwandeln. Wir würden uns mit diesem Einfall nicht befassen, wenn man nicht aus der Entschiedenheit, mit der ihn leitende konservative Organe be kämpfen, die Befürchtung herauslesen könnte, selbst dieser abenteuerliche Gedanke habe in unserer Zeit der Projektenmachers: Aussicht, irgendwo Anklang zu finden und den zur Zeit gerade auch nicht hetzstoffreichen Radikalismus zu alimentiren. Die „konservative Seite" will natürlich die Frequenz des Reichstages heben, um di: Abwickelung der Geschäfte durch eine in jedem Nothfalle beschlußfähige Versammlung zu beschleunigen. Diäten, die auch wir nur für ein „kleines Mittel" zum Zwecke ansehen, sind dem Verfasser ein Gräuel, der Grund vielleicht, weshalb ihm die „Berliner Neuesten Nach richten" ihre Spalten geöffnet haben. Aber die Ver kürzung d-r Gesetzgebungsperiode! Die zwei Jahre Mandats dauer mehr sollen eine Abstumpfung des Pflichtbewußtseins bei den Abgeordneten bewirkt haben und deshalb wäre der Besuch noch schlechter als früher und würden noch mehr Reden als sonst zum Fenster hinaus gehalten. Mit anderen Worten: die Angst vor dem Unmuthe der Wähler über absentlstische Ab geordnete habe sich in Folge der längeren Periode gemindert. Wenn das richtig wäre, müßten jetzt und müßten zur Zeit dec dreijährigen Perioden die letzten Sessionen vor den Wahlen, als die der Stunde der Vergeltung vorhergehenden, eine bessere Frequenz aufzuweisen haben, als die erste und zweite, bezw. die erste bis vierte. Aber das Ge gentheil ist immer der Fall gewesen; das letzte Jahr war stets ein Wühljahr und der wohlthuende Unterschied gegen früher ist nur, daß ein solches Jahr früher in einem Jahrzehnte drei Mal wiederkehrte, während es heute nur zwei Mal erscheint. Vorausgesetzt, daß nicht vor der Zeit auf gelöst wird. Die „konservativ: Seite" ist eigentlich sehr kühn. Sie behauptet, über das Gute von Einst und das Schlecht« von Jetzt Erfahrung gemacht zu haben, und doch haben wir, obwohl die längere gesetzliche Legislaturperiode schon im Jahre 1888 beschlossen wurde, erst einen Reichstag gehabt, der fünf Jahre alt wurde. Ter konservative Neuerer befindet sich zudem in einem groben Jrrthum:, wenn er meint, man habe mit der fünf jährigen Periode eine Abkürzung der Sessionen zu erzielen ge hofft. Dos war Niemand eingefallen. Die Absicht war vor Allem, die Aufstachelung der Volksleidenschaften, die sich die Radi kalen und die Ultramontanen bei'Neuwahlen angelegen sein ließen, einzudämmen. Weiter war die Erfahrung bestimmend, daß im Reichstag von den drei Jahren der früheren Periode das erste der Erholung vom abgeschlossenen Wahlkampfe, das dritte der Vor bereitung des bevorstehenden Wahlkampfes, und nur <daS ein« mitt lere solider Arbeit gewidmet war. In dieser Hinsicht hat, was ohne Uebcrschähunz des gegenwärrigenReichstages und seines unmittel baren Vorgängers gesagt werden darf, die Verlängerung eine Besserung im Vergleich zu den achtziger Jahren herbeigeführt. In dem vorherzegangenen Jahrzehnt ist eS freilich auch bei drei jährigen Perioden ausgezeichnet gegangen, aber das ist die Glanzzeit des Reichstages gewesen, in der von Mehrheiten Wendthorst - Richter - Singer, von einem ausschlaggebenden Centrum nicht die Rede sein konnte. Die Verkürzung der Legis laturperioden würde den einzigen Fortschritt, der auf parlamen tarischem Gebiete in der Zeit des Niederganges gemacht worden ist, wieder beseitigen. Die Furcht vor Neuwahlen, um dies zu wiederholen, ist kein Stimulans zu gewissenhafterer Pflicht erfüllung. Denn die Thatsache ist kaum verständlich und sehr zu bedauern, aber sie besteht: die Wähler nehmen ihren Abgeord neten die Lässigkeit in dec Regel nicht übel. Deshalb würde auch das „Brandmarken" der Faulen in Aösentcnlisten, das die „Post" vorschlägt und das auch wir früher einmal für wirksam hielt«», nicht helfen. Herr von Bloch, der russische Agitator für Abrüstung, hat die Güte, im Juniheft der „Deutschen Revue" Aufklärung über die ..Lehre» -cs Transvaaltrtcgs für Deutschland" zu verbreiten. „Der Transvaalkrieg", sagt Herr von Bloch, „hat bewiesen, daß ein offensiver Krieg Deutschland nur den wirth- schaftlichen Ruin ohne jede Entschädigung bringen würde. Zur Defensive braucht aber Deutschland die angehäuften und mit jedem Tage steigenden kostspieligen Vorbereitungen nicht." — So sicher es ist, daß der Verzicht Deutschlands auf seine KriegS- rüstung in Rußland und in Frankreich, vielleicht auch noch anderswo, mit ungeheuchelter Freude begrüßt werden würde, so unsicher ist die Folgerung, die Herr von Bloch aus dem Transvaalkriege für Deutschland zieht. Herr von Bloch spricht von einem offensiven Kriege lediglich unter dem Gesichtspunkte der militärischen Taktik, nicht unter dem de« Politik. Da leuchtet nun aber ein, daß die Beschaffenheit des Boerenvolkes und des Boercnlandes, sowie die Lage Englands zum Kriegs schauplätze, nicht minder die englischen Heeresverhältnisse, von so besonderer Art sind, daß allgemeine Folgerungen, wie die obigen, für die Grobstaaten des kontinentalen Europas aus dem Transvaalkriege nicht gezogen werden dürfen, mag auch im Einzelnen dieser Krieg sehr viel Lehrreiches für die europäischen Mächte enthalten. Ueberhaupt ist es grundsätzlich verfehlt, nach dem Muster des Herrn von Bloch ein für alle Mal eine Regel aufzustellen über offensive oder defensive Taktik. Die Kriegs geschichte lehrt, daß je nach den militärischen und politischen Verhältnissen bald die eine, bald die andere Taktik angewendet werden muß. Und was speciell den Transvaalkrieg anbelangt, so ist nach menschlichem Ermessen das Schicksal der Boeren in erster Linie an die Thatsache geknüpft, daß ihre militärische Er ziehung nicht ausreichte, um in der Zeit ihrer Erfolge von der Defensive zur Offensive überzugehen, die Engländer in das Meer zu werfen und damit den Abfall des Caplandes von Groß britannien zu ermöglichen. Herr von Bloch scheint allerdings hierüber anders zu denken. Denn er nennt als ein weiteres, „speciell für Deutschland sehr wichtiges Moment" den Umstand, daß der Transvaalkrieg die Hoffnungen auf die Tüchtigkeit und bessere Schulung der Armee hinfällig werden ließ. „Die eng lischen Freiwilligen und die Boeren hielten sich besser als dis ciplinirte . . . Truppen und zeigten sich fähiger als solche, in Kriegszeiten gute Dienste zu leisten." — Wenn Deutschland im Vertrauen auf dieses Urtheil seine Heereseinrichtungen über den Haufen würfe und das Freiwilligen-System einführte, würde das Ausland sicherlich auch hieran seine Freude haben. Aber ge- F-ttilletsn. Hl Ein Engel der Finfterniß. Roman von Gertrude Warden. Autorisirte deutsche Uebersetzung von A. BraunS. »iachtnuk ««rbotni. „Briton ist's, Fräulein Betty? Sie wissen doch,-daß Sie ihn heut morgen nicht fanden, als Sie ihn zu einem Spaziergang: suchten? Ich fand ihn hernach zusammengekaucrt in einer Ecke sei Stalles hinter dem Eselwag«n und — und er ist ganz schlecht." „Schlecht? WaS meinst Du denn?" „Er ächzt und winselt und will sich nicht bewegen und scheint ersticken zu müssen. Sie wissen doch, er mag mich nicht leiden, und ich fürchte mich, ihn anzurühren, habe aber doch gesehen, daß sein Maul blutet, und er sieht — nun, er sieht schlecht auS!" „Zum Sterben, meinst Du?" Der Bursch« nickt« bestätigend. „Joe", rief Betty, „da« hast 'Du angerichtet!" „Da — wußt' ich doch, daß Sie daS sagen würden, und so wird e« auch von jedem Andern geschehen! AuS diesem Grunde wagt' ich es auch Keinem zu sagen, und kam hierher, um Sie zuerst abzufangen. Aber so wahr Gott lebt, Fräulein Betty, ich hab'S nicht gekhan, kann's beschwören, daß ich so wenig davon weiß, wie Sie selbst. Ich ahnte schon, daß Sie e« denken würden, weil ich immer sagte, ich wollte Briton schon 'was auSwischen, weil er mich gebissen, als ich ihn neckte. Jetzt aber bin ich ganz unschuldig." Unterdessen war Heremon« auch herzugekommen, und Betty bat ihn, sie nach dem Stalle zu begleiten. „Was wird Frau RevelSworth sagen, wenn ihrem Briton etwas passirt?!" seufzte sie unterwegs. „Er ist solch' gutes, treue«, anhängliches Thier! Und überdies hab' ich keine Vor stellung, wie er sich in dieser Weise verletzt haben kann." „Hat sich wahrscheinlich mit anderen Hunden herumgebiffen, wir'« doch so deren Art ist! Ich werd« ihn mir ansehen, und dann sollen Sie gleich erfahren, wo» mit ihm ist!" suchte Heremon sie zu beruhigen. Die großen, zu RevelSworth House gehörenden Pferdeställe, die die O'Mearas gemirthet hatten, waren von einem ansehn lichen Uhrthurme überragt. Sie lagen an der Hinteren Seite de« Hause«, und man gelangte zu ihnen über einen ««pflasterten Hof. Rur einen TheÜ derselben, hatte Amt ReveUvorth für sich behalten, — einen Stall für ihren Esel und einen kleineren Raum daneben für den Korbwagen, und hier lag der arme Briton, leise stöhnend und sichtlich nur mit Schmerzen athmend, zusammengekauert in einer Ecke. Es war unmöglich, sich über die Thatsache hinwegzutäuschen, daß es mit dem Leden des Hundes zu Ende ging. Schon ver glasten die Augen, und auf den Lippen lag Schaum. Mit dem Instinkte des Thieres wußte er, daß der Tod nahe, und war in eine Ecke gekrochen, wo der Anblick seiner Leiden den Starken und Gesunden verborgen blieb. Den zarten Bemühungen des jungen Irländers um das sterbende Thier, wie er an dessen Seite niederkniete, dessen Kopf hob und die Wunden an der Kehle untersuchte, zuschauend, wähnte Betty Heremon fast zu lieben. „Es sieht nicht aus, wie ein Biß", lautete O'Meara's An sicht über den Fall, „weit eher wie ein heftiger Druck auf die Luftröhre. Die Kehle und Zunge sind ebenfalls sehr ge schwollen. Hier, Joe, holen Sie 'mal ein Becken voll Wasser! Ich möchte Sie nicht gegen den Burschen aufhctzen", fuhr Heremon, als Jener sich entfernt hatte, zu Betty fort, „aber Sie konnten doch selbst sehen, wie der Hund, so krank er ist, ihn anknurrte, und mehrere von den Flecken am Halse sehen mensch lichen Fingerabdrücken täuschend ähnlich. Ein Räthsel bleibt mir nur, wovon die Zunge so geschwollen und entzündet ist — ganz da» Ergebniß, wie es zu erwarten steht, wenn er etwas in Fäulniß UebergegangeneS, als Giftiges, gefressen hätte. Frißt er'S denn, wenn er etwas auf der Straße findet?" „Welcher Hund thätr das nicht!?" erwiderte das junge Mädchen mit überströmenden Thränen beim Anblick der Leiden des treuen Thiere». „Sie können ihm noch so gute Bissen vor setzen, so wird er dennoch alles schmutzige Zeug vom Wege auf schnappen." „Fräulein Betty", ließ sich Joe, der eben mit einem Becken voll Wasser für'» sterbende Thier eintrat, an dieser Stelle ver nehmen, „die gnädige Frau sucht Sie allenthalben. O bitte, Fräulein, sagen Sie ihr nichts von Briton! Sie würde gleich Verdacht auf mich werfen, und ich bin's doch nicht gewesen — auf Ehre! Und er ist doch auch noch nicht todt; er kann ja wieder gesund werden!" „Laufen Sie, Betty; ich will für das arme Thier thun, was in meinen Kräften steht, verspreche ich Ihnen!" Etwa« beruhigt, trocknete Betty ihre Thränen, nahm ihr Packet vom Boden des Stalles, wohin sie eS gelegt, und schlug den Weg nach dem Wohnzimmer im ersten Stock ein, wo die alte Dam:, die gewöhnlich in ihrem Schlafgemach frühstückt« Lnd erst gegen elf Uhr h^nterkam, eigzn Brief lesend, an ihrem gewohnten Watz» saß. „Wo in aller Welt hast Du denn nur gesteckt, Kind?" redete sie ihre Gesellschafterin ziemlich spitz an. „Schon vor einer halben Stunde habe ich vom Fenster aus die Reisenden aus dem Omnibus aussteigen sehen. Es ist mir ein höchst staunens- werthcr Brief überbracht worden, seit Du das Haus verlassen — in der That, ein höchst staunenswerther Brief!" „Wirklich? Und von wem war er denn?" fragte Betty. „Von meiner eben gefundenen Nichte Francesca." „Von Francesca! Sie kam doch in Ihr Zimmer, Ihnen Lebewohl zu sagen! Was könnte denn vorliegen, das sie Ihnen nicht mündlich mittheilen konnte und schreiben mußte?" „Das ist ja eben die Sache! Komm' näher, Betty — standest Du nicht auch unter dem Eindruck, Laß Francesca Waise sei?" „Gewiß!" „Nun, sie ist's aber nicht!" entgegnete Frau Revelsworth triumphirend. „In der elften Stunde überfällt sie mich mit einer gelähmten Mutter. Die italienische Komtesse, oder wie sie sich nennt, ist nicht todt, ist noch an» Leben und in London!" X. „Liebe Tante Margaret", begann Francesca's Brief. „Ich lasse diesen Brief zurück, Dir etwas mich Angehendes zu über mitteln, das Du erfahren mußt, ehe ich in Dein Haus zurück kehre — wenn das überhaupt geschieht — und es ist etwas, das Dir mündlich zu eröffnen, ich nicht den Muth besaß, nachdem ich Kenntniß erlangt von Deiner ungewöhnlichen Abneigung gegen Ausländer. Ich bin nicht Waise — hab' Dir das in Wahrheit auch nicht gesagt, Du nahmst den Fall nur als ausgemacht an, daß meine Mutter, wie auch mein Vater, todt sei, da ich allein nach Revelsworth House kam. Aber meine theuerc Mutter lebt noch. Sie ist nicht im Stande, sich ohne meine Unterstützung zu bewegen, denn seit jener Zeit, als die Nachricht von dem tragischen Tode meines unvergeßlichen Vaters sie erreichte, ist sie gelähmt. Wir sind nie getrennt gewesen, und selbst am gestrigen Abend konnte ich nicht ruhen, bis ich ihr die Veran lassung meines Wegbleibrns telegraphirt. Deine Absichten, theuere Tante Margaret, für meine Zukunft zu sorgen, find edrlsinnige, und ich bekenne, daß »ach elf Jahren harter Arbeit, manchen Demüthigungen und Sorgen, wrlche drückende Armuth zu begleiten pflegen, die Aussicht auf Reichthum und Wohlbi hagen viel Verlockendes hat — aber meine Mutter kann und werde ich nicht verlass«», noch ein Heim, Versorgung und Lebens unterhalt annehmen, woran sie nicht Theil haben kann. Sie ist in jeder Beziehung hilflos; ohne mich würde sie sterb,.». Daß ^Deia» Abneigung gegen Ausländer von einer Stärke ist, «ine Italienerin nie unter Deinem Dache zu dulden, obgleich meine Mutter sehr gut englisch spricht, kann ich sehr wohl begreifen. Aber ihr Volk ist auch mein Volk, und wo sie hingeht, dahin muß auch ich gehen. Dich, theuere Tante, und das herrliche englische Heim, das Du mir geboten, wie auch meine Cousins und die niedliche kleine Betty habe ich schon lieb gewonnen; doch wenn ich wählen muß zwischen einem Dgsein voll Mühe und Arbeit und darben in dem Lande meines Vaters, in das ich gekommen, mir mein Brod zu verdienen, und dem Reichthum und Behagen, so muß ich mich dennoch für das Erstere entscheiden. Meine Mutter, die gänzlich abhängig von mir ist, und um deretwillen ich bis jetzt unverheirathet geblieben, kann, darf ich nicht verlassen und der Noth preisgeben. Verzeihe mir, lieb« Tante, wenn ich undankbar scheine. Solltest Du jedoch geneigt sein, brieflich mit mir zu verkehren, dann werde ich in Herrn Simpson's Bureau Nachfrage halten. Doch bin ich mir der ganzen Tragweite meines Thuns voll bewußt, wie auch Deiner entschiedenen Ab geneigtheit, je einer Fremden den Aufenthalt in Deinem Hause zu gewähren. Vergieb mir, theuere Tante Margaret, und nimm' den aufrichtigsten Dank an für Deine Güte von Deiner Dir in innigster Liebe und Dankbarkeit ergebenen Nichte FranceSca Revelsworth." „Wes denkst Du davon?" fragte Frau Revelsworth, al« B-tty ihr den sorgfältig durchgelesenen Brief zurückgab. „Ich denke", erwiderte Betty mit glühenden Wangen und thränenverschleierten Augen, „daß eS herrlich von ihr ge handelt ist!" ,Du bist ein Gänschen!" rief Frau Revelsworth, jedoch nicht unfr.'.indlicy. „Warum aber hat sie mir denn nicht« von ihrer Mutier gejagt, so lange sie hier war?" „Sie machten doch kein Hehl au« Ihrem Haß gegen Aus länder „Allerdings! Gott Lob, bin ich eine gute Patriotin, ob gleich der Patriotismus aus der Mode gekommen ist — in der Jetztzeit! Ein Ungeheuer bin ich aber nicht. Und wrnn die Mutter des Mädchens gelähmt ist und halb verhungert — stiere mich doch nicht so an, Betty — ich weine ja nicht, nur vom Zug hier am Fenster laufen mir die Augen über! — also wie ich eben sagt:, wenn ihre Mutter wirklich hilflos und gelähmt ,st, dann 'st es von dem Mädchen sehr lobenswerth, ihr treulich bei zusteh-n, und durch ihre kindliche Liebe soll sie nicht in Schaden komme:,. Ich werde sogleich an sie schreiben — oder besser noch telegraphiren, zu Händen Simpson'«. Sieh mir rin Formulars
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